Natürlich, leben Sie mal in Berlin, und dann wissen Sie, dass Sie dort mit dem geringeren Lehrergehalt viel lockerer auskommen als ein Lehrer in München. Das ist so.
Kollege Lederer, immer weisen Sie auf die anderen Bundesländer hin. Das ist doch kein Maßstab. Wenn Ihre Tochter sagt, sie geht in die Disco und will, weil es alle anderen dürfen, auch bis um vier in der Früh bleiben, dann sagen Sie doch: Das interessiert mich nicht, mich interessieren meine Wertvorstellungen. So ist es hier auch.
Frau Heckner, mit dem Blick in die Vergangenheit bestreiten wir ja gar nicht, dass viel gemacht worden ist. Es ist aber zu wenig gemacht worden. Wenn Sie sagen, das Hauptaugenmerk liege auf der Unterrichtsversorgung, und deswegen hätten wir jetzt wieder 500 Lehrer mehr, so liegt das nur daran, dass Sie seit zehn Jahren den Mangel verwalten.
Natürlich, es ist doch nicht so, dass Sie die 500 Lehrer deshalb aus dem Haushalt zaubern, weil Sie etwas Gutes tun wollen, sondern weil Sie merken, wie sehr es an allen Ecken und Enden fehlt. Sie könnten ja ohne diese 500 Lehrerinnen und Lehrer den Unterrichtsbetrieb gar nicht mehr aufrechterhalten.
Ich gebe dem Kollegen Güll recht, der sagt, dass letzten Endes immer noch die Rahmenbedingungen das Entscheidende sind, ob man einen Beruf wählt oder nicht. Die Rahmenbedingungen müssen besser werden. Ich konzentriere mich in der Kürze der Zeit nur auf zwei Punkte.
Erstens ist eine Stundenreduzierung nötig. Kollege Lederer, natürlich haben wir einen Durchschnitt, der im Vergleich der Bundesländer nicht schlecht ist. Dieser Durchschnitt ist aber in der Lehrerwirklichkeit zu hoch. Wir unterrichten als Realschullehrer immer noch 24 Stunden pro Woche, haben aber heute Inklusion, Integration, heterogene Schülerschaften, wie ich sie früher nie hatte, und, nicht zu vergessen, heterogene Elternschaften. Alle, die als Lehrer oder Lehrerin
in einer Schule gestanden sind, wissen: Die Eltern sind heute oft ein größeres Problem als die Schüler. Ich muss mit den Eltern verhandeln. Ich muss mich mit Sorgerechtssachen auseinandersetzen usw.
Es ist einfach Zeit, an einer Stundenermäßigung zu arbeiten. Da höre ich natürlich: Wir haben ja gar nicht die erforderliche Anzahl Lehrer in dem Bereich, um den es momentan geht. Auch da bin ich bei Ihnen, Herr Kollege Güll: Es geht in erster Linie um die Grund- und die Mittelschulen. Aber der Herr Kultusminister hat bis 2009 ja nicht gewusst, dass die vielen Lehrer, die er eingestellt hat, deswegen nicht in der Wahrnehmung angekommen sind, weil das Arbeitszeitkonto, das der Herr Stoiber damals 2003/2004 eingeführt hat, ausgelaufen ist und er jede Menge Lehrer im Prinzip nur für die Absparphase einsetzen hat müssen. Aber man kann ein Arbeitszeitkonto wieder einführen. Das heißt, das kostet Sie momentan Geld; aber das kostet Sie keine zusätzliche Stelle. Das würde aber den Lehrerberuf wesentlich attraktiver machen, wenn Sie sagten, wir reduzieren das Stundendeputat im Rahmen eines Arbeitszeitkontos, das heißt, man hat jetzt eine Ansparphase, später eine Wartephase und dann eine Abbauphase. Studierwillige hätten wir ja. Dieses Problem ist leichter zu lösen, als den Personalmangel bei der Polizei zu beheben.
Ein weiterer Punkt ist die Altersermäßigung. Erklären Sie mir mal, wieso ein Mittelschullehrer eine geringere Altersermäßigung als die anderen Lehrer bekommt. Vielleicht ist das so, weil gerade der Mittelschullehrer, wenn er 58 oder 62 Jahre alt ist, schon mindestens 30 Jahre gearbeitet hat, oder weil man sagt, er hat sowieso ein so hartes Lehrerleben gehabt, und gelobt sei, was hart macht. Er hält das aus. – Er bekommt weniger Altersermäßigung als die anderen Lehrer. Das ist doch nicht nachvollziehbar. Wenn ich das mit anderen Berufsgruppen vergleiche, halte ich die Altersermäßigung von einer Stunde ab dem 58. Lebensjahr für wirklich schlimm. Ich bin froh, dass ich nach 36 Jahren Schuldienst in den Landtag gekommen bin.
Natürlich, das war mein einziges Motiv, ist ja klar. – Das ist ein Riesenunterschied. Wenn Sie so lange vor Schülern gestanden haben, dann brauchen Sie ähnlich wie Piloten, Polizisten und andere, die schwer belastende Berufe ausüben, eine andere Altersermäßigung als die, die wir unseren Lehrern momentan anbieten.
Das Nächste ist die nach wie vor bestehende Ausbeutung unserer Referendare. Ein normales Lehrerdeputat bedeutet: Eine gehaltene Lehrerstunde entspricht je einer Stunde Vorbereitung und Nachbereitung. Beim Referendar, der bei null anfängt, verlangt man bis zu 17 Einsatzstunden. Das ist Ausbeutung pur und keine gute Ausbildung. Auch da könnte ich Ihnen – die Zeit reicht jetzt nicht mehr – aus der Praxis sagen – ich war Schulleiterin an einer Seminarschule –, was alles auf der Strecke bleibt. Es bleibt der Unterricht des begleitenden Lehrers auf der Strecke. Der Referendar muss oft drei oder vier Stunden arbeiten für eine gehaltene Unterrichtsstunde.
Danke schön, Frau Kollegin Gottstein. – Die CSU-Fraktion hat noch Kollegen Prof. Waschler benannt. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! Keine Angst, ich werde jetzt keine Bewertung machen, Frau Kollegin Gottstein, wo man mehr arbeiten muss, ob als Gymnasiallehrer, für den ich aus der Praxis reden kann, wenn man Deutschaufsätze korrigieren darf, kann und muss, und über die verschiedenen Belastungen, oder als Lehrer an einer anderen Schulart. Ich denke, dazu kann man auch in der Literatur viel lesen, und man kann heute dieser Plenardebatte viel entnehmen. Aber leider münden viele Dinge in einen Begriff, den ich Populismus nenne.
Ich möchte das, was ich sage, belegen; denn ich denke, hier ist eines eine ungeschmälerte Tatsache. Deswegen muss man dankbar sein, wenn man hier die Dinge gerade biegen kann. Unsere Lehrerinnen und Lehrer in Bayern leisten nämlich eine ausgezeichnete Arbeit, die sich in hervorragenden Resultaten niederschlägt. Die Umsetzung der Überschrift "Zukunftsfähigkeit unserer Schülerinnen und Schüler" gelingt uns in Bayern in ganz hervorragender Weise. Deswegen ein herzliches Dankeschön allen Lehrerinnen und Lehrern in Bayern in ihren Funktionen in den verschiedenen Schularten. Ihr leistet Großartiges.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, hier im Bayerischen Landtag wurde der Weg bereitet. Dann kann man feststellen: Es wird hier im Einzelplan 05 gutes Geld, viel Geld ausgegeben. Aber es ist gutes Geld für gute Arbeit. Damit sind jeder Euro und jeder Cent berechtigt. Frau Kollegin Heckner hat vollkommen zu Recht auf die Einkommensunterschiede hingewiesen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, in Ländern, wo die GRÜNEN mitregieren, wo die SPD dominiert und wo verschiedene andere politische Gruppierungen jenseits der Union die Verantwortung haben, ist die Frage zu stellen: Warum wird es denn dort viel weniger honoriert? – Denn ein Punkt ist bei uns gegeben, bei all den Möglichkeiten, wo man vielleicht da und dort noch besser sein könnte: Kollegin Heckner hat den Beamtenstatus erwähnt, der in vielerlei Hinsicht hoch attraktiv auf den Nachwuchs wirkt. Warum wird dieser nicht in allen Ländern so geführt? Warum ist die Bezahlung dort geringer? Warum können wir sagen, wir leisten uns kontinuierlich Verbesserungen?
Dann muss ich feststellen – Herr Kollege Güll, Sie können nichts dafür –, dass der Herr Schröder als Kanzler die Lehrerinnen und Lehrer als "faule Säcke" bezeichnet hat. Ich habe von der SPD-Fraktion in der Folge nirgendwo eine Reaktion dagegen feststellen können, auch wenn das schon Jahre zurückliegt. Jetzt stellt man sich hin und kritisiert die Regierungsfraktion und die Staatsregierung, wenn sie in der Leitungszeit 150 Stellen als wichtigen Schritt in die richtige Richtung draufsattelt.
Herr Kollege Güll, da kann ich nur sagen: Da gibt es einen Begriff, "Chuzpe", eine Dreistigkeit, den Menschen draußen Sand in die Augen zu streuen, Sand in die Augen zu streuen auch dahingehend, dass behauptet wird
(Margit Wild (SPD): Das geht aber zurück an euch! – Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Lautstärke ersetzt keine Argumente!)
bitte schön, ich habe noch zwei Minuten, und die möchte ich nutzen –, 1978 sei von einem Lehrerverband etwas Richtiges in die Wege geleitet worden. Der Lehrerverbandspräsident Ebert, von mir hochgeschätzt, ist leider verstorben. Dieser hochgeschätzte Lehrerverbandspräsident hat das immer befürwortet; aber der Bayerische Landtag hat das mit der Mehrheitsfraktion in die Wege geleitet. Ich war zwar noch
nicht dabei, aber es war der Bayerische Landtag, der das in die Wege geleitet hat. Ebert hat sich bei der Regierungsfraktion ausdrücklich bedankt. Der Verbandspräsident hat die Schaffung dieses Beförderungsamts – jetzt sind es zwei, von A 12 auf A 12 Z und auf A 13 für den Grund- und Mittelschulbereich – ausdrücklich mit einem Dankeschön versehen. Da kann ich sagen, er war einer der wenigen, die, wenn ich hier auf die Seite der Opposition schaue, ein "Danke" gesagt haben. Aber das war damals ein richtiger Weg.
Frau Kollegin Gottstein, jetzt könnte ich fast dazusagen, schauen Sie doch bitte mal in die anderen Länder. Auch wenn dort Gehälter geringer sind, gibt es dort genauso Kostenunterschiede wie im Freistaat Bayern. Wenn ich in München bin, dann ist das natürlich teurer, als wenn ich auf dem flachen Land bin.
Auch Niederbayern, ganz klar. Da ist auch ein Preisgefälle vorhanden. Aber ich kann nicht hier im Bayerischen Landtag nach vorne treten und sagen, die böse CSU-Fraktion könnte doch wesentlich mehr machen; denn die Lehrer befinden sich in ganz Bayern in einer ganz schlechten Situation. Noch mal: In Bayern werden die höchsten Gehälter bezahlt. Das ist berechtigt. Wir haben bei der Einstellungssituation einen Spitzenplatz in Deutschland, und wir werden unseren Kindern und unseren Jugendlichen, die ihre Karriere im Bildungsbereich in der Grundschule beginnen, wenn man den Schulbereich anschaut und dann zu den Abschlüssen kommt, weiterhin ein durchlässiges Bildungssystem anbieten.
Wenn dann die Frage gestellt wird, Herr Kollege Güll, warum der Druck in der dritten und vierten Jahrgangsstufe hoch wird, dann kann ich nur sagen: Weil die Opposition, vor allem die SPD-Fraktion, nie müde wird, andere Schularten als das Gymnasium schlechtzureden.
(Beifall bei der CSU – Zuruf von der CSU: Sehr gut! – Margit Wild (SPD): Meine Güte! Ist das eine alte Kamelle!)
Das werden wir auch in Zukunft nicht zulassen, weil es auch außerhalb des Gymnasiums in der Breite der beruflichen Bildung eine berufliche Zukunft gibt.
Danke schön, Kollege Waschler. – Für die Staatsregierung darf ich Herrn Staatsminister Dr. Spaenle das Wort erteilen. Bitte schön.
Herr Präsident, Hohes Haus! Bayerns Schulen bieten den jungen Menschen in diesem Land hervorragende Bildungsbedingungen. Dazu braucht man die Hattie-Studie, die größte Metastudie der Welt, nicht, wenn man davon ausgeht, dass die Lehrerpersönlichkeit die zentrale Verantwortung dafür trägt, dass diese Bildungschancen umgesetzt und verwirklicht werden.
Ich will einen Aspekt kurz ansprechen: Dass wir die Integration der Menschen, die zu uns geflohen sind und ihre Heimat verlassen mussten, im schulischen Bereich auf einem hohen Niveau umgesetzt haben, ist dem großartigen Engagement der Lehrkräfte in der Schulverwaltung und natürlich auch vieler Ehrenamtlicher zu verdanken. Das ist öffentlicher Dienst, servizio pubblico, im besten Sinne. Ich möchte das hier noch einmal deutlich sagen. Man spricht viel zu wenig darüber, was neben dem Kerngeschäft im Alltag zu gestalten ist.
Zu der Frage, wie die Wertschätzung des Dienstherrn für die Lehrerschaft in Bayern ausgestaltet ist, sind die wesentlichen Zahlen bereits genannt worden. Ich möchte noch einmal auf die Dienstrechtsreform abheben, die im Freistaat Bayern umgesetzt wurde. Sie bedeutet über alle Bereiche hinweg ein zusätzliches Engagement an Mitteln in Höhe von circa 100 Millionen Euro pro Jahr und ist die größte Beförderungsmöglichkeit. Sie ist die größte Möglichkeit zur Hebung der Lehrämter und hat sich durch das Abstandsgebot im Bereich der Lehrämter natürlich wieder nach oben fortgesetzt hat, was bisher nicht möglich war. Die 24.000 Hebungen sind genannt worden, im Bereich der Realschule wurden allein 2.400 geschaffen. Diese Dienstrechtsreform hat zugegebenermaßen die Unwucht im Bereich der unterschiedlichen Schularten beseitigt. Diese weit über den Alltag hinausreichende Maßnahme hat die Struktur der Entlohnungssituation und der Attraktivität der Lehrämter besonders in den Bereichen, in denen das bis zu diesem Zeitpunkt nicht möglich war, nachhaltig verändert. Das ist wohl die Maßnahme, die die Attraktivität des Lehramts in diesem Bereich am wirksamsten steigert.
Ich will nur noch auf zwei, drei Zahlen hinweisen. Wir haben seit dem Jahr 2008 12.300 Lehrerstellen – aus der demografischen Rendite circa 5.000 und zusätzlich circa 7.000 – neu geschaffen. Wir haben jetzt mit circa 87.000 auf Beamtenplanstellen beschäftigten Lehrkräften die höchste Zahl seit dem Jahr 1946 und mit den angesprochenen tarifgestützt Beschäftigten
weit über 100.000 Lehrkräfte. Auch das wirkt sich natürlich unmittelbar auf die Situation an den Schulen aus.
Wie wirkt sich das aus? Die Zahlen sind bereits genannt worden. Die Schüler-Lehrer-Relation beträgt ungefähr 1 : 14. Viel wichtiger ist aber, dass wir für viele Tatbestände zusätzliches Lehrerpotenzial einsetzen, das genauso unterstützend wirkt, wie das angesprochen worden ist.
Wir haben den Integrationszuschlag geschaffen, und wir haben den Demografiezuschlag geschaffen. Wir haben die Möglichkeit geschaffen, kleine Schulstandorte zu unterstützen. Wir haben den Mehrhäusigkeitszuschlag im Bereich der Mittelschulverbünde geschaffen.