trechts des Parlaments führt. Dieses Budgetrecht ist ein zentrales, wenn nicht das vornehmste Recht des Parlaments. Es bedeutet auch, dass die verschiedenen Bereiche des Haushalts gegeneinander abgewogen werden müssen. Diese Abwägungsmöglichkeit gibt es bei einem Volksbegehren nicht. Die Entscheidung über den Haushalt ist nicht punktueller Art. Der Haushalt folgt einem langfristig angelegten stimmigen Gesamtkonzept. Diese Möglichkeit bietet sich bei einem Volksentscheid nicht. Von der Vorrednerin ist gefragt worden, wie ernst wir das Volk nehmen. Nehmen wir es umso ernster, je mehr Entscheidungskompetenz wir ihm einräumen und je mehr Fragen wir ihm vorlegen? Dann müssten wir in letzter Konsequenz sagen, wir nehmen das Volk am meisten ernst, wenn wir den Bayerischen Landtag auflösen und jede Frage vom Volk entscheiden lassen. Soweit sollten wir nicht gehen. Soweit sollte auch unser Selbstbewusstsein als Parlamentarier reichen. In einer repräsentativen Demokratie hat beides seinen Platz, Volksbegehren und Volksentscheid, wie wir sie jetzt haben, aber auch Entscheidungen des Parlaments. Dabei sollten wir es belassen.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Auf ein paar Punkte möchte ich noch einmal eingehen. Mit Volksbegehren, die auch finanzielle Auswirkungen haben können, haben wir insoweit schlechte Erfahrung gemacht, als das Verfassungsgericht den Artikel 73 der Bayerischen Verfassung sehr eng sieht. Dort heißt es eigentlich nur, dass über das Haushaltsgesetz im Ganzen kein Volksentscheid stattfindet. Diese Bestimmung wird aber so ausgelegt, dass Entscheidungen, die finanzielle Auswirkungen haben, nicht zulässig sind.
Es gibt kaum noch Spielraum für Volksentscheide, wenn diese keine finanziellen Auswirkungen haben dürfen. Dieser Punkt ist zu eng gefasst. Hier muss eine Korrektur stattfinden; denn es muss möglich sein, einen Volksentscheid durchzubringen, der mit finanziellen Auswirkungen oder Einsparungen verbunden ist. Ich erinnere an die Entscheidung zum Transrapid-Volksbegehren: Es ist herausgekegelt worden, obwohl sogar Kosten eingespart worden wären. Diese Argumentation ist also ziemlich absurd.
Es wurde auch argumentiert, dass mit dem Gesetzentwurf zum Transrapid versucht werde, Kompetenzen zu umgehen. Hier muss eine Korrektur vorge
Zum Vorwurf, wir würden uns an einen möglichen Bürgerentscheid in München inhaltlich nicht halten wollen, sage ich: In München kann nur über Münchener Angelegenheiten entschieden werden. In München können die Vertreter in der Flughafengesellschaft zu einem bestimmten Verhalten beauftragt werden. Ein Bürgerentscheid in München kann nicht ganz Bayern binden, sondern betrifft das Verhalten der Landeshauptstadt München im Rahmen ihrer Beteiligung an der Flughafengesellschaft.
Professor Dr. Bausback wollte die Spielräume aufzeigen, die jetzt ausgelotet werden, eventuell doch einen Volksentscheid über das Großprojekt Dritte Startbahn durchzuführen. Ich frage Sie: Wo sind diese Spielräume? - Nach der jetzigen Verfassungslage gibt es keine Möglichkeit, einen Volksentscheid zu diesem Projekt durchzuführen.
Wir können hier gerne über einen engeren Zuschnitt der Entscheidungen im Rahmen der Zuständigkeit des Landtags, die wir für den Volksentscheid öffnen wollen, debattieren, Herr Schindler. Diese Eingrenzung muss aber nicht unbedingt in der Verfassung stehen, sondern man kann das auch auf der einfachen gesetzlichen Ebene im Landeswahlgesetz festschreiben. Natürlich können wir hier miteinander über eine gewisse Einengung diskutieren. Dass nicht über jeden einzelnen Berichtsantrag ein Volksentscheid stattfinden soll, ist klar. Gemeint sind wichtige Angelegenheiten, zu denen Volksentscheide stattfinden sollen oder zu denen der Landtag nach unseren Vorstellungen die Bevölkerung befragen können muss. Ansonsten würde das mit der dritten Startbahn auf diesem Weg auch nicht funktionieren. Ich meine, dass die Beschränkung des Volksentscheids auf Gesetzgebungsverfahren zu kurz gegriffen ist. Darüber sollten wir uns noch unterhalten.
Ich muss die Rede des Herrn Ministerpräsident zum Verfassungstag zitieren. Er hat ausdrücklich dafür argumentiert, den kommunalen Bürgerentscheid als Vorbild für eine zukünftige Ausgestaltung des Volksentscheides heranzuziehen. Damit hätten wir natürlich
auch Möglichkeiten, der Bevölkerung eine Vorlage zu machen oder Beschlüsse, die wir hier im Landtag treffen können, praktisch parallel zu den Gemeinderatsbeschlüssen ebenfalls zur Abstimmung zu stellen.
Ich frage mich übrigens, wer vonseiten der Staatsregierung für dieses Thema eigentlich zuständig ist: Die Staatskanzlei ist hier gerade nicht vertreten, das Innen- und das Justizministerium sind nicht vertreten. Vielleicht soll jetzt das Sozialministerium für den Volksentscheid zuständig sein, Frau Haderthauer. Schön, dass Sie da sind und jetzt für bayernweite Volksentscheide zuständig sind. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit.
Danke schön, Frau Kollegin Tausendfreund. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Aussprache ist damit geschlossen. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich vor, den Gesetzentwurf dem Ausschuss für Verfassung, Recht, Parlamentsfragen und Verbraucherschutz als federführendem Ausschuss zu überweisen. Besteht damit Einverständnis? - Ich sehe keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Der Gesetzentwurf wird vonseiten der Staatsregierung begründet. - Bitte schön, Frau Staatsministerin Haderthauer.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Der Gesetzentwurf betrifft die zeitgemäße Weiterentwicklung der bayerischen Asylsozialpolitik. Wir lockern die Regelunterbringung in Gemeinschaftsunterkünften für Familien und Alleinerziehende mit Kindern nach Abschluss des Erstverfahrens und für alle weiteren Anspruchsberechtigten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, soweit deren behördliches Erstverfahren bereits vier Jahre abgeschlossen ist.
Die Koalitionsfraktionen waren eng in die Formulierung des Gesetzentwurfs eingebunden. Ich bedanke mich in diesem Zusammenhang bei Joachim Unterländer und Brigitte Meyer. Uns allen war wichtig, dass der Asylkompromiss, wie wir ihn genannt haben, der hier im Bayerischen Landtag in Form eines Beschlus
Weil ein parlamentarisches Verfahren seine Zeit benötigt, habe ich bereits Anfang April 2011 vorgreifende Vollzugshinweise erlassen, sodass der Vollzug der Asylsozialpolitik sich bereits seit diesem Zeitpunkt an der inhaltlichen Grundlage, die wir hier beschlossen haben und die auch dem Gesetzentwurf zugrunde liegt, orientiert.
Kurz zur Erläuterung: Deutschland ist für Asylbewerber hoch attraktiv. Nach einer in diesem Jahr veröffentlichten UNHCR-Studie ist Deutschland von Platz fünf auf Platz drei der Industrieländer mit den meisten Zugängen von Asylbewerbern aufgestiegen. Im Jahr 2010 sind bei uns in Deutschland über 41.000 Asylanträge gestellt worden. Das ist ein Zuwachs um fast 50 % und der höchste Wert seit dem Jahr 2003.
Wir wollen in Bayern grundsätzlich an der Regelung festhalten, dass diejenigen, bei denen kein Schutzgrund vorliegt, in Gemeinschaftsunterkünften leben. Weil es immer wieder zu Begriffsverwirrungen kommt, will ich betonen, dass diejenigen, die einen Schutzgrund haben, also zum Beispiel anerkannte Asylbewerber, davon natürlich nicht betroffen sind; sie leben ohnehin in Privatwohnungen und bekommen sämtliche Sozialleistungen, die jeder, der Unterstützung braucht, bekommt. Das heißt, sie sind nicht nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, sondern nach den entsprechenden allgemeinen Sozialgesetzen wohngeldund sozialleistungsberechtigt.
Weil ich von Begriffsverwirrung sprach, darf ich erläutern: Auch auf der offiziellen Homepage von Amnesty International werden die anerkannten Asylbewerber Flüchtlinge genannt. Diejenigen, bei denen kein Schutzgrund vorliegt und die nicht anerkannt sind, sind schon rein begrifflich keine Flüchtlinge. Auch wenn es Gruppen gibt, die immer wieder etwas anderes behaupten, bleibe ich dabei: In Bayern muss kein anerkannter Flüchtling in Gemeinschaftsunterkünften leben.
Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf bei den Auszugsgestattungen einen Schritt weitergehen. Dazu gehört, dass wir deutlich machen, woher wir kommen; denn bereits vor diesem Gesetzentwurf lebten in Bayern 50 % der Asylbewerber, die keinen Schutzgrund haben oder denen noch kein Schutzgrund zugesprochen wurde, in Privatwohnungen. Wir wollen das Ganze erweitern. Bisher war das aufgrund von Einzelgenehmigungen möglich. Jetzt gibt es Regelauszugsgründe. Das heißt, wenn kein Abschiebehindernis besteht, dürfen Familien nach Abschluss des
behördlichen Erstverfahrens und andere Personen vier Jahre nach Abschluss des Erstverfahrens ausziehen. Davon sind Straftäter und Personen, die über ihre Identität getäuscht oder nicht hinreichend an der Identitätsklärung mitgewirkt haben, nicht erfasst. In diesen Fällen findet aber eine Einzelfallprüfung statt. In diesem Sinne haben wir uns schrittweise einer Politik angenähert, die besonders auf die Belange von Familien Rücksicht nimmt.
Weil das ein Thema ist, das mit den Gemeinschaftsunterkünften eng zusammenhängt, will ich noch ein Wort zur Asylsozialberatung sagen, verbunden mit einem großen Dank an die Wohlfahrtsverbände, die großen Einsatz bringen und angegliedert an die Gemeinschaftsunterkünfte in Bayern eine hervorragende Beratung für Asylbewerber leisten.
Ich habe eine Aufstockung der Haushaltsmittel beantragt, die im Kabinett in Form des Haushaltsentwurfs, den der Landtag noch beschließen muss, durchgegangen ist. Eine Erhöhung um 400.000 Euro ist bei einem Gesamtbetrag in Höhe von 1,4 Millionen Euro schon eine deutliche Aufstockung. Derzeit bespreche ich mit den Wohlfahrtsverbänden, wie die Personen, die diese wichtigen Aufgaben bewältigen, besser eingesetzt werden können. Zum Teil werden sie an Orten eingesetzt, wo sich gar keine Gemeinschaftsunterkünfte befinden. Wir haben die Mittel nicht zurückgefahren, als die Zahl der Asylbewerber abgenommen hat, sondern haben sie auf dem gleichen Niveau belassen. Anfang des Jahres 2012 werden wir jedoch zu einer sehr guten gemeinsamen Ausrichtung kommen, damit diese wichtige Aufgabe weitergeführt werden kann.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Haderthauer, die positiven Worte zum Gesetzentwurf können wir vonseiten der SPD-Landtagsfraktion nicht nachvollziehen. Das werden Sie sicher verstehen. Sie haben sich bei der Regierungskoalition, der CSU und der FDP, bedankt. Bei uns konnten Sie sich nicht bedanken, weil wir in die Beratungen zu diesem Gesetzentwurf nicht eingebunden waren. In
diesem Hause ist es nicht üblich, die Parteien der Opposition einzubinden. Allerdings haben wir im Sozialausschuss gerade um diesen Punkt - Frau Meyer, das wissen Sie - hart gerungen. Frau Haderthauer, Sie haben gesagt, der Beschluss, den die Regierungskoalition am 14. Juli 2010 gefasst habe, sei relativ zügig umgesetzt worden. Der Gesetzentwurf ist vom Dezember 2011. Zwischen dem Erlass des Beschlusses und dem Gesetzentwurf sind eineinhalb Jahre vergangen. Sie haben nichts anderes gemacht, als drei Abschnitte des Beschlusses in den Gesetzentwurf hineinzuschreiben. Vor diesem Hintergrund können Sie nicht von einem schnellen Verfahren reden.
Das lässt vermuten, dass die Diskussionen hinter den Kulissen heiß gelaufen sind. Wahrscheinlich haben Sie nicht nur mit den Regierungsfraktionen, sondern ebenfalls innerhalb der Staatsregierung hart um diesen ganz kleinen Kompromiss gerungen.
- Damit habe ich eigentlich kein Problem. Frauen haben die Fähigkeit, viele Informationen gleichzeitig aufzunehmen. Ich habe kein Problem damit. Ich rede einfach weiter. Frau Haderthauer, Sie haben darauf hingewiesen, dass Sie im April dieses Jahres einen Erlass herausgegeben haben, der im Vorgriff auf das Gesetz schon Regelungen enthalten soll. Dazu ein kleiner Zwischenstand: Im September 2011 habe ich eine Anfrage hierzu gestellt. Sie haben den Erlass rückwirkend bis zum April herausgegeben. Ihr Ministerium hat geantwortet, dass 204 Anträge, die aufgrund Ihres Erlasses gestellt wurden, abgelehnt worden seien. Eigentlich ist nichts passiert. Im Ministerium haben Sie die Anträge mehrheitlich abgelehnt, weil die Regelungen im Gesetz und in ihrem herausgegebenen Erlass unkonkret und ungenau sind. Den eigentlichen Kern des Problems treffen Sie nicht.
Ich komme auf den Inhalt des Gesetzentwurfes und unsere Kritik zu sprechen. Frau Ministerin, Sie nehmen mir vielleicht ab, dass ich zwischen den Begriffen "Flüchtlinge" und "Asylbewerber" unterscheiden kann. Ich weiß, dass Flüchtlinge, die einen Flüchtlingsstatus erhalten, und anerkannte Asylbewerber nicht in Gemeinschaftsunterkünften wohnen, sondern - das haben Sie gesagt - relativ schnell vor Ort die Möglichkeit haben, aus den Gemeinschaftsunterkünften oder den Erstaufnahmeeinrichtungen auszuziehen.
Frau Ministerin Haderthauer, Sie wissen, dass es in Ihrem Gesetzentwurf um eine ganz bestimmte Personengruppe geht. Um diese Personengruppe ging es,
als wir um eine Änderung des Aufnahmegesetzes gerungen haben. Es handelt sich um die Personengruppe, die ein Asylfolgeverfahren durchläuft, das sich hinzieht. Es geht um die Personen, die zwar geduldet werden, aber nicht abgeschoben werden können. Diese Gruppe umfasst 9.000 Personen. Genau um die geht es. Ausgehend von dem Hearing, das wir im Landtag veranstaltet haben, wollten wir uns speziell um diese Personengruppe kümmern. Viele dieser 9.000 Personen leben eine unerträglich lange Zeit mit ihren Kindern in Gemeinschaftsunterkünften.
Sie sorgen nicht dafür, dass diese Personengruppe frühzeitig aus den Gemeinschaftsunterkünften ausziehen kann. Sie haben bereits zweimal etwas Gegenteiliges getan. Sie verhindern die Integration dieser Personen in unsere Gesellschaft, und genauso verhindern Sie eine Reintegration ins Heimatland. Das ist das Problem. Das ist die Asylpolitik der Bayerischen Staatsregierung der letzten Jahrzehnte. Die Innenministerkonferenzen haben sich über mühsame Beschlüsse zu einer Bleiberechtsregelung entschlossen. Frau Haderthauer, es geht genau um diese Gruppe. Um diese Gruppe wollten wir uns kümmern, als die Anhörung zum Aufnahmegesetz und zu den Asylbedingungen in diesem Land stattgefunden hat. Sie sehen, die Begriffe kann ich sehr wohl unterscheiden. Ich weiß, um was es geht.
Frau Haderthauer, Ihr Gesetz ist nach Einschätzung der Sozialverbände wenig wirkungsvoll. Nur ganz wenige Personen würden von dem Gesetz profitieren. Das Gesetz enthält viel zu viele bürokratische Hürden. Es würde sich ebenfalls nichts tun, wenn Sie in das Gesetz schrieben, dass diese Personen in Zukunft ausziehen könnten, wenn Sie den Regierungen, den Kommunen, den Wohnungsbaugesellschaften und den Sozialverbänden nicht gleichzeitig vor Ort die Möglichkeit einräumen, Wohnungen für die Betroffenen zu finden.