Protocol of the Session on May 15, 2018

(Allgemeiner Beifall)

Zwischen unseren beiden Parlamenten bestehen seit Jahren sehr enge, intensive und auch persönliche Kontakte, die wir durch eine ganze Reihe gegenseitiger Besuche gefestigt haben und auch weiter festigen

werden. Ganz gleich, über welche Themen wir streiten und diskutieren, wir kommen uns immer recht schnell nahe. Auch was die parlamentarischen Abläufe angeht, können wir voneinander lernen. Es macht immer viel Freude, mit Ihnen zusammenzutreffen. Morgen werden wir mit unseren Gästen noch ein weiteres Arbeitsgespräch führen. Sie werden am Abend auch an der Verleihung des Integrationspreises teilnehmen. Seien Sie uns also herzlich willkommen im Bayerischen Landtag. Wir wünschen Ihnen noch einige spannende Stunden mit uns.

(Allgemeiner Beifall)

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/22068, "Praxisnahe Überprüfung des Sprachniveaus B2 für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse insbesondere im Bereich der Pflegeberufe". Ich weise noch einmal auf die Änderung des Antrags hin. Im Antragstext wird ein Satz hinzugefügt. Dieser lautet: "Der Grammatik wird dabei ein Übergewicht zugesprochen." In dieser Form stelle ich diesen Dringlichkeitsantrag zur Abstimmung. Wer dem Antrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen! – Die SPD-Fraktion, die CSU-Fraktion, die fraktionslosen Kollegen Muthmann, Felbinger und Claudia Stamm. Stimmenthaltungen! – Die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wir kommen nun zurück zu den Abstimmungen unter Punkt 2 der Tagesordnung, von denen eine in namentlicher Form erfolgt. Ich lasse zunächst in einfacher Form abstimmen über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Schulze, Hartmann, Celina und anderer und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) auf Drucksache 17/22082, "Komplette Überarbeitung des Entwurfes des Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetzes – für ein modernes entstigmatisierendes Hilfe-Gesetz für psychisch Kranke in Bayern". Wer diesem Dringlichkeitsantrag zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. – Das sind die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und die FREIEN WÄHLER und die fraktionslosen Kollegen Muthmann, Felbinger und Claudia Stamm. Gegenstimmen! – Die CSU-Fraktion. Stimmenthaltungen! – Die SPD-Fraktion. Damit ist dieser Dringlichkeitsantrag abgelehnt.

Wir kommen nun zur namentlichen Abstimmung über den Dringlichkeitsantrag auf Drucksache 17/22067. Das ist der Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Rinderspacher, Waldmann, Rauscher und anderer und Fraktion (SPD) betreffend "Behandlung und Hilfe statt Zwang und Stigmatisierung – Für ein Bayerisches Psychisch-Kranken-Hilfe-Gesetz, das seinen Namen auch verdient!". Die Urnen stehen bereit. Mit

der Abstimmung kann begonnen werden. Sie haben fünf Minuten Zeit. – Wir haben noch eine halbe Minute. Sie können schon mal langsam die Plätze wieder einnehmen.

(Namentliche Abstimmung von 17.54 bis 17.59 Uhr)

Die Abstimmung ist geschlossen. Das Ergebnis wird außerhalb des Plenarsaals ermittelt und später bekannt gegeben. Bitte nehmen Sie die Plätze wieder ein, damit wir fortfahren können.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Bitte nehmen Sie die Plätze wieder ein. – Vielen Dank.

Zur weiteren gemeinsamen Beratung rufe ich auf:

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Katharina Schulze, Ludwig Hartmann, Rosi Steinberger u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Nach Umweltskandal: Kostenübernahme von PFOA-Bluttests auch für unter 7-Jährige (Drs. 17/22069)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Florian von Brunn, Klaus Adelt u. a. und Fraktion (SPD) Umweltgift PFOA und PFOS: Säuglinge und Kinder vor gesundheitlichen Gefahren schützen - Transparenz herstellen! (Drs. 17/22071)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Benno Zierer u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) PFOA-Untersuchungen bei Kindern im Landkreis Altötting sicherstellen (Drs. 17/22083)

und

Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Thomas Kreuzer, Karl Freller, Ingrid Heckner u. a. und Fraktion (CSU) Umweltgift PFOA und PFOS: Säuglinge und Kinder vor gesundheitlichen Gefahren schützen - Transparenz herstellen! (Drs. 17/22084)

Ich eröffne die gemeinsame Aussprache und bitte noch einmal um etwas mehr Ruhe und darum, Gespräche, die dringend notwendig sind, außerhalb des Plenarsaals zu führen.

(Unruhe – Glocke der Präsidentin – Erwin Huber (CSU): Da wird jetzt dann bald einmal die Lärm polizei kommen bei dem Geklingel! – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Genau, das ist dann die drohende Gefahr!)

Erste Rednerin ist die Kollegin Sengl. Bitte schön, Frau Sengl.

Das ist ja hier fast wie in einer Schulklasse.

(Erwin Huber (CSU): Schlimmer!)

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir kommen jetzt zu einem ernsteren Thema, und es wäre ganz gut, wenn wir da aufmerksam wären.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das deutsche Trinkwasser gilt als das am besten kontrollierte Lebensmittel. Doch in Altötting ist leider das geschehen, was die Behörden normalerweise kategorisch ausschließen: Das örtliche Trinkwasser ist seit Jahren mit der Chemikalie PFOA belastet und verunreinigt, und offensichtlich hat das keiner gemerkt. Die Bevölkerung hat das Trinkwasser jahrelang im guten Glauben an unsere Kontrollen getrunken. Niemand hat sie gewarnt, und jetzt haben die Altöttinger PFOA im Blut.

(Unruhe)

Ich war bei der Gründung der Bürgerinitiative für den Trinkwasserschutz in Altötting. Da waren auch Betroffene; die wären, glaube ich, ziemlich entsetzt, wenn sie wüssten, dass im Plenum ein einziges Geratsche stattfindet, wenn wir hier über dieses Thema reden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Bewohnerinnen und Bewohner von Altötting haben nämlich wirklich Angst, weil sie nicht wissen, wie gefährlich der Stoff ist. Wie sehr schadet die Chemikalie ihrem Körper? Kann man von PFOA Krebs bekommen? Diese Fragen stellen sich die Menschen in Altötting. Immerhin hat die WHO den Stoff als wahrscheinlich krebserregend eingestuft. Er hat es auch in die REACH-Verordnung geschafft. Ab 2020 sind die Herstellung und die Verwendung dieses Stoffes ganz verboten. In der REACH-Verordnung steht: Der Stoff ist besonders besorgniserregend; er ist fortpflanzungsgefährdend, sehr langlebig, reichert sich in Organismen an und wird kaum ausgeschieden. Sieben Jahre hat es gedauert, seit Greenpeace die Verunreinigung aufgedeckt hat, bis das LGL endlich das Blut der Betroffenen untersuchen ließ. Die Ergebnisse sind alarmierend: Im Blut einiger Betroffener wurde das Zwanzigfache, bei einigen anderen das Vierzigfache

dessen nachgewiesen, was das Umweltbundesamt als unbedenklich einstuft. Sogar das Rote Kreuz verwendet gespendetes Blutplasma aus dem Landkreis Altötting derzeit nicht mehr direkt am Menschen. Anscheinend gab es in den Krankenhäusern die interne Anweisung, kein Trinkwasser aus der Leitung an immungeschwächte Patienten auszugeben. Das alles ist ein Riesenskandal.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das LGL hat viel zu lange nicht erkannt oder nicht erkennen wollen, welche Gefahren für die Bevölkerung bestehen. Man hat den Eindruck, dass die staatlichen Behörden immer nur dann reagieren, wenn der Druck aus der Bevölkerung so groß wird, dass sie nicht mehr anders können. Vorsorge und Verantwortung sehen anders aus.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Inzwischen dürfen Mütter endlich auch ihre Muttermilch untersuchen lassen. Dabei hieß es noch vor Kurzem, dass das nicht nötig sei. Jetzt hat sich herausgestellt, dass Säuglinge PFOA sehr leicht über das Stillen aufnehmen. Säuglinge sind besonders betroffen, da PFOA die natürliche Sperre im Körper der Mutter überwindet und in hoher Konzentration über die Muttermilch direkt in die Körper der Kinder geht. Insbesondere sind die Langzeitwirkungen, also die Auswirkungen dieser hohen PFOA-Belastung auf einen sich entwickelnden Organismus, bei Kindern unter sieben Jahren noch nicht untersucht. Also ist doch eigentlich klar, dass auch Kleinkinder untersucht werden müssen. Weshalb wird deren Blut nicht untersucht? – In einem Zeitungsartikel war zu lesen: Das LGL will keine Bluttests an Kindern unter sieben Jahren durchführen. Das LGL sagt, sie wüssten aus der wissenschaftlichen Literatur, dass das Blut von Kindern nicht höher belastet ist als das der Eltern. Wir lesen jetzt also in Büchern und brauchen nicht mehr zu untersuchen? – Das ist außerdem schlicht falsch. Im Umweltausschuss hat das Umweltministerium gerade erst erklärt, dass das Blut des Säuglings im ersten Lebensjahr deutlich stärker mit PFOA belastet ist als das Blut der Mutter. Also gibt es doch Bluttests? Woher wissen die das sonst? Und warum widersprechen diese Tests den Büchern, die das LGL gelesen hat? Und das LGL sagt in dem Artikel, dass der Aufwand der Blutentnahme bei Kleinkindern so hoch sei und die Belastung der Blutentnahme vermieden werden solle. – Was ist das für eine scheinheilige Argumentation?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu hoher Aufwand? – Wir dürfen keinen Aufwand scheuen, um das Risiko, dem die Menschen ausge

setzt waren, zu minimieren. Hat hier irgendjemand kein Interesse daran, herauszufinden, was aus unserer Sicht dringend herausgefunden werden muss? – Bekanntlich kann ein wachsender Körper bei erhöhten Konzentrationen gefährlicher Stoffe heftiger und mit mehr Schäden reagieren als der Körper eines Erwachsenen. Wir haben heute keine Ahnung, was PFOA in den Körpern von Kindern unter sieben Jahren anrichtet. Wir wissen nicht, welche unmittelbaren Folgen und welche Langzeitfolgen PFOA in diesen wachsenden Körpern hat. Das müssen wir jetzt aber wissen, und deshalb brauchen wir dringend die Bluttests und die Langzeittests. Wir fordern daher in unserem Dringlichkeitsantrag, dass die Kosten für diese Bluttests übernommen werden und dass die Eltern gebeten werden, die Tests machen zu lassen. Sie werden natürlich nicht dazu gezwungen; das Elternrecht steht darüber. Das ist ganz klar. Aber dass der Staat die Kosten übernimmt, sollte auch klar sein.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir brauchen diese Tests. Sonst werden wir eines Tages mit schlimmen Fakten konfrontiert, die wir hätten verhindern können, wenn wir gehandelt hätten. Falls es bereits Ergebnisse von Bluttests auf PFOA bei Kindern unter sieben Jahren gibt, müssen sie umgehend – natürlich anonymisiert – veröffentlicht werden; sie müssen den Betroffenen auch mitgeteilt werden. Es ist verantwortungslos, dass so lange nichts gegen den Eintrag von PFOA ins Wasser getan wurde; es wäre noch verantwortungsloser, jetzt nicht zu reagieren. Wir müssen wissen, was los ist; denn nicht zu wissen, was los ist, führt zu einer riesigen Verunsicherung. Die Belastung dadurch ist viel größer, als wenn man genaue Fakten hat. Dann kann man auch handeln. Dem Staat und uns als gewählten Volksvertretern müssen die Gesundheit und die Unversehrtheit aller Bürgerinnen und Bürger über alles gehen. Das ist unsere oberste Pflicht. Erfüllen wir unsere Pflicht! Auch Sie, liebe CSU: Stimmen Sie unserem Antrag zu!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Kollegin Sengl. – Der nächste Redner ist Herr Kollege von Brunn. Bitte schön, Herr von Brunn.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Sogenannte perfluorierte Tenside wie PFOA sind Umweltgifte. Das Umweltbundesamt schreibt dazu auf seiner Website:

PFOA ist extrem stabil und wird in der Umwelt nicht abgebaut. So reichert es sich in Lebewesen an. Auch für den Menschen wurden negative

Auswirkungen von PFOA beobachtet: PFOA ist schädlich für die Fortpflanzung und wirkt lebertoxisch.

Im Landkreis Altötting ist genau das passiert, was mit so einem Gift nicht passieren darf: Der Stoff ist bei der Produktion im dortigen Chemiepark zuerst ins Grundwasser und dann ins Trinkwasser gelangt.

Greenpeace hat bereits 2006 durch eine Protestaktion auf diese konkrete Gefahr aufmerksam gemacht. Die zuständigen Behörden waren über diese Situation immer informiert. Auch die verantwortlichen bayerischen Umweltminister waren informiert, vorneweg der heutige Ministerpräsident Markus Söder, der auch einmal Umweltminister in Bayern war. In der Antwort auf eine aktuelle Anfrage von mir heißt es dazu wörtlich:

Anhand der Landtagsanfragen ist ersichtlich, dass Staatssekretär Dr. Bernhard die Landtagsanfrage vom 14. September 2006, Staatsminister Dr. Schnappauf die Landtagsanfrage vom 7. Dezember 2006 und Staatsminister Dr. Söder die Landtagsanfrage vom 14. Juli 2009 abgezeichnet haben. Staatsminister Dr. Söder wurde zudem mit Vermerk vom 6. November 2009 über den aktuellen Sachstand und das weitere Vorgehen informiert.

(Markus Rinderspacher (SPD): Hört, hört!)