Ich habe Sie schon vor drei Wochen aufgefordert, sich in die Bayernkaserne zu begeben und sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. Ich glaube, das wäre heute noch wichtiger als vor drei Wochen. Herr Reiter, Oberbürgermeister von München, war da. Dort müssen nicht jede Woche neue Politiker auftauchen. Aber ich glaube, wenn der Ministerpräsident dieses Landes, der für diese Situation verantwortlich ist, sich vor Ort zeigt, wäre das ein wichtiges politisches Zeichen. Ich fordere Sie noch einmal auf: Gehen Sie in die Bayernkaserne. Gehen Sie nach Zirndorf. Schauen Sie sich die Situation an. Ziehen Sie dann bitte die richtigen Schlüsse daraus.
Sie sagen, Deutschland und Bayern nähmen weltweit die meisten Flüchtlinge auf. Das kann doch bitte nicht Ihr Ernst sein. Schauen Sie in die Türkei. Schauen Sie nach Jordanien. Schauen Sie in den Libanon. Diese Länder nehmen Millionen von Flüchtlingen auf. Sie sagen, Deutschland würde die meisten Flüchtlinge aufnehmen. Das ist noch nicht mal in Europa der Fall.
Schweden ist da besser. Sogar das kleine Malta ist besser. Die Niederlande sind besser. Das muss man immer auf die Bevölkerungszahl runterrechnen. Deutschland nimmt nicht pro Kopf die meisten Flüchtlinge auf. Es gibt ganz andere Länder, die mehr tun. Wenn wir sehen, wie wohlhabend wir in Bayern sind, und uns auch noch auf unsere christlichen Werte berufen, dann sollten wir zu mehr in der Lage sein und nicht immer auf die anderen zeigen.
(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Thomas Kreuzer (CSU): Sie sind also für mehr Flüchtlinge, Frau Bause?)
- Ja, ich bin dafür, dass wir noch mehr Flüchtlinge aus Syrien und dem Nordirak aufnehmen. Das ist unsere Verpflichtung, insbesondere dann, wenn Sie sich als christliche Partei bezeichnen. Das ist besonders Ihre Verpflichtung, wenn Sie von Werten reden und das nicht völlig schäbig und erbärmlich sein soll. Sie sollten sich für diese Flüchtlinge einzusetzen, dafür, dass mehr Flüchtlinge hier Schutz und Hilfe finden.
Ich möchte hier zum Schluss sagen, weil Herr Kretschmann mehrfach erwähnt wurde: Nehmen Sie sich dann bei Ihrer Flüchtlingspolitik bitte auch ein Beispiel an der Flüchtlingspolitik in Baden-Württemberg.
Er hat deutlich gemacht: Es kommt sehr viel mehr Personal in die Behörden. Auch aus anderen Dienststellen wird Personal abgezogen, damit sie vor Ort und schnell helfen können.
temberg finde ich wirklich nachahmenswert: ein Bündnis für Flüchtlinge. Winfried Kretschmann hat ein Bündnis für Flüchtlinge ausgerufen und will ein Bündnis für Flüchtlinge organisieren. Daran sollten wir uns auch hier in Bayern ein Beispiel nehmen und mit all den Organisationen, den Wohlfahrtsverbänden, den Kirchen, den Freiwilligenorganisationen und den Kommunen, ein Bündnis für Flüchtlinge hier in Bayern organisieren.
Frau Kollegin Bause! Ich habe hier einen Zeitungsartikel aus dem "Schwabacher Tagblatt" vom 03.10.2014. Die Überschrift heißt "Menschenunwürdig". Hier geht es um Flüchtlinge, die von Schwabach nach Karlsruhe gebracht wurden. Dort mussten sie in Glaskäfigen – so wird das hier formuliert – wohnen und mehrere Tage auf dem Boden verbringen. Das ist die Flüchtlingspolitik Ihres Herrn Kretschmann. Ich gebe Ihnen gerne diesen Artikel. Was Sie hier aufführen, ist schäbig.
Es ist schäbig auf Kosten der Flüchtlinge. BadenWürttemberg ist das, nicht Bayern, liebe Frau Kollegin. Dort wurden die Leute in Glaskäfigen untergebracht. Die Leute von der Flüchtlingsinitiative Schwabach haben sich an den Herrn Ministerpräsidenten Seehofer gewandt, damit er in Baden-Württemberg interveniert, damit die Menschen einigermaßen menschenwürdig untergebracht werden,
(Glocke des Präsidenten – Jürgen W. Heike (CSU): Dasselbe haben Sie bei unserem Ministerpräsidenten gemacht! – Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Selber zuhören! – Oliver Jörg (CSU): Sie haben das vorhin selber gemacht! – Weitere Zurufe von der CSU)
Sie haben die Verantwortung dafür, was hier in diesem wunderbaren Bayernland passiert. Wenn Flüchtlinge in Bayern kein Bett, keine Decke, kein Dach über dem Kopf haben, dann sollten Sie sich darüber Gedanken machen, bevor Sie mit dem Finger auf andere zeigen. Erledigen Sie bitte erst einmal das, wofür Sie hier die Verantwortung haben!
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Herr Ministerpräsident, in Ihren dreizehnminütigen Ausführungen vor dem Hohen Haus haben Sie eine große Chance verpasst.
Sie haben über den Chefredakteur der "Süddeutschen Zeitung" und über die Situation in NordrheinWestfalen gesprochen.
Sie haben aber als bekennender Herz-Jesu-Sozialist und Sie haben als Landesvater des Freistaats Bayern heute die Chance verpasst, Ihr Bedauern darüber zum Ausdruck zu bringen, dass es Flüchtlinge in Bayern gibt, die in Unterkünften im Freien schlafen müssen, und das zu Beginn der Winterzeit. Es wäre unserem Landesvater gut angestanden, hierüber sein Bedauern zum Ausdruck zu bringen; denn es liegt in seiner Verantwortung.
(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Jürgen W. Heike (CSU): Lassen Sie Ihre Belehrungen! – Weitere Zurufe aus der CSU)
Statt die Presse zu schelten, statt diejenigen, die im Bayerischen Landtag seit Jahren dieses Thema intensiv behandeln, zu bekämpfen und mit harschen Worten abzukanzeln, wäre es Ihnen gut angestanden, hier heute mehr Landesväterlichkeit an den Tag zu legen, anstatt die Gegenoffensive zu propagieren.
Tatsächlich ist es richtig, Herr Ministerpräsident, dass es unterschiedlich verantwortliche Ebenen gibt. Die anderen verantwortlichen Ebenen haben Sie alle angesprochen. Ihre eigene lassen Sie interessanterweise außen vor.
Meine Damen und Herren, es handelt sich doch ganz ausdrücklich nicht um eine Entwicklung, meine Damen und Herren, mit der wir uns erst seit wenigen Wochen befassen. In unserem gemeinsamen Koalitionsvertrag im Bund – das liegt jetzt ein Jahr zurück ist die Asylpolitik intensivst behandelt worden. Viele gemeinsame Positionen wurden entwickelt. Es liegt mittlerweile zwölf Monate zurück, dass sich die Sozialministerin des Freistaats Bayern gebrüstet hat, sie würde schnell Verbesserungen schaffen, schnell würden neue Unterkünfte und neue Erstaufnahmeeinrichtungen geschaffen und die Lebenssituation der Flüchtlinge vor Ort sich bis Weihnachten 2013 – das liegt jetzt fast ein Jahr zurück – drastisch verbessern. Das Gegenteil ist eingetreten. Die Situation hat sich dramatisch verschlechtert.
Es liegt nicht daran, dass zu wenig Geld da ist. Das ist auch gar nicht der Vorwurf, den wir Ihnen machen. Ja, es ist richtig: Im nächsten Haushalt stellen Sie mehr Geld zur Verfügung. Ja, wir wollen die Regierungspräsidenten von Mittelfranken und Oberbayern ganz ausdrücklich dafür loben, dass sie unbürokratisch handeln, wenn Kommunen neue Lösungswege gehen, und sagen, ja, wir stellen dafür Geld zur Verfügung. Herr Ministerpräsident, Ihr Problem ist ein beispielloses Managementversagen in der Regierung. Sie bekommen es nicht geregelt.