Ich darf noch eines anfügen. Die Entwicklungen bei den großen Firmen haben einen ganz wesentlichen Grund, nämlich die Situation der Euro-Region. Dazu ein paar Zahlen. Der Verschuldungsgrad der G-7-Länder ist auf 119,7 % des Bruttoinlandproduktes gestiegen. Kritisch wird es bereits ab 75 %. Man muss Angst haben, dass die Staaten einer nach dem anderen in die Insolvenz schlittern würden, wenn sie auf dem normalen Markt agieren müssten. Das sollen wir mit unseren Steuergeldern unterstützen. Kann das sein? - Mit Sicherheit nicht.
In der Euro-Zone haben wir eine durchschnittliche Verschuldung von 88,6 %. Das kleine Land Griechenland aber liegt bei über 120 bis 130 %. Auch hier sind wir also im Schnitt weit über dem, was uns zukunftsfähig hält.
Ich darf als letzten Punkt Asien erwähnen. Dort ist die Quote von 67 % auf 37 % gefallen. Das ist positiv zu sehen. In der G-7-Zone dagegen ist die Staatsverschuldung seit 2000 von 77 % auf 120 % angestiegen. Wenn das so weitergeht, muss man sich fragen, ob der Westen in Zukunft überhaupt noch Bestand haben wird. Das sind im Übrigen politische und keine finanzwirtschaftlichen Ursachen.
Herr Kollege Dr. Kirschner, bitte bleiben Sie am Redepult. Bevor ich für eine Zwischenbemerkung das Wort erteile, darf ich zunächst bekannt geben, dass die CSU für den nachgezogenen Dringlichkeitsantrag namentliche Abstimmung beantragt hat. Jetzt hat Herr Wörner das Wort für seine Zwischenbemerkung.
Entschuldigen Sie, Herr Wörner, es war kein Affront gegen Sie, dass ich das Redepult verlassen wollte. Ich schätze Sie sehr.
Kein Problem, Herr Kollege. Ein Problem machen Sie allerdings mit Ihrer Bemerkung, wir mit unserer Energiepolitik wären schuld daran, dass Großunternehmer aus Deutschland abwandern. Herr Kollege Kirschner, gerade Sie, der Zahlen freiweg zitieren kann, müssten wissen, dass diese großen Unternehmen seit der neuerlichen Änderung des EEG weniger zahlen müssen als zuvor.
Sie zahlen keine EEG-Abgabe, keine Durchleitungsgebühr. Das alles geht an die kleinen Mittelständler, die sich jetzt zu Recht sorgen, wie es weitergehen soll. Alle die dürfen nun zahlen; jede Bürgerin und jeder Bürger zahlt das, was die großen Unternehmen nicht mehr zahlen müssen. Es ist also falsch, wenn Sie behaupten, diese großen Unternehmen würden abwandern, weil die Energie zu teuer wird. Das ist eine falsche Aussage.
Ich bitte, das genau zu prüfen. Ich will Ihnen gern die Quellen nennen. Wenn wir so miteinander umgehen, müssen wir uns nicht wundern, wenn Politiker staatstragender Parteien einen solchen Unfug in die Welt setzen, der völlig falsch ist.
Sie beziehen sich auf alle großen Unternehmen, ich habe es auf das Thema Eon bezogen. Ich glaube, hier ist es gerechtfertigt.
(Markus Rinderspacher (SPD): Entschuldigen Sie, haben Sie denn die Energiewende eingeleitet? Ich dachte, Sie sind immer noch auf Atomkurs!)
- Vielleicht haben diese Unternehmen auch davor Angst, was in den nächsten fünf Jahren passieren könnte, nämlich dass es noch schlimmer wird.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer von uns - und ich nehme an, das sind wir alle auch in solchen Zeiten mit Unternehmen spricht und Mitarbeiterversammlungen erlebt, auf denen Restrukturierungsmaßnahmen angekündigt werden, die häufig mit Entlassungen oder massiven Veränderungen für die Mitarbeiter einhergehen, der weiß, in welch schwieriger Situation sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der genannten Unternehmen jetzt befinden. Es ist angekündigt, dass etwas kommen wird, dass etwas kommen muss, aber keiner der Mitarbeiter weiß, ob es ihn trifft, wie es ihn trifft und was für Folgen es für ihn persönlich haben wird. Deswegen ist alles, was auch politisch veranlasst ist, schnellstmöglich umzusetzen.
Aber wir sollten gerade angesichts der Schwierigkeiten und des Ernstes der Problemlagen, in denen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befinden, nicht in politischen Aktionismus verfallen und so tun, als könnten wir mit Dringlichkeitsanträgen die Probleme der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch der Unternehmen selbst lösen, geschweige denn den Eindruck erwecken, lieber Kollege Roos, dass es Aufgabe der Staatsregierung sein könnte, eine verfehlte Unternehmenspolitik zu korrigieren. Das ist auch von unserem Staatsverständnis her nicht richtig und nicht der Fall. Wir haben landauf, landab immer wieder Unternehmen unterschiedlicher Größe, die in Schwierigkeiten geraten. Gerade wir seitens der FREIEN WÄHLER legen großen Wert darauf, dass die Politik, auch die bayerische Politik, sich nicht nur für ein paar Große ins Zeug legt, sondern auch für kleine Unternehmen, denen man auch politisch helfen kann, rechtzeitig Hilfsangebote macht.
Das gilt zunächst einmal für die gesamte Infrastrukturpolitik, auch für Wirtschaftsförderung, wo es möglich und nötig ist, und beschränkt sich nicht nur darauf, in solchen Notlagen wohlfeile Dringlichkeitsanträge zu stellen. Der jetzt Gott sei Dank geänderte zweite Absatz hat deutlich gemacht, dass Sie von der Staatsregierung, von der Politik insgesamt offenbar Lösungen erwarten, die wir seitens der Politik einfach nicht leisten können. Wenn es darum geht, dass die Staatsregierung für dauerhafte Alternativarbeitsplätze sorgen soll - das ist gesagt worden -, dann geht das auch nach unserer Wahrnehmung nicht. Herzlichen Dank dafür, dass das geändert wurde!
Herr Oberbürgermeister Ude hat sich, wie ich finde, auch zu Recht, direkt an Nokia und Siemens gewandt, um auf sie einzuwirken und die Möglichkeiten zu sondieren, wie die Situation der von Arbeitslosigkeit Bedrohten möglichst zu verbessern wäre. Er hat sich auch dafür ins Zeug gelegt, dass möglichst wenige in die Arbeitslosigkeit entlassen werden. Wenn sich die SPD-Fraktion jetzt an die Bayerische Staatsregierung wendet, dann ist das wahrscheinlich nicht der richtige Adressat. Es wäre konsequent gewesen, sich auch direkt an die Unternehmen zu wenden.
Nachdem aber die Gesamtbotschaft jetzt zum Inhalt hat, dass wir die Staatsregierung auffordern, alle ihr zu Gebote stehenden Möglichkeiten zu nutzen, wollen wir uns diesem Antrag anschließen, wenngleich im letzten Absatz immer noch davon die Rede ist, dass die Staatsregierung offenbar ersucht wird, die Verlagerung des Firmensitzes nach Bayern zu organisieren. Wenn es schon nicht auf das Ergebnis ankommt, dann wollen wir daran unsere Zustimmung nicht scheitern lassen.
Interessant ist schon, lieber Kollege Huber, dass es die Regierungsfraktionen offenbar für erforderlich halten, die Staatsregierung zu Anstrengungen aufzufordern. Wären Sie nämlich überzeugt und sicher, dass die Staatsregierung ohnehin tut, was ihr zu Gebote steht und was sie tun muss, was wir alle von ihr erwarten, vor allem was auch die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erwarten dürfen, dass man nämlich Gespräche führt, dass man sondiert, ob unternehmerische Entscheidungen zugunsten Bayerns zu erreichen sind und wie weit das möglich ist, und man da, wo Betroffenheiten entstehen, auch gewisse Alternativlösungen verhandeln kann, dass sich möglicherweise auch Siemens ins Zeug legt, um Angebote zu machen, um von Arbeitslosigkeit betroffene Mitarbeiter aufzufangen, dann bräuchten Sie die Staatsregierung zu solch puren Selbstverständlichkeiten nicht aufzufordern.
Allein Ihr Antrag zeigt, dass Sie daran offenbar Zweifel haben; denn sonst hätten Sie den Antrag nicht gestellt. Wenn Sie die schon haben, haben auch wir gewisse Zweifel daran, ob die letzten Versuche schon gemacht wurden und ob da bislang schon mit letztem Einsatz gekämpft wurde. Deswegen werden wir auch Ihrem Antrag die Unterstützung nicht versagen.
Lieber Kollege Muthmann, herzlichen Dank für die nach einigem Hin und Her doch gegebene Zustimmung zu unserem Antrag.
Ich lese vor, was wir in Absprache mit den GRÜNEN im zweiten Absatz geändert haben: "Ziel muss sein, dass für möglichst viele der betroffenen hochqualifizierten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Bayern konkrete und dauerhafte Alternativarbeitsplätze geschaffen werden." Logisch impliziert das nicht, dass wir sagen, die Bayerische Staatsregierung sei direkt verantwortlich,
Aber zu Ihrem Ansatz noch einmal: Mich würde schon interessieren, gerade in Bezug auf den Antrag von CSU und FDP - oder von FDP und CSU -, ob das Wörtchen "weiterhin", dass die Bayerische Staatsregierung weiterhin ihre Bemühungen fortsetzen soll, ausdrücken soll, Kollege Muthmann, dass die Bayeri
Jetzt die Staatsregierung nicht mehr aufzufordern, weil wir Zweifel haben, dass genug gemacht ist, und das mit dieser Formalie zu begründen, ist nicht so sehr unsere Art. Ich habe es ja begründet, dass wir gerne an dieser Stelle die Staatsregierung noch einmal anfeuern, um das, was in dieser schwierigen Situation möglich ist, noch zu machen. Das tun wir gerne, auch durch Unterstützung des Antrags von CSU und FDP, die ihn ja auch gestellt haben, um die Staatsregierung noch einmal anzufeuern, weil es da offenbar auch gewisse Restzweifel gibt. Anders ist dieser Antrag nicht zu erklären.
Zu Ihrem Antrag; Ich bin dankbar dafür, dass jetzt die Nennung der Zahl 2.000 herausgefallen ist, weil das an dieser Stelle offenbar noch nicht feststeht. Ich glaube auch nicht, dass zum jetzigen Zeitpunkt die Nennung solcher Zahlen hilfreich wäre. Wie man in unserer "niederbayerischen Heimat Niederbayern" damit es alle gesagt haben - sagt: Mit’m Reden kommen d’Leut z’amm. Insofern ist jetzt auch Ihr Antrag zustimmungsfähig geworden, aber das habe ich ja schon dargelegt.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir als GRÜNE teilen ebenfalls die Betroffenheit gegenüber der NSN. In der Begründung des SPD-Antrages steht ein richtiges Wort: Managementfehler bei der NSN, bei den Müttern Siemens und Nokia. Hier in Bayern stehen etwa 2.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel, weltweit 17.000 Stellen. Wir brauchen natürlich jede erdenkliche Hilfe in Form von Gesprächen. Ich hoffe, dass schon einiges erfolgt ist, Herr Wirtschaftsminister Zeil. Da sind wir völlig d´accord, Herr Wirtschaftsminister Zeil. Das muss auch in Zukunft so sein. Darauf zielt der Antrag ja ab.
Treiber der geplanten Restrukturierung ist neben Nokia aus Finnland, die im Übrigen den Münchner Standort ganz schließen wollte - Siemens hat das in der vorletzten Woche strikt abgelehnt -, natürlich auch Siemens, Wittelsbacherplatz. Es ist für mich völlig unverständlich, warum bei der sogenannten Neuausrichtung nicht eine Kooperation zwischen dem sich im
Neuaufbau befindlichen Siemenssektor Infrastructure & Cities und NSN zustande gekommen ist. Infrastructure & Cities mit Stammsitz in München baut gerade einen Geschäftsbereich neu auf, der zukünftig für die sogenannten Metronetze, nämlich Stadtwerke etc. auch ein Produktgebiet vorsehen wird, welches Kommunikationsservices über Stromnetze anbieten kann.
Meines Wissens ist Nokia Siemens Networks keine Kooperation eingegangen. Das ist der Knackpunkt. Herr Wirtschaftsminister Zeil, das werden Sie bitte auch in die Gespräche einfließen lassen. Darum möchte ich Sie bitten; denn Siemens ist eine Kooperation mit einem Mitbewerber eingegangen. Das ist für mich ein strategischer Fehler, weil ich darin eine interessante Perspektive gesehen hätte. Damit raubt die eigene Mutter NSN eine Zukunftsperspektive.
Wenn hierbei NSN keine marktreifen Produkte anbieten kann - das könnte man vielleicht so sehen -, so kann man solch ein Manko durch einen gezielten Zukauf ausgleichen. Das ist nicht unüblich. Bitte geben Sie das in Ihren Gesprächen weiter, Herr Zeil. Darum möchte ich Sie bitten.
Herr Ministerpräsident Seehofer und Herr Wirtschaftsminister Zeil sollen sich laut Ihrem Antrag unterstützend in der konzertierten Aktion persönlich einbringen, um den angekündigten Stellenabbau zu verhindern.
Aufgabe der Gewerkschaften und des Betriebsrates ist es, die Umstrukturierungsmaßnahmen mit dem Arbeitgebermanagement und mit den Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen zu entwickeln. Beschäftigungsgesellschaften und Transfergesellschaften sind Stichworte aus der Vergangenheit. Wir hoffen, dass es nicht dazu kommt. Wir hoffen, dass Marco Schröter, der als krisenerfahrener Manager und Finanzvorstand schon Infineon erfolgreich beriet, auch in diesem Fall NSN bis 2013 - das ist die Frist - die Kurve bei uns in Bayern nimmt; denn diese Branche darf aus Bayern eigentlich nicht abwandern. Dafür setzen wir uns von diesem Parlament aus ein.
In Ihrem Dringlichkeitsantrag fordern Sie, die Firma NSN solle endlich zu dauerhaften Alternativarbeitsplätzen für die Belegschaft kommen. Da haben wir uns geeinigt. Sie haben gesagt, Sie wollen das in Ihrem Antrag ändern. Darum werden wir Ihrem Antrag auch zustimmen. Als Antragsteller sollten Sie eine Umformulierung machen. Das haben wir verabredet; denn Ziel soll sein, dass konkrete und dauerhafte Alternativarbeitsplätze für die Belegschaft geschaffen