Protocol of the Session on June 6, 2018

Es ist wirklich schade, dass die CSU das nicht erkannt hat und verlässliche Strukturen absolut ablehnt mit Gründen wie: zu viel Bürokratie, die bestehenden Altersstrukturen in den Gemeinderäten spiegeln die alternde Gesellschaft doch schon wider, oder die Landesseniorenvertretung macht weiterhin Gremien auf Landesebene hinfällig. Den Fakt, dass eben nicht alle Senioren vertreten sind, ignorieren Sie nach wie vor hartnäckig.

Was für ein trauriges Signal, Kolleginnen und Kollegen, senden wir denn damit von der Landesebene aus, wenn die Unterstützung für Senioren in dieser Form in Bayern fehlt? Da reden Sie immer so schön davon, dass es gerechte Politik für alle Generationen braucht. Nur, wo sind die Taten zu genau diesen Wor

ten? Darauf warten die Menschen im Lande noch immer vergeblich. Kolleginnen und Kollegen, es wird Zeit, dass auch ihr Anspruch endlich Realität wird, zum Beispiel indem Sie heute unserem Gesetzentwurf in Zweiter Lesung doch noch zustimmen.

Sie, liebe FREIE WÄHLER, haben die Notwendigkeit eines Gesetzes zwar mittlerweile erkannt; aber leider fehlt es Ihnen, wie schon in Erster Lesung von meiner Seite erwähnt, an wesentlichen Details.

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege, so ist es nun einmal. Wenn Ihnen das Thema wirklich wichtig ist, stimmen Sie doch heute einfach dem Gesetzentwurf der SPD-Landtagsfraktion zu.

Kolleginnen und Kollegen, Ältere sollen sich einbringen können, wann immer sie wollen, und das egal, wo in Bayern. Wir wollen gleichwertige Lebensverhältnisse. Dann müssen wir auch entsprechende Strukturen schaffen. Unser Seniorenmitwirkungsgesetz bietet dafür die richtigen Rahmenbedingungen und greift die Forderungen der bereits aktiven Seniorenvertretungen auf, ein Gesetz, das im Schulterschluss mit der Generation über 60 Jahren erarbeitet wurde, ein schlankes Gesetz.

Ich würde mich gern bei Ihnen allen heute nach der Zweiten Lesung für die Unterstützung und für mehr Mitwirkung und Beteiligung der Generation Ü 60 bedanken können. Deshalb bitte ich Sie noch einmal eindringlich, sich einen Ruck zu geben und diesem aus unserer Sicht nicht bürokratischen Gesetz – es ist ein Gesetz für mehr Partizipation und Mitwirkungsmöglichkeiten der Generation Ü 60 – zuzustimmen.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön, Frau Kollegin. – Als Nächster hat der Kollege Dr. Goppel das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Verehrter Herr Präsident, Hohes Haus! Danke, dass wir die Gelegenheit bekommen, der Thematik wieder tagesaktuell den Drive zu geben, der notwendig ist, damit man in solchen Fragen auch sieht, dass unterschiedliche Meinungen nicht zwangsläufig dazu führen, dass Frau Rauscher recht kriegt. Sie führen dazu, wenn man gute Argumente hat, und sie führen dazu, wenn man eine vernünftige Diskussion hinter sich hat. Dann kann man darüber reden. Das wurde heute schon mit dem Abkommen zugunsten der Sinti und vorher mit einer eigenen Gesetzesberatung zweimal nachgewiesen. Da waren sich alle Seiten des Hauses einig, dass wir miteinander einen Neuanfang wagen. Dass das bei

Ihrem Antrag, Frau Kollegin, nicht der Fall war, tut mir leid. Es tut mir auch leid um Sie; Ihr charmanter Vortrag war nicht verkehrt. Aber ich will Ihnen ausdrücklich sagen: Die Schwierigkeit besteht darin, dass das unüberlegte Einbringen von Gesetzentwürfen, damit man am 14. Oktober etwas vorbringen und vorlegen kann, kein Verabschiedungsgrund ist.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Das ist nicht fair!)

Doch, das sage ich Ihnen.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Das ist jetzt auch nicht fair!)

Dann hören Sie halt zu!

(Zuruf der Abgeordneten Katharina Schulze (GRÜNE))

Sie haben überhaupt nichts zu sagen, Frau Schulze. Sie haben selbst gesagt, Sie lehnen alles ab. Da sollten Sie vorsichtig sein.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Sprechen Sie doch zur Sache!)

Das ist zur Sache, ganz effektiv zur Sache. Ich lasse mir das auch nicht gefallen. Das mögen Sie jederzeit so laut sagen, wie Sie wollen. Aber Sie gehören einer Generation an, die verlernt hat, erst zuzuhören und dann zu kommentieren.

(Helga Schmitt-Bussinger (SPD): Jetzt aber! – Zurufe von den GRÜNEN)

Es ist nun einmal so.

Ich komme zurück auf das, was wir miteinander beraten wollen. Ich will Ihnen ausdrücklich sagen: Seniorenmitwirkung gab es in Bayern eher als in den anderen Bundesländern.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER): Zu wenig!)

Daran will ich erinnern. Die zuständige Ministerin hat vor drei Legislaturperioden ein entsprechendes Papier vorgelegt, und dieses Papier haben die Senioren anerkannt. Und die Senioren sind es, die daraufhin mitarbeiten, und das jetzt seit insgesamt rund acht bis zehn Jahren.

In diesen zehn Jahren haben nicht alle mitgemacht. Das ist etwas, was im Übrigen die Alten allein entscheiden und sonst niemand. Sie sagen selbst, ob Sie wollen oder nicht. In 285 Gemeinden wollen sie nicht, in 365 gibt es gar nichts. Wenn Sie das zusammen

zählen, werden Sie herausbringen, dass Ihre Behauptungen falsch sind. Jenseits davon ist Handlungsbedarf vorhanden; das bestreitet überhaupt niemand. Frau Rauscher, das hat auch niemand in den Ausschüssen bestritten; so ist es nicht. Das hat niemand bestritten, sondern wir haben gemeinsam gesagt: Wenn ein überlegter Vorschlag ausgearbeitet ist, wollen wir das miteinander machen. Für beide Anregungen, die Sie den FREIEN WÄHLERN und uns geben, gibt es keinen Grund. Sie haben ja nicht festgestellt, dass wir etwas miteinander beraten könnten, sondern ausdrücklich festhalten: Wer mir – der SPD – nicht folgt, liegt schief. Und da kann ich Ihnen nur sagen: Das ist falsch.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn (FREIE WÄHLER))

Herr Fahn, Sie stimmen fast allem zu, wenn Sie den Eindruck haben, dass Sie in Unterfranken dafür Zustimmung finden; keine Frage.

Ich will Ihnen ausdrücklich zugestehen: Es geht darum, dass wir die 4 Millionen, die demnächst der älteren Generation in Bayern angehören, dringend brauchen, um Aufgaben zu erledigen, die die Gesellschaft sonst nicht erledigen kann. Da hat sich seit 1945 so viel getan wie in den zwei Jahrtausenden vorher nicht, weil die Aufgabe der früher freiwilligen Mitarbeit ansonsten meist nur Nichtbeschäftigte übernommen haben. Das waren 40 % in der Landwirtschaft nebenzu und 40 % Arbeitslose im Allgemeinen, die da mitgemacht haben. Das ist heute alles ganz anders, weil wir einen ganz anderen Arbeitsmarkt haben.

Ein Zweites ist völlig anders. Früher – da kann ich mich gut erinnern, weil ich aus einer Familie stamme, in der das bis zur Generation meiner Eltern so war – ist einer daheim geblieben und hat die Arbeit gemacht, und ein anderer hat draußen das Geld verdient. Inzwischen haben wir uns im System umgestellt. Jeder ist draußen, und jeder muss sein eigenes Glück wagen und es entsprechend absichern. Insoweit brauchen wir eine völlige Veränderung des Umgangs mit den älteren Menschen. Da gibt es überhaupt keinen Streit und überhaupt keine Diskussion. Die ersten Ansätze waren und sind da auch schon gemacht.

Was haben wir jetzt festzustellen? – Mit den einzelnen Daten habe ich mich in den letzten drei Jahren und in den letzten Monaten sehr intensiv beschäftigt. Wir haben festzustellen, dass es eine Reihe engagierter älterer Leute gibt, vor allem solche, die sich im Ehrenamt betätigen und in großem Umfang mithelfen, Auf

gaben, die sonst liegen bleiben, zu erledigen. Ehrenamtlich und unentgeltlich.

Und es gibt eine ganze Menge Menschen, die weiter arbeiten und sich bemühen, selber Geld zu verdienen, weil das, was sie haben, nicht reicht angesichts des Tempos, in dem wir sonst die Gesellschaft entwickeln. Die Senioren wollen sich einbringen: Das ist in Ordnung, gar keine Frage. Da, wo sie unterwegs sind, funktioniert das auch. Die rund 13.000 Mitglieder bei uns in der Seniorenunion und die Gemeindevertreter in der LSVB leisten exzellente Arbeit auf den unterschiedlichsten Ebenen.

Was allerdings nicht funktioniert, ist ganz sicherlich die durchgängige Organisation. Die müssten wir gemeinsam meistern. Da bin ich auf Ihrer Seite, aber nicht mit dem Modell, das Sie vorschlagen, sondern in einer überlegten, mit den älteren Menschen genau diskutierten Art und Weise. Da stimmen wir mit der LSVB und mit anderen Organisationen – –

(Zuruf von der SPD)

So intensiv sichtlich nicht. Erstens habe ich nie davon gelesen, zweitens nie davon gehört und zum Dritten von einer ganzen Menge von Leuten ausdrücklich gesagt bekommen: Das ist uns zu wenig und falsch und nicht durchdacht. An dieser Stelle mache ich dann nicht mit.

Ich bin sehr dafür, dass wir in den nächsten Wochen – da wird die Aufmerksamkeit auch der älteren Generation größer sein; vor Wahlen ist das nun mal so – mit der älteren Generation wie mit den anderen im Gespräch sind und gemeinsam überlegen, wie solche Grundsätze aussehen können. Da werden Sie Schwierigkeiten bekommen mit der Durchgängigkeit von unten nach oben mit den Grundsätzen, die Sie selbst mit verändert haben, in Bezug auf die Frage, wie Frauen beteiligt werden, ja oder nein. Das wäre dann das alte Problem noch mal ganz anders. Da redet bei Sechzig- und Siebzigjährigen bloß keiner mehr darüber. Wie vertreten wir die Geschlechter gleichermaßen bei unterschiedlichen Interessen und anderen Vorgaben? Wie sorgen wir dafür, dass wir die Benachteiligungen in den Griff bekommen, die sich bei den Alten nach und nach einstellen, weil sich das Tempo bei jemandem, der nicht mehr im Arbeitsprozess steckt, auch nicht in den sonstigen Förderungen niederschlagen kann? – Über all diese Einzelfragen müssen wir erst noch intensiv mit den älteren Menschen reden, was deswegen überrascht, weil in den Gemeinderäten mehrheitlich sowieso die Altersgruppe vertreten ist, der auch ich angehöre. Da habe ich mir die Mühe gemacht, mal nur im eigenen Bereich nachzugucken. Meistens liegt das durchschnittliche Alter

derer, die im Gemeinderat sitzen, dort, wo wir anfangen, die Mitgliedschaften einzufrieren. Das heißt, es gibt auch drei oder vier unter den 60. Aber der Rest gehört sowieso zu uns. Von Benachteiligung kann also keine Rede sein, von Mitwirkung, die nicht praktiziert wird, schon. Da gebe ich Ihnen recht.

Jetzt ist die Frage, wie wir das gemeinsam im Gespräch hinbekommen. Ich will Ihnen ausdrücklich sagen: Wenn wir heute ablehnen, dann deswegen, weil unzureichende Vorschläge keine Zustimmung bekommen können. Immerhin waren drei Fraktionen gegen Ihren SPD-Vorschlag. Wir waren ja nicht alleine. Sie haben gesagt, es ist die CSU. Von wegen! FREIE WÄHLER und GRÜNE haben auch gesagt, da wollen wir noch etwas intensiver rangehen. Das Erfordernis eines intensiveren Rangehens lässt mich ausdrücklich bitten, dass wir an dieser Stelle warten und eine entsprechende Aktivität gemeinsam entfalten, wenn wir in neuer Zusammensetzung – Sie vielleicht, wer weiß das? – hier im Haus sitzen.

Ich will ausdrücklich sagen, die Forderungen, die Sie insgesamt gestellt haben, stoßen nicht auf Rückhalt. Herr Wölfl, der Vorsitzende der LSVB, ist selber ein sachkundiger Vertreter des Metiers. Er hat ausdrücklich festgestellt, dass ihm das, was da vorgelegt ist, nicht reicht, aber dass das ein schöner Anfang ist. Ich finde, wir sollten nicht mit Kleckern anfangen, sondern einen gemeinsamen Wurf machen. Ich lade herzlich dazu ein, das mit uns zu dem Zeitpunkt, zu dem wir in der neuen Legislatur wieder hier zusammensitzen, vernünftig hinzubekommen, eine solche gesetzliche Vorgabe einzubringen und entsprechend zu unterstreichen.

(Doris Rauscher (SPD): Hätten Sie auch schon die letzten Monate machen können!)

Ich mache kein Gesetz innerhalb von fünf Minuten, damit Sie sagen, oh, die Idee war bei Ihnen. Da war sie eben nicht.

(Zurufe von der SPD)

Angefangen hat das Ganze mit der Feststellung der Bayerischen Arbeitsministerin Stewens, wir wollen auf alle Fälle eine freiwillige Mitarbeit der Alten haben. Wissen Sie, warum? – Weil dieses Hohe Haus vor einer doppelten Zahl von zehn, vor über 20 Jahren, den Bayerischen Senat abgeschafft hat, in dem wir alle über 40 miteinander vertreten waren. Da waren wir mal was, und dann haben Sie es abgeschafft. Und jetzt fangen wir überall an, das Ganze im Kleinen wiederzuholen. Ich bin einverstanden, dass es dabei bleibt. Aber wenn man schon selber die Alten durch den Beschluss ausschließt,

(Zuruf von der SPD: Wo denn?)

das waren die über 40 Jahre –, dann muss man schlicht und einfach daran denken, dass mit einer Neuerung wirklich neue Akzente gesetzt werden. Darum bitte ich. Ich freue mich darauf, dass wir dann in den Beratungen zu guten Ergebnissen kommen, ob von draußen herein oder von innen hinaus, das wird man sehen. Wir bleiben bei unserer Ablehnung, weil das, was bisher vorliegt, Stückwerk ist.

(Beifall bei der CSU – Florian von Brunn (SPD): Das kann man immer sagen!)

Danke schön, Herr Kollege. – Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, darf ich Ihnen mitteilen, dass die SPD-Fraktion zu diesem Gesetzentwurf namentliche Abstimmung beantragt hat. – Jetzt haben Sie, Herr Kollege Dr. Fahn von den FREIEN WÄHLERN, das Wort. Bitte schön.

Danke schön, Herr Präsident. – Herr Goppel, Sie haben sicherlich schon die Pressemitteilung der LSVB gelesen. Die kommt nämlich noch mal morgen im Sozialausschuss. Da wird der Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER behandelt. Sie schreibt: Da muss die CSU endlich mal Farbe bekennen. – Was will sie? Will sie die gesetzlichen Rahmenbedingungen für die Mitsprache ändern? Will sie die Mitgestaltung ändern? Da müssen Sie schon konkret werden. Das fehlt bisher bei Ihnen. Das muss ich sagen.

Insgesamt finden wir es gut, dass die SPD einen Gesetzentwurf eingebracht hat. Deswegen diskutieren wir endlich einmal hier im Landtag und in den Ausschüssen über dieses Thema. Wir werden uns bei der Abstimmung über diesen Gesetzentwurf anders als im Ausschuss enthalten und nicht ablehnen, weil es gut ist, dass die SPD hier einen Vorstoß gemacht hat. Das muss man ganz klar sagen. Sie hat Defizite festgestellt, die auch wir sehen. Wenn bei 2.000 Gemeinden nur in 1.400 Gemeinden ein Seniorenbeauftragter da ist oder wenn 400 Kommunen überhaupt noch nichts haben, dann fehlt eben etwas. 18 Landkreise haben eine Seniorenvertretung, 42 Landkreise einen Seniorenbeauftragten. Aber in 19 Landkreisen haben wir Fehlanzeige. Da müssen wir etwas tun.