Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kollegen! Ich glaube, es ist unbestritten, dass ein Problem existiert. Wie es zu dem Problem gekommen ist, ist noch nicht restlos erforscht. Der Klimawandel wird mit Sicherheit eine Rolle spielen, aber natürlich – das sage ich ganz bewusst – auch der Mensch. Wir alle wissen, dass zum Beispiel extensiv genutzte Wiesen eine größere Artenvielfalt als ein Acker haben. Beim Acker findet sich die Artenvielfalt quasi zwischen dem Ackerboden. Bei Wiesen ist sie auf der Wiese selbst. Dieses Wissen ist das, was uns verbindet. Der Unterschied ist, dass Sie eine Politik der Verbindlichkeit, der Anordnung und wir eine Politik der Freiwilligkeit wollen.
Deshalb sage ich ganz bewusst: Unsere Biodiversitätsstrategie und der Vertragsnaturschutz nutzen sehr wohl.
Herr Kollege Hartmann, Sie werfen uns Klientelpolitik vor. Wir verwahren uns jedoch dagegen, der Landwirtschaft die Alleinschuld zu geben. Landwirt ist ein Ausbildungsberuf. Im Gegensatz zu manchen Hobby- oder selbsternannten Umweltschützern haben die Landwirte eine Ausbildung zu absolvieren, bei der mittlerweile sehr viel Wert auf den Naturschutz gelegt wird. Das möchte ich hier einmal betonen.
Sie sprechen von einer Verschlechterung in jeder Hinsicht. Ich sage Ihnen: Es gibt Probleme, aber auch positive Entwicklungen, vielleicht sogar beides auf einmal. Wir haben gelungene Artenschutzprojekte, die anderweitig Probleme bereiten, Stichwort Biber. Wir haben andere gelungene Artenschutzprojekte, beispielsweise für den Otter, mit denen wir weitere Artenschutzprojekte bekommen werden, Stichwort Muschelarten. Wir haben Artenschutzprojekte, bei denen wir noch gar nicht wissen, was dabei herauskommen wird, Stichwort Wolf. Ich sage: Der Wolf stellt ein Problem für die Artenvielfalt dar.
Wenn die Bergweiden nicht mehr genutzt werden, wird die Artenvielfalt massiv zurückgehen. Wir wissen, dass die Landwirtschaft multifunktional ist.
Wir haben eine abwechslungsreiche, naturnahe Kulturlandschaft, keine Natur, darauf lege ich Wert. Die ist hier wesentlich besser als in anderen Bundesländern.
Die Vereinheitlichung vieler Flächen findet vor allem in anderen Bundesländern statt, aber noch nicht bei uns, mit unseren familiär geprägten bäuerlichen Betrieben.
Der Kollege Hartmann hat vorhin als Märchenonkel gestartet, was ich eigentlich sehr sympathisch finde. Er hat gefragt, was wir getan haben. Ich will Ihnen ein Beispiel nennen, was wir in unserem Umfeld tun; der Kollege Uli Leiner wird es bestätigen können. In Strausbergmoos hat Umweltminister Huber eine Begehung mit uns gemacht. Wir haben gesehen, wie die Flächen renaturiert und vernässt wurden.
Wichtig ist aber auch, was wir persönlich tun. Ich zum Beispiel betreibe einen Biohof und mähe die Bergwiesen, die Moor- und Streuwiesen. Ich weiß nicht, was Sie persönlich tun.
Ich hoffe, dass es genauso endet wie das, was vor circa 30 Jahren von den GRÜNEN prognostiziert wurde, nämlich das Waldsterben. Ich hoffe, dass das Artensterben niemals eintritt.
Vielen Dank, Herr Kollege Beißwenger. – Nun erteile ich für die Staatsregierung Herrn Staatsminister Dr. Huber das Wort. Bitte schön, Herr Huber.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrtes Hohes Haus! Die Beiträge, Frau Präsidentin, haben diese Aktuelle Stunde und dieses Hohe Haus zwar belebt, ob das aber zum Ansehen des Parlaments beigetragen hat, da habe ich meine Zweifel.
So geht es hier zu; man kommt noch nicht einmal zum zweiten Satz, dann wird man schon total niedergeschrien.
Wer hier der Staatsregierung Hochmut und Naivität vorwirft, trägt nicht zum Ansehen dieses Hohen Hauses bei. Ich würde eigentlich ganz gern über dieses sehr ernste Thema vernünftig und auf fachlicher Ebene sprechen.
Hier kann ich mit einem Konsens anfangen. Wir haben Konsens über den Ist-Zustand und auch über das Ziel. Wir sind uns absolut einig: Die Artenvielfalt ist in Gefahr. Das ist besorgniserregend, und wir müssen alles tun, um dem entschieden entgegenzutreten.
Wir müssen aber auch zugeben, dass das Ganze nicht allein eine Sache der Bayerischen Staatsregierung ist, sondern dass es sich um ein länderübergreifendes Thema handelt. Herr von Brunn, Sie haben den globalen Aspekt angesprochen. Hier wird so getan, als wäre das ein Defizit der Bayerischen Staatsregierung.
Wir können nur länderübergreifend vorgehen; wir können das nur als Querschnittsaufgabe angehen. Wir brauchen ein ganzheitliches Vorgehen, das die Bundes- und Europaebene mit einschließt.
So müssen auf Bundesebene die richtigen Rahmenbedingungen gesetzt werden. Sie haben gerade selber davon gesprochen: Das Problem des Nitrats im Grundwasser ist über eine Bundes-Düngeverordnung zu regeln. Ebenso muss das Thema Bienen zentral gelöst werden, was den Einsatz chemischer Substanzen anbelangt.
Wenn Sie davon sprechen, dass man die Landwirtschaft in eine andere Richtung drängen wolle, dann muss auch das in Form einer gemeinsamen Agrarpolitik geschehen. Das ist eine Entscheidung Europas, wie die Dinge gewichtet werden. Unser Ziel ist es, dass wir den Artenschutz auf der einen Seite und den Erhalt unserer kleinstrukturierten Landwirtschaft auf der anderen Seite gleichermaßen hinbekommen.
Um dies zu erreichen, ergreifen wir auf beiden Ebenen das Wort. Vor 14 Tagen fand eine Sitzung der Umweltminister der Bundesrepublik Deutschland statt, der ich beiwohnen durfte. Ich kann berichten: Die Kol
leginnen und Kollegen von Rot und Grün, die als Umweltminister mit dabei waren, waren mit mir in Bezug auf die Maßnahmen, die im Zusammenhang mit dem Insektensterben zu ergreifen sind, absolut einig.
Ihre Behauptungen, mit denen Sie die Leute hier in Bayern hinters Licht führen wollen – wir sollten handeln und nicht bloß warten – und die den Eindruck erwecken, in Bayern passiert ja nichts, sind nicht nur falsch, sondern damit diskreditieren Sie nicht nur die Regierungspartei, was Ihr eigentliches Ziel ist, sondern Sie diskreditieren damit auch das Engagement Tausender ehren- und hauptamtlicher Naturschützer.
Ich darf Ihnen ein Beispiel nennen. Im Juli werde ich den Bayerischen Biodiversitätspreis 2018 verleihen. Ich lade Sie heute schon ein: Kommen Sie, und hören Sie sich an, was die Leute mit großem Einsatz und vollem Herzblut für den Erhalt der Artenvielfalt leisten.
Ja, ja. – Man kann das wirklich nur insgesamt betrachten; das staatliche Handeln auf der einen Seite und das private Handeln eines Ehrenamtlers auf der anderen Seite können Sie nicht trennen.
Nächste Woche darf ich in Passau an der Kleinen Ohe dabei sein und zusehen, wie junge Flussperlmuscheln ausgesetzt werden. Darum kümmert sich eine Trägergemeinschaft aus dem Landschaftspflegeverband. Daran sind der Staat, die Kommune und die Landwirtschaft beteiligt; drei Landkreise wirken mit, auch die Stadt Passau.
(Florian von Brunn (SPD): Besser wäre es, wenn Sie in der Zeit eine Pestizidverordnung erarbeiten würden, Herr Minister!)
Hinter jedem dieser Träger stehen Ehrenamtler. Wieso wollen Sie das jetzt auseinanderdividieren nach dem Motto: Das macht der Staat falsch und die Ehrenamtler machen es richtig? Das geht nur gemeinsam.
Ich nenne Ihnen noch ein Beispiel. Nächste Woche darf ich ein Beweidungsprojekt in meinem Heimatort besuchen: 20 Jahre Beweidungsprojekt.
Ich kenne die Leute vom BUND Naturschutz, die das damals gemacht haben und die das heute noch betreiben. Das sind leidenschaftliche Kämpfer, die gerne auch staatliches Fördergeld in Anspruch genommen haben, weil alle beseelt sind von der Rettung der Artenvielfalt und des Artenschutzes.