Liebe Kolleginnen und Kollegen, für uns GRÜNE sind die Energiewende und der Klimaschutz wichtig. Dazu finden wir in diesem Antrag gar nichts, das wird hier
gar nicht genannt. Ich weiß nicht, ob sich die SPD als Großkoalitionär schon aus der Energiewende und dem Klimaschutz verabschiedet hat. Bei der Energiewende und dem Klimaschutz gibt es einen erheblichen Investitionsbedarf. Wir sehen hier einen dringenden Investitionsbedarf. Leider ist in Ihrem Antrag dazu nichts vorhanden.
Deshalb stellt sich für uns die Frage, ob der Landtag eine solche unvollständige Liste beschließen soll. Wir halten es nicht für sinnvoll, pauschal einen Nachtragshaushalt zu fordern, dann aber eine so unvollständige Liste vorzulegen. Wenn es einen Nachtragshaushalt gibt, werden wir unsere Änderungsanträge dazu stellen. Zu Ihrem Antrag können wir leider keine Änderungsanträge stellen. Daher werden wir Ihren Antrag ablehnen.
Danke schön, Herr Gehring. – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Der federführende Ausschuss für Staatshaushalt und Finanzfragen empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Das ist die SPD-Fraktion. Die Gegenstimmen, bitte! – Das sind die Fraktionen der CSU, der FREIEN WÄHLER, von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und Frau Claudia Stamm. Gibt es Stimmenthaltungen? – Ich sehe keine. Damit ist dieser Antrag abgelehnt.
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Selbstbestimmtes Leben im Alter I - Stärkere Förderung von generationenübergreifenden Wohnformen (Drs. 17/14222)
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Dr. Hans Jürgen Fahn u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Selbstbestimmtes Leben im Alter II - Konzept "Wohnen für Hilfe" weiter vorantreiben! (Drs. 17/14426)
Ich eröffne die Aussprache. Die Gesamtredezeit der Fraktionen beträgt nach der Geschäftsordnung 24 Minuten. Die Redezeit der Staatsregierung orientiert sich dabei an der Redezeit der stärksten Fraktion. –
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Im ersten Antrag geht es um die stärkere Förderung von generationenübergreifenden Wohnformen. Das können Seniorenhausgemeinschaften, Mehrgenerationenhäuser oder ambulant betreute Wohngemeinschaften sein; da gibt es sehr viele Varianten.
Die Zahl der Senioren steigt immer mehr an. Deshalb ist es logisch, dass auch die Nachfrage größer ist als das Angebot. Es existiert eine Umfrage des Sozialministeriums, wonach es in Bayern Ende 2014 nur 47 generationenübergreifende Wohnformen mit 241 Wohnungen gab. Inzwischen sind es etwas mehr, aber insgesamt gesehen ist das für ein Flächenland wie Bayern natürlich viel zu wenig. Das ist eigentlich nicht der Rede wert und nur ein kleiner Anfang. Gerade deshalb müssen wir die generationenübergreifenden Wohnformen ausbauen.
Wir sagen: Nur gemeinsam können Jung und Alt die Probleme der Zukunft lösen. Dafür sind generationenübergreifende Wohnformen wichtig. Das hat auch die Vertreterin des Sozialministeriums am 16.03.2017 im Ausschuss ganz klar gesagt: Aufgrund der demografischen Entwicklung ist der Aufbau alternativer Unterstützungs- und Wohnformen notwendig. Das Sozialministerium begrüßt das sehr stark. Es wurde im Ausschuss nur darüber diskutiert, wie man das fördert, ob es eine bessere finanzielle Förderung oder eher eine stärkere fachliche Beratung sein soll. Da gibt es verschiedene Maßnahmen. Das Ministerium hat gesagt, wichtig wären die Sensibilisierung in der Öffentlichkeitsarbeit und Hinweise in den Kommunen. Es gibt verschiedene Varianten, über die wir diskutiert haben. Eigentlich waren alle dafür, nur hinsichtlich der Mittel waren wir unterschiedlicher Meinung. Wir haben den Antrag deshalb umformuliert, um auch der CSU die Möglichkeit zu geben, ihn zu unterstützen: "Die Staatsregierung wird aufgefordert, generationenübergreifende Wohnformen stärker als bisher zu fördern." Wie das aussieht, ob mit Anschubfinanzierung oder durch mehr fachliche Beratung oder durch die Beratung von Kommunen, da kann die Staatsregierung selbst Schwerpunkte setzen. Wichtig ist der Grundsatzbeschluss: Wir wollen, dass diese Wohnformen stärker gefördert werden. Die Zahlen belegen, dass es viel zu wenig generationenübergreifende Wohnformen gibt. Die Zahlen habe ich vorhin genannt.
In dem zweiten Antrag geht es um das Konzept "Wohnen für Hilfe". Das ist sehr wichtig und gut. Wir haben heute schon sehr viel über Wohnformen, über Bauland und Ähnliches gesprochen. Hier gibt es in Bay
ern Probleme. Für Studenten ist der Wohnraum knapp. Deshalb ist es wichtig, ein Konzept "Wohnen für Hilfe" zu schaffen. Das Konzept ist genial, weil es das Generationenthema sehr gut anpackt. Junge Studenten oder Auszubildende bekommen von älteren Menschen Wohnraum, zum Beispiel ein Zimmer, zur Verfügung gestellt. Dafür unterstützen sie die älteren Menschen im Alltag, beispielsweise bei Behördengängen oder bei Arbeiten im Haushalt. Eine Faustregel lautet: eine Stunde Hilfe im Monat pro Quadratmeter Wohnraum. Wichtig ist, dass dieses Konzept keine Pflegeleistungen umfasst. Damit es funktioniert, brauchen wir aber eine Rahmenstruktur und damit auch personelle Unterstützung.
In Würzburg beispielsweise gibt es ein Konzept, das von der Katholischen jungen Gemeinde – KjG – der Caritas unterstützt wird. Seit 2011 wurden in Würzburg 100 Wohnpartnerschaften abgeschlossen. Dieses Konzept ist insgesamt gesehen genial. In Zeiten von Wohnungsknappheit ist es ein Win-win-Projekt. Leider ist es aber bisher nur in neun Städten eingeführt, beispielsweise in Würzburg und Aschaffenburg. Wir haben in unserem Antrag die Formulierung "Städte über 100.000 Einwohner" gehabt. Es gibt aber auch viele Städte unter 100.000 Einwohnern, die dieses Konzept anbieten. Deshalb wollen wir diese Formulierung im Antrag streichen. Es soll nicht mehr ab 100.000 Einwohnern gelten, sondern es soll für alle Städte sein, die das Konzept anbieten.
Wir haben das Konzept im Sozialausschuss über die Parteigrenzen hinweg positiv diskutiert. Auch die Vertreterin des Sozialministeriums stellte klar – so steht das auch im Protokoll –, sie stehe in vollem Umfang hinter dem Inhalt des Antrags der FREIEN WÄHLER. Die Dame vom Sozialministerium – sie ist heute auch anwesend – sagte wörtlich: "Das ist eine wunderbare Sache". Wichtig sei Öffentlichkeitsarbeit, um auf das Konzept hinzuweisen.
Wenn das so ein gutes Konzept ist, das aber in Bayern noch nicht ausreichend umgesetzt wird, dann müssen wir schauen, welche Maßnahmen wir ergreifen können, um die Umsetzung dieses Konzepts in Bayern flächendeckend anzukurbeln. In Würzburg haben wir festgestellt: Seit 2011 sind 96 Wohnpartnerschaften entstanden. Sagen wir, es sind 100. Es gibt in Bayern neun interessierte Städte, das wären 900 Wohnpartnerschaften in vier Jahren. Insgesamt betrachtet ist das aber viel zu wenig. Deshalb ist es wichtig, das Konzept "Wohnen für Hilfe" flächendeckend in allen Städten, die das wollen, auszubauen. Dafür brauchen wir das Sozialministerium, wir brauchen aber auch Partner. Das können beispielsweise
Kommunen sein. Wir haben aber auch immer gesagt, es ginge auch mit Hilfe interessierter öffentlicher Partner. Deshalb ist es wichtig, dass Sie diesem Antrag zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin der festen Überzeugung, in diesem Hohen Hause gibt es niemanden, der älteren Menschen nicht ein selbstbestimmtes Leben im hohen Alter ermöglichen möchte. Von den knapp 13 Millionen Einwohnern Bayerns sind bereits heute rund 2,4 Millionen über 65 Jahre alt, Tendenz steigend. Der Anteil älterer Menschen nimmt dabei schneller zu als jeder andere Bevölkerungsanteil. Mehr Lebenszeit heißt aber auch mehr Vielfalt in der Lebensgestaltung der Menschen. Das gilt erst recht, wenn man berücksichtigt, dass nur 14 % der über 65-Jährigen pflegebedürftig sind. Demnach können 86 % der Menschen ein selbstbestimmtes Leben im Alter führen.
Selbstbestimmt im eigenen Zuhause oder im altersgerechten Haus zu wohnen, ist für viele Menschen auch im Alter der zentrale Wunsch. Wohnen im Alter ist deshalb auch ein Schwerpunkt unserer Politik. Allein 2017 stehen dafür 1,9 Millionen Euro zur Verfügung. Dank der Förderung konnten bisher 15 generationenübergreifende Wohnprojekte und fünf Projekte "Wohnen für Hilfe" entstehen. Die Zahlen zeigen, dass das nicht reicht. Wir dürfen hier alle nicht nachlassen, dafür sprechen auch die Zahlen des demografischen Wandels. Unser gemeinsames Ziel ist es – und das haben wir im Sozialausschuss auch deutlich gemeinsam artikuliert –, noch mehr generationenübergreifende Wohnformen zu schaffen. Allerdings, und darauf hat auch die Vertreterin des Sozialministeriums im Sozialausschuss hingewiesen, die noch relativ geringe Zahl von generationenübergreifenden Wohnformen lässt sich nicht damit erklären, dass es hier zu wenig Fördermittel gibt. Das stimmt nicht. Das haben Sie auch gehört, Herr Fahn, Sie wollen es aber anscheinend einfach nicht glauben.
Die volle Fördersumme von 40.000 Euro für die förderfähigen Kosten, für Moderation und Ausstattungsgegenstände, wird nämlich oft gar nicht ausgeschöpft oder benötigt. Sie wird deshalb auch gar nicht ausgereicht. Der Durchschnitt liegt derzeit bei etwa 20.000 Euro, die pro Projekt abgerufen werden. Die
Initiatoren und die Investoren benötigen vielmehr umfassende Beratung und konkrete Unterstützung, beispielsweise bei der Umsetzung einer Idee. Die in Ihrem Antrag geforderte Erhöhung der Förderung von bisher 40.000 Euro auf künftig 100.000 Euro läuft deshalb völlig ins Leere. Es mangelt offenbar an Anträgen und Bedarf. Es gibt anscheinend zu wenig Anfragen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, wie Sie wissen, setzt das Konzept "Wohnen für Hilfe" auf das Prinzip der Gegenseitigkeit und bringt Menschen in verschiedenen Lebensphasen zusammen. Auf der einen Seite – wir haben es gehört – sind es junge Menschen im Studium oder in der Ausbildung, die sich häufig keine eigene Wohnung leisten können, ihre Arbeitskraft aber gerne zur Mietersparnis einsetzen wollen und können. Auf der anderen Seite haben wir ältere Menschen, die Unterstützung im Alltag suchen und nicht mehr alleine wohnen möchten. Bisher wurde das Konzept "Wohnen für Hilfe" in elf bayerischen Städten umgesetzt und etabliert, und zwar in Gauting, Starnberg, Erlangen, Fürstenfeldbruck, Bamberg, München, Freising, Landsberg am Lech, Würzburg, Aschaffenburg und Regenstauf. Lieber Herr Fahn, Sie haben gesagt, Sie streichen die Wörter "über 100.000 Einwohnern". Offenbar haben Sie also den Antrag modifiziert.
Es geht nämlich nicht um die Einwohnerzahl, sondern allein um die erhöhte Nachfrage junger Menschen nach günstigem Wohnraum. Schön, dass Sie unserer Argumentation hier folgen.
Auch bei den generationenübergreifenden Wohnformen fordern die FREIEN WÄHLER eine Anhebung. Sie fordern immer noch mehr Geld, ob man es braucht oder nicht.
Wir aber wollen hier ganz gezielt fördern und unterstützen. Nach Aussage des bayerischen Sozialministeriums ist der bisher verfügbare Betrag hierfür nicht ausgeschöpft worden; im Durchschnitt wurden 30.000 Euro pro Projekt abgerufen. Die Rückmeldungen aus dem Alltag, die Erfahrungswerte der Projektanten sind für mich entscheidend, und sie sind recht eindeutig: Die 40.000 Euro reichen in der Regel aus; die Mittel werden nicht ausgeschöpft.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Erhöhung der Zahl an generationen
übergreifenden Wohnformen wie dem Projekt "Wohnen für Hilfe" scheitert also nicht, wie die FREIEN WÄHLER in ihren Anträgen fälschlicherweise suggerieren, an einer zu geringen Förderung des Freistaats
mei, ganz ruhig, Herr Fahn! –, sondern daran, dass diese Wohnformen bei den rund 2,4 Millionen Menschen in Bayern, die älter als 65 Jahre sind, und auch bei den jungen Menschen nicht so bekannt sind. Da sind wir uns vielleicht einig.
Aber hier passiert sehr, sehr viel. Ich möchte einige Beispiele nennen. Das Sozialministerium bemüht sich hier um den Bekanntheitsgrad dieser Projekte; nehmen wir die Broschüre "Zu Hause daheim", Veranstaltungsreihen zum Wohnen im Alter, Bewerbung und Vorstellung der Seniorenarbeit in den Landkreisen. Die Fördermöglichkeiten werden in allen politischen Fachzeitschriften bekannt gemacht, natürlich auch im "Bayerischen Gemeindetag". Die fachliche Beratung möglicher Interessenten durch eine eigens geschaffene Koordinationsstelle wird im Übrigen mit noch mehr monetären Mitteln als bisher unterstützt. Schließlich fördern wir neue Ansätze finanziell, wie zum Beispiel "SeLA"; hier ist die Förderung von 40.000 auf 80.000 Euro verbessert worden.
Insgesamt kann man sagen, dass auch wir als Landtagsabgeordnete natürlich gefragt sind, um mit den Kommunen zu reden und um draußen in den Verbänden, in den Vereinigungen Werbung zu machen. Und da sollten wir – das haben wir im Ausschuss sehr deutlich mit Ihnen besprochen; ich weiß nicht, ob Sie es nicht hören wollten – dafür sorgen, dass junge Menschen und ältere Herrschaften genau wissen, auf welches Projekt sie zurückgreifen können. Wenn wir über selbstbestimmtes Leben im Alter reden, sollte man automatisch auch an generationenübergreifende Wohnformen oder an das Projekt "Wohnen für Hilfe" denken.
Ich glaube, wir sind uns einig: Diesen Weg müssen wir konsequent weitergehen. Dann wird auch die Zahl der Menschen steigen, die in solchen Wohnformen selbstbestimmt ihren Lebensabend verbringen können.
Sie haben vorhin noch alle Anträge ausgehöhlt und verändert, lieber Herr Fahn. Das zeigt, was übrig bleibt. Ihre Erkenntnis ist, dass wir generationenübergreifendes Wohnen weiter fördern müssen und sollen. Bei dieser Einstellung waren wir sowieso schon. Für uns reicht allein die Bekundung dieses Wollens für einen Antrag nicht aus. Deswegen lehnen wir Ihre Anträge natürlich ab.