Protocol of the Session on June 26, 2018

(Beifall bei der SPD)

Sie wollen die dringend notwendige neue Düngeverordnung schon verwässern, bevor sie in Kraft getreten ist, und in Bayern nur ein bisschen umsetzen. Erst am letzten Freitag wurde Deutschland vom Europäischen Gerichtshof wegen Verstoßes gegen das Europäische Wasserrecht verurteilt. Ich frage mich schon: Interessiert Sie das überhaupt? Was der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung bisher für die Natur angekündigt hat, ist, ehrlich gesagt, lächerlich. Forschen ist gut, aber jetzt ist Zeit zu handeln. Mit einem Artenschutzzentrum in Augsburg ist noch keine Wildbiene und noch kein Vogel gerettet, aber man kann es natürlich im Beisein von CSU-Landtagsabgeordneten wunderbar einweihen.

(Beifall bei der SPD)

10 Millionen Euro wollen Sie dem Vertragsnaturschutz zusätzlich geben. Ich setze das zu anderen Wahlgeschenken ins Verhältnis. Mehr als 20 Millionen Euro Schweigegeld bekommen Balderschwang und Obermaiselstein für zehn Jahre Verzicht auf die rechtswidrige Skischaukel am Riedberger Horn geschenkt.

Wenn Sie das Artensterben wirklich stoppen wollen, brauchen wir eine ganz andere Politik; dann brauchen wir eine Politik, die sich an Umweltschutzzielen und am Gemeinwohl orientiert, dann brauchen wir eine umweltverträgliche Landwirtschaft. Das bedeutet, dass wir die Agrarförderung so umbauen müssen,

dass sich Umweltschutz in der Fläche für die Bauern wirklich lohnt. Barbara Hendricks hat dazu 2016 auf dem Deutschen Naturschutztag etwas sehr Richtiges gesagt – ich zitiere –:

Eine natur- und umweltverträgliche Landwirtschaft muss sich lohnen. Sie muss konkurrenzfähiger sein als eine Landwirtschaft, die Vögel, Schmetterlinge, Wildbienen, blütenreiches Grünland und natürliche Auen verschwinden lässt.

Wir brauchen also viel mehr Naturschutzflächen wie Blühstreifen und Hecken in der Landschaft. Wir müssen nicht nur Glyphosat und Neonicotinoide verbieten, sondern insgesamt den Pestizideinsatz in der Landwirtschaft drastisch reduzieren. Das Umweltbundesamt hat nachgewiesen, dass eine Reduzierung um bis zu 50 % ohne zu große Ertragseinbußen möglich ist.

Wir müssen endlich die Überdüngung stoppen und in Bayern Gewässerrandstreifen einführen. Und ja, wir brauchen einen dritten Nationalpark und mehr Naturschutzgebiete, die besser miteinander vernetzt sind. Wir müssen den Biotopverbund in Bayern ausbauen und schützen. Wir brauchen auch endlich eine wirksame Klimaschutzpolitik. Dazu gehört ein Klimaschutzgesetz für Bayern, das Sie im Landtag erst vor Kurzem abgelehnt haben. Dazu gehören auch die Aufhebung des Windkraftstopps in Bayern und ein Ende Ihrer Blockade in der Bundesregierung beim Ausbau von Windkraft und Photovoltaik und bei einer CO2-Abgabe. Dazu gehört auch eine echte Verkehrswende hin zu einem umweltfreundlichen und bezahlbaren öffentlichen Verkehr und zu emissionsfreiem Individualverkehr.

Ich weiß nicht, ob Sie dazu überhaupt in der Lage und bereit sind. Wir schon! Wir wollen eine fortschrittliche und nachhaltige Politik in Bayern, eine Politik für die Natur und für die Zukunft unserer Kinder.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Herr Kollege von Brunn. – Als nächstem Redner erteile ich Herrn Zierer das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Zierer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wahrscheinlich waren sich die Experten selten so einig wie in der Anhörung, die wir kürzlich im Umweltausschuss hatten. Das einhellige Urteil war: Um die biologische Vielfalt in Bayern ist es nicht gut bestellt, und es gibt dringenden Handlungsbedarf. Das war aber auch schon bekannt, bevor die Debatte geführt worden ist, nämlich durch die Untersuchungen, die in Krefeld gemacht worden sind. Sie waren zwar wissen

schaftlich etwas umstritten, man hat aber auf dieses Problem hingewiesen.

Man muss sich auch nicht darüber streiten, wie viele Insekten vor 20 Jahren an der Windschutzscheibe geklebt haben und wie viele heute daran kleben. Das hängt auch mit dem Klima zusammen. Allerdings muss man sich den Artenschutzbericht oder zum Beispiel die Roten Listen ansehen. Diejenigen, die sie genau studiert haben, wissen, dass sich Bayern verändert hat.

Bei der Frage nach den Ursachen für den Rückgang der Artenvielfalt wurden drei Punkte am häufigsten genannt: intensive Landnutzung, Flächenverbrauch und das Fehlen von Kleinstrukturen in der Landschaft und in der Landwirtschaft. Leider Gottes wurde wenig darauf eingegangen, wie viel Freizeitverkehr wir in unserem Land haben. An die 50 % des Verkehrs auf der Straße und in der Luft sind Freizeitverkehr. Die allgemeine unbegrenzte Mobilität leistet bestimmt auch noch ihren Beitrag dazu.

Man sollte aufpassen, nicht der Landwirtschaft allein den Schwarzen Peter zuzuschieben. Jeder von uns, der in Bayern unterwegs ist, sollte darauf achten, in Zukunft ein umweltverträgliches Freizeitverhalten an den Tag zu legen. Man sollte nicht nur mit dem Finger auf andere zeigen, sondern auch selbst seinen Beitrag dazu leisten, also nicht nur sagen: Die anderen sind schuld, ich nicht.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Selbstverständlich muss es ein Ziel sein, durch Versuche in Ausbildung, Wissenschaft und Forschung den Pestizideinsatz in der Landwirtschaft zu verringern. Dazu brauchen wir Alternativen. Wir brauchen bessere Beratung in der Landwirtschaft. Wir brauchen mehr Anreize zum Vertragsnaturschutz und zur Teilnahme am KULAP. Wenn Bayern seine Biodiversitätsziele erreichen will, muss das Naturschutzprogramm eine zentrale Rolle spielen.

Wir sollten an dieser Stelle nicht eine Richtungsdebatte führen, ob wir beim Umweltschutz weiter auf Freiwilligkeit in der Landwirtschaft setzen können oder nicht, ob wir den Bauern mehr Vorschriften machen sollen oder ob wir sie auf dem Weg in die Zukunft mitnehmen sollen. Für uns FREIE WÄHLER ist klar, dass Naturschutz in der Kulturlandschaft nur gemeinsam mit den Landwirten, mit den Nutzern, mit der ganzen Bevölkerung geht. Extrem wichtig ist es, die Landwirte in dieses Boot zu holen und sie bei der Ausbildung, bei der Fort- und Weiterbildung mitzunehmen. Wir setzen allerdings bei diesem Weg nicht auf Gängelung, sondern auf ein großes Maß an Freiwilligkeit. Dies ist

der Ansatz der FREIEN WÄHLER bei dieser Thematik.

Damit wir in Bayern unsere Diversitätsziele erreichen, müssen sechs Prozent der landwirtschaftlichen Fläche unter Vertragsnaturschutz. Zurzeit stehen wir bei circa 85.000 Hektar, also nicht ganz der Hälfte. Wir sollten es schaffen, diesen Wert zu verdoppeln. Dann haben wir mehr extensiv genutzte Flächen ohne Pestizideinsatz.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Die Natur darf doch kein Bittsteller sein, Mensch! Ihr macht die Natur zum Bittsteller!)

Aufpassen! Wir sollten das miteinander schaffen, dann haben wir mehr artenreiche Wiesen, dann haben wir ein anderes Bild in der Landwirtschaft, dann haben wir ein Ziel vor Augen, das wir miteinander erreichen können, sollen und müssen. Die Mittel für den Vertragsnaturschutz sind im Haushalt erhöht worden. Das ist positiv. Endlich hat die Staatsregierung auch diejenigen finanziell gestärkt, die eine wichtige Vorarbeit leisten, damit Vertragsnaturschutzmaßnahmen greifen können, nämlich die Landschaftspflegeverbände und die Naturparks. Das war jahrelang eine Forderung der FREIEN WÄHLER. Jetzt ist sie zum Teil erfüllt, aber es geht immer noch mehr.

Wir müssen auf diesem Weg energisch vorwärts gehen; nur dann werden wir es schaffen, wieder ein Halten und vielleicht ein kleines Stück zurück zu erreichen, auch bei den Krankheiten der Tiere. Herr von Brunn hat die Hasen genannt. Die Hasenpest ist ein sehr schlimmes Ereignis. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke schön, Herr Kollege Zierer. – Die nächste Rednerin ist Frau Kollegin Schorer-Dremel. Bitte schön, Frau SchorerDremel.

Sehr geehrtes Präsidium, Hohes Haus, verehrte Gäste, meine sehr verehrten Damen und Herren! Bayern ist sich seiner Verantwortung für den Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen bewusst, und es handelt. Ich möchte im Folgenden ein paar Punkte des Aktionsprogramms zum Erhalt der bayerischen Artenvielfalt nennen. So beinhaltet dieses Programm unter anderem die Weiterführung des Artenhilfsprogramms für endemische und stark bedrohte Pflanzenarten. Endemische Arten wie Purpur-Grasnelke, Augsburger Steppengreiskraut und Bayerisches Federgras kommen weltweit nur in Bayern vor,

(Florian von Brunn (SPD): Was heißt denn endemisch?)

weshalb der Freistaat eine besondere Verantwortung für deren Erhaltung hat. Stark bedrohte Arten stehen ganz oben auf der Liste und brauchen gezielte Schutzmaßnahmen, um nicht auszusterben. Hierzu zählen wir zum Beispiel die Busch-Nelke, die FingerKüchenschelle und das Bodensee-Vergissmeinnicht. Wir verstärken aber auch die direkten Schutzmaßnahmen für den Feldhamster, der in Ackergebieten um Würzburg, Schweinfurt und Aschaffenburg seine letzten Rückzugsgebiete hat. Der Arbeitskreis "Umwelt" der CSU-Landtagsfraktion hat sich erst vor Kurzem in Schwarzenau über dieses Programm informiert.

Die Umsetzung der Erhaltungsmaßnahmen für bedrohte Tierarten wie die Schmetterlingsarten Maivogel und Berghexe sind ebenfalls wichtige Bausteine. Ich glaube, wenn wir nicht nur theoretisch darüber sprechen, sondern schauen, was in der Fläche passiert, können wir im Obermorsbacher Tal zum Beispiel die Renaturierung für die Berghexe deutlich sehen, ein Förderprogramm, das auch vom Freistaat Bayern sehr unterstützt wird.

(Florian von Brunn (SPD): Das sind sehr viele Fremdwörter!)

Es gibt auch weitere Artenhilfsprogramme für den Gartenschläfer und auf Wiesen und Weiden am Boden brütende Vögel, zu denen Kiebitz, Uferschnepfe und der Große Brachvogel gehören.

Außerdem ist auch die Erfassung von Kernflächen der Artenvielfalt im bayerischen Alpenraum vorgesehen, um dort gezielte Schutzmaßnahmen einzuleiten. Auf diese Kernflächen werden sich dann künftig Erfassungen der biologischen Vielfalt und die Beobachtung von Veränderungen im Zuge des Klimawandels konzentrieren.

Ein ganz wichtiger Baustein ist auch die öffentliche Wahrnehmung, zum Beispiel im Rahmen von "BayernTourNatur", um die Menschen nebenbei darauf aufmerksam zu machen, welch wunderbare Umgebung sie haben; denn was ich kenne, das schätze ich auch, und was ich schätze, das kann ich auch schützen. So gibt es im Freistaat jede Menge Umweltschulen, wo man feststellen kann, dass man bei den Kleinen mit Bildung und Artenkenntnis bereits den Schutzgedanken verankern kann. Ministerpräsident Dr. Markus Söder hat das Thema Umweltstationen in seiner Regierungserklärung erwähnt.

Ich denke, dass auch die Akzente in der Landwirtschaft, zum Beispiel bei den bayerischen Imkern, durch die flächendeckende Beratung und eine unab

hängige Forschung unterstützt werden. Das sind wichtige Bausteine. Mit 1,2 Millionen Euro werden hier sehr viele Mittel investiert. Die Ergebnisse zeigen uns, dass die Anzahl der Imker auch weiterhin steigt.

Ein besonderer Punkt ist für mich die Wildlebensraumberatung in Bayern, die im Jahr 2015 eingeführt worden ist. Das Ziel der Wildlebensraumberatung ist die Förderung der biologischen Vielfalt in der Agrarlandschaft durch fachpraktische Beratung, zum Beispiel von Landwirten, Jägern, Jagdgenossen, Imkern und Gemeindevertretern. Wenn man nicht nur im Hohen Hause theoretisch spricht, sondern rausgeht und sich mit den Wildlebensraumberatern unterhält, wie erst vor Kurzem am Tag des offenen Hofes, so sieht man, was für eine phantastische Arbeit beim Artenschutz geleistet wird. An dieser Stelle möchte ich diesen Menschen ein großes Kompliment aussprechen.

(Beifall bei der CSU – Harry Scheuenstuhl (SPD): Ohne Erfolge!)

Der Erfolg ist immer nur das, was Sie gerne sehen wollen.

(Harry Scheuenstuhl (SPD): Sie haben doch das Ministerium befragt! Lesen Sie doch einmal Ihren eigenen Bericht!)

Für mich ist ganz entscheidend, dass plötzlich alles ganz anders ist, wenn ich aus diesem Hohen Haus hinausgehe. Da wird von der SPD immer schwarzgemalt.

Besonders möchte ich die Stärkung der Naturparke hervorheben.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Mit unseren 19 Naturparken und den 61 Landschaftspflegeverbänden wird auch massiv für den Artenschutz gearbeitet. Es wird in die Fläche und vor Ort investiert. Wesentlich sinnvoller ist es, flächendeckend etwas auszubringen, als punktuell das eine oder andere Schutzgebiet auszuweisen.

(Beifall bei der CSU – Widerspruch bei der SPD – Harry Scheuenstuhl (SPD): Ein Armutszeugnis, was Sie hier abgeben!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir handeln, wir arbeiten. Die Aufregung der SPD zeigt mir, dass sie ungern auf die Wahrheit hingewiesen wird.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Frau Schorer-Dremel. – Sobald wieder Ruhe einge

kehrt ist, erteile ich Herrn Kollegen Beißwenger das Wort. Bitte schön, Herr Kollege Beißwenger.

Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kollegen! Ich glaube, es ist unbestritten, dass ein Problem existiert. Wie es zu dem Problem gekommen ist, ist noch nicht restlos erforscht. Der Klimawandel wird mit Sicherheit eine Rolle spielen, aber natürlich – das sage ich ganz bewusst – auch der Mensch. Wir alle wissen, dass zum Beispiel extensiv genutzte Wiesen eine größere Artenvielfalt als ein Acker haben. Beim Acker findet sich die Artenvielfalt quasi zwischen dem Ackerboden. Bei Wiesen ist sie auf der Wiese selbst. Dieses Wissen ist das, was uns verbindet. Der Unterschied ist, dass Sie eine Politik der Verbindlichkeit, der Anordnung und wir eine Politik der Freiwilligkeit wollen.