weil wir nicht nur für Sicherheit sorgen, sondern auch für Freiheit. Zum Schützen der Freiheit und der Bürgerrechte gehört, dass man sich gegen das verfassungswidrige CSU-Polizeiaufgabengesetz stellt, weil dieses massiv in die Freiheits- und Bürgerrechte der Bürgerinnen und Bürger eingreift. All das schafft nicht mehr Sicherheit.
Herr Söder, Sie haben vorhin gesagt, seit es das Gesetz gibt, sei nichts vorgefallen. Ich habe das selbst beim Innenminister abgefragt: Seit Inkrafttreten des Gesetzes sind schon elf Personen länger als zwei Wochen in Gewahrsam genommen worden, eine Person sogar schon länger als zwei Monate – nur damit wir die Realität diesbezüglich anerkennen.
Das zeigt doch ganz deutlich, dass die Freiheit scheibchenweise stirbt und wir diese Freiheit verteidigen müssen.
Das Zweite, worum wir uns kümmern müssen, ist die äußere Sicherheit. Wir leben in einer unsicheren internationalen Umwelt. Die Antwort darauf kann doch nur lauten: mehr internationale Zusammenarbeit und nicht weniger. Wer heutzutage noch denkt, mit einem "Bavaria first" oder einem "Germany first" kommen wir irgendwie weiter, hat es doch nicht verstanden. Wir
Deswegen bin ich entsetzt, dass Markus Söder vom Ende des geordneten Multilateralismus gesprochen hat. Herr Söder, Sie haben damit Bilder produziert und aufgemacht, die ich in diesem Land nicht haben möchte. Dass wir seit 70 Jahren in Frieden leben können, haben wir Europa zu verdanken. Ich stelle mich jedem und jeder in den Weg, die unser freiheitliches Europa kaputt machen möchten, und mit mir unzählige Bürgerinnen und Bürger, weil wir uns das von niemandem kaputt machen lassen, weder von einem Viktor Orbán noch von einem Kurz, von einem Trump oder von einem Markus Söder.
Das Dritte, was wir in unserem Land brauchen, sind gleiche Chancen. Sicherheit in unserem Land hat nicht nur etwas mit der Polizei zu tun oder mit internationalen Beziehungen, sondern Sicherheit hat auch etwas mit gerechten Chancen zu tun. Ich muss mich als individuelle Person darauf verlassen können, dass meine Leistung gleich viel zählt – egal, ob ich eine Frau oder ein Mann bin. Das ist aber leider nicht der Fall. Auf den Chefsesseln sitzen immer noch sehr viele Männer. Ich finde: Genau das muss sich ändern.
Kinder erziehen, sich um Alte und Kranke kümmern, das wird meistens immer noch von Frauen erledigt, entweder von den eigenen Angehörigen oder den immer noch viel zu schlecht bezahlten Kräften in den Care-Berufen. Kolleginnen und Kollegen, auch das muss sich im Jahr 2018 endlich ändern. Wir wollen mehr Frauen in Führungspositionen, wir wollen mehr Geld für Menschen, die sich um Kinder, Alte und Kranke kümmern. Und wir brauchen endlich eine Kinderbetreuung, die zum Leben passt: mit hoher Qualität und Öffnungszeiten auch am Abend, in den Ferien und am Wochenende.
Die Chancen in unserem Land dürfen keine Frage des Geschlechts sein. Aber sie dürfen auch keine Frage des Wohnortes sein. Wo der Bus nicht fährt, der Bäcker und die Bank dichtmachen und das Internet ruckelt, das nächste Kino oder Theater 50 km oder weiter entfernt sind, der Krippenplatz nicht da ist, da wächst der Frust. Da wächst dann auch der Eindruck: Wir werden vergessen. Dieser Eindruck, wir
werden vergessen, und niemand kümmert sich um uns, ist natürlich auch der Humus für die Saat derer, die Ausgrenzung predigen und die Demokratie abschaffen wollen. Wir brauchen endlich eine Politik, die das Motto hat: gleiche Chancen in Bayern, egal, wo du lebst.
Ehrlich gesagt, damit meine ich nicht, dass wir nur ein paar Behörden verlagern, sondern damit meine ich, dass wir zum Beispiel endlich ein flächendeckendes Mobilitätsangebot garantieren. Wir GRÜNE möchten die Mobilitätsgarantie, dass zwischen 05.00 Uhr früh und 24.00 Uhr nachts an den Werktagen jeder Ort in Bayern mindestens einmal die Stunde angebunden ist. So sind gleichwertige Lebensverhältnisse auch auf dem Land möglich, und das müssen wir erreichen.
Zu den gleichwertigen Lebensverhältnissen gehören auch ein flächendeckendes Mobilfunkangebot und Glasfaseranschluss in jedem Haus. Es ist absurd: Wenn ich zu Unternehmerinnen und Unternehmern gehe, sagen die mir, dass sie ihre Daten ganz oft auf einen USB-Stick packen, den in einen Briefumschlag tun und zum Kunden schicken müssen, weil das schneller geht, als wenn sie über ihre 30 Mbit/s-Leitung von A nach B geschickt werden. Das ist doch für ein hoch technisiertes Land wie Bayern einfach nur peinlich. Auch das muss sich nach dem 14.10. ändern.
Das Vierte, was wir brauchen, sind gleiche Rechte. Menschen brauchen Anerkennung und das Gefühl dazuzugehören. Dabei geht es auch um das Thema Sicherheit, und zwar um die Sicherheit, anerkannt zu werden, so wie man ist. Es geht um gleiche Rechte, unabhängig davon, ob man viel Geld oder wenig Geld hat, egal, welchen Job man macht, ob man hier geboren ist oder in Nordrhein-Westfalen, in der Ukraine oder im Senegal. Es muss gleichgültig sein, ob die eigene Familie aus Vater, Mutter, Kind – Mutter, Mutter, Kind – Vater, Vater, Kind oder aus Alleinerziehenden mit Kindern besteht. Es geht doch nicht darum, nach welchen Kriterien wir Menschen in besser oder schlechter einteilen. Das Problem ist doch, dass wir Menschen überhaupt in Kategorien einteilen. Dadurch legen wir nämlich den Keim für eine gesellschaftliche Spaltung. Davon, Kolleginnen und Kollegen, müssen wir endlich wegkommen. Unser Land wird nämlich dadurch zusammengehalten, dass wir allen die Sicherheit geben: Du gehörst dazu, du gehörst dazu und auch du gehörst dazu. Wir alle haben die gleichen Rechte und Chancen in unserem Land verdient.
Das Fünfte ist, glaube ich, gerade im Jahr 2018 wichtiger denn je: Wir brauchen starke und durchsetzungsfähige Institutionen, die dafür sorgen, dass Gesetze und Regeln tatsächlich gelten und nicht nur auf dem Papier stehen. Das betrifft sehr viele Bereiche des Lebens. Einen möchte ich besonders hervorheben. Als Fraktionsvorsitzende der GRÜNEN möchte ich Ihnen noch einmal ans Herz legen: Schauen Sie bitte sowohl in die Bayerische Verfassung als auch in das Grundgesetz! Diese beiden Gesetzestexte geben uns allen den klaren Auftrag, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen, und zwar für uns und auch für die, die nach uns auf dieser schönen Welt leben dürfen. Das fängt beim vermeintlich Kleinen an, beim Bienensterben, beim Rückgang der Artenvielfalt. Wir brauchen also mehr Schutzgebiete, wir brauchen weniger Pestizide, wir brauchen einen dritten Nationalpark anstatt einer dritten Startbahn am Flughafen München, wir brauchen mehr Blühstreifen und mehr Hecken.
(Beifall bei den GRÜNEN – Thomas Kreuzer (CSU): Warum machen Sie das denn nicht da, wo Sie regieren? Warum machen Sie das nicht selbst?)
Wir brauchen mehr Blühstreifen und mehr Hecken statt einer Agrarwüste, damit es in Bayern wieder brummt, zwitschert, krabbelt und pfeift. All das müssen wir jetzt endlich anpacken.
(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN – Thomas Kreuzer (CSU): Sie täuschen die Leute! Dort, wo Sie selbst regieren, machen Sie nichts!)
Aber nicht nur die Pflanzen sollen blühen, sondern auch die Ortszentren. Bremsen wir endlich die Betonflut, hören wir auf, immer neue Geschäfte und Logistikzentren ins Land zu bauen! Machen wir lieber unsere gewachsenen Städte und Gemeinden stark. So schützen wir nämlich neben dem Klima und der Umwelt auch unser Landschaftsbild. Lassen Sie uns im Jahr 2018 endlich gemeinsam konsequent mit dem Schutz des Erdklimas anfangen. Hören wir auf, immer auf andere Länder zu zeigen, weil ein Präsident Trump oder China angeblich das alles auch nicht machen. Wenn wir die Klimakrise in den Griff bekommen wollen, dann müssen wir global denken und lokal handeln.
Das bedeutet: 100 % erneuerbare Energie in Bayern und raus aus der Kohleverstromung! So einfach ist das.
(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN – Unruhe bei der CSU – Thomas Kreuzer (CSU): Wer hat denn Hambach geschlossen?)
Diese unsinnige 10-H-Regelung muss endlich abgeschafft werden. Wenn die SPD, die in der Bundesregierung ist, davon spricht, dass wir GRÜNE uns wohl mit der Kohlelobby und den Energiekonzernen anlegen wollen, wenn einige in der SPD sogar von einer Blutgrätsche sprechen, dann muss ich leider auch den Genossinnen und Genossen zurufen: Sorry, da habt ihr einfach nicht recht! – Im Grundgesetz und in der Bayerischen Verfassung sind die natürlichen Lebensgrundlagen geschützt, nicht aber die Interessen der Kohleindustrie.
(Beifall bei den GRÜNEN – Horst Arnold (SPD): Gesetz und Arbeit sind Ihnen wohl nichts wert, Frau Kollegin! Darum geht es nämlich!)
Lassen Sie mich nun zusammenfassen: Wir brauchen mündige Bürgerinnen und Bürger. Wir brauchen Politikerinnen und Politiker, die Orientierung geben und Vertrauen durch gute und wirksame Politik schaffen. Genau damit lässt sich Zukunft gut gestalten.
Wir sind nämlich davon überzeugt, dass unsere Gesellschaft Zuversicht braucht statt Verzagtheit. Ich gebe Ihnen gerne etwas von meiner Zuversicht ab, wenn Sie damit nicht umgehen können.
Bei Ihnen, bei der CSU, haben wir es mit einer, sagen wir einmal, besonderen Art von Mut zu tun. Ich würde das einmal als Mut zur Lücke bezeichnen.
Wenn ich mir nämlich Ihr Wahlprogramm anschaue, kann ich da sogar nicht einmal mehr von einem Mut zur Lücke sprechen, sondern vom Mut zur Schneise. Ihr Programm, das ist auch gar kein richtiges Wahlprogramm, sondern vielmehr das Regierungsprogramm von Dr. Markus Söder. Es besticht vor allem mit dem, was gerade nicht darin steht. Es steht nämlich nicht viel drin, es macht sogar fassungslos, was
alles fehlt. Klimaschutz? – Fehlanzeige. Gleiche Chancen für Frauen? – Das versteht die CSU anscheinend nicht. Fehlanzeige. Wirksamer Schutz der Artenvielfalt? – Fehlanzeige. Gemeinsames Europa? – Nein, lieber nicht.
Bessere Chancen für Kinder aus ärmeren Familien? – Fehlanzeige. Wirksamer Schutz vor Betonflut und Flächenfraß? – Fehlanzeige.
Hilfe für Alleinerziehende – das ist übrigens die Bevölkerungsgruppe mit dem höchsten Armutsrisiko? – Fehlanzeige. Eine Integrationspolitik, die Brücken baut und die Geflüchtete in Arbeit bringt? – Fehlanzeige. Aus Zeitgründen habe ich leider nicht die Möglichkeit, alle Fragen aufzuzählen, bei denen sich die Wählerinnen und Wähler denken: Warum sagt uns die CSU dazu eigentlich nichts? – Dann muss ich eben andersherum die Frage stellen, und das ist schon interessant, warum Sie auf diese Zukunftsfragen keine Antwort haben oder keine Antwort geben wollen. Nach meiner Interpretation – die wird Ihnen nicht gefallen, Sie können sich jetzt aber schon einmal darauf vorbereiten – liegt es daran, dass Sie mit den Veränderungen und mit der wachsenden Vielfalt in unserer Gesellschaft überfordert sind. Sie schaffen es deshalb nicht, diese Fragen zu beantworten.
Doch! Unser Land hat sich verändert. Es gibt neue Herausforderungen, die kann man aber nicht mit den Rezepten der Vergangenheit lösen. Sie stellen sich aber immer nur hier hin und erzählen. Dabei sind Sie immer breitbeinig und selbstbewusst, was ja auch schon mal was ist. Ein großes, gutes Selbstbewusstsein ist auch schon etwas.