Protocol of the Session on September 18, 2018

Ich bitte heute um Ihre Zustimmung, wenngleich die CSU bei den vorausgegangenen Beratungen den Antrag abgelehnt hat. Die Bevölkerung, die Städte und Gemeinden, alle Bayerinnen und Bayern würden es Ihnen danken. Gebt euch einen Ruck und stimmt dem Antrag zu. Wenn Einstimmigkeit herrschen würde, würde es mich tüchtig freuen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Ländner.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Adelt, ich weiß nicht genau, ob wir über das richtige Thema reden. Auf den Tafeln links und rechts steht der Antrag auf der Drucksache 17/22241. Ich habe ihn auf meinem Computer aufgerufen. Vielleicht können Sie ihn auch noch einmal nachlesen. Dieser Antrag lautet:

Die Staatsregierung wird aufgefordert, die Voraussetzungen zu schaffen, dass im Rahmen des Sonderförderprogramms Förderoffensive Nordostbayern nicht nur die Beseitigung von Leerstän

den, sondern auch Ersatzneubauten gefördert werden können.

Das ist der Antrag. Du hast zu Recht davon gesprochen, dass es vielleicht sinnvoll wäre, die Gebietskulisse auszuweiten. Ich habe kein Problem damit, wenn wir darüber diskutieren. Das steht aber nicht in diesem Antrag. Ich habe auch kein Problem damit, wenn wir darüber diskutieren, mehr Geld nach Nordostbayern und ins Fichtelgebirge zu geben. Das ist wunderbar. Das alles ist toll. Über alles das können wir bei den Haushaltsberatungen sprechen. Wenn wir aber heute den Antrag auf Drucksache 17/22241 beraten, mit dem die Staatsregierung aufgefordert wird, die Voraussetzungen zu schaffen, dass nicht nur die Beseitigung von Leerständen, sondern auch Ersatzneubauten gefördert werden können, dann bitte ich um Verständnis dafür, dass ich nur hierzu Ausführungen machen kann. Das ist der Antrag, lieber Klaus Adelt. Wir können auch nicht sagen, dass das KULAP für die Förderung der Begrünung von Dachterrassen und Garagendächern in Städten eingesetzt werden soll. Das funktioniert auch nicht.

Wir können einen neuen Antrag stellen, aber wir müssen uns an die Anträge halten. Die Förderoffensive Nordostbayern ist ein Teil der Städtebauförderung, nach der es eine besonders hohe Förderung für die Beseitigung von Leerständen gibt. Das macht auch Sinn. Da geht es nicht um Wohnraumförderung. Es geht nicht um Wertsteigerung, und es geht auch nicht um Mieten, sondern es geht schlichtweg darum, mit der Städtebauförderung Stadt- und Dorfbilder und Bausubstanz zu erhalten. Wir diskutieren oft darüber, dass wir seelenlose Gemeinden haben. Im Landkreis Tirschenreuth, der auch zu Nordostbayern gehört, und auch bei mir im Landkreis Würzburg haben wir viele Dörfer mit Gesichtern. Ziel des Bayerischen Landtags ist es quer durch alle Parteien, diese Gesichter von Ortschaften zu erhalten.

Das ist auch Ziel dieser Förderoffensive. Ziel dieser besonderen Fördergestaltung im Städtebauförderungsprogramm ist es, dass in diesen Landkreisen nicht abgerissen, sondern wertvolle Bausubstanz erhalten wird. Das ist gerade in ländlichen Räumen mit niedrigen Mieten schwierig, wo es auch darum geht, dass das Alte stehen bleibt. Darüber wird viel diskutiert.

Lieber Klaus Adelt, wir sind lange genug in der Kommunalpolitik, sodass wir wissen, dass bei Sanierungsdiskussionen ein Wort besonders häufig fällt, nämlich das Wort "Bagger". Ich darf es auf Fränkisch formulieren: Nämd doch an Bagga und haud des Gerüdsch weg. Im altbayerischen oder im schwäbischen Dialekt wird es zwar anders ausgesprochen, ergibt aber nach

wie vor denselben Sinn. Die Bürgermeister und die Gemeinderäte werden bei den Bürgerversammlungen mit der Forderung, haud des alte Gerüdsch weg, konfrontiert. Um die Seele dieser Ortschaften zu erhalten, gibt es innerhalb der Städtebauförderung dieses besondere Programm für Gebiete, die in den letzten Jahren nachweislich von der Abwanderung von Bevölkerung besonders stark betroffen sind. Um diese Gebäude zu erhalten und um Leerstände zu beseitigen, gibt es besonders hohe Förderungen für die Sanierung dieser Gebäude.

Kolleginnen und Kollegen, wenn wir Wohnraum schaffen wollen, wenn wir Attraktivität erhalten wollen, wenn wir dem nordostbayerischen Raum Hilfe leisten wollen, dann tun wir das mit einer Menge von Maßnahmen, die wir in den letzten Jahren beschlossen haben. Aktuell haben wir im Nachtragshaushalt einen Bewilligungsrahmen von 440,4 Millionen Euro für die Städtebauförderung beschlossen. Allein das Bayerische Städtebauförderungsprogramm hat einen Anteil von 220 Millionen. Bei der Dorferneuerung haben wir zwei neue Förderinitiativen auf der Grundlage der Dorferneuerungsrichtlinie zum Vollzug des Bayerischen Dorfentwicklungsprogramms umgesetzt. Die Mittel der Dorferneuerung sind auf Rekordniveau. Die Förderoffensive Nordostbayern kommt vielen Bereichen zugute, dem universitären Bereich und der Initiative Innenstadt. Es gibt die Entsiedelungsprämie und viele Maßnahmen mehr. Alles das ist richtig, über alles das muss parlamentarisch diskutiert werden. Vor allem müssen diese Maßnahmen auch in den Haushaltsberatungen voneinander abgegrenzt werden.

Wenn wir heute den ÖPNV in Bayern kostenfrei machen würden, weiß ich nicht, ob dann aufgrund der Anforderungen in den Ballungsräumen noch recht viel Geld für Nordostbayern übrigbleibt. Daran habe ich meine Zweifel. Diese Forderungen werden aber bei den Haushaltsberatungen abgedeckt. Bei den Haushaltsberatungen können wir neue Programme aufstellen. Wir können darüber diskutieren, wo wir Hilfe brauchen. In diesem Antrag – ich wiederhole mich – geht es aber nur darum, statt Sanierung Abriss und Neubau zu fördern. So sehr ich in manchen Teilen auch ein Freund davon bin, muss es doch bei bis zu 90 % Förderung das Ziel sein, alte Bausubstanz und den Charme von Ortschaften zu erhalten. Mit einer hohen Förderung soll ein Anreiz dafür geschaffen werden, auch in strukturschwachen Gebieten nicht abzureißen und neu zu bauen, sondern das Bestehende für die Nachkommen zu erhalten und attraktiv zu machen. Daher müssen wir diesen Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege, bitte bleiben Sie am Rednerpult. Wir haben eine Zwischenbemerkung vom Kollegen Adelt.

Geschätzter Kollege Ländner, der Tagesordnungspunkt, wie er derzeit im Internet zu lesen ist, der Antrag auf Drucksache 17/22241 mit Beschlussempfehlung auf Drucksache 17/23185 besagt, die Förderoffensive Nordostbayern auf den Wohnraum im ländlichen Raum auszuweiten. Das umfasst auch die Einbeziehung von Gemeinden in das Förderprogramm.

Das steht aber nicht drin.

Dann hat es irgendeiner unterschlagen.

Das ist schlecht. – Lieber Kollege Adelt, wir hatten in der letzten Innenausschusssitzung auch die Petition betroffener Bürgermeister behandelt, die um eine Ausweitung gebeten haben. Darüber haben wir recht ordentlich diskutiert. In diesem Antrag steht es aber leider nicht drin. Die zweite vorgelesene Drucksachennummer ist die Beschlussempfehlung, die nach der Beratung im Innenausschuss verfasst wurde. Wenn wir nach dem 14. Oktober wieder dabei sind, lieber Klaus, kämpfen wir weiter in dieser Sache.

(Beifall bei der CSU)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Glauber.

Frau Präsidentin, verehrtes Präsidium, Kolleginnen und Kollegen! Lieber Klaus Adelt, zum Antrag ist, glaube ich, alles gesagt: In dem Antrag steht tatsächlich nichts zu einer Ausweitung der Förderoffensive. Also möchte ich auch zu dem hochgezogenen Antrag sprechen. Darin geht es um die Frage, wie man mit Ersatzneubauten umgeht. Kollege Ländner hat angesprochen, dass wir Parlamentarier mit einer gewissen Sorgfaltspflicht mit Bausubstanz, mit Bestand umgehen müssen. Da gebe ich Ihnen vollkommen recht. Es gibt verschiedene Behörden, verschiedene Abteilungen, die darauf achten, dass all das Erhaltenswerte an Gebäulichkeiten und an historischer Bausubstanz auch in unseren Ortskernen erhalten bleibt.

Aber völlig teilen möchte ich die Ausführungen nicht. Denn bei all dem, was in der Nachkriegszeit und in den Fünfziger- und Sechzigerjahren gebaut worden ist, fehlt mir ein bisschen die Fantasie, was daran erhaltenswert ist. Das sind auch nicht die Gebäude, die den Ortskernen das Leben einhauchen. Da bin ich völlig der Meinung: Bei diesen Gebäuden ist gegen

über einer Sanierung der Ersatzneubau deutlich wirtschaftlicher; da ist der Ersatzneubau auch deutlich passgenauer, weil sich genau in diesen alten Gebäuden oft Wohnungen und Stockwerke befinden, die 100 m² groß und größer sind, die nicht gebraucht werden. Heute wird etwas vor Ort für die Jungen gebraucht. Wenn du willst, dass deine Jungen im Ort bleiben, dann brauchst du für sie mal eine 50– oder 60–m²-Wohnung. Da kannst du dir zu einem Altbau zwar mit Fantasie vieles überlegen; aber da müssen wir halt auch mal mit einer gewissen Idee herangehen und einen Ersatzneubau zulassen.

Von daher würde ich grundsätzlich sagen: Ja, man muss mit Respekt an Bausubstanz herangehen. Man muss aber nicht mit Respekt an jedes alte Gebäude der Fünfziger- und Sechzigerjahre herangehen, weil bei vielen dieser Gebäude die Sanierung teurer ist als der Neubau. Der Neubau wäre zudem passgenauer, der Neubau wäre barrierefreier, der Neubau wäre energetisch sinnvoller, der Neubau wäre auch modern für die Jungen im Ort. Er wäre auch von der Struktur her passend. Er wäre vielleicht auch generationsübergreifend bewohnbar. Hier gäbe es also viele Gründe, warum der Ersatzneubau doch die bessere Idee ist, als an dem Fünfzigerjahregebäude festzuhalten. Damit signalisiere ich auch Zustimmung von unserer Fraktion, weil das Programm so angelegt ist, dass der Ersatzneubau momentan nicht möglich ist.

Die Debatte ist dann noch über die Frage geführt worden, ob es sinnvoll ist, die Förderoffensive auszuweiten. Ja, man muss schon sagen, dass die Förderoffensive sich auf genau vier Landkreise beschränkt. Für vier Landkreise werden rund 100 Millionen Euro investiert: 70 Millionen bei der Städtebauförderung und 32 Millionen für die Dorferneuerung. Darüber können wir völlig berechtigt diskutieren. Denn warum sind Neustadt an der Waldnaab und Tirschenreuth nicht inbegriffen?

(Tobias Reiß (CSU): Tirschenreuth ist dabei!)

Seid ihr dabei? – Also gut, ihr seid dabei. Dann könnt ihr euch glücklich schätzen. – Warum sind Regionen aus dem Fichtelgebirge nicht dabei? Warum sind Regionen aus der Fränkischen Schweiz nicht dabei?

(Zuruf des Abgeordneten Tobias Reiß (CSU))

Ja, genau, da muss man eben passgenau hinschauen.

(Zuruf des Abgeordneten Martin Schöffel (CSU))

Das Fichtelgebirge ist nicht dabei, Kollege Schöffel. Wenn Sie jetzt schon wieder damit um die Ecke kom

men, dann lesen Sie das Förderprogramm. Das ist eben nicht dabei.

Ihre Kollegin Brendel-Fischer hat in Pressemitteilungen immer wieder verlautbaren lassen: Die Staatsregierung legt jetzt die Initiative "Innen statt Außen" auf. – Aber "Innen statt Außen" bietet auch nur 100 Millionen an Förderung. Und der Nachteil dabei ist: Daran nehmen 2.056 Gebietskörperschaften teil. Wer sagt, das ist das Gleiche, wie wenn ein ganz kleiner, beschränkter Kreis 100 Millionen bekommt, der hat immer noch nicht verstanden, wie Förderoffensiven oder Förderprogramme angelegt sind. Von daher hat das eine mit dem anderen überhaupt nichts zu tun. Man hat nur schnell noch was aufgelegt, um letztendlich da draußen den Druck wegzunehmen. Das hilft dem Fichtelgebirge und auch vielen Regionen in der Fränkischen Schweiz leider nicht.

Aber wie gesagt: Im Antrag geht es um Wohnbau, darum, auch Ersatzneubauten in das Programm aufzunehmen. Wir stimmen zu.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön. – Nächster Redner ist der Kollege Mistol.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir von Wohnungsnot sprechen – –

(Ingrid Heckner (CSU): Muss ich auch noch reden?)

Pardon?

(Ingrid Heckner (CSU): Entschuldigung, ich habe nicht Sie gemeint!)

Ich habe es auch nicht genau gehört; insofern kann ich jetzt nichts darauf sagen. Aber ich werde dann im Protokoll nachschauen, was Sie zu mir nicht gesagt haben, Frau Kollegin Heckner.

Aber ich fange jetzt einfach noch mal an. Wenn wir von Wohnungsnot reden, sprechen wir oft über Ballungsräume, über die großen Städte. Es ist auch wichtig, dass wir darüber sprechen. Ich erinnere nur an die Demo "#ausspekuliert", die am Wochenende in München stattgefunden hat und an der über 10.000 Menschen teilgenommen haben. Aber auch jenseits der großen Metropolen befindet sich der Wohnungsmarkt in der Schieflage, vielleicht auf eine ganz andere Art und Weise. Deswegen sagen wir GRÜNE: Genauso wie stärkere Anstrengungen notwendig sind, damit das Wohnen in Städten bezahlbar bleibt, muss auch das Wohnen im ländlichen Raum

attraktiv und lebendig gestaltet werden. Darum bin ich eigentlich ganz dankbar, dass wir heute darüber diskutieren. Wir sagen schon: Ein lebendiger Kern macht einen Ort attraktiv und erhöht die Lebensqualität. Gerade in Regionen, die von Bevölkerungsrückgang geprägt sind, braucht es deshalb Maßnahmen zur baulichen und sozialen Innenentwicklung. Und den betroffenen Gemeinden – das wissen wir – fehlt halt oft einmal das Geld; ihnen fehlen die finanziellen Möglichkeiten, dem Ausbluten der Ortszentren und den damit verbundenen Folgen etwas entgegenzusetzen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Gleichzeitig ist festzustellen, dass im ländlichen Raum einerseits durchaus eine hohe Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Mietwohnungen besteht und andererseits die Wirtschaftlichkeit beim Wohnungsbau oftmals nicht gegeben ist. Deswegen sollten wir uns wirklich Gedanken machen, bei der Wohnraumförderung endlich entsprechend nachzujustieren und die Wohnraumförderung den Bedürfnissen des ländlichen Raums anzupassen. Denn gerade junge Menschen benötigen ein Angebot an attraktivem Mietwohnraum, um während der Ausbildung oder während des Studiums flexibel zu sein. Das Fehlen eines differenzierten Angebots an Mietwohnungen ist sowohl preislich als auch hinsichtlich eines qualitativ attraktiven Angebots ein großes Problem, das die Abwanderungstendenzen in große Zentren verstärkt, wo ein entsprechendes Angebot vorhanden ist. Das setzt einen Teufelskreis in Gang, den es zu durchbrechen gilt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Mit der Förderoffensive Nordostbayern wurde aus unserer Sicht ein durchaus sinnvolles Instrument geschaffen, um diese Spirale zu durchbrechen. Ziel dieser Förderoffensive ist die Revitalisierung von Stadt- und Ortskernen in Nordostbayern und die damit verbundene Verbesserung der Standortbedingungen für Wohnen und Wirtschaft sowie die Aufwertung der gesamten Region. Das ist ein wichtiger Impuls für das Innenentwicklungsmanagement und auch für das Flächensparen. Insofern wollen wir das durchaus stärken.

Nachdem der Kollege Adelt gesprochen hat, bin ich auch davon ausgegangen, dass das eigentlich ein anderer Antrag ist. Dem Antrag zur Ausweitung der Gebietskulisse hätten wir GRÜNE zugestimmt, weil wir es auch nicht für sinnvoll halten, dass manche Landkreise, Kommunen und Gemeinden dabei sind und andere nicht, obwohl sie im Grunde gleich zu behandeln wären. Aber es geht jetzt tatsächlich um den Antrag, der vorliegt. Für uns bedeutet nachhaltiges

Bauen schon zunächst einmal die Modernisierung, auch den Umbau und die Erweiterung von Gebäuden. Dem ist der Vorzug zu gewähren: Man soll es schaffen, Gebäude zu erhalten, weil alte Gebäude in den Ortszentren oft identitätsstiftend sind. Aber es gibt natürlich auch Gebäude – das wissen wir auch, die sehen wir überall –, die zwar alt, aber nicht unbedingt erhaltungswürdig sind. Ob man das unbedingt in die Förderkriterien aufnehmen muss, lasse ich aber einmal dahingestellt. Wir GRÜNE werden uns enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)