Protocol of the Session on September 27, 2018

Doch! Unser Land hat sich verändert. Es gibt neue Herausforderungen, die kann man aber nicht mit den Rezepten der Vergangenheit lösen. Sie stellen sich aber immer nur hier hin und erzählen. Dabei sind Sie immer breitbeinig und selbstbewusst, was ja auch schon mal was ist. Ein großes, gutes Selbstbewusstsein ist auch schon etwas.

(Zuruf von der CSU: Das haben Sie auch!)

Das allein reicht aber nicht. Wir müssen uns doch überlegen, wie wir die Herausforderungen der Zukunft gut gestalten können, wie wir mit den Bürgerinnen und Bürgern das verteidigen können, was uns lieb und teuer ist. Es ist doch die Aufgabe der Politik, Rahmenbedingungen zu setzen und die Zukunft mutig zu gestalten. Sie darf sich nicht in einer endlosen Selbstbeschäftigung verheddern, was die GroKo, der Sie mit angehören, gerade auf Bundesebene macht. Das nervt mittlerweile viele Leute. Sie können nicht mehr hören, dass ständig nur darüber geredet wird, was angeblich nicht geht, dass Hass und Hetze betrieben wird. Wir brauchen Menschen mit Leidenschaft, mit

Ideen, mit Zuversicht, die mutig diese Gesellschaft gestalten und für unsere Zukunft anpacken.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von den GRÜNEN: Bravo!)

Weil die Menschen merken, dass Ihr Politikangebot immer weniger zum Land passt, haben Sie im Moment so schlechte Umfragewerte. Deshalb werden Sie in 17 Tagen die absolute Mehrheit verlieren.

(Beifall bei den GRÜNEN – Jürgen W. Heike (CSU): Warten wir erst einmal ab!)

Kolleginnen und Kollegen, wie der neue Landtag aussieht, welche Mehrheiten es dann gibt, wie viele Parteien hier sitzen werden, das wissen wir alle miteinander nicht. Das liegt in der Hand der Wählerinnen und Wähler, und das finde ich jetzt erst einmal gut so. Ich weiß, die Menschen in diesem Land werden sich die Entscheidung, wen sie am 14. Oktober dieses Jahres wählen, nicht leicht machen. Ich glaube, wenn wir uns hier auf eine Sache einigen können, dann doch darauf, dass die Menschen in unserem Land spüren, dass sich Bayern, Deutschland und auch ganz Europa in einer kritischen Phase befinden. Es macht deshalb schon einen Unterschied, ob sich Bayern in eine national-autoritäre oder in eine europäisch-liberale Richtung bewegt. Deshalb ist es schon entscheidend, welche Parteien am 14.10.2018 wie viel Prozent bekommen. Ich hoffe, wir alle machen uns bewusst, ob wir uns im Wahlkampf treffen oder nach der Wahl hier im Hause, worum es eigentlich geht. Es geht nämlich in erster Linie nicht um uns, sondern darum, dass Bayern auch in Zukunft ein lebenswertes und ein liebenswertes Land bleibt,

(Jürgen W. Heike (CSU): Richtig!)

und zwar für alle Menschen, die hier bei uns leben.

(Anhaltender Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von den GRÜNEN: Bravo!)

Vielen Dank, Frau Schulze, für Ihren Redebeitrag. Noch einen kleinen Moment! Jetzt haben wir noch eine Zwischenbemerkung: Herr Kollege Arnold, bitte schön.

Herzlichen Dank, Frau Kollegin Schulze. Mit vielen Ihrer Apelle kann man tatsächlich d‘accord gehen. Viele sind aber nicht neu, sondern sind tatsächlich Wiederholungen aus der Verfassung. Es ist gut, wenn Sie darauf hinweisen, die Verfassungsrealität herzustellen. Unter diesem Aspekt habe ich allerdings schon eine Anmerkung zu machen. Sie sagen, es braucht etwas Neues, es braucht neue Gedanken. Sie kommen allzu oft mit neuen Gedanken,

die nicht ausformuliert bzw. nicht zu Ende gedacht sind. Sie setzen zum Beispiel ein Volksbegehren "Flächenfraß" in die Welt und aktivieren die Leute zu diesem wichtigen Thema und suggerieren, dass dies mit Ihrem Gesetzentwurf umsetzbar wäre. Dann muss man sich vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof ins Stammbuch schreiben lassen: Angesichts der komplexen Materie und der Regelungsdefizite des Gesetzesvorschlags ist es zudem zweifelhaft, ob die Stimmberechtigten bei einem Volksentscheid über den Gesetzentwurf überhaupt dessen Auswirkungen überblicken.

Das ist doch gewissermaßen der Hinweis – aus meiner Sicht –, dass die Themen zwar angesprochen werden müssen, dies aber gründlich. Ich fordere auch von Ihnen ein, wenn wir uns demnächst alle wieder im Landtag treffen, gründlich und zusammen zu arbeiten und nicht nur Schlagzeilen zu produzieren und Emotionen zu generieren, so wichtig das in der Politik auch ist, sondern sachliche, fachlich solide Arbeit zu leisten, damit das nächste Volksbegehren, das Sie initiieren, möglicherweise durchgeht, wenn Sie nicht an der Regierung sind.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Das sagen die Richtigen!)

Frau Schulze, bitte.

Vielen Dank, Herr Kollege, für die grundsätzliche Zustimmung, dass wir in unsicheren Zeiten als Demokratinnen und Demokraten zusammenstehen und unseren Rechtsstaat und die Demokratie verteidigen sollten.

Dankenswerterweise haben Sie mir die Möglichkeit gegeben, noch etwas zu dem wichtigen Thema Eindämmung von Flächenfraß in Bayern zu sagen.

(Horst Arnold (SPD): Gerne doch!)

Wir haben dieses Thema im Landtag auf allen Ebenen sehr tief und umfassend behandelt. Im Umweltausschuss wurde ein Gesetzentwurf umfassend diskutiert. Wir haben Expertinnen und Experten

eingeladen. Wir haben das fachlich versiert gemacht. Wir haben nur das folgende Problem: Das ist die noch absolute Mehrheit der CSU, die unseren Vorschlägen nicht gefolgt ist. Dann mussten wir den Weg über ein Volksbegehren gehen. Ich finde es sehr bitter, dass es jetzt nicht zur Abstimmung kommt. Darum müssen wir die Abstimmung über das Thema Flächenfraß am 14.10. führen. Die Bürgerinnen und Bürger können bei der Wahl entscheiden, ob sie das schöne Gesicht Bayerns bewahren möchten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auf den letzten Drücker noch eine Zwischenbemerkung des Kollegen Erwin Huber. Bitte schön.

Das Thema Flächenfraß, Herr Präsident, hat mich elektrisiert.

Das habe ich mir gedacht.

Nicht nur das Volksbegehren, sondern auch der Gesetzentwurf, den BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hier im Landtag eingereicht hat, hat jedes Instrument vermissen lassen. Sie machen nur Sprüche und wollen die praktische Umsetzung den Kommunen oder dem Staat überlassen. Das ist typisch GRÜNE: Sprüche machen, aber keine Realisierung dazusetzen.

(Beifall bei der CSU)

Das Instrument war die Begrenzung auf fünf Hektar pro Tag. Wie das in den 2.056 Gemeinden in Bayern umgesetzt werden soll, war gar nicht enthalten. Sie sagen, darum soll sich die Regierung kümmern. Ein Gesetz, das dermaßen in die kommunale Planungshoheit eingreift, muss auch die Instrumente benennen.

Das Zweite, was ich in besonderer Weise als Widerspruch in diesem Zusammenhang sehe: Etwa 60 % der Flächen, die heute durch kommunale Planungen in Anspruch genommen werden, beziehen sich auf den Bereich Wohnungsbau. Die GRÜNEN und auch andere fordern ständig, wir müssen mehr Wohnungen bauen, es muss preiswerter Wohnraum geschaffen werden, es muss auch Eigenheime geben. Zur gleichen Zeit würden Sie den gleichen Kommunen die Grundlage entziehen, Bauland zur Verfügung zu stellen. Das ist der schlimmste Widerspruch in der Politik der GRÜNEN.

(Beifall bei der CSU)

Herr Huber und liebe CSU, ich glaube, Sie müssen sich untereinander etwas besser absprechen. Auf der einen Seite werfen Sie uns immer vor, wir würden hier ständig Regeln geben wollen, und jetzt sagen Sie, wir würden hier zu wenig machen. Irgendwie passt das nicht so ganz.

Der Punkt ist doch, dass wir eine klare Richtlinie und eine Leitlinie vorgeben. Wir sind uns doch hoffentlich darin einig, dass wir zu viel von unseren schönen Flächen und der Natur verbrauchen. Ich kann nur Ludwig

Hartmann zitieren, der immer sagt: Wir müssen denken, bevor der Bagger kommt. Wenn wir anfangen würden, dafür zu sorgen, dass Logistikhallen nicht ebenerdig auf die grüne Wiese geklatscht werden, sondern in die Höhe und in die Tiefe gebaut wird, hätten wir schon viel gewonnen.

Die Kommunen sind in der Lage, ein ordentliches Flächenmanagement zu betreiben. Dafür muss aber der Freistaat Bayern, die staatliche Ebene, die Rahmenbedingungen vorgeben. Das gehört nämlich auch zu guter Politik, dass eine Leitlinie vorgegeben wird, wohin die Entwicklung gehen soll, an der man sich orientieren und so gemeinsam Handlungswege entwickeln kann. Da gibt es viele Ideen und Vorschläge. Gesetze sind auch dazu da, Rahmen, Leitlinien und Bedingungen erst einmal zu formulieren. Sie haben damals unserem Gesetzentwurf leider nicht zugestimmt. Wir werden am 14.10. sehen, wie die Bürgerinnen und Bürger über das Thema denken und sich an der Wahlurne entscheiden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schulze. – Jetzt hat Kollege Muthmann das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, Sie haben für die Politik das Bild des Laufbandes genommen und gesagt: Wer stehen bleibt, der fällt zurück. – Das stimmt. Ich weiß nicht, ob Sie schon einmal auf einem Laufband gestanden sind; denn da gilt auch: Wer zu schnell läuft oder zu viel will, kommt leicht ins Straucheln, und Omnipräsenz führt nicht zu Omnipotenz.

Ihre bisherige Regierungszeit ist geprägt von einer hektischen, aufgeregten Populismustour: alles auf einmal, nichts zu Ende gedacht, unfertige Konzepte, keine nachhaltigen Lösungen. Für ein solches Regierungshandeln sind die Probleme und Aufgaben viel zu komplex. Nachdenken und Zuhören finden überhaupt nicht mehr statt, offenbar auch nicht in Ihren eigenen Reihen, weil Sie glauben, alles selbst am besten zu wissen. Dieser Allwissenheits- und Allmachtsanspruch macht die Menschen skeptisch und überzeugt niemand. Diese Hauruck-Politik ist fehleranfällig und entwertet den notwendigen parlamentarischen Prozess und – noch wichtiger – wird weder Ihrer Verantwortung noch der des Parlaments gerecht.

Dazu nur zwei Beispiele aus den letzten Monaten: zum einen die Einweihung der Grenzpolizei ohne Rechtsgrundlage, im Übrigen auch ohne die notwendige inhaltliche Abstimmung mit dem Bund, und zum anderen das Familiengeld. Erst gestern hat die Bun

desregierung, der die CSU angehört, auf eine Parlamentarische Anfrage wiederum bestätigt, dass doch eine Anrechnung auf Hartz IV erfolgt, der sozialpolitische Super-GAU. Alle bekommen etwas, nur die Bedürftigsten nicht.

Langfristig tragfähige Lösungsansätze fehlen dagegen in ganz zentralen Politikfeldern. Beim Wohnungsbau sind Ihre Antworten "BayernHeim" und Baukindergeld. Aber die Frage, wie die Wirtschaft motiviert wird, in den Mietwohnungsbau zu investieren, ist noch nicht einmal thematisiert.

Die Deckung des Facharbeiterbedarfs ist eine zentrale Frage zur Sicherung des Wohlstands. Wie halten Sie es mit der Öffnung des Arbeitsmarkts für Flüchtlinge?

Im Bildungsbereich: Digitalisierung. Wie wollen Sie diese implementieren? Wie sieht es in diesem Zusammenhang mit der Eigenverantwortung der Schulen aus?

Wie stärken wir die Innovationskraft der Wirtschaft, und wie sichern oder ermöglichen wir kreative Milieus? – Fragen ohne Antworten.

Zum Flughafen München hätten Sie eine mutige Infrastrukturentscheidung treffen können, haben aber mutlos agiert.

Interessant fand ich Ihre Ausführungen zum ländlichen Raum. Sie haben gesagt, Bayern müsse dezentraler werden, nicht alles müsse in München entschieden werden, die Regionen sollten mehr Kompetenzen erhalten. – Das ist richtig und eine langjährig auch von mir erhobene Forderung. Aus Ihrem Munde klingt das aber nicht glaubwürdig. Wer glaubt, der Heimatminister müsse jeden Förderbescheid persönlich aushändigen, will Kompetenzen nicht an nachgeordnete Behörden oder gar in die Regionen verlagern. Schon als Heimatminister haben Sie dazu nichts bewegt und in dieser Hinsicht auch die Enquete-Kommission nicht unterstützt. An den Taten, nicht an einer Regierungserklärung ein paar Tage vor der Wahl müssen wir Sie messen.

Moderne, frische Politik geht anders. Die vielen Zukunftsaufgaben müssen wir weltoffen und tolerant, mutig und zuversichtlich, aber auch solide anpacken. Wir müssen kontinuierlich für die Zukunftsfestigkeit arbeiten und nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tun, sonst wird es nichts auf dem Laufband und auch nichts in der bayerischen Landespolitik.

Danke schön, Kollege Muthmann. – Die nächste Wortmeldung: Kollege Blume für die CSU-Fraktion. Bitte sehr.

(Erwin Huber (CSU): Auf geht’s!)

Herr Präsident, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir begehen heute den letzten Plenartag dieser Legislaturperiode. Ich bin ganz ehrlich: Ich hätte mir heute an vielen Stellen einen würdigeren Abschluss, eine würdigere Debatte gewünscht, als wir es heute hier erlebt haben, liebe Kollegen.