Protocol of the Session on June 26, 2018

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

bei einer Debatte, die er selbst angezettelt hat, nicht hier im Parlament Rede und Antwort zu stehen, sondern auf Facebook eine Sprechstunde abzuhalten. Sie sind an einem Punkt angelangt, der nicht nur inhaltlich, sondern auch, was die Umgangsform mit diesem Parlament betrifft, inakzeptabel ist. Das weisen wir mit Entschiedenheit zurück. So kann man als Ministerpräsident weder mit der Öffentlichkeit noch mit dem Parlament umgehen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜ- NEN)

Sie wissen, Herr Kollege Halbleib, dass Ihnen der Ministerpräsident für jede gewünschte Diskussion immer zur Verfügung steht.

(Lachen des Abgeordneten Markus Rinders- pacher (SPD))

Wenn Sie da besonderen Bedarf sehen, werde ich ihm das gern mitteilen.

(Natascha Kohnen (SPD): Das ist das Parlament!)

Dann wird er gerne die Debatte mit Ihnen führen.

Zum Thema des europäischen Rechts – und darum ging es, Herr Kollege Halbleib, und das haben Sie sicherlich sehr genau registriert – habe ich vorhin festgestellt, nicht die Bundesrepublik Deutschland oder der Freistaat Bayern hat in den letzten Jahren gegen europäisches Recht verstoßen, sondern es sind leider ein paar andere Mitgliedsländer gewesen.

(Zuruf von der SPD: Ach so!)

Genau so habe ich es ausgeführt; Sie werden es im Protokoll nachlesen können. Sie haben die Vorschriften des Schengen-Rechts und des Dublin-Rechts nicht beachtet. Darum ging es. Nicht wir sind es, die im Moment die europäische Ordnung infrage stellen, sondern wir pochen darauf, das europäische Recht wieder einzuhalten, das von einigen – nicht von allen, aber von einigen – anderen europäischen Ländern in den letzten Jahren missachtet worden ist. Darum ging es. Das habe ich in Erinnerung gerufen, und dazu stehe ich uneingeschränkt.

(Dr. Paul Wengert (SPD): Wo bleibt Söder?)

Danke schön, Herr Staatsminister. – Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Anträge wieder getrennt. Wir haben vier Anträge. Ich beginne mit den drei einfachen Abstimmungen, und am Schluss kommt dann die namentliche Abstimmung über den geänderten Antrag der CSU-Fraktion.

Ich beginne mit dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 17/22894; das ist der Antrag der Fraktion der FREIEN WÄHLER. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Die Gegenstimmen, bitte. – Die Fraktionen der CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und die Kollegin Claudia Stamm (fraktionslos). Gibt es Enthaltungen? – Kollege Muthmann (fraktionslos). Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 17/22895 – das ist der Antrag der SPD-Fraktion – seine Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie die Kolle

gin Claudia Stamm (fraktionslos) und der Kollege Muthmann (fraktionslos). Die Gegenstimmen, bitte. – Die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Die Fraktion der FREIEN WÄHLER. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Wer dem Dringlichkeitsantrag auf der Drucksache 17/22896 – das ist jetzt der Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktionen des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD sowie die Kollegin Claudia Stamm (fraktions- los). Die Gegenstimmen, bitte. – Die CSU-Fraktion. Enthaltungen? – Die Fraktion der FREIEN WÄHLER sowie die Kollegen Felbinger (fraktionslos) und Muthmann (fraktionslos). Damit ist auch dieser Antrag abgelehnt.

Jetzt kommen wir zur namentlichen Abstimmung über den Antrag der CSU-Fraktion auf Drucksache 17/22853. Er hat eine Änderung erfahren, meine Damen und Herren.

(Horst Arnold (SPD): Was? – Weitere Zurufe)

Ich muss sie bekannt geben. Das ist eine umfassende Änderung; sie ist nicht sehr lang.

(Horst Arnold (SPD): 61 Punkte!)

Es geht im ersten Absatz um den vorletzten Satz. Er lautet: "Der Landtag begrüßt in diesem Zusammenhang die Anordnung des Bundesministers des Innern, für Bau und Heimat zur Zurückweisung von Asylsuchenden an der deutschen Grenze mit sofortiger Wirkung für alle Fälle von Wiedereinreisesperre und Aufenthaltsverbot sowie seine Ankündigung, dass bereits jetzt Vorbereitungshandlungen für eine Zurückweisung derjenigen getroffen werden, die bereits in einem EU-Land einen Asylantrag gestellt haben." Jetzt kommt die Änderung: "oder als Flüchtlinge registriert wurden."

(Markus Rinderspacher (SPD): Das habt ihr nämlich vergessen gehabt! )

Das ist der geänderte Antrag. Er steht jetzt zur namentlichen Abstimmung. Die Urnen sind bereit. Ich gebe Ihnen fünf Minuten, meine Damen und Herren.

(Namentliche Abstimmung von 18.09 bis 18.14 Uhr)

Ich möchte die Kollegen der GRÜNEN-Fraktion daran erinnern, dass seit 15 Minuten Schriftführung ansteht.

Ich schließe die Abstimmung und bitte darum, das Ergebnis wie immer draußen zu ermitteln. Wir fahren in der Tagesordnung fort.

Ich rufe auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Den Kindern zuliebe - spätere Einschulung ermöglichen! (Drs. 17/22855)

Ich eröffne die Aussprache. Der erste Redner ist Kollege Prof. Dr. Piazolo. Bitte sehr.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit unserem Dringlichkeitsantrag liegt Ihnen ein Plan vor. Ich würde jetzt nicht unbedingt von einem Masterplan sprechen. Man muss nicht immer so hoch greifen. Ihnen liegt jedoch etwas Inhaltliches vor. Das unterscheidet unser Vorgehen von dem, was Sie vorhin in der Debatte zur Migration gemacht haben.

Von unserem Plan wären pro Jahr 30.000 Kinder betroffen. Insofern handelt es sich um etwas durchaus Wichtiges. An manche Ereignisse, die nur wenige Tage her sind, erinnert man sich nicht mehr. An andere Ereignisse, die wie bei mir ein halbes Jahrhundert zurückliegen, erinnert man sich jedoch ganz genau. Das ist beispielsweise der Tag der Einschulungsuntersuchung. Ich weiß noch ziemlich genau, was gefordert worden ist und worum es ging. Ich erinnere mich selbst an die Einschulungsuntersuchung meines Bruders. Das liegt auch daran, dass eine große Nervosität in der Familie herrschte. Deshalb haben sich der Einschulungstermin und die Einschulungsuntersuchung ins Gedächtnis eingebrannt. Das ist eine wichtige Entscheidung. Heute mag vielleicht manches anders sein, aber der Einschulungstermin ist immer noch wichtig, und zwar nicht nur wegen der Schultüte, die man bekommt, sondern auch wegen des neuen Lebensabschnitts und der vielen Tage, die man danach in der Schule verbringt.

Es ist auch wichtig – darum geht es heute –, welcher Stichtag gewählt wird. Uns geht es darum – das sehen Sie am Titel des Antrags –, den Einschulungstermin zurückzuverlegen. Das heißt, die Einschulung soll auch zu einem späteren Zeitpunkt ermöglicht werden. Es geht um eine Veränderung des Termins. Insgesamt gehört der Einschulungstermin zu den Stoiber‘schen Bildungssünden der Jahre 2003 fortfolgende. Damals ist der Einschulungstermin vom 30.06. auf den 31.12. verschoben worden. In den letzten Jahren ist der Termin wieder zurück verschoben worden, aber nicht so weit, wie er einmal angesetzt war.

In den letzten 10 oder 15 Jahren ist vieles, was Stoiber damals angerichtet hat, wieder zurückgedreht

worden, auch mithilfe der FREIEN WÄHLER. Stoiber hat damals die Studienbeiträge eingeführt. Diese haben wir inzwischen mit einem Volksbegehren wieder kassiert. Er hat das G 8 eingeführt. Inzwischen haben wir das G 9. Er hat das Büchergeld eingeführt. Das ist gleich kassiert worden. Er hat die Arbeitszeit der Lehrer verlängert. Das ist auch kassiert worden. Er hat Lehrerstellen gestrichen. Inzwischen gibt es ein paar Stellen mehr. Eine der letzten Maßnahmen, die vom Stoiber‘schen Bildungsunsinn übrig geblieben ist, ist der Einschulungstermin. Aber auch dieser wurde schon halb zurückgenommen. Weil vieles von dem, was damals erfunden und eingeführt worden ist, wieder zurückgenommen werden musste, ist in den letzten 10 bis 15 Jahren einiges verschlafen worden: Die Entwicklung hin zum Ganztag, der Lehrermangel, die digitale Revolution und vieles mehr.

Den Einschulungskorridor, den wir vorschlagen, halte ich für sehr sinnvoll, weil erwiesen ist, dass ein späterer Einschulungstermin zu mehr Übertritten auf die Gymnasien und somit zu mehr Bildungsgerechtigkeit führt. In der Grundschule bleiben weniger Nicht-Akademikerkinder hängen. Das müsste auch für die SPD sowie für uns alle ein wichtiges Argument sein. Außerdem gibt es weniger Stress beim Übertritt. All das ist wissenschaftlich erwiesen.

Deshalb fordern wir FREIE WÄHLER grundsätzlich einen späteren Einschulungstermin. Wir wollen ihn aber flexibel gestalten, weil die Kinder sehr unterschiedlich sind. Aus diesem Grund soll die Entscheidung bei den Eltern liegen. Ein Viertel der Kinder wird zwischen dem 1. Juli und dem 30. September geboren. Das sind rund 30.000 Kinder im Jahr. Das ist eine große Zahl. Nach Beratung durch die Lehrer und auch die Erzieher, die Kinder und Eltern am längsten kennen, sollen die Eltern eine Entscheidung treffen können. Deshalb ist es unser Ziel, eine der letzten Bildungssünden, die der damalige Ministerpräsident Stoiber begangen hat, zu beseitigen. Das nutzt den Kindern und den Eltern. Deshalb bitten wir um Unterstützung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Kollege Piazolo. – Während sich Herr Kollege Lederer auf den Weg macht, gebe ich bekannt, dass die Fraktion der FREIEN WÄHLER namentliche Abstimmung zu diesem Antrag beantragt hat. Herr Kollege Lederer, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Wertes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Titel dieses Dringlichkeitsantrags "Den Kindern zuliebe – spätere Einschulung ermöglichen!" erweckt fast den Eindruck, dass eine

spätere Einschulung derzeit nicht möglich sei. In der Pressemitteilung der FREIEN WÄHLER heißt es sogar, dass eine rechtliche Möglichkeit zur späteren Einschulung geschaffen werden solle. Der Begründung des Antrags ist jedoch zu entnehmen, dass die Zahl der Zurückstellungen in den letzten zehn Jahren deutlich zugenommen hat. Herr Kollege Piazolo, wenn es überhaupt keine rechtliche Möglichkeit der Zurückstellung gibt, weil man diese erst einführen muss, wie kann dann die Zahl der Zurückstellungen steigen? – Ihr Dringlichkeitsantrag enthält einen logischen Fehler. Liebe Kolleginnen und Kollegen, stellen wir zunächst einmal klar, worum es eigentlich geht: Die FREIEN WÄHLER möchten mit ihrem Dringlichkeitsantrag einen Einschulungskorridor einführen, der die drei Monate vor dem Einschulungsstichtag, dem 30. September, umfasst. Innerhalb dieses Korridors soll es den Eltern möglich sein, durch einfache Erklärung zu bestimmen, dass die Einschulung ihres Kindes erst ein Jahr später erfolgt. So habe ich den Antrag verstanden.

In der Pressemitteilung wiederum schreiben die FREIEN WÄHLER, dass der Einschulungsstichtag auf den 30. Juni zurückverlegt werden solle.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Michael Piazo- lo (FREIE WÄHLER))

So heißt es in der Pressemitteilung, Herr Kollege. Das entspricht aber nicht dem, was in Ihrem Antrag steht. Wenn der Einschulungsstichtag tatsächlich auf den 30. Juni zurückverlegt werden soll – wieso soll man dann nach dem 30. Juni noch einen Antrag stellen, um das Kind zurückstellen zu lassen? Das, was Sie in Ihrer heutigen Pressemitteilung verkündet haben, ist völliger Unsinn, und zwar an mehreren Stellen. Es ist wichtig, dass wir darüber diskutieren, um die Menschen aufzuklären, was eigentlich Sinn dieses Antrags ist. Dazu ist es vielleicht nicht ganz schlecht zu wissen, wie die derzeitige Regelung ist. Wie wird das Ganze an den Schulen umgesetzt?

Das Kriterium für die Einschulung ist die Schulfähigkeit des Kindes. Ein Kind gilt als schulfähig, wenn es körperlich, geistig-seelisch und sozial so weit entwickelt ist, dass es am Unterricht erfolgreich teilnehmen kann.

Diese Entscheidung trifft der jeweilige Schulleiter, aber nicht allein, im stillen Kämmerlein. Zunächst einmal werden natürlich die Erziehungsberechtigten eingebunden. Auch die Aussagen des Kindergartens interessieren; die dortigen Betreuerinnen und Betreuer haben das Kind zum Teil über Jahre begleitet. Darüber hinaus überprüft eine erfahrene Lehrkraft im Rahmen des Screenings bei der Schulanmeldung die

Schulfähigkeit. In Zweifelsfällen können der Schularzt, Psychologen, Beratungslehrer und weitere Beratungsdienste einbezogen werden. Erst dann trifft die Schulleitung eine Aussage darüber, ob die Schulfähigkeit gegeben ist oder nicht.

Herr Kollege Piazolo, in Ihrer Pressemitteilung schreiben Sie aber, Zurückstellungen würden oft verweigert, obwohl Eltern und Schule zu der Erkenntnis kämen, dass das Kind noch nicht schulfähig sei. Moment! Wenn die Schule zu der Erkenntnis kommt, dass das Kind nicht schulfähig ist, dann wird einem entsprechenden Antrag zugestimmt. Die zustimmungsfähigen Partner sind doch die Schule und die Eltern. Wenn beide der Meinung sind, dann wird das Kind natürlich zurückgestellt. In Ihrer Pressemitteilung schreiben Sie genau das Gegenteil. Mit Ihrer Pressemitteilung verunsichern Sie die Menschen draußen. Sie behaupten Dinge, die überhaupt nicht zutreffen. Das finde ich nicht besonders redlich, Herr Kollege.

Gehen wir das Ganze noch einmal systematisch an: Klarzustellen ist, dass das jetzige System längst flexibel ist. 2 % der Kinder eines Jahrgangs werden vorzeitig eingeschult. Diese Kinder sind jünger als sechs Jahre. Das geschieht natürlich auf Antrag der Eltern und muss geprüft werden; das ist klar. Rund 13 % der Kinder werden zurückgestellt. Rund 13 %! Das zeigt doch, dass das jetzige System einen atmenden Deckel hat und flexibel ist.

Wichtig ist auch, dass die Eltern mit ihrer Meinungsbildung nicht alleingelassen werden. Eine Vielzahl von Professionen – ich habe sie vorhin genannt: Erzieherinnen, Lehrkräfte, Schulleitung, möglicherweise Schulpsychologen, Schulärzte – kann mit ihrem Wissen dazu beitragen, dass die richtige Entscheidung getroffen wird.

Interessant wird es, wenn man sich die Situation an der Flexiblen Grundschule anschaut. Die Eltern, deren Kinder dieses Schulmodell nutzen, stellen deutlich seltener zurück als Eltern, deren Kinder nicht an diesem Schulmodell teilnehmen. Während es sonst 13 % sind, liegt die Zurückstellungsquote an der Flexiblen Grundschule bei nur 4 %. Zwar kann ein Kind drei Jahre in der Eingangsstufe verweilen; aber auch das sind nur 4 %. Insgesamt liegt der Anteil derjenigen, die zurückgestellt werden oder ein Jahr länger brauchen, an der Flexiblen Grundschule bei nur rund 8 %, während an der normalen Grundschule im Durchschnitt 13 % die Zurückstellung wünschen. Was heißt das? Wenn die Kinder erst einmal im Schulsystem sind, dann merken die Eltern sehr schnell, dass das Kind vielleicht doch ein Stück weit schulfähig war und sie die Schulfähigkeit möglicherweise ein Stück weit falsch eingeschätzt haben. Deswegen ist es sinn