Protocol of the Session on September 16, 2014

(Zurufe von der CSU)

Wollen Sie die Zitate?

(Zurufe von der CSU: Ja!)

Tatsächlich ist Frau Scharf bislang nicht durch umweltpolitische Initiativen, durch größeres Interesse an der Materie oder durch besonderes Know-how diesbezüglich aufgefallen. – In Umwelt- und Klimaschutz – ich hoffe, es ist nicht unhöflich, wenn ich das so formuliere –, ist sie bislang ein völlig unbeschriebenes Blatt. Meine Damen und Herren, wie müssen sich eigentlich jene Experten in der CSU-Fraktion vorkommen, die das Thema Umwelt- und Klimaschutz seit Jahren bearbeiten und jetzt ohne Not übergangen werden? Ich hätte mir im Übrigen auch vorstellen können, dass man auf einen Fachmann aus dem Deutschen Bundestag aus Ihren Reihen zurückgreift, auf den CSU-Umweltexperten Josef Göppel. Dieser anerkannte Experte war schon für den Atomausstieg, als die CSU davon noch überhaupt keine Ahnung hatte, und ist zum Beispiel auch ein ausgewiesener Kritiker der Abstandsflächen zur Windenergie hier in Bayern. Das wäre ein unabhängiger Kopf gewesen, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Der CSU-Umweltexperte Göppel kam aber aus mehreren Gründen nicht infrage: Er ist erstens zu unbequem; Herr Seehofer umgibt sich lieber mit Ja-Sagern. Er ist zweitens männlich. Er ist drittens Mittelfranke und nicht Oberbayer. Es gibt noch ein weiteres Kriterium: Der Ministerpräsident legt bekanntlich großen Wert darauf, dass die Fachexpertise, die Lebensweisheit und die Reife der über 60-Jährigen in seinem Kabinett nicht vorkommen. Auch das war ein Ausschlusskriterium; wir erinnern uns noch an die altersbedingte Entlassungswelle in der letzten Legislaturperiode mit Herrn Huber, Herrn Goppel, Herrn Bernhard, Herrn Sinner, Herrn Miller, Frau Stewens und anderen. – Meine Damen und Herren, dieser Ministerpräsident wählt sein politisches Spitzenpersonal offensichtlich anhand vieler sachfremder Kriterien. Das ist nicht gut für Bayern.

(Beifall bei der SPD)

Wir hätten uns auch vorstellen können, dass gerade im Umweltministerium eben nicht das Parteibuch oder der Regionalproporz die zentrale Rolle spielen, sondern dass die Position im Zweifelsfall mit einem Experten ohne CSU-Parteibuch besetzt wird.

Frau Scharf, zu Ihren vordringlichsten Aufgaben als neue Umweltministerin wird gehören, die Klimaschutzziele in Bayern zu erhöhen, die Feinstaubbelastung in den Städten zu reduzieren, den Flächenfraß zu bremsen und die Bahn und den ÖPNV dabei zu

unterstützen, auf umweltfreundliche Antriebe umzustellen. Bei aller Sympathie und Wertschätzung für Ihren Vorgänger: Er hat Ihnen hier einige offene Baustellen hinterlassen.

Meine Damen und Herren, für die neue Regierung wird sich als echtes Problem herausstellen, dass die neue Umweltministerin als örtliche Abgeordnete die dritte Startbahn am Münchner Flughafen ablehnt. Wir haben also eine Regierung, die mit zwei Stimmen spricht: Frau Aigner als Wirtschaftsministerin sagt im Kabinett: Ja, wir brauchen die Startbahn. Die Umweltministerin sagt: Nein, Ilse, so geht das nicht, wir benötigen sie auf keinen Fall.

Meine Damen und Herren, wir stehen für alles und für nichts. Das wird nun auch offiziell zum obersten Prinzip dieser Staatsregierung erhoben. Die CSU ist dafür und dagegen zugleich. Beim Thema Flughafen wird das künftig sowohl die Wirtschaft als auch die Umweltverbände verunsichern, verärgern und gegen Sie aufbringen. Sie setzen sich damit politisch zwischen alle Stühle. Parteipolitisch soll uns das recht sein, aber eine in sich konsistente Politik für Bayern ist das gewiss nicht.

(Beifall bei der SPD)

So schaffen Sie mit jedem Tag, Herr Ministerpräsident, für Ihren Nachfolger weitere Probleme und offene Baustellen. Ihr Nachfolger wird sehr viele Aufräumarbeiten zu bewerkstelligen haben, und bis dahin vergeht wertvolle Zeit. Für Bayern kann das nicht gut sein.

Für Sie, Frau Scharf, gilt selbstverständlich die parlamentarische Einarbeitungszeit von 100 Tagen, die sogenannte Schonfrist. Nehmen Sie sich die Zeit! Ich meine das auch sehr ernst; denn ein fulminanter Medienstart zu Beginn eines Amtsantrittes deutet nicht immer auf eine tatsächliche exekutive Tatkraft hin, wie wir das bei Frau Müller gesehen haben. Sie hatte bereits beim Amtsantritt Sofortmaßnahmen, Kapazitätserweiterungen für die bayerischen Flüchtlingsunterkünfte angekündigt. Es war damals von November, Dezember 2013 die Rede. Mittlerweile haben wir September 2014, und dem guten Medienstart ist kein Regierungshandeln gefolgt.

(Zuruf von der CSU: Das ist eine Frechheit! – Kerstin Schreyer-Stäblein (CSU): Unverschämt!)

Wir wünschen Ihnen Frau Scharf, ein glücklicheres Händchen, als es den anderen Kabinettsmitgliedern zuletzt vergönnt war. – Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Für die CSU-Fraktion darf ich jetzt dem Herrn Kollegen Kreuzer das Wort erteilen. Bitte schön.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, Hohes Haus! Herr Rinderspacher, der Beitrag war derart unterirdisch, dass es einem schwer fällt, darauf zu antworten. Dies will ich Ihnen sagen.

(Beifall bei der CSU)

Ich habe in diesem Haus bereits viele Besetzungen im Kabinett erlebt, aber so etwas habe ich noch nie gehört. Ihre Rede zeigt den vollkommenen Verfall der Opposition unter moralischen Gesichtspunkten.

(Beifall bei der CSU)

Sie wissen langsam nicht mehr, was Diskussionen zur Sache sind, sondern es geht Ihnen nur darum, Personen schlechtzureden und "herunterzumeiern", meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU – Zuruf von der SPD: Dum- mes Zeug ist das!)

Und dann ist alles widersprüchlich. Zunächst bedauern Sie, dass der Staatskanzleichef so oft gewechselt hat, das sei nicht gut für das Land. Anschließend sagen Sie, die Position sei überhaupt nicht notwendig, man müsste sie gar nicht mehr besetzen. Ihnen fällt nicht einmal auf, dass es nicht zusammenpasst, wenn man zunächst sagt: Die Aufgabe kann wegen häufiger Wechsel nicht erfüllt werden, sie ist wichtig für das Land, aber man braucht sie eigentlich überhaupt nicht. Das zieht sich durch Ihre Ausführungen, und dies zeugt von dem messerscharfen Verstand, mit dem Sie die Dinge analysieren und insgesamt auch Politik machen.

(Beifall bei der CSU – Zurufe von der SPD)

Der Minister in der Staatskanzlei hat eine Schlüsselposition in Bayern, auch in der Koordination mit Berlin – er ist ja auch dort zuständig. Er muss mit den Fraktionen den Kontakt halten. Sie haben bedauert, dass das bisher nicht so der Fall gewesen sei. Sie wollen dies in Zukunft besser, also benötigen Sie den Staatskanzleiminister auch dazu. Er hat eine wichtige Schlüsselfunktion in diesem Land.

Und Sie kritisieren, es seien zwei Minister. Wahrscheinlich haben Sie die Geschäftsverteilung in der Staatskanzlei noch nie angesehen. Eine Ministerin ist für Europaangelegenheiten und regionale Beziehungen zuständig. Früher, meine Damen und Herren, hatten wir hierfür ein eigenes Ministerium. Das will ich

schon einmal gesagt haben. Nun haben wir dies, natürlich auch zur Verschlankung, in die Staatskanzlei integriert. Es sind aber ganz verschiedene Aufgaben, und glauben Sie mir – ich spreche aus Erfahrung –: Das ist gemeinsam überhaupt nicht zu leisten. Sie können nicht gleichzeitig in Brüssel, in Berlin sein und die Dinge in Bayern koordinieren. Das ist ein absurder Vorschlag, der davon zeugt, dass Sie keine Ahnung von dem Aufgabenbereich haben.

(Beifall bei der CSU)

Warum ist so oft gewechselt worden? – Ich will Herrn Professor Oberreuter sinngemäß dazu zitieren. Er hat auf die Frage, ob dies irgendetwas mit der Schwäche der Staatsregierung zu tun habe, im Fernsehen gesagt: Die Leute seien eben alle für wichtige Aufgaben gebraucht worden. So ist das, Herr Rinderspacher.

(Heiterkeit und Zurufe von der SPD)

Das sind Personen, die vielseitig einsetzbar sind, und sie können natürlich, wenn sie anderweitig gebraucht werden, auch anderweitig verwendet werden. – Dann haben Sie in ein paar Sätzen in Schlagwortform das ganze Kabinett "heruntergemeiert". Ich kann verstehen, dass Ihnen das nicht passt. Nehmen Sie aber zur Kenntnis: Dies ist die erfolgreichste Regierung eines Landes in ganz Deutschland, und die Ergebnisse zeigen das auch.

(Beifall bei der CSU)

Bezüglich der Kollegin Scharf sage ich Ihnen: Es bringt nichts, ihr eine 100-Tage-Frist einzuräumen – früher war es üblich, dass ein Minister 100 Tage hatte –, aber sie bereits vor der Vereidigung hier als ungeeignet "herunterzumeiern", Herr Rinderspacher, das ist nicht die Fairness, die wir an den Tag legen müssen.

(Beifall bei der CSU)

Sie sprechen von einer Schonfrist von 100 Tagen. Das ist ein Lippenbekenntnis; die Verächtlichmachung erfolgt nämlich sofort. Das ist kein guter Stil,

(Zurufe von der SPD)

und das hat es früher, soviel ich weiß, auch nicht gegeben. – Wenn ich mir Ihre Vorschläge zur personellen Besetzung des Umweltministeramts anhöre, wundert es mich nicht, dass die SPD so erfolglos ist, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CSU)

Nun zu den beiden Ministern. Marcel Huber hat seine Arbeit erfolgreich, hervorragend gemacht. Ich kann

das beurteilen; denn ich war sein Nachfolger, und als solcher sieht man natürlich, was der Vorgänger gemacht hat. Er wird ein hervorragender Staatsminister in der Staatskanzlei werden, der die Politik in Bayern koordiniert und den Kontakt zum Landtag und den Fraktionen aufrechterhält. Ich bin ganz sicher, er ist eine sehr gute Besetzung. Die CSU-Fraktion wird ihn unterstützen. – Lieber Kollege Huber, alles Gute und viel Erfolg in diesem Amt!

(Beifall bei der CSU)

Die Besetzung des Umweltministeriums mit der Kollegin Scharf ist eine ebenfalls sehr gute Lösung. Sie gehört bereits zum zweiten Mal dem Landtag an – das erste Mal nicht die gesamte Legislaturperiode – und verfügt somit über parlamentarische Erfahrung. Sie bringt auch Führungserfahrung mit. Sie ist die Vorsitzende der Bayerischen Wasserwacht, eines großen Verbands. Dieser befasst sich mit Umweltthemen, beispielsweise mit der Gewässerqualität. Sie führt innerhalb der CSU einen Verband, der einer der größten in Deutschland ist.

(Widerspruch bei der SPD und den GRÜNEN)

Selbstverständlich ist das so. Von der Wasserwacht wurde ein Wasserqualitäts-Monitoring für die bayerischen Badeseen in Auftrag gegeben. Meine Damen und Herren, noch wichtiger ist, dass sie aus einem mittelständischen Unternehmen stammt und geschäftsleitende Verantwortung übernommen hat. Ich bin sicher, dass sie dieses Amt gut bekleiden wird.

(Beifall bei der CSU)

Ich kann mich daran erinnern, dass alle bayerischen Umweltminister, die wir in den letzten Jahren berufen haben, bei Ihnen keine Chance hatten. Markus Söder war fachfremd und hat keine Ahnung gehabt. Er hat seine Sache jedoch gut gemacht. Marcel Huber ist ebenfalls abgelehnt worden. Inzwischen sagt man, dass er sein Amt hervorragend ausführt. Ich bin sicher, dass auch Ulrike Scharf dieses Amt gut ausfüllen wird.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Wir werden sie bei dieser Tätigkeit zum Wohle des Freistaats Bayern unterstützen.