Protocol of the Session on November 12, 2014

Herr Kollege, gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?

Nein, momentan nicht. - Was wird am Ende passieren? Sie verlagern doch nur die Entscheidung auf die kommunale Genehmigungsbehörde; das ist in dem Fall das Landratsamt. Wer wird denn dann die Einvernehmlichkeit herstellen, Herr Huber? Sagen Sie es uns doch, wer das tun wird!

Am Ende haben wir zwei Gemeinden, die mit 10 H zu tun haben, und dabei hat jede Gemeinde ein Vetorecht. Natürlich muss am Ende das Landratsamt als kommunale Genehmigungsbehörde, die für den Flächennutzungs- bzw. Bebauungsplan zuständig ist, die Einvernehmlichkeit herstellen. Damit übertragen Sie die Regelung auf den Landrat oder die Landrätin. Das ist Ihre Verantwortung. Wir als Bayerischer Landtag sollen hier also die Verantwortung in die nächste Ebene geben, weil wir nicht den Mut haben, das BImSchG-Verfahren, das bisher diese Aufgabe für die Bürgerinnen und Bürger und die Investoren übernommen hatte, zu beschneiden, sondern aufrechterhalten wollen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir FREIEN WÄHLER werden der Regelung, die hier vorliegt, nicht zustimmen. Wir werden Ihr Gesetz letztendlich vor das Verfassungsgericht bringen.

Es ist notwendig, nun einiges zu Protokoll zu geben.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Erstens. Die Länderöffnungsklausel stellt die Privilegierung nicht grundsätzlich zur Disposition. Mit 10 H soll der Mindestabstand aber so groß sein, dass in Bayern faktisch kein weiterer Windkraftausbau möglich ist.

Zweitens. Der Gesetzentwurf verstößt gegen das Rechtsstaatsprinzip, weil die Regelung nicht erforderlich ist, um die angestrebten Ziele zu erreichen. Der Lärmschutz, die Richtlinien zum Schattenwurf sowie die ständige Rechtsprechung zur optischen Bedrängungswirkung von Windkraftanlagen gewährleisten den Schutz der Wohnbevölkerung.

Drittens. Den Nachbargemeinden ein Widerspruchsrecht gegen bestehende Flächennutzungspläne einzuräumen, ist aus unserer Sicht ein Verstoß gegen die kommunale Selbstverwaltung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir bzw. Sie von der CSU verabschieden heute ein Gesetz zu 10 H. In der gleichen Woche verkündet die Wirtschaftsministerin: In Bayern sind die Zeiten der Basta-Politik vorbei, die Zeit des Dialogs ist ausgerufen.

Der Bayerische Ministerpräsident hat mir gestern noch gesagt, dass der Dialog mit den Bürgern sehr wichtig ist. Ja, diesen Dialog wollten wir als FREIE WÄHLER, wir als Oppositionsfraktionen noch einmal führen. Wir wollten noch einmal für ein gutes Gesetz in diesem Dialog eintreten. Nur wissen Sie es besser. Sie machen heute Basta-Politik. Das muss allen in Bayern klar sein. Sie wollen nicht in den Dialog eintreten, obwohl Sie wissen, dass Sie ein Gesetz auf den Weg bringen, welches eine schlechte Gesetzgebung des Bayerischen Landtags darstellt und eine Klagewelle auf der kommunalen Ebene auslösen wird. Aber Sie nehmen das billigend in Kauf, nur um gewisse Wahlversprechen zu erfüllen, ohne die Bürgerinnen und Bürger, die kommunalen Spitzenverbände, die Investoren und Sachverständige anzuhören.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN, der SPD und den GRÜNEN)

Bleiben Sie bitte am Rednerpult. Es gibt eine Zwischenbemerkung des Kollegen Baumgärtner.

Herr bayerischer Landtagsabgeordneter Kollege Glauber, ich habe eine ganz konkrete Frage: Wollen Sie in diesem Land Windkrafträder gegen den Willen der Menschen, gegen die Mehrheit in Bayern etablieren?

(Zurufe von den FREIEN WÄHLERN)

Das Wort hat Herr Kollege Glauber.

Lieber Kollege Baumgärtner, Sie führen hier die Debatte für die Bürgerinnen und Bürger, für die kommunalen Sachverständigen, für die Gemeinderäte in Bayern, weil Sie es besser wissen. Wir haben darauf gesetzt, dass die Regelungen auf der kommunalen Ebene getroffen werden. Aber, Herr Baumgärtner, Ihr Wirtschaftsausschussvorsitzender hat uns im Ausschuss gesagt, was die Regionalen Planungsverbände erarbeitet haben, interessiere ihn nicht. Damit wissen Sie genau: Was draußen in der kommunalen Ebene für die Bürgerinnen und Bürger und mit ihnen erzielt wurde, interessiert Ihren Wirtschaftsausschussvorsitzenden nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Eine weitere Zwischenbemerkung macht Herr Kollege Strobl.

Herr Kollege Glauber, würden Sie den Kolleginnen und Kollegen von der CSU bitte sagen, dass alle Windräder in Nordbayern – zumindest in unserem Landkreis Amberg-Sulzbach – nicht gegen, sondern mit dem Willen der Bevölkerung geschaffen wurden?

Lieber Kollege Strobl, diese Staatsregierung wie auch die CSU in Bayern haben nicht verstanden, dass man mit den Bürgerinnen und Bürgern draußen eine Wertschöpfung erzielen kann, dass wir als Bayerischer Landtag in der letzten Periode eine 75 : 25-Regelung erlassen haben, wonach die Wertschöpfung bei den Kommunen bleibt. Aber das interessiert weder diese Staatsregierung noch die CSU in Bayern.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. Es liegen keine weiteren Zwischenbemerkungen mehr vor. Ich darf als nächsten Redner den Kollegen Stümpfig ans Rednerpult bitten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Tagen und

Wochen ist uns immer deutlicher geworden, wie wichtig die Energiewende ist. Uns als Opposition ist es auf jeden Fall deutlich geworden, wie wichtig sie ist. Aber an Ihnen in der CSU-Fraktion gehen leider die ganzen Berichte, die wir in den letzten Monaten gehört haben, also der Weltklimabericht des IPCC, der ganz deutlich sagt, wir müssen alles Mögliche tun, um unsere CO2Emissionen zu senken, anscheinend sang- und klanglos vorbei.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Wir müssen bis zum Jahr 2050 unsere Emissionen um 50 bis 70 % reduzieren. Zwei Drittel unserer möglichen CO2-Emissionen haben wir schon ausgeschöpft. Das heißt: Wir dürfen nur noch ein Drittel emittieren, um das große Ziel der Reduzierung der Klimaerwärmung um zwei Grad einzuhalten. Nur noch ein Drittel ist also möglich. Dafür brauchen wir einen Fahrplan. Dieser Fahrplan ist immens wichtig. Die Bayerische Staatsregierung hat es bis heute nicht geschafft, Frau Aigner hat noch nichts vorgelegt. Wo ist denn der Fahrplan für die Energiewende in Bayern?

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Ich würde mich nicht so echauffieren, würde mich nicht so aufregen, wenn Sie klar sagen würden: Jawohl, wir können es auch mit etwas weniger Windkraft schaffen, wir machen mehr Photovoltaik, wir sparen mehr Energie ein, wir erzeugen mehr Biogas oder was auch immer. Die "freie Raumenergie" ist Ihnen anscheinend am Montag vorgeschlagen worden. Liebe CSU-Fraktion, wenn Sie sagen würden, was Ihr Plan ist, dann könnten wir darüber diskutieren. Das Einzige, was Sie sagen, ist aber: Wir wollen das nicht, und wir wollen jenes nicht. So funktioniert es nicht. Das ist kein Konzept.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Ich fand heute interessant, dass Kollege Dr. Bernhard gesagt hat, 70 bis 80 % der Bevölkerung wollen Windkraft. 20 Minuten vorher hat Ihr Kollege Zellmeier gesagt, die große Mehrheit der Bevölkerung ist dagegen. Von daher wäre es schon angebracht, dass Sie sich absprechen. 70 bis 80 % der Bevölkerung sind dafür. Das besagen auch alle Untersuchungen der Meinungsforscher. Gleichzeitig sagt Ihr Herr Zellmeier: Die große Mehrheit ist dagegen. Wie ist denn Ihr Sachstand?

Der Sachstand ist momentan, dass die Bevölkerung Windkraft durchaus will, dass die große Mehrheit dafür ist und dass es, wie Herr Kollege Strobl erwähnt

hat, in vielen Kommunen, in vielen Planungsregionen in den letzten Jahren super funktioniert hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Herr Ministerpräsident Seehofer, Sie treten das, was man in den Planungsregionen erarbeitet hat, wirklich mit Füßen, und das nur, weil Sie im Wahlkampf einer Minderheit etwas versprochen haben. Jetzt wird die ganze Arbeit, in die die Planungsverbände, die Kommunen, die Bürgergenossenschaften viel Zeit und Energie hineingesteckt haben, mit Füßen getreten. Die Energiewende ist Ihnen nichts mehr wert. Die Windkraftanlagen, die wirklich hoch effizient sind, die uns nach vorne bringen können, sind Ihnen nichts mehr wert. Es zählt nur noch Ihr Wahlversprechen. Das ist wirklich unterste Schublade. Das darf nicht sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im letzten Jahr wurde in Bayern massiv gegen die Windkraft und auch allgemein gegen die Energiewende negative Stimmung gemacht. Das ist sehr schade. Wir haben in der letzten Woche schon darüber diskutiert, dass die Chancen der Energiewende eigentlich nicht herausgestellt werden. Die Chancen sind doch groß: Wenn wir es schaffen, die Atomkraftwerke abzuschalten, dann ist das ein Riesenerfolg. Wenn wir es schaffen, den Klimaschutz einzuhalten, ist das ein Riesenerfolg. Dafür wollen wir kämpfen. Wenn wir das gemeinsam nach außen tragen, dann sind auch die Bürger zu überzeugen. Dann können wir sagen: Jawohl, für diese Erfolge wollen wir die erneuerbaren Energien ausbauen.

Und die Bürger waren schon so weit. In den Jahren nach Fukushima haben die Bürger die Initiative ergriffen und haben eingesehen: Wenn wir aus der Atomkraft und Kohlekraft aussteigen wollen, dann gibt es eben gewisse Änderungen, auch Änderungen in unserer Landschaft. Die Kompromissbereitschaft war vorhanden. Deswegen ist es umso schlimmer, dass Sie jetzt wieder alles einreißen, dass Sie diesen Weg, den wir beschritten hatten, jetzt wieder zurückfahren auf null. Das ist höchst fahrlässig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, gestatten Sie zwei Zwischenbemerkungen?

Jetzt nicht, sondern danach bitte. - Für die Akzeptanz vor Ort ist die Einsicht in die Notwendigkeit und Kenntnis der Alternativen wichtig, die Beteiligung an der Planung und die Erkenntnis des Nutzens für die Region. Das ist bei der

Windkraft wirklich vorbildlich. Da funktioniert das Ganze. Für die Einsicht in die Notwendigkeit ist es auch wichtig, dass die Landesregierung mit einer Stimme spricht. Man kann den Bürgermeistern vor Ort nicht sagen: Wenn ihr Windkraft wollt, dann macht mal, aber wir, die Landesregierung, sehen das anders. Der örtliche Pfarrer tut sich verdammt schwer, Herr Ministerpräsident Seehofer, wenn der Bischof in München etwas anderes predigt. Da schieben Sie den Schwarzen Peter den Kommunen zu und lassen sie komplett im Regen stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Auch mit dem, was mit den Änderungsanträgen geplant ist, lassen Sie die Kommunen ins offene Messer laufen. Wenn bestehende Flächennutzungspläne im Nachhinein aufgehoben werden, wenn die Kommunen sagen, das machen wir doch nicht mehr, dann sind wirklich begründete Schadenersatzklagen zu befürchten.

(Zuruf von der CSU: Stimmt doch überhaupt nicht!)

Genauso ist es, wenn es bereits Planungen gibt, die weit gediehen sind. Dann sind Schadenersatzforderungen durchaus gerechtfertigt. Der Gesetzentwurf ist schlampig erarbeitet. Die Kommunen lassen Sie damit ins offene Messer laufen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Herr Dr. Bernhard, in der letzten Debatte ging es um die Stellplätze. Da haben Sie wörtlich gesagt, die Kommunen können selbst am besten einschätzen, was sie wollen; die Praxis hat sich bewährt; die Kommunen sind zufrieden.

Erklären Sie mir doch den Unterschied zu dieser Situation hier. Die Kommunen können am besten einschätzen, was sie wollen? Das können sie auch bei der Windkraft. Sie wussten ganz genau -

(Lebhafter Widerspruch bei der CSU)