Protocol of the Session on September 27, 2017

Wir haben noch weitere Forderungen. Wir haben ein Antragsbündel mit zehn Anträgen eingebracht. Diese Anträge werden in wenigen Wochen im Umweltausschuss behandelt. Sie enthalten Vorschläge, welche Ziele wir im Natur- und Artenschutz erreichen wollen. Beim Klimawandel, beim Gewässerschutz und der Luftverunreinigung könnten wir mit ähnlichen Daten aufwarten. In diesen Bereichen sieht es ähnlich düster aus. Das habe ich am Beispiel des Naturschutzes in Bayern durchdekliniert.

Meine Redezeit neigt sich dem Ende zu. Ich fasse noch einmal zusammen: Ihnen mangelt es an Daten, und zwar im großen Umfang. Die Situation in Bereichen, in denen Daten vorliegen, ist manchmal katastrophal. Sie haben mit Ihrer Politik eindeutig versagt. Das muss klar und deutlich gesagt werden. Sie set

zen die falschen Weichenstellungen. Sie setzen nach wie vor auf mehr Straßenbau, auf mehr Flächenversiegelung und auf eine Förderung der intensiven Landwirtschaft. Hier muss eine Umorientierung stattfinden. Nur dann werden wir es schaffen, die ganzen Zielvorgaben des Biodiversitätsprogramms und der Strategie umzusetzen. Wir werden die Dinge in den nächsten Tagen anhand der zehn Anträge genauer durchdeklinieren. Dann wird es auch zum Schwur und zur Abstimmung kommen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Kollege. Bleiben Sie bitte noch am Redepult. Wir haben zwei Zwischenbemerkungen. Die erste kommt vom Kollegen Dr. Herz.

Herr Kollege Magerl, ich möchte jetzt nicht das Wort für die von Ihnen kritisierte Fraktion ergreifen, aber doch ein paar Dinge aus Ihrer Rede ansprechen. Sie haben die Landwirte stark kritisiert. Ich will dabei nicht auf den Flächenverbrauch oder auf die Nationalparks eingehen. Der Flächenverbrauch ist ein schwieriges Thema, und ich glaube, bei diesem Thema sind wir nicht gar so weit voneinander entfernt. Aber das Thema Landwirtschaft bedarf meiner Meinung nach einer etwas sensibleren Betrachtung. Sie werden ja mit Ihren Anträgen heute wieder einmal mit neuen Forderungen Gesetzesänderungen und Verordnungen durchsetzen wollen.

Sind Sie nicht auch der Meinung – da sind wir jetzt nicht mehr bei Ihnen –, dass freiwillige Vereinbarungen nach wie vor sinnvoll wären? Sind Sie nicht auch der Meinung, dass man mit Partnern, die man für eine Veränderung braucht, im Gespräch bleiben sollte? Ich glaube nicht, dass sich die Grundstücksbesitzer so einfach etwas überstülpen lassen wollen. Sie wollen überzeugt werden. Allein mit Verordnungen kann man bei ihnen nichts erreichen. Wie ist Ihre Sicht zu diesen Fragen? – Ich habe das Gefühl, bestimmte Gruppierungen entfernen sich in diesem Sinne immer weiter von der Landwirtschaft.

Herr Dr. Magerl bitte.

Es ist natürlich schön, wenn man mit Freiwilligkeit zum Ziele kommt, das gilt für alle Ebenen. So wäre es zum Beispiel auch schön, wenn man die Polizei abschaffen könnte, weil sich alle Menschen freiwillig an die Gesetze halten. Dasselbe würde auch für die Landwirtschaft gelten. Wenn Freiwilligkeit funktionieren würde, wäre ich voll bei Ihnen und würde sagen: Ja, wir machen alles freiwillig. Aber die Zah

len, die ich vorgetragen habe, zeigen leider, dass man mit der Freiwilligkeit nicht weiterkommt.

Diese Zahlen habe ich nicht nur vom Ministerium, sondern ich bin als Kartierer schon seit fast 50 Jahren draußen in der Landschaft unterwegs und beobachte dabei Folgendes: Wir schaffen es teilweise nur in den Naturschutzgebieten, den Artenbestand einigermaßen zu halten. Außerhalb dieser Naturschutzgebiete sind wir mit der Freiwilligkeit leider nicht allzu weit gekommen.

Das heißt, wir müssen hier mit dem Ordnungsrecht arbeiten. Dabei denke ich nicht, dass das einer Enteignung nahekommen soll. Die Leute sollen durchaus einen Ausgleich für ihren Verlust bekommen. Das auf alle Fälle. Aber wenn wir die FFH-Richtlinie wirklich ernst nehmen wollen, brauchen wir andere Maßnahmen, als sie bisher üblich sind.

Nächste Wortmeldung: Herr von Brunn.

Kollege Magerl, Sie haben das Thema Nationalpark angesprochen. Es gibt immer noch keine Entscheidung über einen dritten bayerischen Nationalpark. Wir wissen, dass sich Menschen Orte wünschen, wo Natur – um mit den Worten eines ehemaligen Umweltministers zu sprechen – sich selbst überlassen bleibt, wo Natur Natur sein kann. Wir wissen auch um die ökonomische Bedeutung von Nationalparks. In der Antwort auf diese Interpellation ist ein ganz interessanter Aspekt angesprochen, nämlich die Frage, welche große Bedeutung die Nationalparks zum Beispiel für die Forschung haben. Ich denke da an die Forschung, wie die Natur in natürlichen Prozessen mit Schädlingen umgeht, aber ich denke auch an die Auswirkungen der Klimaveränderung.

Ist es denn nicht auch aus Ihrer Sicht sinnvoll, gerade unter diesen Vorzeichen einen dritten Nationalpark einzurichten? Daraus können wir enorme Gewinne erzielen. Übrigens gilt das auch für über 700.000 bayerische Waldbesitzer, mit denen wir dann bessere Klimaanpassungsstrategien entwickeln könnten, um schwere finanzielle Schäden in den bayerischen Wäldern zu vermeiden.

Herr Dr. Magerl, bitte.

Das ist völlig richtig.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Schaufensterfragen!)

Nein, das waren keine Schaufensterfragen, sondern es sind Aspekte, die es wert sind, sie hier noch einmal zu vertiefen. Es geht teilweise aus der Interpellation hervor, und ich weiß teilweise auch aus Gesprächen gerade im Bayerischen Wald, was dort an wertvoller Forschung läuft. Diese kommt dann auch ganz vielen anderen Leuten außerhalb der Nationalparks zugute. Daher wäre es sicherlich insbesondere auch für die Forschung gut, einen dritten Nationalpark zu haben. Einen solchen könnte ich mir durchaus in den Isarauen vor den Toren von Weihenstephan vorstellen. Aber wir bräuchten natürlich für die Buchenwaldforschung dann auch noch einen vierten Nationalpark.

(Zuruf von der SPD: Steigerwald!)

Ja, beispielsweise den Steigerwald. Es wird leider momentan nicht in Richtung Steigerwald gehen. Aber die Forderung ist damit nicht vom Tisch, den Steigerwald als Nationalpark unter Schutz zu stellen.

Danke sehr, Herr Dr. Magerl. – Der nächste Redner in der Rednerliste ist der Kollege Kraus. Bitte sehr, Herr Kraus.

Wertes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein paar Minuten Redezeit haben wir noch, und die möchte ich gerne nutzen. Kollege Zierer hat schon einen Großteil der Probleme angesprochen, und ich kann mich seinen Ausführungen durchaus anschließen. Aber ich habe noch ein paar Gedanken zum Hochwasserschutz. Wir haben es bereits gehört: Die Klimaveränderung führt zu Hochwasser und zu Sturzfluten. Das wird morgen im Umweltausschuss ein Thema sein. Wenn zum Beispiel aus Megazellen ganz plötzlich 400 Liter Wasser auf einen Quadratmeter fallen, hilft kein Polder etwas. Dann muss man viel mehr in der Fläche arbeiten. Das ist eine gesamtpolitische Aufgabe.

Damit wären wir bei der Finanzierung. Auch wenn es relativ hohe Fördersätze gibt, sind für die betroffenen Gemeinden, die Hochwasserschutzmaßnahmen ergreifen müssen, selbst die relativ wenige Prozente, die sie selbst übernehmen müssen, zu viel. Der Staat muss die Förderquoten deshalb für alle erhöhen, weil es uns alle betrifft.

Zum Gewässerschutz haben wir erst kürzlich einen Bericht bekommen. Pflanzenschutzmittel- und Nitratbelastung in den Gewässern war das Thema. Gott sei Dank ist der Zustand in einem großen Teil der Gewässer sehr gut. Wo es punktuelle Probleme gibt, müssen diese selbstverständlich angegangen werden. Und nun besteht noch die Frage, wem die Flächen gehören, wessen Eigentum sie sind. Wir wissen, dass es im Miteinander leichter zu schaffen ist, als wenn man

anderen etwas überstülpt. Freiwilligkeit ist hier das Thema.

Und noch ein weiteres Wort zur Durchgängigkeit von Wasser. Wir haben aktuell in Bayern 4.250 Wasserkraftwerke; im Großen und Ganzen haben wir weit über 10.000 Querbauwerke. Der Großteil davon ist über 100 Jahre alt. Sie stammen aus einer Zeit, in der landesweit begradigt wurde. Bei dem einen oder anderen Querbauwerk wäre es durchaus noch möglich, ein Wasserkraftwerk zu installieren. Dazu könnte man eine Fischtreppe bauen, und dann hätten beide Seiten einen Gewinn davon. Nur zu sagen, man wolle regenerative Energie, und festzustellen, dass man hier auf einem guten Weg sei, reicht nicht. Ich frage mich, wo dieser gute Weg ist. Er ist anscheinend zum Teil so versteckt, dass ihn keiner findet. Wir tappen da im Dunkeln.

Bei der Windkraft hat es in der Vergangenheit auch nicht gut ausgesehen. Und bei den Wassermaßnahmen war es noch miserabler. Beim Wasser hat man sich auf einige wenige Großprojekte beschränkt, und die Dezentralisierung in diesem Bereich wurde sehr vernachlässigt.

Und nun zur Sonnenenergie. Die Zeit, in der Firmen, Landwirte und Eigentümer die Flächen mit Kollektoren zugepflastert haben, ist leider vorbei; das ist inzwischen so uninteressant geworden, dass es nicht mehr funktioniert.

Und nun noch ein Wort zur Umweltkriminalität. Die hat Kollege von Brunn kurz angesprochen. Ich muss ihm da leider recht geben, ob ich mag oder nicht. Er hat die Überstunden erwähnt. 549 Überstunden im Jahre 2015 für zwei Personen! Und dabei müssen sich diese Mitarbeiter noch um die Dopingkontrollen und ähnliches kümmern. Damit wären wir beim Thema "zusätzliches Personal". Zusätzliches Personal wäre hier mehr als angesagt.

Und nun noch ein Wort zur Landwirtschaft generell. Bei der Forderung, kleinbäuerliche Strukturen zu erhalten, habe ich die Schwierigkeit, zu sagen, wie man kleinbäuerliche Strukturen definiert. Nach dem Bericht geht ein Fünftel der Fördermaßnahmen an Großbetriebe zwischen 100 und 1.000 Hektar. Vielleicht sollten wir einmal so mutig sein, eine Deckelung einzuführen. Mit 300 Millionen Euro könnte man viele kleinbäuerliche Strukturen unterstützen.

Herr Kollege, schauen Sie bitte auf die Redezeit.

Das hat sich bisher leider niemand getraut.

(Gisela Sengl (GRÜNE): Wir schon!)

Vielen Dank den Kollegen, die jetzt noch zugehört haben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Danke sehr, Herr Kraus. Für die Staatsregierung hat sich die Staatsministerin Scharf zu Wort gemeldet. Bitte sehr.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Natur in Bayern ist wirklich ein Juwel, das wir bewahren, schützen und erhalten wollen. Diesen Auftrag nehmen wir ernst, wir nehmen ihn an. Wir tun dies für die kommende Generation, aber auch ganz bestimmt für uns selbst. Wir nehmen diesen Auftrag seit fast fünf Jahrzehnten an. Seit fast 50 Jahren gibt es das Umweltministerium in Bayern als erstes Umweltministerium in Deutschland, aber auch in ganz Europa.

Glauben Sie mir eines: Wenn man viel unterwegs ist – auch international wie gerade in Bezug auf die Alpenstrategie –, erfährt man: Unsere bayerische Umweltpolitik ist nicht nur bei uns im Land anerkannt, sondern auch darüber hinaus.

(Beifall bei der CSU)

Die Menschen erwarten von uns zu Recht, dass wir in unseren Anstrengungen nicht nachlassen. Dieses Versprechen gebe ich Ihnen gern, und ich kann es Ihnen auch geben. Ich sage Ihnen eines ganz unumwunden dazu: Ich bin der Überzeugung, dass wir in Bayern auch deswegen als Land so erfolgreich sind, weil wir früh genug begonnen haben, die Folgen unseres Handelns und Wirtschaftens für die Natur und die Umwelt zu berücksichtigen, während andere noch in den ideologischen Schützengräben lagen. Darüber sind wir schon längst hinweg. Ökologie und Ökonomie sind für uns schon lange keine Gegensätze mehr, sondern Symbiose, und der Ansatz der Kooperation statt der Konfrontation ist der für mich absolut richtige Ansatz. Ich will die Lebenswelt der Menschen abbilden anstatt den Menschen das Leben schwermachen.

Das, was ich heute von einigen Kollegen gehört habe, ist für mich ein trauriger Rückfall in die Verbotsrhetorik des vergangenen Jahrhunderts. Ich glaube, dass Zukunftspolitik nur mit den Menschen möglich ist. Zukunftspolitik sieht so aus, dass wir klar sagen können: Wir haben in Bayern für unsere Umwelt und für unsere Natur viel erreicht, aber wir haben auch noch sehr viel vor.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ohne Zweifel ist unsere Natur bedroht; unsere Pflanzen und Tiere stehen

auf der Roten Liste. Deshalb haben wir schon vor Langem, nämlich 2008, eine Biodiversitätsstrategie beschlossen. 2014 haben wir mit unserem Biodiversitätsprogramm "Natur.Vielfalt.Bayern" nachgelegt. Wichtig ist dabei vor allem, dass wir dafür Geld ausgeben. Allein in diesem Jahr haben wir über 127 Millionen Euro für den Naturschutz und für die Landschaftspflege ausgegeben. Das geht vom Vertragsnaturschutz über die Landschaftspflege, von den Nationalparks bis hin zu Natura 2000.

Noch nicht oder nicht genug habe ich heute davon gehört, dass unsere Schutzgebiete die wichtigste Grundlage zum Erhalt unserer Natur sind. Mit dem Erlass der Bayerischen Natura-2000-Verordnung haben wir unsere hochwertigsten Flächen konsequent unter Schutz gestellt. Ich bin der Auffassung, dass Natura 2000 das weltweit größte Naturschutzprojekt und eine der ganz herausragenden europäischen Errungenschaften ist. Bayern hat sich schon vor Langem dazu entschlossen, diesen Weg mitzugehen. Wir haben 745 Natura-2000-Gebiete mit einer Gesamtfläche von rund 800.000 Hektar. Damit bringen wir unser wertvollstes Naturkapital in das europäische Netz Natura 2000 ein und übernehmen die Verantwortung für den Erhalt und die Pflege.

Meine Rede ist heute etwas zahlenlastig, aber das gibt die Interpellation auch her. Zusätzlich haben wir in Bayern zwei Nationalparks, aber auch 596 Naturschutzgebiete, 704 Landschaftsschutzgebiete, zwei Biosphärenreservate und 19 Naturparks. Zusammengefasst macht die Fläche dieser Schutzgebiete 35 % der Landesfläche Bayerns aus, und das in einem der größten Flächenländer in Deutschland.

(Beifall bei der CSU)

Eines ist klar, meine Damen und Herren: In unseren Schutzgebieten, aber auch auf der gesamten Fläche tun wir wirklich alles und sehr viel, um den Erhalt unserer Artenvielfalt zu gewährleisten und um die Lebensräume zu schützen. Ich möchte nur zwei Beispiele nennen. Heute wurden öfter der Vertragsnaturschutz und die Artenhilfsprogramme angesprochen. Wir haben inzwischen über 100 bayerische Artenhilfsprogramme, die das Überleben von Arten wie zum Beispiel der Fledermaus, des Steinadlers oder des Weißstorchs sichern. Wer sich an die letzten Wochen erinnert, weiß, wie schön es ist, die Störche zu beobachten. Wir haben mittlerweile 420 Brutpaare. Das ist die höchste Zahl seit Beginn der systematischen Aufzeichnung im Jahr 1900.

Zum Vertragsnaturschutz kann ich nur sagen, dass die freiwilligen Naturschutzleistungen ein wesentliches Element unserer bayerischen Naturschutzpolitik

sind. Diese Naturschutzpolitik ist ideologiefrei und verantwortungsbewusst. Dieses Erfolgsrezept hat einen Namen, nämlich Vertragsnaturschutzprogramm, und dieses Programm beweist uns seit vielen Jahren, dass eine maßvolle Nutzung von Flächen und die Anliegen des Naturschutzes sich nicht ausschließen. Mit diesem Programm wirtschaften wir auf rund 85.000 Hektar. Wir haben rund 18.000 Landwirte mit eingebunden. Wir stehen in einer ganz starken Verantwortungsgemeinschaft mit unseren Landwirten und unseren Forstwirten. Andere pflegen Feindbilder aufzulegen – wir haben es in der letzten halben Stunde mehrfach gehört –, wir gehen hinaus und tun etwas für die Heimat.

(Florian von Brunn (SPD): Ich glaube, der Herr Magerl geht auch hinaus!)