Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt darf ich Frau Kollegin Guttenberger für die CSU-Fraktion das Wort erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Es steht außer Frage, dass der Klimawandel ein wichtiges Thema ist und dass es hier eine Vielzahl von Handlungserfordernissen gibt. Deshalb handelt Bayern auch.
Bayern handelt etwa nach einem Klimaschutzkonzept, das bereits 2010 auf den Weg gebracht wurde. Es handelt im Klimaprogramm "Bayern 2020". Es handelt durch die Reduzierung der CO2-Emissionen, durch das Klimaschutzprogramm 2050 sowie durch eine Vielzahl von Forschungsmitteln, die in viele Einzelforschungsprojekte und Forschungsverbünde fließen.
Lieber Herr Kollege Dr. Fahn, Sie sagen, der Klimawandel müsse in die Verfassung aufgenommen werden, weil es hier eine Regelungslücke gebe. Der Umweltschutz ist aber bereits seit 1984 als Staatsziel in der Bayerischen Verfassung verankert. Umweltschutz beinhaltet als ganz wichtigen Punkt natürlich auch den Klimaschutz. Sie sagen, in Artikel 141 stehe nur, dass der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auch eine vorrangige Aufgabe des Staates sei. Die Verfassung formuliert hier allerdings in einer Aufzählung, und aus dieser Aufzählung ist ganz klar erkennbar, dass hier nicht ausschließend formuliert wird. Es ist klar erkennbar, dass der Klimaschutz selbstverständlich sowohl zum Umweltschutz als auch zu den Staatszielen gehört, die das Verhältnis von Bürger und Staat mitbestimmen. Es gibt also keine Regelungslücke.
Wir haben uns hier im Bayerischen Landtag immer darauf verständigt, die Verfassung, unser wichtiges Gesetz, nur dann zu ändern, wenn es dafür eine zwingende Notwendigkeit gibt. Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Fahn, das wäre dann der Fall, wenn es eine Regelungslücke gäbe. Aber diese Regelungslücke gibt es eben nicht, weil der Klimaschutz fester Bestandteil des Umweltschutzes ist. Wir haben das auch schon in Einzelheiten diskutiert. Bayern hat auf dieser Basis Klimaschutzprogramme und ähnliches bereits auf den Weg gebracht.
Wir sind der Ansicht, dass es keine Regelungslücke gibt. Außerdem können in eine Verfassung nicht sämtliche wichtigen Bestandteile gerade aktueller Diskussionen aufgenommen werden. Klimaschutz gehört ganz klar zum Umweltschutz. Deshalb sehen wir keine Regelungslücke und wollen aufgrund der besonderen Bedeutung der Verfassung auch keine Änderung der Verfassung vornehmen. Deshalb lehnen wir Ihren Antrag ab.
Herr Kollege Dr. Fahn, ich bin der festen Überzeugung, dass auch Sie wissen, dass der Umweltschutz den Klimaschutz mit umfasst. Ich habe den Eindruck, hier gehe es darum, mit bestimmten Begriffen wahrgenommen zu werden, und nicht darum, Regelungen auf den Weg zu bringen. Es würde nämlich die rechtliche Lage nicht ändern, wenn man die Verfassung nach Ihrem Vorschlag umgestaltete. Klimaschutz ist Teil des Umweltschutzes. Klimaschutz ist ein sehr wichtiges Staatsziel und wird auch entsprechend befolgt. – Danke schön.
(Peter Meyer (FREIE WÄHLER): Kein Beifall? – Heiterkeit bei den FREIEN WÄHLERN – Beifall bei der CSU – Harry Scheuenstuhl (SPD): Die von der CSU sind auch nur Menschen!)
Für die SPD-Fraktion: Herr Kollege Scheuenstuhl, bitte. In bewegten Zeiten kann so ein Versprecher schon mal passieren.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Dass der Klimawandel mittlerweile auch ein bayerisches Problem ist, haben die Ereignisse der vergangenen Jahre klar gezeigt, das Pfingsthochwasser 2013, die Schlammlawine in Simbach, die extremen Niedrigwassersituationen in Franken sowie jüngst die schweren Verwüstungen in den Landkreisen Passau, Freyung-Grafenau und in meinem Heimatlandkreis Fürth. Letztere sind im August 2017 geschehen und sollten der Staatsregierung Warnung genug sein.
Die Jahreszeiten verschieben sich. Die Vegetationsperiode ist in den letzten 50 Jahren um 26 Tage länger geworden. Das hat teils drastische Auswirkungen auf die biologische Vielfalt im Freistaat. Die Luft erwärmt sich bei uns deutlich schneller als durchschnittlich. Dies hat zur Folge, dass uns ein Temperaturanstieg um 4,5 Grad drohen könnte. Die Hitzetage werden mehr, die kalten Tage deutlich weniger. Was das für unsere schneebedeckten Alpen bedeutet, muss ich wohl nicht ausführen. Liebe Kolleginnen und
Kollegen, der Klimawandel ist nicht länger zu ignorieren. 15 der 16 wärmsten Jahre wurden nach 2001 registriert. Das ist kein SPD-Märchen, sondern ein Zitat unserer Umweltministerin vor eineinhalb Jahren.
Die Staatsregierung kennt diese Folgen, unternimmt jedoch nichts Entscheidendes. Liebe Kolleginnen und Kollegen, das ist ein Schlag ins Gesicht der Opfer von Naturkatastrophen. Hochwasser, Hitzerekorde und Unwetter stellen für die Betroffenen persönliche Katastrophen dar und sind für den Steuerzahler oft mit enormen Kosten verbunden. Bis heute hat sich jedoch nichts an der Klimapolitik der Staatsregierung geändert. Es wurde nur angekündigt, den Menschen im Katastrophenfall eingeschränkt helfen zu wollen – ein "großer" Trost.
Wir müssen endlich ehrlich zu den Bürgerinnen und Bürgern sein. In Bayern wird viel zu wenig für den Klimaschutz getan. Deshalb fordern wir ein längst überfälliges eigenes Bayerisches Klimaschutzgesetz, in dem verbindliche Klimaziele bis zum Jahr 2050 festgelegt werden. Wir wollen nicht irgendwelche unverbindlichen Programme, wie sie die Kollegin der CSU gerade aufgeführt hat. Wir bekennen uns zum international anerkannten Ziel, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf höchstens zwei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Wir wollen eine verbindliche Reduktion der gesamten Treibhausgasemissionen im Freistaat festlegen.
Folgender Grundsatz muss gelten: Ein rechtzeitiger Eingriff reduziert die späteren Folgekosten. Ohne konkrete Vorgaben ist das Ziel, deutsche Treibhausgasemissionen um 80 bis 95 % gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren, nicht zu erreichen. Das haben wir versprochen. Daher bleibt eine verbindliche und gestaffelte Zielsetzung für die Sektoren Industrie, Verkehr, Landwirtschaft, Energie und Gebäude alternativlos. Unsere bayerischen Vorzeigeunternehmen wie adidas, Audi, BMW und Puma fordern bereits jetzt klare Signale in Form verbindlicher Klimaziele seitens der Politik, um sich in geeignetem Maße auf künftige Herausforderungen vorbereiten zu können. Die bayerische Wirtschaft braucht die notwendige Planungssicherheit in Form eines konkreten Klimaschutzfahrplans, um mit ihren Produkten auch in den kommenden Dekaden weiterhin an der Weltspitze bleiben zu können.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, nur mit Weitblick und einer langfristigen Zielsetzung ist dieses Generatio
nenthema lösbar. Es ist an der Zeit, gemeinsam zu handeln. Das sage ich auch im Hinblick auf die nächste Landtagswahl. Möglicherweise zieht nächstes Jahr eine Partei in dieses Hohe Haus ein, die die Ursachen des Klimawandels leugnet. Daneben werden rechte Hardliner oder Klimawandel-Ignorierer der CSU sehr schwach aussehen. In diesem Fall würde eine Lösung oder ein Kompromiss in unerreichbare Ferne rücken.
Ich möchte unserem Fraktionssprecher Markus Rinderspacher danken. Er hat gesagt: Vergesst den Genossen Hoegner nicht. Dieser hat bereits 1928 im Landtag gefordert, Seeufer und andere Naturschönheiten allgemein zugänglich zu machen. Dieses Ziel ist im Jahr 1946 mit anderen Zielen in die Bayerische Verfassung aufgenommen worden. Durch unseren unermüdlichen Einsatz wurde der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen genau am 5. April 1984 in die Bayerische Verfassung aufgenommen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen auch im Hinblick auf ein Bayerisches Klimaschutzgesetz Vorreiter sein. Diese Vorreiterrolle nehmen wir gerne ein.
Nun komme ich zum Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER. Selbstverständlich steht das bereits in der Verfassung. Jedoch handelt es sich um ein wichtiges Ziel, das Generationen betrifft – nicht nur unsere Generation. Wenn jetzt nicht gehandelt wird, kann es sein, dass wir nichts mehr reparieren können. Deshalb freuen wir uns auf die Diskussionen in den zuständigen Ausschüssen. Wir hoffen, dass die FREIEN WÄHLER entgegen anderer Beschlüsse zum Thema Umwelt einmal etwas Vernünftiges machen.
Vielen Dank, Herr Kollege. – Jetzt hat Herr Kollege Stümpfig für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort. Bitte schön.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Vor zehn Jahren hat meine Fraktion bereits einen Gesetzentwurf zur Verankerung des Klimaschutzes in der Bayerischen Verfassung mit wichtigen Meilensteinen zum Vorrang erneuerbarer Energien eingebracht. Wir haben den Gesetzentwurf sehr detailliert ausgearbeitet.
Momentan befinden sich 15 Personen der CSU-Fraktion im Saal. Das zeigt, wie wichtig dieses Thema für sie ist.
Die Mehrheit der CSU-Fraktion hat dieses Gesetz damals abgelehnt. Heute müssen wir von Frau Guttenberger hören: Bayern tut so viel für den Klimaschutz. Wir haben es geschafft, die CO2-Emissionen zu senken. Frau Guttenberger, Sie müssten sich wirklich die Zahlen anschauen: Seit dem Jahr 1990 hat es eine CO2-Reduktion von 7,6 % gegeben. Ziel ist es, die CO2-Emissionen bis zum Jahr 2020 um 40 % zu reduzieren. Sie haben komplett versagt.
Im Jahr 1990 gab es 27 Millionen Tonnen CO2-Emissionen im Verkehr. Jetzt sind es über 30 Millionen Tonnen. Das sind 10 % mehr. Sie haben komplett versagt. Ich frage mich schon, auf was Sie Ihre positiven Aussagen stützen. Sie sind wirklich voll auf dem falschen Dampfer.
Eine Verankerung des Klimaschutzes in der Verfassung ist gut und wichtig. Dem werden wir heute auch zustimmen. Das ist ein gutes Signal. Von einer Ergänzung der Bayerischen Verfassung um diese beiden Wörter erwarte ich mir jedoch nicht allzu viel, wenn keine wirklichen Taten folgen.
Wir GRÜNE kennen den Unterschied zwischen Verfassungstext und Verfassungswirklichkeit sehr gut. In Artikel 141 Absatz 1 der Bayerischen Verfassung steht:
Es gehört auch zu den vorrangigen Aufgaben von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts, Boden, Wasser und Luft als natürliche Lebensgrundlagen zu schützen, eingetretene Schäden möglichst zu beheben oder auszugleichen und auf möglichst sparsamen Umgang mit Energie zu achten, die Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes zu erhalten und dauerhaft zu verbessern, den Wald wegen seiner besonderen Bedeutung für den Naturhaushalt zu schützen und eingetretene Schäden möglichst zu beheben oder auszugleichen, die heimischen Tier- und Pflanzenarten und ihre notwendigen Lebensräume sowie kennzeichnende Orts- und Landschaftsbilder zu schonen und zu erhalten.
Wenn es konkret wird, sind wir die Einzigen, die sagen: Nein, das können wir nicht machen. Alle andern im Hohen Haus stimmen jedoch zu, wenn es um die neue Umgehungsstraße oder den neuen Discountermarkt geht.
Schutz nur auf dem Papier hilft nicht. Wir müssen eine neue Denke herbeiführen. Klimaschutz muss immer die Nummer eins sein. Wenn das passt, können wir weitergehen. Das muss in jede Entscheidung einbezogen werden.
Heute Vormittag haben Sie in der CSU-Fraktion bestimmt viel diskutiert, dass ein "Weiter so" nicht mehr geht. Vielleicht stand das in einem anderen Zusammenhang. Das mag gut sein. Beim Klimaschutz brauchen wir auf jeden Fall eine echte Trendwende.
Im Jahr 2016 haben wir mehr für die Reparatur von Schäden ausgegeben als für aktiven Klimaschutz. Dieses Jahr geben wir ebenfalls mehr für die Reparatur von Schäden aus als für aktiven Klimaschutz. Für Überflutungen, Stürme und Spätfrostschäden. Eines ist ganz klar: Brandbekämpfung ist notwendig. Aber ohne einen echten Brandschutz rennen Sie immer nur hinterher. Deshalb brauchen wir echten Klimaschutz.
Die Auswirkungen werden von Jahr zu Jahr heftiger. Es gibt Starkregen-Ereignisse. Die Temperaturen steigen. Der Getreideanbau wird in Regionen wie in Mittel- und Unterfranken teilweise nicht mehr möglich sein. Momentan haben die Pegel Rekord-Niedrigstände. Der Wald wächst weniger. Beim Holzzuwachs hatten wir 2015 Einbußen in Höhe von 500 Millionen Euro. Ich könnte die Liste noch weiter fortsetzen. Es wird auf jeden Fall klar: Diese zwei Wörter, deren Einfügung Sie beantragen, reichen nicht.
Eines darf ich Ihnen auch noch ins Stammbuch schreiben: Wenn eine Jamaika-Koalition klappen sollte, werden wir GRÜNE uns nicht mit zwei Wörtern zufriedengeben. Dann werden wir einen Klimaschutz einfordern, der weiter geht: Kohleausstieg, Verkehrswende, Vorrang erneuerbarer Energien. Sie können sich heute schon mal mit den zwei Worten "warmturnen".
Aber andererseits frage ich mich: Wie soll eine CSUFraktion, die bisher die 10-H-Regelung durchgeboxt hat, das EEG-Ausschreibungsmodell gemacht hat und die Bürgerenergiewende abgewürgt hat, jetzt auf einmal auf die Idee kommen, für Klimaschutz zu sein? Dazu kommt der millionenfache Betrug bei Dieselfahrzeugen, der Unwille, den Wechsel beim Verbrennungsmotor einzuleiten und das weitere Festhalten an einer dritten Startbahn. Wie soll diese Fraktion bereit
sein, sich für den Klimaschutz einzusetzen? Warum sollte eine Partei, die die rechte Flanke zu den Klimawandelleugnern der AfD schließen will, nun plötzlich für den Klimaschutz stehen? Aber vielleicht läutert sich die CSU ja noch in den nächsten Wochen und Monaten, erkennt, dass es falsch ist, jeder abseitigen populistischen Strömung nachzulaufen, und beginnt, stattdessen verantwortungsvolle Politik zu machen.