Protocol of the Session on May 7, 2014

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Frau Kollegin Guttenberger, Sie sagen, in Bayern werde die Verwaltung durch die Ablehnung dieses Gesetzentwurfs gerettet. Mit Sicherheit funktioniert die Verwaltung in Bayern. Sie kann aber immer noch einen Schritt besser werden. Ein Kollege in unserem Haus, den Sie gut kennen, nämlich unser Ministerpräsident, hat das wunderbare Wort von der "totalen Transparenz" geprägt. Da wundert es mich schon, dass Ihre Fraktion Rückzugsgefechte und Eindämmungsprozesse einleitet, um dem Wunsch nach "totaler Transparenz" – ich zitiere dieses Wort im Zusammenhang mit dem ADAC – gerecht zu werden.

Daneben hatten wir auch in den Wahlkämpfen miteinander zu tun. In diesem Zusammenhang zitiere ich ein weiteres Mal den Herrn Ministerpräsidenten: "Die CSU wird im Zweifelsfall mit einem eigenen Programm in den Bundestags- und Landtagswahlkampf ziehen, um für Transparenz und Bürgerbeteiligung zu werben." Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CSU, setzen Sie bitte Ihr Programm um und legen Sie einen eigenen Gesetzentwurf für ein Informationszugangsgesetz auf den Tisch, damit wir über Ihre Vorstellungen diskutieren können.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen nicht immer nur Abwehrhaltungen unter alibihafter Bezugnahme auf den Datenschutz. Sicher hat die SPD in zahlreichen Parlamenten, aber auch hier wiederholt Gesetzentwürfe zur Informationsfreiheit vorgelegt und darüber diskutiert. Wir haben dabei auch Ihre Argumentation aufgenommen. Wir erhalten die Diskussion aufrecht, und die FREIEN WÄHLER mit ihrem Entwurf dankenswerterweise ebenfalls. Von Ihrer Seite kommt immer nur der Hinweis, dass es 14, 16, 18 oder 28 verschiedene Vorschriften gibt, aus denen sich die Informationsfreiheit ergibt. Das ist aber

nichts anderes als der Hinweis: Mein lieber Mann, wenn du eine Maus bist, gibt es viele Mauslöcher, um in den Saal zu kommen. Machen Sie doch die Türen auf für die Information, damit alle durchgehen können und sich nicht krümmen und bücken und Generationen von Juristen beschäftigen müssen, um Informationen zu erlangen.

Für den Umweltschutz hat der Bund ein Gesetz geschaffen, das einen freien Informationszugang ermöglicht. Dennoch besteht bei diesem Gesetz keine Sorge, dass eine überbordende Bürokratie die Verwaltung zusammenbrechen lässt. Im Gegenteil, selbst Sie, Frau Kollegin Guttenberger, haben sich bei den letzten Reden, wenn ich es richtig gelesen habe, mit diesem Gesetz auch zufrieden gegeben. Wenn es eine Vorschrift gibt, die einen problemlosen Informationszugang ermöglicht, gehen Sie doch den nächsten Schritt und sagen: Wenn der Informationszugang bei einem Gesetz funktioniert, wird er auch allgemein funktionieren.

So können Sie auch nicht mit unserer Verwaltung umgehen. Die Verwaltung ist doch kompetent. Sie ist in der Lage, die Rechte abzuwägen. Sie ist kompetent, unter der Wahrung von Betriebsgeheimnissen und Datenschutz Entscheidungen zu treffen. Man kann doch davon ausgehen, dass solche Entscheidungen auch mit einem Informationszugangsgesetz getroffen werden.

Dass öffentliches Handeln in Bayern nicht transparent ist, kann man durchaus dann sagen, wenn Runde Tische gebildet werden müssen, damit die Bürgerinnen und Bürger über Lebenssachverhalte informiert werden. Politiker stellen sich dann hin und zelebrieren Runde Tische als Informationsstunde, allerdings nicht auf Augenhöhe mit den Bürgerinnen und Bürgern. Moderne Informationsfreiheit setzt voraus, dass die Bürgerinnen und Bürger einerseits und die Verwaltung und damit auch der Staat andererseits auf Augenhöhe miteinander kommunizieren. Diesen Grundgedanken greift der vorliegende Gesetzentwurf auf.

Ich verhehle nicht, dass die FREIEN WÄHLER nach unserer Erkenntnis vieles aus unserem Gesetzentwurf aus der letzten Legislaturperiode übernommen haben. Ich verhehle auch nicht, dass die FREIEN WÄHLER so moderat und so frei sind, gewisse Einschränkungen zum Beispiel hinsichtlich des Informationszugangsregisters vorzunehmen, weil sie vor den kommunalen Spitzenverbänden Angst haben. Allerdings kämpfen die kommunalen Spitzenverbände selber mit überbordender Bürokratie. Deshalb haben Sie alles andere als ein Interesse daran, mit einem Gesetz ohne Unterstützung des Freistaates Bayern Informationen liefern zu müssen. Ihr Gesetzentwurf geht mit

der in Gang gehaltenen Diskussion in die richtige Richtung. Steter Tropfen höhlt den Stein. Wir werden Ihren Gesetzentwurf unterstützend begleiten.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. Als Nächste hat nun Frau Kollegin Katharina Schulze von den GRÜNEN das Wort. Bitte schön, Frau Kollegin.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Guttenberger, ich fand Ihre Argumentation bei dem Gesetzentwurf und beim Gesetzentwurf zuvor – ich sage es vorsichtig – etwas unglücklich. Sie haben den jeweiligen Initiatoren vorgeworfen, sie würden negieren, dass es in Bayern Transparenz gibt. Das stimmt überhaupt nicht. Die SPD, die FREIEN WÄHLER und auch ich möchten folgenden Punkt ansprechen: Nur weil es schon etwas gibt, was gut läuft, kann man sich nicht verweigern, es zu verbessern, wenn man es analysiert und gesehen hat, dass es besser gehen kann.

(Beifall bei den GRÜNEN – Petra Guttenberger (CSU): Sie irren, Frau Kollegin!)

Deshalb verstehe ich nicht, weshalb sich die CSU so wahnsinnig gegen dieses Gesetz sträubt. Wie meine Vorredner schon gesagt haben, ist Bayern gerade nicht der einzige Vorkämpfer für ein Transparenzgesetz. Schon elf andere Bundesländer haben ein solches Gesetz geschaffen. Auf Bundesebene gibt es ein solches Gesetz. Es stimmt nicht, dass wir alleine uns ein solches Gesetz überlegt haben und die CSUFraktion davon überrascht ist, dass es solche Ideen gibt.

Ein anderer Punkt, der deutlich zeigt, dass es ein Interesse an Informationsfreiheit und Transparenz gibt, ist folgender: Die Landtagsfraktion der GRÜNEN hat vor einem Jahr unter dem Motto "Bayern Transparenz" einen großen Beteiligungsprozess gestartet. Die Kolleginnen und Kollegen, die in der letzten Legislaturperiode schon hier waren, werden sich daran erinnern. Meine Vorgängerin Susanna Tausendfreund hat in einem großen Prozess mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern ein sogenanntes bayerisches Transparenzgesetz erarbeitet. Viele Punkte davon haben wir im Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER wiedergefunden. Das freut uns, und das halten wir für gut. Das zeigt auch, dass nicht nur Politikerinnen und Politiker mehr Information haben möchten. Wir wollen nicht, dass die Bürgerinnen und Bürger betteln und bitten, Anträge stellen und nochmals hinterher telefonieren müssen, um Informationen zu bekommen. Als interessierte Bürgerin möchte ich einfach auf die einschlägige Internetseite gehen und anschauen, worum es bei

einem bestimmten Vorgang geht, sodass ich mir Informationen holen kann.

Wir möchten Bürgerinnen und Bürger, die mitdenken, die mitmachen und an der Demokratie teilhaben. Das können sie nur, wenn sie auch wissen, worum es geht, wenn sie darüber informiert sind, was die Verwaltung und die Politik machen. Deshalb verstehe ich nicht, wieso eine solche Angst und ein solches Unbehagen herrschen, wenn Sie sich mit einem Gesetzentwurf beschäftigen müssen, der nicht von Ihnen, sondern aus den Reihen der Opposition kommt. Ich verstehe nicht, dass dieser Gesetzentwurf ein so großes Problem ist, und Sie sich gegen ihn wehren und sperren.

Ich hoffe, dass wir im Laufe des Gesetzgebungsprozesses vielleicht noch etwas näher zusammenrücken; denn uns GRÜNEN ist klar, dass Transparenz natürlich Vertrauen schafft und Regierungs- und Verwaltungshandeln grundsätzlich öffentlich sein muss. Jeder, der etwas anderes behauptet, hat das nicht richtig verstanden.

Ich finde auch, dass Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf haben, zu erfahren, was mit ihren Steuergeldern passiert. Darum finden wir auch, dass der Antrag der FREIEN WÄHLER in die richtige Richtung geht. Es gibt einige Punkte, die wir im Laufe des Prozesses sicher noch besprechen können. Wir GRÜNE sind zum Beispiel der Meinung, dass grundsätzlich eine Veröffentlichungspflicht für Informationen bestehen sollte. Nach Artikel 5 Ihres Gesetzentwurfs soll der Zugang zu amtlichen Informationen auf Antrag gewährt werden. In Artikel 14 werden einige Dinge genannt, die Sie allgemein zugänglich machen wollen. Ich verstehe nicht ganz, warum es eine Veröffentlichungspflicht für Broschüren geben soll. Broschüren fallen eher unter Öffentlichkeitsarbeit. Es gibt einige Punkte, die wir im Laufe des Verfahrens genauer anschauen werden.

Zusammenfassend bleibt mir eigentlich nur zu sagen, dass dieses bayerische Amtsgeheimnis, das sogenannte "Auf-den-Akten-sitzen", in unseren Augen nicht ins 21. Jahrhundert gehört, sondern ein Relikt des Obrigkeitsstaates ist. Daran kann man rütteln und etwas verändern, damit mehr Transparenz und mehr Information Einzug halten.

(Beifall bei den GRÜNEN, den FREIEN WÄH- LERN und Abgeordneten der SPD)

Herzlichen Dank. Liebe Kolleginnen und Kollegen, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss

für Verfassung, Recht und Parlamentsfragen als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? – Jawohl, alle sind damit einverstanden. Dann ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 2 auf:

Bestellung eines Mitglieds für das Kuratorium der Universität Regensburg

Das bisherige Mitglied des Kuratoriums Frau Tanja Schweiger ist aufgrund ihrer Wahl zur Landrätin mit Ablauf des 30. April 2014 aus dem Landtag ausgeschieden. Damit endet auch ihre Mitgliedschaft im Kuratorium der Universität Regensburg. Für den Rest der Amtszeit des Kuratoriums bis 30. September 2014 ist daher eine Nachfolgerin bzw. ein Nachfolger zu bestellen. Die vorschlagsberechtigte Fraktion der FREIEN WÄHLER hat hierfür Herrn Kollegen Dr. Karl Vetter benannt. Eine Aussprache dazu findet nicht statt. Wir kommen deshalb zur Abstimmung. Wer dem Vorschlag der Fraktion der FREIEN WÄHLER seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Enthaltungen? Keine. Damit ist das so beschlossen.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 3 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 1)

Ausgenommen von der Abstimmung ist die Listennummer 12, die einzeln beraten werden soll. Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen zu den übrigen Anträgen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um sein Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Keine Gegenstimme, keine Enthaltungen. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 4 auf:

Beratung der zum Plenum eingereichten Dringlichkeitsanträge

Zur gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Kerstin Schreyer-Stäblein, Karl Freller u. a. und Fraktion (CSU) Bayerische Interessen bei der TTIP durchsetzen (Drs. 17/1780)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Linus Förster, Hans-Ulrich Pfaffmann u. a. und Fraktion (SPD) Schwerpunktsetzung bei den TTIP-Verhandlungen - Qualitative Wirtschaftsentwicklung im Sinne von sozialer Sicherheit, ökologischer Nachhaltigkeit sowie Verteilungsgerechtigkeit in der EU (Drs. 17/1798)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Ulrike Müller u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Ablehnung der Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) bei Überschreitung der bayerischen roten Linien (Drs. 17/1799)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Margarete Bause, Ludwig Hartmann, Rosi Steinberger u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Transatlantisches Freihandelsabkommen darf Umwelt- und Verbraucherschutzstandards der Europäischen Union nicht aufweichen (Drs. 17/1800)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Der erste Redner ist Kollege Dr. Rieger.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Kaum ein Thema bewegt europapolitisch in letzter Zeit so sehr wie das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA. Gegner dieses Projekts haben in kurzer Zeit mehrere hunderttausend Unterschriften dagegen gesammelt. Diese Bedenken nehmen wir sehr ernst. Deshalb hat sich auch der Europaausschuss in den letzten Monaten sehr intensiv mit dieser Thematik auseinandergesetzt. Sowohl Vertreter der EU-Kommission als auch der amerikanischen Verhandlungsdelegation haben im Ausschuss über ihre jeweilige Verhandlungsposition berichtet. Um sicherzustellen, dass das Freihandelsabkommen nicht zu einer Absenkung europäischer Schutzniveaus führt, haben wir heute diesen Dringlichkeitsantrag gestellt. Wir wollen damit deutlich machen, dass dieses Abkommen viele Chancen bietet, aber auch mit

Risiken behaftet ist, die zum frühestmöglichen Zeitpunkt wirksam ausgeschlossen werden müssen.

Für Bayern sind die USA nicht nur der wichtigste Exportmarkt, sondern zugleich auch der wichtigste Investitionsstandort. Die Beseitigung von Zöllen und anderen Handelshemmnissen verbessert gerade auch für unsere kleinen und mittelständischen Unternehmen die Chancen im internationalen Wettbewerb. So fallen zum Beispiel für die Einführung von Schuhen immer noch 56 % an Zöllen an die USA an. Die deutsche Automobilwirtschaft zahlt für ihre Exporte in die USA jährlich über eine Milliarde Euro an Zöllen.

Unterschiedliche Produktstandards führen dazu, dass insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen nicht den Schritt über den Atlantik wagen. Eine Harmonisierung dieser Standards kann ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Ob ein amerikanisches Auto rote Blinker hat oder ein europäisches Auto gelbe Blinker, macht für die Verkehrssicherheit keinen Unterschied. Für den Im- und Export bedeutet das aber ein großes Hindernis.

Meine Damen und Herren, ganz anders ist die Situation bei der kommunalen Daseinsvorsorge und den hohen EU-Schutzstandards, insbesondere beim Verbraucherschutz und in der Landwirtschaft. Diese dürfen auf keinen Fall abgesenkt werden. Wir wollen keine genmanipulierten Lebensmittel, kein Klonfleisch, keine Gen-Tomaten und keine Chlor-Hühnchen auf unseren Tellern haben.

(Beifall bei der CSU – Dr. Sepp Dürr (GRÜNE): Seit wann?)

Auch unsere Trinkwasserversorgung gehört nicht in die Hand ausländischer Investoren, sondern sie muss in der Hand unserer Kommunen bleiben. Das ist nicht verhandelbar.