Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Warum müssen wir das Bayerische Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz ändern? Wie sieht die vorgesehene Änderung aus, und gibt es dazu Alternativen? Das sind die Fragen, die sich uns stellen. Die Gesetzesänderung hat aktuell keinen und künftig einen allenfalls sehr engen Anwendungsbereich. Eines muss man jedoch wissen. Falls ein entsprechender Fall eintritt, ist diese Gesetzesänderung unentbehrlich.
Wie sieht die Gesetzeslage momentan aus? Über die Anordnung einer Therapieunterbringung wird nach dem Bundesrecht entschieden. Hier ist das Therapieunterbringungsgesetz maßgeblich. Der Vollzug des ThUG, also die Frage, wie und wo diese Therapieunterbringung stattfindet, ist Ländersache. Der Freistaat Bayern hat also das Therapieunterbringungsgesetz des Bundes als eigene Angelegenheit auszuführen.
Bisher ist der Vollzug in Artikel 28 a des Gesetzes über die Unterbringung psychisch Kranker und deren Betreuung geregelt. Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt festgestellt, dass im Rahmen des Vollzugs freiheitsentziehender Maßnahmen eine hinreichende gesetzliche Grundlage existieren muss. Die Regelung in Artikel 28 a des Unterbringungsgesetzes tritt mit Ablauf des 31. Juli 2014 außer Kraft. Daher musste eilig gehandelt werden. Der Entwurf des Gesetzes wurde zur frühzeitigen Unterrichtung des Landtags am 30. April 2014 in die PBG-Datenbank eingestellt.
Über welche Straftäter sprechen wir insbesondere? Erfasst werden nur Fälle der Unterbringung nach dem Therapieunterbringungsgesetz. Betroffen sind daher Straftäter, die in der Sicherungsverwahrung untergebracht waren, aber nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entlassen werden mussten, da die Dauer der Sicherungsverwahrung zum Zeitpunkt der Tat auf zehn Jahre begrenzt war und nachträglich nicht verlängert werden durfte.
Weitere Voraussetzung ist, dass Artikel 316 f EGStGB nicht greift: Fortdauer der Unterbringung bei bekannter psychischer Störung und entsprechender Gefahrenprognose. Insgesamt verbleiben für diesen Personenkreis nur zwei Anwendungsfälle: Eine psychische Störung entwickelt sich nachträglich, und/oder anhand neuer Tatsachen wird eine hochgradige Gefahr schwerster Straftaten nachträglich prognostiziert. Dafür ist die Regelung wichtig. Für den Fall, dass einer der oben genannten gefährlichen Straftäter unterzubringen ist, muss eine Regelung bestehen, da sonst Schutzlücken entstehen.
Generelles Ziel des Gesetzentwurfs ist es, den Vollzug der Therapieunterbringung in einem eigenen Teil des Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetzes zu regeln. Mit dem Entwurf wird festgestellt, in welchen Einrichtungen die Therapieunterbringung künftig grundsätzlich vollzogen werden soll. Für die Therapieunterbringung gibt es zwei Möglichkeiten, nämlich die Unterbringung in Einrichtungen zur Sicherungsverwahrung und in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Bislang sind in Artikel 28 a Unterbringungsgesetzes lediglich Vorschriften über den Vollzug der Therapieunterbringung in den psychiatrischen Krankenhäusern normiert. Diese Regelung tritt, wie bereits gesagt, mit Ablauf des 31. Juli 2014 außer Kraft. Für den Vollzug der Therapieunterbringung in Einrichtungen der Sicherungsverwahrung besteht derzeit noch keine gesetzliche Grundlage. Nach § 2 Absatz 2 ThUG in der seit dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung sind jedoch Einrichtungen zum Vollzug der Sicherungsver
wahrung ebenfalls für die Therapieunterbringung geeignet, wenn sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen, insbesondere dann, wenn sie medizinisch-therapeutisch ausgerichtet sind.
Der Vollzug der Therapieunterbringung in Sicherungsverwahrungseinrichtungen soll also nicht deshalb ausgeschlossen sein, weil diese räumlich und/oder organisatorisch nicht von Einrichtungen des Strafvollzugs getrennt sind. Maßgebliches Kriterium für die Zuständigkeit der Einrichtung ist, ob diese eine angemessene Behandlung der im Einzelfall vorliegenden psychischen Störung sicherstellen kann. Aufgrund der therapeutischen Ausrichtung der Einrichtung für die Sicherungsverwahrung geht der Gesetzentwurf vor dem Hintergrund der bundesgesetzlichen Vorgaben davon aus, dass im Regelfall eine Unterbringung in Einrichtungen der Sicherungsverwahrung zulässig ist und dort erfolgen wird.
Zusammenfassend: Mit dem Entwurf soll eine Rechtsgrundlage zum Vollzug der Therapieunterbringung als Nachfolgeregelung geschaffen werden. Erstmalig soll auch der Vollzug der Therapieunterbringung in Einrichtungen der Sicherungsverwahrung geregelt werden. Die Vorschriften sollen spätestens zum 1. August 2014 in Kraft treten. Inhalt der Regelung ist, dass, anders als bisher nach dem ThUG vorgesehen, künftig im Regelfall Einrichtungen der Sicherungsverwahrung und nicht mehr psychiatrische Krankenhäuser für die Unterbringung zuständig sind.
Für die Sicherungsverwahrten wurde in Bayern unter Einsatz erheblicher Mittel eine spezielle Einrichtung in Straubing geschaffen, die den Vorgaben der Rechtsprechung gerecht wird. Zudem steht hier auch das notwendige Personal zur Verfügung. Deshalb ist es sowohl aus Sicherheitsgründen als auch im Interesse einer bestmöglichen Betreuung der Unterzubringenden sehr sinnvoll, den Vollzug im Regelfall in der neuen Einrichtung vorzusehen.
Vielen Dank, Herr Kollege Straub. Ich möchte die Pause nutzen, um auf § 109 Absatz 1 unserer Geschäftsordnung hinzuweisen. Es lohnt sich, diesen Paragraphen ab und zu einmal nachzulesen. Der nächste Redner ist Herr Kollege Streibl.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident! Im Rahmen der Reform der Sicherungsverwahrung hat der Bundesgesetzgeber zum 21. Februar 2011 das Gesetz zur Therapie und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter erlassen. Der Vollzug dieses Gesetzes obliegt dem Freistaat. Das Gesetz war damals notwendig,
um das Freikommen gefährlicher Gewalttäter zu verhindern; denn das ThUG – so nennt man es – erfasst Fälle, über die der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden hat, dass rückwirkend keine Verlängerung der Sicherungsverwahrung beschlossen werden kann. Diese Personen hätten dann freikommen müssen.
Damals war also Eile geboten. Von der Rechtsprechung war vorgegeben, dass die ThUG-Klientel nicht in normalen JVAs untergebracht werden darf. Zu den normalen Strafgefangenen muss ein Abstand bestehen und eine räumliche Trennung erfolgen. Zum damaligen Zeitpunkt gab es in Bayern noch keine Einrichtung, die dies hätte leisten können. Diese Einrichtung wurde inzwischen geschaffen.
Damals wurde in Artikel 28 des Unterbringungsgesetzes geregelt, wie hier vorzugehen ist. Dieses Klientel wurde weitgehend in Bezirkskrankenhäusern untergebracht. Die Bezirke haben sich massiv dagegen gewehrt, weil sie eine Vermischung des normalen Maßregelvollzugs mit diesem gefährlichen Personenkreis befürchteten. Außerdem haben sie um den Ruf ihrer Krankenhäuser gefürchtet.
Damals hat die FDP-Fraktion eine Befristung des Gesetzes veranlasst. Dieses Gesetz tritt jetzt außer Kraft. Deshalb ist es sinnvoll, wenn ein neuer Gesetzesantrag von der Staatsregierung kommt, der diese Lücke wieder schließt. Dies ist ein Gesetz, das den legitimen Anspruch der Gesellschaft auf Sicherheit vor gefährlichen kranken Straftätern normiert. Es wird aber auch den Straf- und Gewalttätern gerecht, die in ausreichendem Maße einer Therapie zugeführt werden. Dies wird mit diesem Gesetzentwurf ermöglicht. Der Gesetzentwurf richtet sich an der Therapie aus und versucht, das Abstandsgebot einzuhalten.
Wir sind froh, dass dieser Gesetzentwurf vorliegt. Wir werden ihn in den Ausschüssen genau auf seine Verfassungsmäßigkeit hin betrachten und untersuchen, ob das Abstandsgebot tatsächlich eingehalten werden kann. Die Bezirke begrüßen diese Regelung, da dieses Klientel in der Einrichtung in Straubing und nur noch in Ausnahmefällen in Bezirkskrankenhäusern untergebracht werden soll, sofern spezielle Krankheiten vorliegen, die nur in diesen Krankenhäusern therapiert werden können.
Ich freue mich auf die Beratung und die Diskussionen in den Ausschüssen. Es stimmt: Dieser Gesetzesvorschlag der Staatsregierung hat nicht so viel Wind aufgewirbelt wie der vorhergehende. Da ging es aber auch um Windenergie. Hier kann auch Energie im Bund freigesetzt werden.
Danke schön, Herr Kollege Streibl. Die nächste Wortmeldung kommt von Frau Kollegin Celina. – Bitte schön.
Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bausback hat es schon angemerkt: Das Thema ist jetzt nicht wirklich cool nach der Debatte, die wir bisher hatten. Trotzdem steht es heute auf der Tagesordnung, und wir müssen es wenigstens kurz behandeln. Das meiste ist schon gesagt worden, nur noch nicht von jedem. Letztendlich ist dem, was bisher gesagt wurde, nicht wirklich viel hinzuzufügen. Es geht darum, dass das Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz neu gemacht werden muss. Die bisherige Regelung tritt am 31. Juli außer Kraft. Die Bayerische Staatsregierung ist mit ihrer Vorlage etwas spät dran. Mit der Gesetzesvorlage beim letzten Tagesordnungspunkt war sie eindeutig zu früh dran. Das haben wir als Parlament gerade festgestellt. Die Zeit wird aber noch reichen, um diese Regelung rechtzeitig zu verabschieden.
Wichtig ist, dass die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die drei Punkte umfassen, in dem Gesetz berücksichtigt werden. Der eine ist: Der Vollzug der Sicherungsverwahrung muss therapiegerichtet und freiheitsorientiert ausgestaltet werden. Das heißt, es müssen alle Anstrengungen unternommen werden, um eine Perspektive zur Beendigung der Sicherungsverwahrung zu schaffen.
Zweitens muss sich die Sicherungsverwahrung vom Strafvollzug unterscheiden. Das Stichwort ist an dieser Stelle das Abstandsgebot; denn Untergebrachte müssen rechtlich und tatsächlich besser gestellt sein als Strafgefangene.
Drittens müssen diese Anstrengungen frühzeitig beginnen, nämlich schon in der vorangehenden Strafhaft. Ziel muss es sein, den Antritt der Sicherungsverwahrung zu vermeiden.
Wenn all das in dem Gesetzentwurf beachtet ist, wird die Diskussion darüber sicherlich insgesamt recht kurz ausfallen.
Vielen Dank, Frau Celina. Die Aussprache ist damit geschlossen. Ich schlage vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht diesmal damit Einverständnis? – Das scheint der Fall zu sein. Dann ist das so beschlossen.
Abstimmung über eine Verfassungsstreitigkeit und Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)
Von der Abstimmung sind die Listennummern 43, 45 und 46 ausgenommen, die einzeln beraten werden sollen.
Antrag der Abgeordneten Horst Arnold, Annette Karl, Ruth Müller u. a. (SPD) Schluss mit Sonntagsreden - Gentechnikfreies Bayern vorantreiben Teil I: Keine gentechnisch veränderten Organismen auf landeseigenen Flächen! (Drs. 17/1051)
Der federführende Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz empfiehlt, den Antrag abzulehnen. Dagegen stimmt der Ausschuss für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten dem Antrag mit Änderungen zu. Ich verweise insofern auf die Drucksache 17/2148. Wer entgegen dem Votum des federführenden Ausschusses dem Antrag in der Fassung des mitberatenden Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion der SPD, die Fraktion der FREIEN WÄHLER und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.
Nach meinem Augenschein wurde diesem Antrag zugestimmt. Seitens der CSU-Fraktion werden daran aber Zweifel geäußert. Insofern werden wir jetzt zum zweiten Mal an diesem Tag einen Hammelsprung durchführen müssen.
Aufseiten der CSU-Fraktion wird die Nein-Türe eingerichtet werden, aufseiten der Oppositionsfraktionen die Ja-Türe. Es ist also anders als vorhin. Enthaltun
Kolleginnen und Kollegen, die Abstimmung ist geschlossen. Ich bitte, die Plätze wieder einzunehmen, damit ich das Ergebnis bekannt geben kann.
Kolleginnen und Kollegen, bitte setzen Sie sich wieder hin, sonst kann ich das Ergebnis nicht bekannt geben bzw. ich gebe das Ergebnis sonst nicht bekannt! Ich bitte, die Plätze einzunehmen!