Protocol of the Session on September 18, 2018

(Beifall bei den GRÜNEN – Zurufe von der CSU – Glocke der Präsidentin)

Ich warte darauf, dass Sie letztendlich auch hier Einsicht zeigen, ähnlich wie beim G 9. Als Sie noch gar nicht im Landtag waren, wurde auch darüber diskutiert.

Kommen Sie bitte zum Ende, Frau Kollegin.

Dann habe ich noch die Schlussfrage, ob Sie es richtig finden, dass, weil man es hier relativ willkürlich und nicht wie im Schulbereich zentral macht, bei Ihnen im südlichen Oberbayern der Anstellungsschlüssel 1 : 7,5 und in Oberfranken 1 : 10,7 beträgt, und ob es eine Begründung hierfür gibt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Frau Kollegin Gottstein, ich glaube, auf die Zeit vor 20 Jahren brauche ich nicht einzugehen.

(Zuruf der Abgeordneten Eva Gottstein (FREIE WÄHLER))

Frau Kollegin Gottstein, vor 20 Jahren war die Situation wohl noch eine ganz andere. Das können Sie wahrscheinlich aus Ihrer Erfahrung, aus Ihrer damaligen Zeit im Schuldienst, viel besser bewerten. Aber dies heute in Verbindung mit unserer Zielsetzung als Argument zu erwähnen? – Wir sind doch diejenigen, die die Wahlfreiheit für unsere Familien schaffen, selbst zu entscheiden, ob sie das Geld für die Betreuung zu Hause oder für die Betreuung in einer Kita verwenden wollen. Das habe ich im Zusammenhang mit dem Antrag ausführlich dargestellt.

Nun zum Thema Lehrer. Ganz ehrlich: Woher nehmen, wenn nicht stehlen? – Sie haben das südliche Oberbayern genannt. Ich glaube, ich brauche Ihnen nicht zu erklären, dass hier im Ballungsraum München wirklich die größte Herausforderung besteht, entsprechende Fachkräfte zu bekommen. Das ist nicht nur im Schulbereich und im öffentlichen Dienst so, sondern auch in vielen anderen Bereichen.

Beim Anstellungsschlüssel sind wir meiner Ansicht nach auf einem guten Weg. Wir haben hier schon einiges gemacht. Den Rest entscheiden die Träger!

Zu den anderen Fragen verweise ich auf das Regierungsprogramm; hier steht, dass wir viele Verbesserungen durchführen wollen.

(Beifall bei der CSU – Thorsten Glauber (FREIE WÄHLER): Das ist keine Antwort! Warum 7,5 und 10,7?)

Danke schön. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Kamm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Kinder und insbesondere unsere Kleinsten gehören in den Mittelpunkt unserer Politik. Der Zugang zu frühkindlicher Bildung ist von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung unserer Kleinsten, und die Kindertagesstätten sind unverzichtbare, wichtige Lern- und Erfahrungsorte. Eine gute Ausstattung unserer Kindertagesstätten und -krippen ist eine wichtige

Voraussetzung für eine chancengerechte Gesellschaft, in der die soziale Herkunft der Eltern eben nicht mehr über die späteren Bildungschancen der Kinder bestimmt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Sie ist auch der Schlüssel für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, für die Unterstützung von Alleinerziehenden und für die Bekämpfung von Familien-, Alters- und Kinderarmut.

Wir brauchen hier in Bayern als Erstes einen schnellen, bedarfsgerechten und flächendeckenden Ausbau der entsprechenden Angebote. Gebührenfreiheit, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, nützt denen nicht, die kein Angebot haben.

In Bayern liegt der tatsächliche Ausbaubedarf nach wie vor deutlich über den Ausbauplanungen von Bund und Ländern. Das Deutsche Jugendinstitut hat bereits 2015 errechnet, dass 43 % der Eltern von Kindern unter drei Jahren einen Betreuungsplatz suchen, dass aber derzeit in Bayern leider nur 27 % einen solchen Platz finden. Bayern ist beim Ausbau vom Bedarf meilenweit entfernt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Hinzu kommt, dass der Ausbau regional extrem unterschiedlich ist. Vielleicht noch eine Zahl, um zu zeigen, wie weit wir hier in Bayern sind: Von den zehn Landkreisen mit den niedrigsten Betreuungsquoten in Deutschland befinden sich neun in Bayern.

(Thomas Gehring (GRÜNE): Hört, hört!)

In Bayern fehlen mindestens 30.000 Betreuungsplätze im U-3-Bereich. Hinzu kommt, dass viele Eltern auf Ganztagsplätze oder ausreichende Betreuung in den Randzeiten angewiesen sind. Das gilt insbesondere für Alleinerziehende, die mit einem Fünf-Stunden-Angebot in der Regel nicht berufstätig sein können. Ein ausreichendes Angebot fehlt in vielen Regionen Bayerns bei Weitem. Das Bayerische Sonderausbauprogramm für den Krippenausbau ist im Jahr 2014 ausgelaufen. Seither stagniert der Ausbau. Es geht nicht viel voran. Bayern hat seine Kommunen und seine jungen Eltern bei der Schaffung eines bedarfsgerechten Angebots in den letzten Jahren im Regen stehen lassen.

Wir sagen: Der Freistaat muss seine Kommunen und seine jungen Eltern durch den Ausbau und durch den Betrieb der Kindertagesstätten besser unterstützen. Er muss zudem die Betriebskostenförderung erhöhen. Er muss die Kommunen weiterhin entlasten, und zwar durch eine entsprechende Förderung des Kostenersatzes für Bedürftige. Wir haben von Herrn Aiwanger gehört, wie viele davon betroffen sind. Der Freistaat muss auch bei den Betreuungskosten Entlastungen durch entsprechende Berechnungen bei den Schlüsselzuweisungen vornehmen. Er muss ein Sonderin

vestitionsprogramm und ein bedarfsgerechtes Förderprogramm für die Öffnung von Randzeiten auflegen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zudem müssen wir dringend die Bezahlung und die Arbeitsbedingungen unserer Erzieherinnen verbessern. Außerdem müssen wir die Fachkraft-Kind-Relation, also den Stellenschlüssel in unseren Einrichtungen, anheben. Im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern hat sich in Bayern die Fachkraft-KindRelation in den letzten Jahren kaum verbessert. Auf eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft in einer Kindertagesstätte kommen in Bayern 8,8 Kindergartenkinder und 3,8 Krippenkinder. Damit liegt Bayern deutlich unter dem Durchschnitt der alten Bundesländer.

Für eine hochwertige Betreuung müssen nach der Berechnung der Bertelsmann Stiftung 8.800 zusätzliche Vollzeitarbeitsplätze geschaffen werden. Auch die nötigen Erzieherinnen müssen gewonnen werden. Diese können wir nur gewinnen, wenn deren Arbeitsbedingungen verbessert werden, sodass sie das Gefühl haben, sie könnten diesen Job stemmen, ohne sich nach sieben Jahren ausgebrannt zu fühlen.

Unsere Erzieherinnen brauchen ausreichend Zeit für Sonderaufgaben. Das ist in unserem BayKiBiG überhaupt nicht geregelt. Die Erzieherinnen brauchen mehr Zeit für Weiterbildung und Elternarbeit, und die Leiterinnen brauchen mehr Zeit für ihre Leitungsaufgaben; denn die Zeit für Leitungsaufgaben spielt eine entscheidende Rolle für die Weiterentwicklung der Qualität unserer Einrichtungen.

Wir müssen diese Aufgaben stemmen und lösen. Erst dann haben die Eltern etwas von der Beitragsfreiheit. Wir sagen: Der Ausbau des Angebots und der Qualität der Betreuung sowie die Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Erzieherinnen müssen jetzt kommen. Diese Punkte dürfen nicht länger aufgeschoben werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Wer dem Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/23752 – das ist der Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER – seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER sowie Herr Kollege Felbinger

(fraktionslos) und Herr Kollege Muthmann (fraktions- los). Danke schön. Ich bitte, die Gegenstimmen anzu zeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Danke schön. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Danke schön. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt. Ich lasse jetzt über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/23768 abstimmen. Das ist der Antrag der SPD-Fraktion. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD, der FREIEN WÄHLER, Herr Kollege Felbinger (fraktionslos) und Herr Kollege Muthmann (fraktionslos). Danke schön. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. – Das ist die CSU-Fraktion. Danke schön. Stimmenthaltungen? – Das ist die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Danke schön. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt, und der Tagesordnungspunkt ist damit erledigt.

Bevor ich den nächsten Tagesordnungspunkt aufrufe, gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Rinderspacher, Rosenthal, Kohnen und anderer und Fraktion (SPD), "Landtag begrüßt das klare Signal des Europaparlaments an Orbán: EU-Grundwerte müssen eingehalten werden!", auf Drucksa

che 17/23751 bekannt. Mit Ja haben 42, mit Nein 66 Kolleginnen und Kollegen gestimmt. Es gab 9 Stimmenthaltungen. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage 2)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Antrag der Abgeordneten Klaus Adelt, Inge Aures, Susann Biedefeld u. a. (SPD) Wohnraum im ländlichen Raum: Förderoffensive Nordostbayern ausweiten (Drs. 17/22241)

Ich eröffne die Aussprache und gebe bekannt, dass die Redezeit 24 Minuten beträgt. Der erste Redner ist Herr Kollege Adelt.

Sehr geehrte Frau Präsidentin hinter mir, sehr geehrte Frau Präsidentin vor mir, liebe Kolleginnen und Kollegen! Bereits im November 2016 haben Christoph Rabenstein und ich in den Landtag einen Antrag mit dem Ziel eingebracht, die Gemeinden des Fichtelgebirges, die nicht in das Sonderprogramm Nordbayern-Initiative aufgenommen worden sind, in dieses Programm aufzunehmen. Diesen Gemeinden war eine Aufnahme nicht möglich, obwohl ihre Nachbargemeinden jederzeit diese Möglichkeit hatten. Der Antrag wurde von der CSU-Fraktion abgelehnt. Im Jahr 2017 haben wir mehrere Schriftliche Anfragen an die Staatsregierung gerichtet. Wir wollten wissen, ob die Gemeinden und Städte in das Sonder

programm aufgenommen werden könnten. Die Antwort: Die Staatsregierung sieht keinen Handlungsbedarf. Überhaupt sei das Förderprogramm nur zeitlich begrenzt.

Im Juni 2017 haben Inge Aures, Susann Biedefeld und Christoph Rabenstein ein Schreiben an Ministerpräsident Horst Seehofer gerichtet. – Kein Erfolg. Im Dezember 2017 haben wir, nachdem die Landtagsabgeordnete Gudrun Brendel-Fischer von einer Einbindung der demographiegeplagten Fichtelgebirgsgemeinden in die Förderoffensive gesprochen hat, erneut einen Antrag gestellt. Auch dieser wurde abgelehnt.

Mittlerweile hat die Staatsregierung angekündigt, mit der Initiative "Innen statt Außen" Gemeinden beim Flächensparen im Rahmen der Städtebauförderung und Dorferneuerung mit zu 90 Prozent zu unterstützen. Damit sollten leer stehende Gebäude revitalisiert werden. Meine Damen und Herren, was hier umgesetzt wird, ist nichts anderes als das, was wir seit zwei Jahren fordern, nämlich die Ausweitung der Förderoffensive Nordostbayern. Damit die Abkupferei nicht ganz so sehr auffällt, heißt das Ganze jetzt "Flächensparen". Das ist ein guter Schachzug. Sie "klauen" einen roten Inhalt, streichen ihn leicht grün an und verkaufen ihn dann als schwarz. So kenne ich das aus den letzten fünf Jahren.

An dieser Stelle möchte ich auf die Finanzierung eingehen. Aus unserer Sicht ist das Programm unterfinanziert. Für das Programm stehen 75 Millionen Euro zur Verfügung. Genauso viel stand für das Sonderprogramm der Förderoffensive zur Verfügung. Zusammen mit dem Programm für die Dorferneuerung sind das 90 Millionen Euro für fünf Landkreise und eine kreisfreie Stadt, unabhängig vom Personal in den Regierungen und den Baukapazitäten. Das Programm ist massiv überzeichnet. Mit Stand Mai 2018 hatten die Kommunen Projekte für rund 300 Millionen Euro angemeldet. Jetzt erhalten sie 75 Millionen Euro.

Statt einem neuen Papiertiger wollen wir die Einbeziehung privater Eigentümer in die Förderoffensive. Denn es bringt nichts, wenn eine Stadt oder eine Gemeinde zwei Häuser in einer Straße saniert, solange sich die Schlüsselimmobilie am Anfang der Straße in einem erbärmlichen Zustand befindet.

Wir wollen eine Förderung des Wohnraums in den ländlichen Gemeinden. Diese soll nicht nur auf Oberfranken beschränkt sein. Bei einem Mietspiegel von fünf Euro pro Quadratmeter in unserer Heimat wird kaum jemand investieren, der mindestens 8 Euro pro Quadratmeter verlangen müsste. Bei uns sind die Einkommen eben wesentlich niedriger. In Hof kann nie

mand 8 Euro für den Quadratmeter bezahlen. Hof ist dabei kein Einzelfall. Wir haben wenige bezahlbare und bewohnbare Wohnungen, aber trotzdem jede Menge Leerstand. Wir müssen hier Abhilfe schaffen und Wohnungen mit besserem Zuschnitt und besserer Qualität erstellen.

Wir sind der Ansicht, dass die Innenstadtbelebung nur dann funktioniert, wenn künftig über die normalen Mittel hinaus ein Teil der unrentablen Kosten bei Ersatzneubauten gefördert wird. Gerade die Wohnungsbaugesellschaften und die Baugenossenschaften könnten hiervon profitieren; denn die bisherigen Förderinstrumente sind darauf nicht zugeschnitten. Bei ihnen macht die Förderung keinen Sinn.

Zwei Zahlen: 2016 und 2017 sind 1,9 % der Mietwohnraumförderung nach Oberfranken geflossen, während 43 % allein nach Oberbayern gingen. So funktioniert die Förderung des ländlichen Raums nicht. Gerade mit der Förderung des Ersatzneubaus könnten wir Abhilfe schaffen und die Metropolregionen entlasten. Wenn nur in Ballungsräumen die Schaffung von Wohnraum gefördert wird, während auf dem Land manche Wohnungen vor sich hin gammeln, verstärken wir die Sogwirkung der Stadt. Nur ein starkes Land, ein starker ländlicher Raum kann die Städte entlasten. Mit der Förderung von Ersatzneubauten und Wohnraummodernisierung können wir dies leisten.

Ich bitte heute um Ihre Zustimmung, wenngleich die CSU bei den vorausgegangenen Beratungen den Antrag abgelehnt hat. Die Bevölkerung, die Städte und Gemeinden, alle Bayerinnen und Bayern würden es Ihnen danken. Gebt euch einen Ruck und stimmt dem Antrag zu. Wenn Einstimmigkeit herrschen würde, würde es mich tüchtig freuen.