Jetzt werden Sie sagen, die FREIEN WÄHLER würden sich immer dafür aussprechen, den Kommunen möglichst viel Gestaltungsfreiheit zu geben; das ist etwas, was eine Kommune tun kann, aber nicht tun muss. Dazu ist zu sagen: Wir reden hier nicht über originär kommunale Belange, sondern wir reden hier über das Privatrecht, über das Verhältnis zwischen Mieter und Vermieter. Es kann nicht angehen, dass wir sämtliche Bereiche des Privatrechts unter öffentlichen Vorbehalt stellen.
Wie kann man das Problem lösen? - Das ist eigentlich das gravierendste Argument, das man Ihnen entgegenhalten muss. Es gibt Problemlösungen. Diese liegen nicht nur darin, dass man mehr Wohnraum schafft - aber auch. Sie können die Verantwortung lustig hin- und herschieben: Der eine sagt, die Förderpolitik ist es; der andere sagt, es ist die Kommunalpolitik. In diesen Streit mische ich mich nicht ein. Fakt ist, dass man durch eine geeignete Kommunalpolitik Wohnraum schaffen kann, wenn man das will. Die Landeshauptstadt München - das muss man hier schon einmal sagen - gehört nicht gerade zum strukturschwachen ländlichen Raum.
Die entscheidende Stellschraube ist doch, dass hier in Bayern langfristig eine vernünftige Strukturpolitik gemacht wird, die eine Überhitzung des Großraums München verhindert und nicht zulässt, dass immer mehr Menschen hierher ziehen, dass Hunderttausende Bürger die Straßen verstopfen, dass sich dadurch die Mietpreise erhöhen etc.
Bei einer vernünftigen Regionalpolitik, Frau Kollegin, werden auch die strukturschwachen Räume in Nordostbayern und anderen Teilen des Freistaats wieder Einwohnerzuwächse haben.
Dann werden wir diese Probleme langfristig aus der Welt schaffen können. Dafür muss man aber mehr tun als das, was bisher getan wurde.
Wir haben eine Verfassungsänderung auf den Weg gebracht mit dem Ziel der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse. Diese Verfassungsvorschrift muss dann mit Leben gefüllt werden. So werden wir mittelfristig diesen Problemen wirksam begegnen.
Herr Kollege Pohl, bleiben Sie bitte am Redepult. Frau Kollegin Kamm hat sich zu einer Zwischenbemerkung gemeldet. - Bitte schön.
Sie haben gesagt, Sie wollen handeln. Bisher habe ich noch keine Anträge von Ihnen dazu gelesen, wie Sie das Mietwohnungsproblem konkret lösen wollen. Der Hinweis auf die angestrebte Verfassungsänderung nutzt Ihnen nicht, wenn Sie nicht deutlich machen, was Sie tun wollen, um die Situation der Mieterinnen und Mieter zu verbessern. Da hilft es Ihnen nicht, auf Hamburg zu verweisen. Sie müssen sich die Mietspiegel einmal ansehen. In München liegen die Durchschnittsmieten um mehr als zwei oder drei Euro pro Quadratmeter höher als in Hamburg. Im Übrigen haben Sie das nicht nur in München, sondern auch in anderen bayerischen Städten. Sie brauchen also nicht nach Hamburg schielen, schauen Sie lieber nach Bayern und überlegen Sie, wie Sie die Probleme hier in Bayern lösen. Außerdem, was sich in Hamburg nicht bewährt hat, kann hier trotzdem sinnvoll sein.
Frau Kollegin Kamm, dann schauen Sie von mir aus nach Düsseldorf. Das Land wird von Rot-Grün regiert. Düsseldorf hat mit Sicherheit keine geringeren Mietpreise als München.
Warum hat das Land Nordrhein-Westfalen von dieser Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht? - Das müssen Sie sich schon einmal fragen lassen. Wenn Sie sagen, dass wir keine konkreten Anträge stellen, okay. Ich kenne Ihre Position zu der von uns geplanten Verfassungsänderung.
Sie sagen, das wird ohnehin nichts bewirken. Außerdem, eine letzte Bemerkung, wir diskutieren hier und heute Ihre Anträge, die wir nicht für tauglich halten, und nicht die unseren.
- Etwas länger reden? Haben wir eine namentliche Abstimmung? - Das Überziehen wird mir der Herr Präsident dann schon andeuten.
Ich habe der Diskussion aufmerksam gelauscht. Ich habe auch an den Diskussionen in den Ausschüssen teilgenommen. Wir haben die Argumente jetzt ausgetauscht, aber keine Seite hat die andere überzeugt. Ich gehe jetzt erst einmal auf den Vorredner ein und dann auf die Zwischenbemerkung. Was könnte man besser machen statt dieses Vorschlags, der heute auf dem Tisch liegt? - Ich sehe die Kommunen in der Verantwortung, Baugebiete auszuweisen und Grundstücke zu verkaufen, um ein entsprechend größeres Angebot zu haben, damit die Mieten nach unten gehen können. Ich selbst komme aus der Region Erlangen, in der es bekanntermaßen durch die dortigen Arbeitgeber ein hochpreisiges Areal gibt. Dort sind jahrelang keine Flächen für den Wohnungsbau ausgewiesen worden, sodass ein Mietmarkt entstand, der
Herr Kollege Pohl hat gesagt, die Eigentümer würden in Ihrem Vorschlag eigentlich gar nicht berücksichtigt. Deshalb muss man einen austarierten Vorschlag vorlegen. Auch Herr Kollege Lorenz hat darauf hingewiesen, dass in allen anderen Bundesländern mit Ausnahme von Hamburg von diesem Instrument kein Gebrauch gemacht wird. In Hamburg sind die Erfahrungen aber nicht so, dass man dem unbedingt nacheifern muss. Ich schließe mich deshalb den Kollegen Pohl und Lorenz an, dass dieses Mittel, das Sie uns heute nahebringen wollen, nicht das richtige ist. Wir werden die beiden Anträge deshalb ablehnen.
Wir ringen um den besten Weg, ob das nun eine Förderung des Mieters ist, beispielsweise über Wohngeld, damit dieser in dem Gebiet, in dem er lebt, wohnen bleiben kann. Wir prüfen aber auch Zuschüsse zum sozialen Wohnungsbau, Mietbindung und andere Modelle. Den Eigentümer aber durch Bürokratie einzuengen und ihm aufzuerlegen, dass er die Wohnung nicht umwandeln kann, wird dazu führen, wie ich befürchte, dass ein Renovierungsstau entsteht. Das würde das Ganze nur verzögern und am Ende nicht helfen. Wir ringen deshalb weiter um den besten Weg, um den Mieterinnen und Mietern in München und in den anderen Städten günstigen Wohnraum zu geben. Ich fürchte, wir werden noch weitere Debatten führen müssen. Heute werden wir zu einem negativen Votum kommen.
Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Wir kommen zur Abstimmung. Dazu werden die Tagesordnungspunkte wieder getrennt. Ich lasse zunächst über Tagesordnungspunkt 25 abstimmen, das ist der Antrag des Abgeordneten Ludwig Wörner, SPD, auf Drucksache 16/9107. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt auf Drucksache 16/10589 die Ablehnung des Antrags. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der FREIEN WÄHLER sowie Frau Abgeordnete Dr. Pauli. Stimmenthaltungen? Eine Stimmenthaltung bei der CSU. Dann ist der Antrag abgelehnt.
Nun lasse ich noch über Tagessordnungspunkt 26 abstimmen, Antrag der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/6707. Der federführende Ausschuss für Kommunale Fragen und Innere Sicherheit empfiehlt auf Drucksache 16/10588 wiederum die Ablehnung. Wer entgegen dem Ausschussvotum dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind wiederum die Fraktionen der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN. Gegenstimmen? - Das sind die Fraktionen der CSU, der FDP und der FREIEN WÄHLER sowie Frau Abgeordnete Dr. Pauli. Stimmenthaltungen? - Eine Stimmenthaltung bei der CSU. Der Antrag ist ebenfalls abgelehnt. Damit sind die Tagesordnungspunkte 25 und 26 erledigt.
Bevor ich den Tagesordnungspunkt 27 aufrufe, gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Bause, Dr. Runge, Gote und anderer und Fraktion der GRÜNEN auf Drucksache 16/10169 "DQR leistungsgerecht gestalten - Gleichwertigkeit der Berufsausbildung sicherstellen" bekannt. Mit Ja haben gestimmt 65 Abgeordnete, mit Nein 82 Abgeordnete. Stimmenthaltungen gab es drei. Damit ist der Dringlichkeitsantrag abgelehnt.
Antrag der Abgeordneten Hubert Aiwanger, Florian Streibl, Prof. Dr. Michael Piazolo u. a. und Fraktion (FREIE WÄHLER) Amerika Haus in München - Schließung verhindern - Zukunft garantieren (Drs. 16/8261)
Zu diesem Antrag hat die Fraktion der FREIEN WÄHLER namentliche Abstimmung beantragt. Ich eröffne die Aussprache. Als erster Redner hat das Wort: Herr Professor Dr. Michael Piazolo. Bitte schön, Herr Professor Dr. Piazolo.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, wir brauchen uns nicht darüber zu unterhalten, welche Machtsymbole wir in der Politik haben. Sie sorgen für Integration, sie machen aber auch deutlich, wo man steht. Mir selbst ist das vor vielen, vielen Jahren bei der Lektüre eines Buches deutlich geworden, und zwar mit eindringlicher Wucht. Es war das Buch von Anna Seghers "Das siebte Kreuz". Da geht es darum, dass Gefangene aus einem NS-Gefängnis entfliehen und der Gefangenenwärter sieben Kreuze aufstellen lässt. Jeder Gefangene, der eingefangen wird, wird an ein Kreuz geschlagen. Das siebte Kreuz bleibt leer, weil derjenige, für den es bestimmt ist, nicht gefangen wird. Damit wird
das Kreuz in diesem Buch zu einem Symbol der Hoffnung, auch zu einem Symbol für Freiheit. Hier wird sehr deutlich, wie ein Zeichen, aber auch ein Haus eine Bedeutung entfalten kann. Das findet man auch bei der Freiheitsstatue in New York. Viele Emigranten haben sie als Erkennungszeichen für die Freiheit, für die freie Welt gesehen.
Ich glaube, Vergleichbares gilt auch für das Amerikahaus am Karolinenplatz in München. Es ist nicht einfach nur ein Gebäude, in dem sich zufällig eine Einrichtung befindet. Dieses Haus ist vielmehr, seit es steht, ein Symbol für Freiheit, für Demokratie und für Transparenz. Genau so hat es der Architekt auch angelegt. Der Architekt hat das Amerikahaus, im Gegensatz zu diesem Haus, dem Maximilianeum genau für diesen Zweck gebaut. Er hat ganz bewusst ein transparentes Gebäude geschaffen, ein Gebäude, das in seiner Architektur das ausdrückt, was durch seinen Inhalt und durch den Verein, der dort ist, zum Ausdruck kommen sollte. Auch der Platz ist bewusst gewählt. Es handelt sich genau um das Viertel, das mit seiner Nazi-Architektur Symbole für das Unheil, das vom Nationalsozialismus über München und die Menschheit gebracht worden ist, beinhaltet. In diesem Kontrast steht das Amerikahaus. Es steht ganz bewusst am Karolinenplatz und nicht am Königsplatz. Es steht nicht am Königsplatz, wo Menschen sich verlieren, wo Menschen klein werden. Es steht am Karolinenplatz, bewusst gegenüber dem Haus, in dem Hitler seine ersten Spenden bei den Großindustriellen Münchens gesammelt hat.
Genau dieser Widerspruch, dieser Blickkontakt von zwei Häusern ist für das Amerikahaus und das Verständnis ganz entscheidend. Auf dieser Seite steht die Freiheit, steht die Demokratie, steht die Transparenz. Das ist ein Haus, das mit Leben erfüllt ist. Jeder, der schon einmal auf dem Sommerfest gewesen ist, hat gemerkt, dass dieses Fest wie viele andere Veranstaltungen des Amerikahauses genau das ausstrahlt: Demokratie nach amerikanischem Vorbild, eine Demokratie, die die Amerikaner mit nach Deutschland gebracht haben, die vom Feind zum Freund geworden sind und die mitgeholfen haben, dass die Deutschen auch Demokraten sind.
Nun gibt es seit Juli einen Koalitionsbeschluss - leider ist der Ministerpräsident gerade gegangen -, dass das Amerikahaus aus seinem Stammsitz zu vertreiben ist. Welche Symbolik! Ich muss ganz deutlich sagen: Die Bayerische Staatsregierung hat sich damit keinen Gefallen getan.
Sie hat daraufhin so viel internationalen Widerspruch bekommen wie schon seit Langem nicht mehr. So schafft es eine Regierungspartei, sich international zu verschlumpfen; das muss man ganz klar sagen.
Als Reaktion darauf gab es Zeitungsartikel en masse, Kommentare des amerikanischen Expräsidenten Bill Clinton und der aktuellen Außenministerin Hillary Clinton. Selten sind so viele internationale Kritiken auf eine bayerische Regierung eingeprasselt.
Jetzt versucht man mühsam zurückzurudern. Ich weiß, dass es auch in der CSU-Fraktion sehr viele ernst zu nehmende Abgeordnete gibt, die das Amerikahaus retten wollen; dafür bin ich dankbar. Solche Abgeordnete gibt es vielleicht auch in der FDP-Fraktion. Mich ärgert aber, dass die Minister - ich nenne ausdrücklich Herrn Spaenle und auch Herrn Heubisch -, die bei dem Kabinettsbeschluss dabei waren, die daran mitgewirkt haben, dass das Kind in den Brunnen fällt, jetzt dabei sind, es wieder herauszuholen und sagen: Seht, wir retten das Amerikahaus. So darf es nicht gehen.
Deshalb sage ich ganz deutlich: Nehmen Sie diesen Kabinettsbeschluss so schnell wie möglich zurück, erhalten Sie das Amerikahaus an dem Ort, an dem es jetzt steht, in dem Gebäude, das für Transparenz und Demokratie steht! Fassen Sie Mut, machen Sie es jetzt und versuchen Sie nicht, die Sache krampfhaft zu verzögern und irgendwie hintenherum eine Lösung zu finden. Das wäre ein Zeichen für die Demokratie.