Protocol of the Session on May 15, 2014

Frau Kollegin Stamm, ich stelle fest, es hat sich niemand der Stimme enthalten, so wie ich es am Beginn bereits gesagt habe.

(Beifall bei der CSU)

Jetzt stimmen wir über die beiden Ziffern 2 und 3 gemeinsam ab. Wer dafür ist, den bitte ich wieder um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? – Das ist die Fraktion der CSU. Enthaltung? – Keine. Damit ist auch dieser Teil des Antrags abgelehnt.

Jetzt lasse ich in namentlicher Form über den gesamten Antrag abstimmen. Dann werden wir das Ergebnis sehen. Die Urnen sind an den bekannten Stellen aufgestellt. Ich gebe für die Abstimmung fünf Minuten. Die Abstimmung ist eröffnet.

(Namentliche Abstimmung von 15.56 bis 16.01 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Zeit ist um. Ich schließe die Abstimmung und bitte Sie, die Plätze einzunehmen, damit wir zur nächsten namentlichen Abstimmung übergehen können.

Wir kommen zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Aiwanger, Streibl, Glauber und anderer und Fraktion (FREIE WÄHLER) betreffend "Kosten für den Rückbau der Kernkraftwerke und die Einlagerung des Atommülls nicht auf die Allgemeinheit abwälzen" auf der Drucksache 17/1916. Auch für diesen Dringlichkeitsantrag ist namentliche Abstimmung beantragt worden. Ich eröffne die namentliche Abstimmung. Die Urnen sind an den bekannten Stellen aufgestellt. Für die Abstimmung stehen drei Minuten zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 16.02 bis 16.05 Uhr)

Die drei Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung. Das Ergebnis wird außerhalb des Saals ermittelt und zu gegebener Zeit mitgeteilt. Wir fahren in der Tagesordnung fort. Ich bitte Sie deshalb, Ihre Plätze einzunehmen.

Ich rufe zur gemeinsamen Beratung auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Christine Kamm u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kriegsflüchtlinge aus Syrien unbürokratisch aufnehmen (Drs. 17/1917)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Angelika Weikert, Doris Rauscher u. a. und Fraktion (SPD) Flüchtlinge aus Syrien sofort und unbürokratisch aufnehmen (Drs. 17/1948)

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Aufnahmeprogramme für syrische Kriegsflüchtlinge auflegen - schnellere und unbürokratische Bearbeitung der Fälle durch Aufstockung des Personals (Drs. 17/1949)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Die erste Rednerin ist Frau Kollegin Kamm vom BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Bitte schön, Frau Kollegin, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Syrien befindet sich bereits im dritten Jahr eines verheerenden und furchtbaren Bürgerkriegs. Viele bayerische Bürgerinnen und Bürger haben Verwandte in Syrien und sind verzweifelt. Sie wissen nicht, wie sie ihre nächsten Verwandten aus der Lebensgefahr und dem Kriegsgebiet retten können. Sie leben in einem Albtraum, in Sorge um ihre nächsten Verwandten. Die Schreckensmeldungen enden nicht.

Mehr als 150.000 Menschen sind in diesem Krieg bereits ums Leben gekommen. Über sieben Millionen Menschen sind auf der Flucht. Das Rote Kreuz sagt, dass jede Minute eine weitere Familie aus ihrer Wohnung, aus ihrer Umgebung fliehen muss. Das Drama scheint kein Ende zu nehmen.

Gerade eben 3 % der über sieben Millionen Menschen, die derzeit schon aus Syrien geflohen sind, sind nach Europa geflohen. Alle anderen sind in den Nachbarländern, um die 800.000 sind es in der Türkei. Millionen sind im Libanon, einem Land, das an der Situation zugrunde zu gehen droht. Ich glaube, Europa muss mehr leisten, und Europa kann mehr leisten. Europa muss schnell und unbürokratisch helfen. Diesem Ziel dient unser Antrag.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir haben am 31.03. in einem Zwischenbericht gehört, dass in Bayern von den 1.520 zugesagten Kontingentflüchtlingen, die im Rahmen des Kontingentprogramms nach Bayern kommen sollen, bisher genau 437 hier angekommen sind. Wir haben es kritisiert, und wir werden es weiterhin kritisieren, dass sich die Verwaltung jedes Mal überrascht gibt, dass

Flüchtlinge kommen, obwohl wir dieses Kontingent zugesagt haben. Sie wissen dann nicht, wohin mit diesen Menschen, obwohl wir seit Monaten fordern, Übergangswohnungen zu errichten. Die Flüchtlinge werden dann schnell, holterdiepolter, in Gemeinschaftsunterkünfte für Asylbewerber gesteckt, obwohl diese Unterkünfte dringend für Asylbewerber gebraucht werden.

Wir wollen erreichen, dass statt langwieriger Verfahren unbürokratisch gehandelt wird. Das ist dringend. Eine Möglichkeit wäre die Aufnahme in Ad-hoc-Maßnahmen. Wir könnten den Menschen im Rahmen von Ad-hoc-Maßnahmen die Einreise gestatten. Statt starrer Obergrenzen- und Kontingentregelungen müsste eigentlich in jedem Einzelfall, beispielsweise wenn in Bayern ein Antrag auf Familiennachzug gestellt wird, die Möglichkeit eröffnet werden, die Flüchtlinge nach Deutschland zu holen. Dies wäre über eine großzügigere Auslegung des Aufenthaltsgesetzes möglich. Damit könnten die hohen bürokratischen Hürden schnell vereinfacht werden.

Wir wollen weiter, dass die Ausländerbehörden angewiesen werden, unbürokratisch zu handeln. Es sollten nicht übermäßig viele Formulare und Beglaubigungen gefordert werden, die aufgrund der Kriegssituation ohnehin nicht mehr beigebracht werden können. Wir wollen vor allen Dingen auch, dass die Bürgerinnen und Bürger in Bayern, die Anträge auf Familiennachzug gestellt haben, möglichst schnell Bescheid bekommen, ob ihre Anträge überhaupt an das Amt weitergeleitet wurden und was weiterhin passiert. Wir wollen, dass Bayern mehr tut und mehr Flüchtlinge aufnimmt als die bisher zugesagten 1.520. Wir wollen ein bayerisches Landesaufnahmeprogramm und eine Aufstockung des Aufnahmeprogramms auf Bundesebene. Wir wollen vor allen Dingen, dass schneller gearbeitet wird und Bescheide schneller erteilt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es geht nicht an, dass Flüchtlinge Wochen nach Einreichung ihrer Anträge noch immer keine Antwort haben und nicht wissen, ob ihre Mail angekommen ist und ob ihr Antrag überhaupt weiterbearbeitet wird. Es geht auch nicht an, dass unsere deutschen Botschaften so ausgestattet sind, dass Termine auf dem Schwarzmarkt gegen horrende Summen gehandelt werden. Unsere Botschaften, zumindest diejenige in Beirut, müssen schnellstmöglich sachgerecht arbeiten können, um Visabescheide ausstellen zu können. Wir dürfen nicht zulassen, dass Botschaften nicht mehr funktionieren und Termine nur noch gegen Bestechung auf dem Schwarzmarkt vergeben werden.

Auch auf bayerischer Ebene ist viel zu tun. Wir stehen dazu: Wir nehmen Flüchtlinge auf und müssen die entsprechende Vorsorge treffen, Einrichtungen zur Aufnahme schaffen und die Kontingente erhöhen. – Entschuldigung, das stört mich jetzt doch, dass in der ersten Reihe sehr intensiv diskutiert wird.

(Glocke des Präsidenten)

Dies gilt gerade bei diesem Thema. Wir bitten Sie, die Bemühungen auf Bundesebene zur Erhöhung des Bundesaufnahmekontingents zu unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

In diesem Sinne bitten wir um Unterstützung für diesen Antrag und bitten Sie, auch die Anträge der SPD und der FREIEN WÄHLER, die in dieselbe Richtung gehen, zu unterstützen.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD und der FREIEN WÄHLER)

Danke schön, Frau Kollegin. Als Nächste hat Frau Kollegin Angelika Weikert von der SPD das Wort. Bitte schön.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich mache gleich da weiter, wo Frau Kollegin Kamm aufgehört hat. Wir sind uns in der Zielsetzung einig. Kolleginnen und Kollegen, ich will noch ein paar Zahlen nennen, um ein bisschen die Dimension dessen einzufangen, was sich in Syrien abspielt. Es ist eine humanitäre Katastrophe, die wir uns in unserem friedlichen Bayern nicht einmal annähernd vorstellen können. Es gibt 6,5 Millionen Binnenflüchtlinge innerhalb des Landes. 9,3 Millionen Menschen sind auf humanitäre Hilfe angewiesen. Frau Kamm hat bereits darauf hingewiesen. In den Anrainerstaaten, zum Beispiel im Libanon, gibt es einen Bevölkerungszuwachs von 25 %, weil dieses Land Flüchtlingsströmen ausgesetzt ist. Das muss man sich einmal vorstellen: einen Bevölkerungszuwachs von 25 %. Der total instabile Nordirak hat 200.000 Flüchtlinge, Jordanien 600.000 Flüchtlinge, die Türkei 700.000 Flüchtlinge, Ägypten über 130.000 Flüchtlinge. Das zeigt, dass die Anrainerstaaten die höchsten Lasten zu tragen haben. Bei all diesen Staaten kann man nicht davon reden, dass sie innere Stabilität haben.

Um was geht es jetzt? Was müssen wir tun? - Klar ist, dass Europa hier letztlich in der Verpflichtung steht und dass es um eine abgestimmte europäische Hilfe geht. Das ist vollkommen klar und richtig. Frau Kamm, ich werde gleich auf Ihren Antrag mit den vielen Spiegelstrichen eingehen. Viele der Punkte, die Sie in Ihrem Antrag erwähnt haben, wurden letzte Woche im Deutschen Bundestag aufgrund eines Antrags der

CDU/CSU und der SPD – da bitte ich Sie jetzt zuzuhören, Kolleginnen und Kollegen von der CSU – so abgestimmt. Genau diese Vorgaben stehen in Ihrem Antrag, der letzte Woche im Deutschen Bundestag aufgrund der Antragstellung der Großen Koalition mit den Stimmen der Großen Koalition abgestimmt wurde. Jetzt geht es noch einmal direkt nach Bayern. Bayern ist das einzige Bundesland, das kein eigenes Aufnahmeprogramm hat, zumindest nicht nach unseren derzeitigen Informationen auf dem Stand von heute Nachmittag um viertel nach vier.

(Christine Kamm (GRÜNE): Das ist so!)

Bayern ist das einzige Land. Wir stellen uns ein Aufnahmeprogramm vor. Alle anderen 15 Bundesländer regeln die Kriterien für die Aufnahme. Frau Kamm, in dem Aufnahmeprogramm wären viele Ihrer Punkte letztlich zu regeln. Das Ziel muss sein, Menschen möglichst schnell und unbürokratisch aufzunehmen, vor allem Menschen, die hier in Bayern Verwandte haben und bei denen im Prinzip die Sicherheit, dass der Freistaat Bayern keinen Euro zahlen muss, durch die Verwandten gegeben ist. Dass das nicht passiert, kann ich überhaupt nicht nachvollziehen und verstehen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Herrmann, unsere Bürgerbüros, nicht nur die der SPD-Fraktion, sondern – davon gehe ich aus -, auch die Ihrer Kollegen werden täglich mit Mails konfrontiert, in denen Verwandte genau das schildern und sagen, wir haben vor Monaten den Antrag gestellt, und es gibt keine Zusage. Und reden Sie sich bitte nicht damit heraus, dass das Bundesamt zuständig ist; denn in einer Aufnahmerichtlinie der Innenminister, der auch Sie zugestimmt haben, steht eindeutig: Das Visum wird erst erteilt, wenn die zuständige Ausländerbehörde vor Ort ihre Zustimmung dazu gibt, dass die Menschen nach Deutschland einreisen können. Ich kann Ihnen dieses Merkblatt vorlesen, Herr Herrmann, und deswegen gibt es kein Abschieben. Bayern steht in der Pflicht, dies letztlich einzuleiten.

Ich kann nur Folgendes sagen, Kolleginnen und Kollegen: Wir haben unseren Antrag extra kurz gehalten, damit Sie heute zustimmen können; denn den gleichen Inhalt haben Ihre Kollegen letzte Woche im Deutschen Bundestag so beschlossen. Das ist heute der dritte Anlauf, bei dem wir eigentlich gleiche Inhalte haben und um Ihre Zustimmung werben. Vorhin ist es schon einmal halb gelungen. Da hat zumindest ein Drittel der CSU-Fraktion für den Antrag der GRÜNEN gestimmt. Jetzt bitte ich Sie wirklich, sich das anzuschauen. Was wir fordern, ist nichts anderes als das, was alle anderen 15 Bundesländer bereits tun, was

vonseiten des Bundesinnenministers ganz klar empfohlen wird und als Aufgabe des Landes Bayern zu verstehen ist.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Danke schön, Frau Kollegin. Als Nächster hat Herr Kollege Dr. Hans Jürgen Fahn von den FREIEN WÄHLERN das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Dass das auch die Koalition beschlossen hat, wie Frau Weikert gerade gesagt hat, wusste ich bisher nicht. Das hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass wir FREIEN WÄHLER nicht im Bundestag vertreten sind. Ich fand das ganz interessant.

Wir unterstützen den Antrag der SPD, weil er kurz ist und im Prinzip das beinhaltet, was auch wir wollen. Ein paar Zahlen zu Syrien. 9.500 Menschen pro Tag verlassen dort ihr Zuhause wegen Gewalttaten. Syrien hat weltweit die höchste Zahl von Vertriebenen im eigenen Land. Im letzten Jahr waren weltweit 33 Millionen Menschen auf der Flucht. Wie schon gesagt, sind derzeit weit mehr als 6,5 Millionen Syrer Binnenflüchtlinge, und 2,5 Millionen fliehen in andere Staaten.

Wir haben das Thema Syrien hier im Landtag schon öfter behandelt. Das begann 2011, und zum letzten Mal war es am 25. Februar 2014 der Fall. Da wurde ein ähnlicher Antrag behandelt. Deutschland hatte im März 2013 ein erstes Kontingent von 5.000 Plätzen für syrische Flüchtlinge beschlossen. Die Aufnahmeverfahren sind und waren so bürokratisch, dass die letzten Flüchtlinge aus diesem Kontingent erst in diesen Tagen einreisen konnten. Wenn das so lange dauert – fast ein Jahr -, stimmt etwas nicht. Das ist viel zu bürokratisch, da muss sich etwas ändern.

Es gab ein zweites humanitäres Kontingent von wiederum 5.000 Plätzen; es wurde im Dezember 2013 beschlossen. Bis Ende Februar 2014 konnten in Deutschland lebende Syrer einen Nachzug ihrer Verwandten beantragen. Inzwischen sind insgesamt 76.000 Anträge eingegangen. Dieses Kontingent musste auch einen Bezug zu Deutschland haben. Das heißt, hier lebende Verwandte sollten sich an den Aufnahmekosten beteiligen. Bisher wurde etwa der Hälfte der Anträge stattgegeben, und die 1.000 Aufnahmebescheide für die Visa-Verfahren wurden an die deutschen Botschaften verschickt. Eingereist sind aber nur einige Hundert. Das zeigt deutlich, dass auch hier etwas schiefgelaufen ist; das hätte viel schneller gehen müssen.

Bayern ist oft sehr restriktiv. Zum Beispiel gab es die Anweisung des Innenministeriums, dass nur die Anträge finanziell gut gestellter Syrer an das Bundesamt weitergeleitet werden dürfen. Diese etwas restriktive Anordnung braucht es aber nicht zu geben. Zum Beispiel bedarf es dieser Einschränkung eigentlich nicht, wenn humanitäre Schutzbedürfnisse gegeben sind. Derzeit wird in Berlin in der Koalition verhandelt, ob ein Aufnahmepaket mit weiteren 10.000 Flüchtlingen aufgelegt wird. Das soll aber erst im Juni entschieden werden.

Wir FREIEN WÄHLER wollen, dass die Lastenverteilung innerhalb der Bundesländer gerecht ist. Das heißt gleichzeitig, dass Bayern genauso seinen Teil leisten muss wie alle anderen Bundesländer. Bayern darf nicht zusätzliche Hürden aufbauen.

Viele Punkte im Antrag der GRÜNEN sind richtig; wir wollen das Gleiche, zum Beispiel ein bayerisches Aufnahmeprogramm für Kriegsflüchtlinge. In 15 Bundesländern gibt es ein solches Programm, in Bayern nicht. Vielleicht können Sie, Herr Innenminister, falls Sie noch sprechen werden, einmal erklären, warum wir in Bayern keines haben oder warum Sie keines haben wollen.