Protocol of the Session on December 15, 2011

(Zurufe von der SPD)

Wir stehen für Arbeitsplätze in Deutschland, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Nun habe ich eine Frage an die Wirtschaftsexperten der SPD. Herr Kollege Beyer und Herr Kollege Roos, Sie betonen doch immer - gestern war das wieder der Fall -, dass man auf die Werkbank sehen müsse. Man müsse darauf achten, dass Deutschland ein industrieller Produktionsstandort bleibe. Unter diesem Aspekt können Sie dem Antrag des Kollegen Wörner, der eine massive Mehrbelastung dieser Unternehmen zur Folge hätte,

(Zurufe von der SPD: Das ist doch nicht wahr!)

nicht zustimmen. Aus welchem Anlass regt sich Herr Wörner nun so auf? Zum 1. Januar 2012 soll in der Tat eine weitere Verbesserung kommen. Ich spreche von Verbesserung, Sie sagen Privilegierung. Was soll geschehen? Die Grenze von zehn Gigawattstunden, die bisher für etwa 700 Unternehmen gegolten hat, wird auf eine Gigawattstunde abgesenkt. Das heißt, der industrielle Mittelstand, der ebenfalls dem internationalen Wettbewerb unterliegt, erhält diese Vergünstigungen gleichfalls, und das ist richtig so.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Rot-Grün hat nur die ganz großen Konzerne entlastet. Wir entlasten auch den Mittelstand, das ist der Unterschied.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Wörner, Sie haben erstens verschwiegen, dass die SPD dieser Energiewende einst zugestimmt hat. Zweitens wissen Sie wahrscheinlich nicht - das unterstelle ich jetzt einmal -, dass die Staatsregierung im Bundesrat einen noch weitergehenden Antrag gestellt hat. Das war vernünftig, Frau Kollegin Hessel. Man hätte die Eingangsschwelle nicht per Gesetz bei 14 % Stromanteil an der Bruttowertschöpfung eines Unternehmens festgemacht, sondern man wäre mit fünf Prozent eingestiegen und hätte diese Vergünstigung degressiv bzw. progressiv ausgebaut.

(Zuruf des Abgeordneten Ludwig Wörner (SPD))

Damit hätte die Staatsregierung in der Tat noch mehr Unternehmen des produzierenden Gewerbes entlastet. Dieser Vorschlag Bayerns hat im SPD-dominierten Bundesrat sogar eine Mehrheit gefunden. Ganz im Gegenteil zu dem also, wofür sich Herr Wörner heute aufplustert, haben seine Parteifreunde in den anderen Ländern diesem weitergehenden Vorschlag Bayerns zugestimmt. Leider ist er dann vom Bundestag nicht übernommen worden. Es bleibt also bei einer Vergünstigung nur bis zu einer Gigawattstunde.

Meine Damen und Herren, ich möchte damit die Scheinheiligkeit und Doppelzüngigkeit der SPD herausstellen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Die Absenkung der Schwelle ist vernünftig, weil auf diese Weise auch der im internationalen Wettbewerb stehende gewerbliche Mittelstand entlastet wird. Auf diese Art werden auch beim Mittelstand in Bayern Arbeitsplätze erhalten. Ziel der Energiewende war doch, keine Arbeitsplätze zu gefährden.

(Ludwig Wörner (SPD): Warum beschweren Sie sich dann?)

- Weil nicht alle entlastet werden. Es werden die energieintensiven Unternehmen entlastet, deren Stromanteil an der Bruttowertschöpfung bei 14 % liegt. Das sind Unternehmen, die durch eine Erhöhung des Strompreises ganz besonders belastet sind, gleichzeitig aber mit Unternehmen konkurrieren müssen, wie beispielsweise französischen Unternehmen, die im Bereich der Strompreise massiv privilegiert sind.

Was ich Ihnen damit sagen will, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist Folgendes: Die Veränderung, die zum 01.01.2012 in Kraft tritt, ist mittelstandsfreundlich. Sie ist arbeitnehmerfreundlich. Sie schützt Arbeitsplätze in Deutschland. Das ist konjunkturell genau das Richtige. Denn wir gehen möglicherweise

einer schwierigeren wirtschaftlichen Lage entgegen. In dieser Situation Unternehmen, die durch die Energiekosten sowieso besonders belastet sind, zusätzlich zu belasten, heißt Arbeitsplätze zu gefährden. Was Sie machen, ist eine massive Gefährdung von Arbeitsplätzen in Bayern.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Wenn die SPD ihrer Linie als Arbeitnehmerpartei im Hinblick auf die Energiepolitik treu bliebe und nicht ideologisch verblendet wäre, würde sie einen solchen Antrag gar nicht stellen.

(Zurufe von der SPD)

Herr Kollege Wörner, Sie haben den Brief Kauders, Hasselfeldts und anderer angesprochen. Das ist ein völlig anderes Spielfeld. Es geht da um die Frage, ob die Einspeisevergütung für Photovoltaik in der jetzigen Größenordnung noch gerechtfertigt ist. Die Module werden von Jahr zu Jahr billiger; das weiß jeder. Da ist es dann nicht mehr sinnvoll, denen, die hier investieren können, Renditen von 10, 12 oder 15 % zulasten der kleinen Leute zu ermöglichen. Selbstverständlich muss eine Anpassung vorgenommen werden. Wenn die Kosten für solche Anlagen deutlich sinken, muss logischerweise auch die Einspeisevergütung abgesenkt werden. Dies hat in der Tat einen dämpfenden Effekt auf die Strompreise für alle Bürger Deutschlands. Was Hasselfeldt, Kauder und andere vorgeschlagen haben, ist logisch und entspricht dem, was wir zur Energiewende immer gefordert haben, nämlich eine vernünftige Anpassung.

Wir sind durchaus dafür, dass die Energiekommission diese Themen weiterhin im Auge behält. Man muss möglicherweise in einigen Jahren eine Überprüfung aller Maßnahmen vornehmen, um die Wirkung abschätzen zu können. Einer solchen Kommission würden wir uns in keiner Weise verschließen. Das hat Ihnen die Staatsregierung übrigens im September bereits mitgeteilt. Jetzt in der letzten Sitzung vor Jahresende stellen Sie einen solchen Antrag, obwohl auf Bundesebene vor dem 1. Januar 2012 nichts mehr geregelt werden kann. Es ist nur Schaumschlägerei, was die SPD mit ihrem Antrag betreibt.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich bitte Sie alle, meine Damen und Herren, denen es um den Erhalt von Arbeitsplätzen im Mittelstand Bayerns geht, diesen Antrag abzulehnen.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Herr Kollege Huber, bleiben Sie bitte noch am Redepult.

Der Kollege Dr. Beyer hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. Herr Kollege Beyer, Sie haben das Wort.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Huber, ich erwarte mir jetzt nicht den großen Weihnachtsfrieden. Ich bin sicher, Sie werden meine Zwischenbemerkung nutzen, um das Gleiche mit der gleichen Emotion noch einmal zu sagen. Das soll Ihnen gegönnt sein.

Ich bitte nur eines zur Kenntnis zu nehmen, da Sie mich persönlich angesprochen haben: Wir haben diese Fragen in unserer Fraktion - offensichtlich intensiver als die CSU-Fraktion - mehrfach ausführlich diskutiert. Natürlich sprechen Sie einen Zielkonflikt an; selbstverständlich, das ist doch überhaupt nicht von der Hand zu weisen. Ich bitte Sie aber schon, den Text des Antrags noch einmal zu lesen. Der Antrag wendet sich natürlich nicht grundsätzlich gegen Modifizierungen der Belastungen. Er wendet sich aber gegen eines, das bitte ich, in der Gesamtschau deutlich zu sehen. Er wendet sich dagegen, dass die Belastung dann überproportional wirkt oder nur noch diejenigen trifft, die innerhalb und außerhalb wirtschaftlicher Betätigung am allerwenigsten haben. Sie da drüben müssen jetzt nicht schon wieder brummen. Lesen Sie diesbezüglich die Stellungnahme des Bundes der Selbstständigen, mit der er uns deutlich auffordert - Sie natürlich noch mehr als uns, weil Sie die Dinge in der Hand haben -, diese Sachen so nicht umzusetzen.

Das heißt also: Das Grundproblem, dass die Lösung schon jetzt die Großen ganz stark entlastet und dass wir für einen Teil des Mittelstandes eine Entlastung schaffen, aber wohl nicht für den kleineren Mittelstand, hat uns dazu gebracht, zu sagen, dass wir uns etwas Sinnvolleres einfallen lassen müssen. Die Anforderung an die Regierenden in Berlin und in München ist, genau das zu tun.

Ein Letztes. Wir haben uns in der Fraktion verabredet. Wir werden uns das sehr genau ansehen. Wir werden die Zahl der betroffenen Betriebe trennscharf aus der Statistik erst ab Januar ersehen - das wissen Sie genauso gut wie wir. Dann werden wir genau hinsehen, welche Entlastungseffekte wo eintreten und wo sie nicht eintreten. Ich bitte Sie angesichts Ihrer vorweihnachtlichen Emotionen, uns zuzugestehen, dass wir die Dinge sehr wohl im Gesamtzusammenhang sehen. Eines ist richtig: Wir müssen das Thema Erhalt

der Arbeitsplätze in diesem Sinn an oberster Stelle sehen. Da sind wir uns einig.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Huber, Sie haben das Wort. Bitte schön.

Lieber Herr Kollege Beyer, ich danke Ihnen zunächst einmal dafür, dass Sie mir zwei Minuten Redezeit verschaffen. Das werde ich Ihnen nicht vergessen.

(Zurufe von der SPD)

- Wir machen hier keinen Pakt. Es ist auch so, dass ich Ihnen etwas emotionsfreier und pragmatischer antworte als dem Kollegen Wörner, der aufgrund seiner ideologischen Orientierung für mich ein rotes Tuch ist.

(Zurufe von der SPD)

- Man muss Freund und Feind klar unterscheiden können.

Ich möchte zwei Punkte anführen. Erstens. Im Moment weiß man noch nicht, wie viele Unternehmen tatsächlich begünstigt werden,

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

da die Anträge erst gestellt werden. Es geht aber nicht um den Unterschied zwischen groß und klein, sondern vielmehr darum, dass die Produktion aufgrund des Stroms mit einer hohen Belastung verbunden ist, nämlich in Höhe von 14 % der Bruttowertschöpfung. Eigentlich müsste man sagen: Die zum 1. Januar in Kraft tretende Regelung ist mittelstandsfreundlich. Die rot-grüne Gesetzgebung seit 2004 sah bisher nur eine einseitige Begünstigung der ganz großen Konzerne vor. Jetzt kommt der industrielle Mittelstand dazu. Das ist mittelstandsfreundlich.

Zweitens. Die Belastung, die sich daraus ergibt, ist schwer abzuschätzen. EEG- und Netzentgelte werden zusammen möglicherweise bei 0,2 bis 0,3 Cent pro Kilowattstunde liegen. Wenn man nun weiß, dass der einzelne Stromkunde heute schon 3,5 Cent aufgrund des EEG bezahlen muss, kann man sich ausrechnen, dass es sich um eine Mehrbelastung handelt, die weniger als 10 % der EEG-Belastung ausmacht. Das war seinerzeit im Jahr 2004 auch die Grenze - man hat gesagt, dass es nicht mehr als 10 % sein dürfen. Diese Grenze wird nicht überschritten.

Ich will Ihnen ein Drittes sagen. Herr Dr. Beyer, wenn man den Umverteilungseffekt so in den Mittelpunkt stellt wie Herr Wörner, dann muss man natürlich auch

sagen: Durch die EEG-Einspeisevergütung werden 12 bis 14 Milliarden Euro im Jahr umverteilt, auch zulasten der kleinen Einkommen, der Mieter, der Hartz-IVEmpfänger und der Arbeitnehmer. Sie haben kein Problem, 12 bis 14 Milliarden Euro umzuverteilen. Gerade Sie haben sich immer sehr stark dafür eingesetzt, dass dies sogar noch weiter ausgedehnt wird. Das ist eine Mehrbelastung. Nun sind Sie aber mit Blick auf die Umverteilung bei einem kleinen Pünktchen empfindlich, das 10 % ausmacht. Das passt hinten und vorne nicht zusammen. Deshalb würde ich in der Tat empfehlen, dass sich die Wirtschaftspolitiker der SPD einmal mit den Ideologen ihrer Partei erfolgreich auseinandersetzen.

(Beifall bei der CSU)

Als Nächster hat Herr Kollege Thorsten Glauber das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Verehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal guten Morgen.