Protocol of the Session on October 20, 2011

Ich sage Ihnen aber ein Letztes: Ich finde es ein bisschen bizarr, dass Sie gleichzeitig als Exponent einer Regierungskonstellation von Schwarz und Gelb, die momentan in Berlin dabei ist, wenn der Bundesrat das

durchgehen lassen würde, von 2012 bis 2015 insgesamt einen Betrag von 26 Milliarden Euro genau für die Gruppe der Menschen zu kürzen, die Sie genannt haben, also der Menschen, die Qualifizierungsbedarf haben, die Ein-Euro-Jobs brauchen, die Brücken in den Arbeitsmarkt brauchen, die Eingliederungsmaßnahmen brauchen, also der Menschen, deren Diskreditierung Sie mir unterstellt haben, was ich in der Tat für empörend halte, versuchen, diese Menschen endgültig ins Abseits zu stellen.

Sie sollten sich gut überlegen, ob Sie über "Gute Arbeit" in diesem Hause richten dürfen.

(Lebhafter Beifall bei der SPD)

Vielen Dank. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache geschlossen, und wir kommen zur Abstimmung.

Bevor ich in die Abstimmungsprozesse eintrete, darf ich noch einen Nachtrag machen. Sicherlich haben Sie alle das Ergebnis der namentlichen Schlussabstimmung zum Regierungsentwurf 16/8800 zur Änderung des Landeswahlgesetzes mitgeschrieben. Ich muss dieses Ergebnis aber korrigieren. Aufgrund eines Fehlers der Zählmaschine, der aber bei der Nachprüfung festgestellt wurde, muss ich Ihnen mitteilen, dass nicht 93, sondern 94 Abgeordnete mit Ja gestimmt haben. Das Ergebnis ist unverändert. Für das Protokoll muss ich das feststellen, und die Zählmaschine werden wir gleich testen können, weil die SPD namentliche Abstimmung zu ihrem Antrag beantragt hat.

Deswegen ziehe ich den Tagesordnungspunkt 5, den Gesetzentwurf auf Drucksache 16/6854 der GRÜNEN, vor. Wir kommen zur Abstimmung über diesen Tagesordnungspunkt. Der Abstimmung liegen der Initiativgesetzentwurf der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN auf Drucksache 16/6854 und die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie auf Drucksache 16/9829 zugrunde.

Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt die Ablehnung des Gesetzentwurfs. Wer dagegen dem Gesetzentwurf zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich sehe die Hände der Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion der SPD. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Ich sehe die Hände der CSU-Fraktion, der FDP-Fraktion, der Fraktion der FREIEN WÄHLER und der Abgeordneten Frau Dr. Pauli. - Gibt es Stimmenthaltungen? Das ist nicht der Fall. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Ich komme nun zur namentlichen Abstimmung über den Tagesordnungspunkt 4. Der Abstimmung liegen der Initiativgesetzentwurf der SPD-Fraktion auf Drucksache 16/6700 und die Beschlussempfehlung des federführenden Ausschusses für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie auf Drucksache 16/9828 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt den Gesetzentwurf zur Ablehnung.

Die Abstimmungskarten haben Sie teilweise schon in der Hand. Ich eröffne die Abstimmung. Die Urnen sind an den üblichen Stellen. Die Abstimmung dauert fünf Minuten. Danach fahren wir in der Debatte fort.

(Namentliche Abstimmung von 17.14 bis 17.19 Uhr)

Die fünf Minuten sind um. Ich schließe die Abstimmung. Wir werden das Ergebnis außerhalb des Raumes auszählen und Ihnen dann bekannt geben.

Ich rufe jetzt zuerst, wie angekündigt,

Tagesordnungspunkt 7 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. a. Anlage 3)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 3)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. des jeweiligen Abstimmungsverhaltens seiner Fraktion entsprechend der ausgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. Ich sehe ziemlich viele Hände. Die Gegenprobe. Enthaltungen? - Damit hat der Landtag diese Voten einstimmig übernommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Dr. Thomas Beyer, Harald Güller u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Hochschulgesetzes (Abschaffung der Studienbeiträge) (Drs. 16/8256) - Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Erster Redner ist Dr. Christoph Rabenstein für die SPD-Fraktion. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Seit dem Einbringen dieses Gesetzentwurfs im April 2011 ist schon einige Zeit vergangen, die Argumente auf beiden Seiten sind wohl gleich geblieben. Allerdings hat sich politisch seit April 2011 doch einiges geändert. Es ist Bewegung in die Sache gekommen. Ministerpräsident Seehofer hat die Studiengebühren auf den Prüfstand gestellt, und wir haben auch sehr interessante Entwicklungen innerhalb der FDP.

Die Generalsekretärin der FDP Miriam Gruß hat sich eindeutig für die Abschaffung der Studiengebühren ausgesprochen. Ich möchte sie wörtlich aus der "Süddeutschen Zeitung" zitieren. Sie hat also festgestellt:

Mein Ziel ist es, Bildung in Bayern kostenfrei anzubieten.

(Beifall bei der SPD)

Das heißt, dass von der frühkindlichen Bildung bis zur Hochschulausbildung keine Gebühren anfallen sollen.

Wo sie recht hat, hat sie recht, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Beifall bei der SPD)

Ich hoffe nur, dass sie ihre Parteifreunde Minister Heubisch und den Faktionsvorsitzenden Hacker mit seiner Fraktion davon überzeugen kann; denn ich glaube, gerade in dieser Frage hat sie die entsprechende Ahnung. Sie ist ja auch familienpolitische Sprecherin der FDP im Bundestag. Also, liebe Mitglieder aus der FDP-Fraktion, hören Sie auf Miriam Gruß. Schaffen Sie mit uns gemeinsam die Studiengebühren ab.

(Beifall bei der SPD)

Die Argumente brauche ich hier nicht zu vertiefen. Sie sind uns allen bekannt. Studiengebühren sind sozial ungerecht,

(Alexander König (CSU): Quatsch!)

weil sich natürlich die Besserverdienenden leichter tun. Studiengebühren sind außerdem Hürden, die wir aufbauen. Wir müssen aber schauen, dass wir noch mehr qualifizierte Menschen ins Studium bringen.

Das dritte Argument: Wir wissen, dass wir auch in Bayern in Konkurrenz zu anderen Bundesländern stehen. Wir sind die Einzigen, die außer Niedersachsen noch Studiengebühren erheben. Noch haben wir genug Studenten. Das kann sich aber sehr schnell ändern. Dann, glaube ich, wäre es gut, wenn wir mit

Universitäten und Fachhochschulen ohne Studiengebühren aufgestellt wären.

Ich sage noch einmal, Studiengebühren sind aus gesellschaftspolitischer, sozialpolitischer und bildungspolitischer Sicht abzulehnen. Deswegen haben wir diesen Gesetzentwurf eingebracht.

(Beifall bei der SPD)

In die CSU ist Bewegung gekommen. Ministerpräsident Seehofer hat noch vor der Sommerpause die Studiengebühren in Zweifel gezogen. Er hat damit seine Fraktion wieder einmal vor den Kopf gestoßen. Wir haben gemerkt, was für ein Wirrwarr hier war, keiner wusste mehr recht Bescheid. Es ist natürlich so, dass Ministerpräsident Seehofer vordergründig die Studiengebühren in Zweifel gezogen hat, weil so viele Rücklagen gebildet worden sind. Auf der anderen Seite hat Ministerpräsident Seehofer schon einen Draht zur Bevölkerung. Er weiß, dass sich in Bayern ein Stimmungswandel vollzogen hat. Ich kann dem Ministerpräsidenten nur zurufen: Überzeugen Sie Ihre eigenen Mitstreiter, dass Studiengebühren nicht in Ordnung sind. Schaffen Sie die Studiengebühren in Bayern gemeinsam mit uns ab, sonst werden Sie als Ministerpräsident 2013 abgeschafft. Da bin ich mir sicher.

(Beifall bei der SPD)

Noch ein Wort zu den Gutachten und Umfragen. Die werden sicher heute wieder zitiert werden. Für jedes Gutachten, das sich pro Studiengebühren ausspricht, bringe ich Ihnen fünf Gegengutachten, die genau das andere behaupten. Wir kennen das doch auch bei den Umfragen. Es kommt immer auf drei Dinge an. Erstens, wer gibt die Umfrage oder das Gutachten in Auftrag? Zweitens, wie ist die Fragestellung? Wenn ich frage: Sind Sie für die Abschaffung der Studiengebühren, wenn sich dadurch die Studienbedingungen verschlechtern, dann sagt natürlich jeder Nein. Drittens kommt es natürlich auch darauf an, wen ich frage. Ich kenne eigentlich nur zwei Gruppen, die sich ganz entschieden für Studiengebühren aussprechen. Das sind einmal die Professoren und Hochschulleitungen. Es ist klar, die stehen in Konkurrenz zu anderen Hochschulen. Die sind natürlich froh, wenn ihr Betrieb gut läuft. Deswegen verstehe ich, wenn sie sagen, Studiengebühren brauchen wir. In dieser Woche hat sich in der "Süddeutschen Zeitung" Professor Bierling, ehemaliger Prorektor an der Universität Regensburg, für Studiengebühren ausgesprochen. Wenn man den Artikel genauer liest, weiß man auch warum. Er sagt, ich zitiere wieder wörtlich:

Angesichts der massiven Haushaltsprobleme ist es ohnehin illusorisch zu erwarten, dass die

staatlichen Mittel für Bildung in den kommenden Jahren steigen werden.

Und er sagt weiter:

Kompensation ist Augenwischerei.

Wenn ich mir natürlich das von der Staatsregierung erwarte, dann kann ich nicht anders argumentieren. Aber wir als Sozialdemokraten sagen deutlich: Wir wollen die Abschaffung der Studiengebühren, aber gleichzeitig natürlich auch eine Kompensation. Wir haben das auch in den Gesetzentwurf hineingeschrieben. Wir müssen die Ausgaben für die Bildung erhöhen, und die Studiengebühren müssen eins zu eins ersetzt werden. Anders geht es nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD)

Die zweite Gruppe, die ich ansprechen möchte, sind die Studierenden aus reichem Elternhaus. Natürlich sind die froh, dass sich die Studienbedingungen verbessern. Die 500 Euro Studiengebühren machen denen nichts aus. Das ist die Gruppe, wo die Söhne zum Abitur vom Vater einen Porsche geschenkt bekommen, mit dem sie dann zum Campus fahren.

(Unruhe - Zuruf des Abgeordneten Josef Miller (CSU) - Alexander König (CSU): Sie verwechseln das mit Gewerkschaftsfunktionären!)

Natürlich sind die dafür. Es mag sein, Herr Miller, dass ich etwas übertreibe und zuspitze, aber Sie wissen, welche Gruppe ich meine. Fragen wir doch einmal: Ist es gerecht, dass die Studierenden aus reichem Elternhaus von den Studiengebühren der armen Studenten profitieren? Das ist doch in höchstem Maße sozial ungerecht, dass die armen Studenten, die jobben müssen, die sich verschulden müssen, für die reichen Studierenden noch Studiengebühren zahlen müssen. Das ist in höchstem Maße ungerecht.

(Alexander König (CSU): Es gibt das Darlehensprogramm!)

- Ja, mit dem Darlehensprogramm verschulden sie sich. Der Student, der reiche Eltern hat, hat nach seinem Studium überhaupt keine Schulden, und der andere hat einen Schuldenberg. Das ist doch nicht gerecht.