Protocol of the Session on July 12, 2018

Jetzt frage ich Sie mal was. Wenn Sie immer dazwischenplärren: Haben Sie denn kein Bürgerbüro?

(Tobias Reiß (CSU): Doch!)

Diese Lehrerinnen und Lehrer kommen jetzt doch reihenweise in unsere Bürgerbüros und bitten darum, dass wir ihnen helfen. Leugnen Sie das doch nicht!

(Beifall bei der SPD – Petra Guttenberger (CSU): Mit Lautstärke allein geht es nicht!)

Ich sage Ihnen eines: Wie funktioniert Bildung? – Bildung funktioniert über Beziehung. Liebe Leute, wenn eine Bezugsperson jedes Jahr oder gar jeden Monat wechselt, dann geht das so nicht. So funktioniert Bildung nicht. Bildung ist der einzige Rohstoff, den wir haben.

(Unruhe bei der CSU)

Wenn ihr euch hier intern zofft, rege ich an, dass ihr das vielleicht nachher machen könnt. Ich glaube aber, er sagt was Richtiges, weil er gerade einen Kollegen anmacht. Seis drum.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage Ihnen, was paradox ist. Paradox bei der ganzen Sache ist doch Folgendes.

Herr Kollege Kränzle, bitte!

Nicht aufregen, Herr Kränzle. Sie können die Kollegen nachher überzeugen, dass sie Schmarrn reden. Ja, wahrscheinlich haben Sie recht. Keine Ahnung, vielleicht können wir ja nachher darüber reden. Aber ich sage Ihnen was.

Frau Kohnen, Sie müssen nicht die Arbeit des Präsidenten tun.

Ich habe den Herrn Kränzle gebeten, dass er sich gegenüber dem anderen Kollegen aus seiner Fraktion mäßigt. Und jetzt haben Sie wieder das Wort und können fortfahren.

Ja, Herr Präsident. Vielen Dank, Herr Bocklet, aber ich gebe Ihnen in Folgendem recht: Es ist schwer, wenn sich die eigene Fraktion da drüben permanent streitet. Das können Sie ja auch gerne nachher öffentlich machen.

Wie ist denn die Realität? – Die Realität ist, dass viele Lehrerinnen und Lehrer das Ruhestandsalter wegen der Belastung, die sie in ihrem Job haben, gar nicht mehr erreichen. Umgekehrt werden junge qualifizierte Kräfte mit befristeten Verträgen abgespeist. So sieht es in der Realität aus. Die bekommen überhaupt keine Anstellung.

(Beifall bei der SPD)

Sie müssen endlich für Planungssicherheit im Leben vieler Lehrerinnen und Lehrer sorgen.

(Tobias Reiß (CSU): Das tun wir!)

Entschuldigen Sie mal, Herr Reiß. Sie setzen die Befristungen systemisch ein. Was anderes machen Sie nicht.

(Beifall bei der SPD – Tobias Reiß (CSU): Wie viele?)

Sie lernen nicht aus Ihren Fehlern der Vergangenheit, sondern es ist ein Flickenteppich, den Sie da weben. Sie weben diesen Flickenteppich nur deswegen, weil Sie nicht aus den Fehlern lernen wollen, die Sie in der Vergangenheit gemacht haben.

Ich sage Ihnen eines: Stellen Sie mehr Lehrer ein, und beenden Sie endlich diese Befristungen! Das ist unanständig!

(Anhaltender Beifall bei der SPD – Tobias Reiß (CSU): Höchster Personalstand aller Zeiten!)

Danke schön, Frau Kohnen. – Als Nächster hat der Kollege Prof. Dr. Piazolo das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Tobias Reiß (CSU): Haben Sie Zahlen dabei, Herr Piazolo?)

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was war das gestern für eine Sitzung – und heute geht es eigentlich genauso los!

(Wolfgang Fackler (CSU): Genau!)

Verbale Auseinandersetzungen, Beleidigungen, aber auch ein Appell. Überall in diesem Parlament ist Nervosität zu spüren. Ich glaube, das liegt zu einem guten Teil an der bevorstehenden Wahl, liegt an der Befristung; denn auch wir haben eine Befristung. Diese unsere Befristung geht bis zum Oktober. Das ist in einer Demokratie aber normal. Das ist normal. Wir wissen das alle: Hier geht es um Mandate auf Zeit. Das ist so vorgesehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von der CSU, bei den Lehrern ist das anders. Da sind Befristungen nicht vorgesehen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

So ist es nicht geplant, und so ist es nicht gedacht. Das ist anders als im Parlament. Vielleicht kennen Sie es nicht anders. Es ist gerade auch gesagt worden, dass der Staat eine Fürsorgepflicht hat. Der Lehrerberuf ist bewusst mit Beamten ausgestattet, wie bei anderen Ämtern im Staat auch. Das ist seit mehr als einem Jahrhundert der Fall. Befristungen müssen deshalb die absolute Ausnahme sein.

(Tobias Reiß (CSU): Wie in Bayern!)

Wie sieht es in Bayern aber aus? – 7.000 Befristungen.

(Natascha Kohnen (SPD): So ist es!)

Das ist keine Ausnahme mehr, sondern das ist in den letzten Jahren zur Regel geworden. Liebe Kollegen, das gilt übrigens nicht nur bei den Lehrern. Schauen Sie sich mal die Hochschullehrer an. Da ist es ja noch viel schlimmer. Der ganze Mittelbau ist befristet. Junge Professoren sind befristet tätig. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage – vorher kam das Wort "unanständig" –: Das ist eines Staats, eines reichen Staats, wie dieser Freistaat einer ist, nicht würdig.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Stellen Sie das schnellstmöglich ab!

Früher hieß es immer: Wenn man beim Staat arbeitet, dann ist es zumindest sicher, aber häufig nicht so toll bezahlt. Ich sage: Bei unseren Lehrern kann man, gerade beim Eingangsamt, bei der Bezahlung etwas drauflegen. Grundsätzlich ist die Bezahlung aber in Ordnung. Sie ist aber für viele Jüngere unsicher geworden. Sie sind nicht mehr verbeamtet, und sie wer

den – das ist unser heutiges Thema – vor den Sommerferien entlassen. Sie werden ausgestellt. Sie werden in die Unsicherheit geführt, und es macht den Eindruck, dass diese jungen Lehrer für Sie, für die Staatsregierung, Ausputzer einer schlechten Personalpolitik sind. Das hat damit zu tun, dass wir auch in der bayerischen Schulpolitik enorme Defizite haben: 10 % Unterrichtsausfall. Wenn Sie das auf jeden Schüler rechnen, ist das an jedem zweiten Tag durchschnittlich eine Unterrichtsstunde, die nicht so stattfindet, wie im Lehrplan vorgesehen. 10 %, das ist ein Debakel. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das sind Zehntausende von Stunden.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Wir haben also zu wenig Lehrer. Ich wollte gestern noch darüber reden, habe dann aber darauf verzichtet, weil es schon nach 23.00 Uhr war: Wir fordern eine Unterrichtsgarantie. Das ist einer der Bausteine, die dringend notwendig sind: eine Lehrerversorgung von 110 %. Dann brauchen Sie auch keine Befristungen. Die brauchen Sie dann nicht.

Ich sage Ihnen ganz deutlich: Diese Frist führt bei den Lehrern zum Frust. In welcher Situation sind die Junglehrer? – Sie wollen eine Familie gründen, sie wollen Sicherheit und eine Wohnung haben. Sie können aber nicht planen. Versetzen Sie sich doch mal in die Lage von Lehrern! Überlegen Sie doch mal, warum wir zum Beispiel auch beim Parlamentsberuf – ich habe es vorhin gesagt – Schwierigkeiten haben, junge Leute zu finden. Die Unsicherheiten nehmen zu.

Man muss deutlich machen, was gebraucht wird: Kontinuität, Verlässlichkeit und Planungssicherheit führen zum Lernerfolg. Das ist wichtig für die Schule. Und was ist mit am wichtigsten für die Lehrer? – Eine Kultur der Anerkennung. Ihre Leistung ist anzuerkennen! Wenn ich jemanden aber am Ende des Schuljahres ausstelle, dann ist das keine Anerkennung. Diese Frist ist deshalb Mist. Sie führt zum Frust, und sie ist Mist.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, stellen Sie das schnellstmöglich ab! Herr Söder hat 2.000 Lehrerstellen versprochen. Er sollte alle diese Befristungen rückgängig machen, wenn er das verspricht. 2.000 neue Lehrerstellen werden für eine Unterrichtsgarantie nicht ausreichen. Vielleicht reichen sie aber aus, um Befristungen einzuschränken.

Deshalb noch einmal: Frist führt zum Frust. Frist ist Mist. Hören Sie mit Befristungen und dem Entlassen vor den Sommerferien auf.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Danke schön, Herr Kollege. – Als Nächster hat Herr Kollege Fackler von der CSU das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

(Tobias Reiß (CSU): 0,8 % der Lehrer!)

Werter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, Hohes Haus! Es war fast wieder zu erwarten, dass die Opposition nur an der Oberfläche kratzt, dass sie dramatisiert, polemisiert und einen absolut falschen Eindruck erweckt.

(Beifall bei der CSU)

Die Opposition tut so, als ob Befristungen der Regelfall wären; sie tut so, als ob es eine Hire-and-fire-Mentalität gäbe; sie tut so, als ob es einen Lehrermangel gäbe, und sie tut so, als ob das Ganze System hätte.