Protocol of the Session on October 12, 2011

(Beifall bei der SPD)

Nächste Wortmeldung: Herr Kollege Pohl.

Frau Präsidentin, Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich zu Beginn zwei Sätze zu einem Thema sagen, das mich sehr stark umtreibt, wenn es um die Eingliederung von Menschen mit Behinderung geht: die Barrierefreiheit auf Bahnhöfen und die Mobilität von Menschen mit Behinderung. Dieses Thema ist leider zu einem Randthema verkommen. Wir führen jeden Monat diesen Dialog mit der Deutschen Bahn, der vom Kollegen Huber verdienstvollerweise ins Leben gerufen wurde. Jedes Mal steht das Thema Barrierefreiheit auf der Tagesordnung, und Herr Josel zuckt mit den Schultern. Bundesministerin Ursula von der Leyen hat zwar gefordert, jedes Jahr 100 Bahnhöfe barrierefrei zu machen, aber die Realität sieht so aus, dass es zwar im Ballungsraum München funktioniert, aber in den Regionen eben nicht. Die Kreisstadt Karlstadt des Landkreises Main-Spessart, auch Gemünden, eine größere Stadt, haben keine barrierefreien Bahnhöfe. In meinem Stimmkreis verfügt nicht einmal die Stadt Kaufbeuren über einen barrierefreien Bahnhof, die Kreisstadt Marktoberdorf ebenso wenig. Das Schlimme ist, dass bis 2018 hier nichts vorgesehen

ist. Das ist die Realität, der wir uns stellen müssen, wenn wir Diskussionen wie diese führen und den Menschen Hoffnung machen.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch auf einen zweiten Aspekt eingehen. Natürlich kostet Inklusion Geld. Wir werden hierfür Geld bereitstellen müssen. Wir dürfen aber die Kosten der Inklusion nicht auf dem Rücken der Städte und Kommunen abladen, weil viele Kommunen finanziell nicht in der Lage sind, diese Kosten zu schultern. Weil sie dazu nicht in der Lage sind, trifft das die Menschen mit Behinderung. Das Ganze kann nur dann funktionieren, wenn alle Ebenen engagiert an diesem Thema arbeiten. Wenn wir die Städte und Gemeinden nicht mit den notwendigen Finanzmitteln für diese Aufgabe versorgen, wird die Inklusion in den Regionen scheitern, wo das Geld so knapp ist, dass andere Prioritäten gesetzt werden.

Meine Damen und Herren, ich möchte hier im Parlament keinen Streit darüber führen, ob die Inklusion konnexitätsrelevant ist oder nicht. Das ist eine Frage, die letztlich gerichtlich geklärt werden muss, wenn die Kommunen vor Gericht ziehen und sich auf das Konnexitätsprinzip berufen. Wenn das passiert, meine Damen und Herren, haben wir im Parlament verloren; dann haben wir versagt, weil wir dieses Problem, ohne die Rechtsfrage beantworten zu müssen, dahin gehend kommunalfreundlich lösen könnten, dass wir die Kommunen von diesen Kosten freistellen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir haben deswegen die entsprechenden Anträge gestellt, wohl wissend, dass wir natürlich momentan noch mit der Stange im Nebel stochern und nicht genau wissen, wie hoch die Mehrkosten sind. Wir haben aber gesagt, nach zwei Jahren solle man die Mehrkosten ermitteln und dann den Kommunen diesen Mehraufwand rückwirkend ersetzen. In der Koalition sind dafür Ansätze vorhanden, was ich ausdrücklich anerkennen will, aber zum großen Wurf waren Sie leider nicht bereit. Es wäre schön gewesen, wenn der Landtag diese Frage hätte regeln können. So aber verschieben Sie die Regelung auf die Zukunft. Dann müssen wir die Lösung eben in der nächsten Legislaturperiode in Angriff nehmen.

Herr Pohl, bitte bleiben Sie am Mikrofon. Sie bekommen noch einige Sekunden Nachschlag, weil sich Frau Kollegin Sonnenholzner zu einer Zwischenintervention gemeldet hat, bitte.

Herr Kollege Pohl, ich darf Ihren Beitrag an einer Stelle verbessern und an einer anderen Stelle ergänzen. Mitnichten ist es so, dass die Bahnhöfe im Ballungsraum München

barrierefrei sind. Es gibt Dutzende von S-Bahnhöfen, wo das überhaupt nicht der Fall ist. Ganz aktuell liegen zwei Petitionen vom Behindertenbeirat für die Stationen Buchenau und Puchheim der S 4 vor, die mit Tausenden von Unterschriften im dichtest besiedelten Landkreis Bayerns Barrierefreiheit fordern. Selbst wenn der Zugang barrierefrei ist, hilft das nichts. Am Bahnhof Isartor ist die Rolltreppe auf der einen Seite seit nunmehr dreieinhalb Monaten nicht in Betrieb, und das an einer der Stellen, wo die Bahnhöfe kurz vor dem Isardurchstich am tiefsten liegen. Eine Zeit lang war auch noch die hintere Rolltreppe defekt. Am Bahnhof Fürstenfeldbruck ist die Rolltreppe seit fünf Wochen außer Betrieb.

Ein Rollstuhlfahrer, der versucht hat, sich dort fortzubewegen, hat bei der einschlägigen Servicenummer die Auskunft bekommen, er möge doch bis zum Bahnhof Buchenau fahren. Der ist aber auch nicht barrierefrei. Nach meinen Ermittlungen ist die Unterabteilung "Station und Service" dafür verantwortlich. Es ist ein Riesenskandal, dass Barrierefreiheit selbst da, wo sie theoretisch bestehen müsste, praktisch nicht existiert. Man kann von einem Menschen mit Behinderung auch nicht erwarten, dass er sich jedes Mal, bevor er in die S-Bahn steigt, per Telefon erkundigt, ob die Rolltreppe oder der Aufzug funktioniert. Wir sind auch im Großraum München noch Lichtjahre von einer echten Barrierefreiheit bei öffentlichen Verkehrsmitteln entfernt.

Danke schön, Frau Kollegin Sonnenholzner. Bitte, Herr Pohl.

Frau Kollegin Sonnenholzner, vielen Dank für Ihren Beitrag. Es sollte mitnichten so herauskommen, dass für Menschen mit Behinderung im Raum München paradiesische Zustände herrschen, ganz im Gegenteil. Sie haben völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass auch hier noch eine Menge zu tun ist. Sie stimmen aber sicher mit mir darin überein, dass die Zustände im Großraum München im Vergleich zu anderen Regionen Bayerns relativ gut sind. Unser gemeinsames Ziel muss es sein - da spreche ich sowohl die eine als auch die andere Seite an -, dass wir akzeptable Bedingungen für die Mobilität von Menschen mit Behinderung bekommen, und zwar sowohl im Großraum München als auch in allen anderen Regionen Bayerns.

Vielen Dank, Herr Kollege. Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Will, danach für eine Restredezeit Herr Kollege Gehring. Bitte schön, Frau Kollegin Will.

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Mit der UN-Behindertenrechtskonvention hat die gesamte Gesellschaft den Auftrag erhalten, Strukturen und Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass die Menschen mit Behinderung am Arbeitsmarkt und am gesellschaftlichen Leben aktiv teilnehmen können. Zu Recht heißt es "Mittendrin statt nur dabei". Kollegin Meyer hat schon ausführlich Stellung bezogen. Ich werde zum Schulbereich noch einiges sagen, auch wenn Kollege Eisenreich schon ausführlich darüber berichtet hat, wie wir uns als AG Inklusion weiter aufstellen.

Mit großer Mehrheit haben wir vor der Sommerpause in diesem Hohen Hause das Bayerische Gesetz über das Erziehungs- und Unterrichtswesen geändert. Diese Änderung wurde von der AG Inklusion auf den Weg gebracht. Die AG Inklusion - das wurde an anderer Stelle schon mehrfach gesagt - war wirklich eine Sternstunde des Parlaments; es war dem Thema angemessen, dass sich alle Fraktionen über ein ganzes Jahr hinweg zusammengetan hatten, um sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. Mit dem Gesetz zur Änderung des EUG wurden erste Schritte unternommen.

Jetzt werden wir als AG Inklusion die Umsetzung dieses Gesetzes in der Praxis begleiten und genau hinschauen, was funktioniert und was nicht funktioniert. Es ist nämlich Aufgabe aller Schulen und aller Kindertagesstätten, sich daran zu beteiligen. Wir haben relativ schnell 41 Schulen mit dem Profil "Inklusion" auf den Weg gebracht, die sozusagen als Leuchttürme für alle anderen Schulen die Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulwesen voranbringen sollen und vom wissenschaftlichen Beirat auf diesem Weg begleitet werden. Die Evaluation der Tandemklassen spielt dabei eine wichtige Rolle.

Die Förderschulen fungieren als Kompetenzzentren und können die Regelschulen künftig bei der Inklusion weiter unterstützen. Wir brauchen allerdings noch mehr MSD-Stunden - Stunden für die Mobilen Sonderpädagogischen Dienste -, um Beratung und Diagnostik sowie Fortbildung zur Optimierung zu bringen. Sie müssen sich aber auch für Kinder ohne Behinderung weiter öffnen, damit Unterricht und Betreuung wirklich miteinander funktionieren können. Damit die Inklusion an allen Schulen gelingen kann, müssen wir bereits in der Lehrerbildung beginnen. Kollege Eisenreich hat es angesprochen, und beim letzten Mal haben wir das auch klar und deutlich so vereinbart. Wir müssen in der Lehrerbildung damit beginnen, um zukünftige Lehrkräfte für dieses Thema zu sensibili

sieren. Das gilt natürlich auch für Erzieherinnen und Erzieher.

Wir wollen, dass Inklusion Bestandteil des erziehungswissenschaftlichen Teils aller Lehramtsstudiengänge ist und auch im Referendariat verstärkt behandelt wird. Dafür empfiehlt sich eine enge Kooperation zwischen Regelschule und Förderschule bei Ausbildungsinhalten. Auch die Ausbildung der Lehrkräfte für Sonderpädagogik muss an die neue Situation angepasst werden. Wir schlagen vor, das vertiefte Studium der sonderpädagogischen Fachrichtung auf zwei sonderpädagogische Fachrichtungen auszuweiten oder sonderpädagogische Schwerpunkte zu bündeln, um diesem Ziel näherzukommen. Bisher studieren Sonderpädagogen ein vertieftes Fach. Eine solche Bündelung könnte beispielsweise beim Schwerpunkt Lernen, Sprache und Verhalten durchgeführt werden.

Last but not least spielen die Schulbegleiter an den Regelschulen und den Förderschulen bei jedweder Begleitung von Kindern mit Behinderung eine wichtige Rolle. Die Schulbegleiter ermöglichen vielen Kindern überhaupt erst die Teilnahme am Unterricht an einer Regelschule oder einer Förderschule. Sie erleben ein Kind in vielen Situationen, im Unterricht, auf dem Pausenhof, mit Freunden und in der Familie. Deshalb ist es wichtig, dass wir genauer als bisher darauf achten, welche Qualifikation und Vorbildung die Schulbegleiter mitbringen. Vorab möchte ich aber betonen, dass Schulbegleiter keine Zweitlehrer sind und auch nicht als solche eingesetzt werden können. Ich bin auch der Meinung, dass die Durchführung der Schulbegleitung von den Bezirken auf den Freistaat bzw. auf die Schulämter übertragen werden soll, damit die Inanspruchnahme der Schulbegleitung für die Kinder und Eltern unbürokratischer wird.

Frau Kollegin!

Ja, ich weiß, meine Zeit ist zu Ende.

(Zuruf von der SPD: Prima!)

Wir haben noch viel zu tun. Inklusion geht alle an. Sie betrifft die gesamte Gesellschaft und muss wirklich endgültig in den Köpfen ankommen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Jetzt hat sich noch Herr Kollege Gehring zu Wort gemeldet. Ich bin auf den Aufgalopp gespannt, denn Sie haben nur noch 23 Sekunden Redezeit.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Kollege Eisenreich hat da

rauf hingewiesen, dass noch viel zu tun ist, dass der erste Gesetzentwurf ein erster Schritt war und weitere Schritte notwendig sind. Ein weiterer Schritt muss beim Geld gemacht werden. Wir brauchen im Nachtragshaushalt einen Beitrag zur Verwirklichung von Inklusion. Hierfür müssen zusätzliche Mittel bereitgestellt werden. Davon habe ich noch nichts gehört.

Ein Wort zu den Kommunen: Die Umsetzung der UNKonvention ist Aufgabe aller politischen Ebenen. Deswegen darf kein Streit über die Konnexität vom Zaun gebrochen werden. Klar sein sollte aber auch, dass das Land für die Unterstützung der Kommunen verantwortlich ist. Wir brauchen in Kürze ein Programm des Landes, um die Kommunen bei ihren Aufwendungen für Inklusion zu unterstützen.

Als Letztes noch ein Wort: Wer sich mit einem Teilbereich von Inklusion beschäftigt, stellt sehr schnell fest, dass dabei ein ganzes Bündel von Themen auftaucht. Deswegen fordern wir einen Aktionsplan, der zusammen mit allen Beteiligten aufgestellt wird. Deswegen muss Inklusion auch zur Chefsache werden. Ich hoffe, dass der Ministerpräsident beim nächsten Mal länger als fünf Prozent der gesamten Debattenzeit anwesend ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zum Abschluss der Beratungen hat Frau Staatsministerin Haderthauer das Wort.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Bayern hat als eines der ersten Länder 2003 ein Behindertengleichstellungsgesetz in Kraft gesetzt. Dieses Gesetz war der Startschuss dafür, dass Behindertenbeauftragte nicht nur auf Landesebene, sondern flächendeckend auch auf kommunaler Ebene installiert wurden und dass der Landesbehindertenrat als Sachverständigengremium im Dialog mit uns und zahlreichen weiteren Gremien, die die Partizipation behinderter Menschen an politischen Prozessen sicherstellen sollen, in Bayern einen guten Standard erreicht haben.

Wir haben heute die Interpellation der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu behandeln. Mit großem Eifer haben Sie über 300 Fragen an die Staatsregierung gerichtet. In der Debatte ist mehrfach gesagt worden, wir hätten über ein Jahr gebraucht, um die Fragen zu beantworten. Die Beantwortung der Interpellation ist ein Gemeinschaftswerk aller Ministerien gewesen, weil wir das Thema Politik für Menschen mit Behinderung als Querschnittaufgabe sehen. Zur Ehrenrettung der Mitarbeiter aller Häuser möchte ich sagen, dass wir die Interpellation, die vom Septem

ber 2010 datiert, im Oktober 2010 bekommen haben. Am 21. Juni 2011 war sie beantwortet. Damit haben wir ein gutes halbes Jahr, aber keinesfalls über ein Jahr gebraucht. Ich meine, dass diese Aussage das Dankeschön bekräftigt, welches von den anderen Fraktionen an die beteiligten Beamten gegangen ist.

(Beifall bei Abgeordneten der CSU und der FDP)

Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren, wir hätten die Interpellation nicht gebraucht, denn wir haben uns bereits lange vorher mit den Arbeiten am Entwurf des Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention befasst. Wir haben direkt nach der Ratifizierung dieser Konvention mit den Arbeiten begonnen. Übrigens haben wir mit Sitzungen im Landesbehindertenrat begonnen, weil der Entwurf im Dialog erarbeitet werden sollte. Im Mai dieses Jahres ist der Plan als Entwurf eines Aktionsplans durchs Kabinett gegangen. Als vorhin einer der Vorredner zutreffend festgestellt hat, dass es sich nur um den Entwurf eines Aktionsplans handle, wurde von links eingewandt: Ach so, nur ein Entwurf! Sonst meckern Sie immer darüber, dass wir vorher nicht mit Ihnen reden. Jetzt haben wir einen Entwurf gemacht, um ihn im Landtag, mit allen Verbänden und der gesamten Öffentlichkeit zu diskutieren; Sie aber mosern darüber, dass es sich erst um einen Entwurf handle. Ich halte es für richtig, dass wir einen solchen Aktionsplan gemeinsam erarbeiten. Wie wir heute aus vielen, aber nicht aus allen Redebeiträgen gehört haben, gibt es nicht nur in unserer Fraktion Ideen, die schon eingeflossen sind. Viele Aufträge, auf die hingewiesen wurde, haben wir bereits erledigt.

Als eines der ersten Länder haben wir übrigens diesen Entwurf eines Aktionsplans erarbeitet. Wenn Sie im Bundesgebiet herumschauen, finden Sie nur Rheinland-Pfalz, das knapp vor uns liegt.

Das Bayerische Behindertengleichstellungsgesetz habe ich erwähnt. Wir haben bei der Beantwortung der Interpellation schon die Gelegenheit genutzt, darzustellen, was wir bereits getan haben. Ich bin Ihrer Meinung, dass es auch um das gehen kann, was schon getan wurde und nicht nur um die Ziele. Natürlich ist es nicht verkehrt, wenn auch die Ziele konzeptionell formuliert werden. Für wichtig halte ich es, zu betonen, dass wir nicht nur bei der Installation von Beauftragten bundesweit führend sind, sondern dass wir auch mit Maßnahmen beim Übergang von der Förderschule zum Beruf bundesweit Maßstäbe setzen, dass wir ein flächendeckendes Netz an Frühförderstellen und Beratungs- und Betreuungsdiensten der offenen Behindertenarbeit haben, worum wir bundesweit beneidet werden, und dass wir seit Jahrzehnten erfolgreich den Behindertenbreitensport fördern,

darunter auch die Special Olympics, die Olympischen Spiele für geistig behinderte Menschen.

Mit unserem BayKiBiG beschreiten wir bundesweit in der Kindertagesbetreuung den Weg zur Inklusion am konsequentesten, weil wir durch die kindbezogene Förderung auf die Situation und den Förderbedarf eines jeden Kindes eingehen können. Ein Förderfaktor von 4,5 für Kinder mit besonderem Förderbedarf das ist etwas, wonach sich die Kinder in anderen Bundesländern und vor allem deren Eltern die Finger schlecken würden.

(Beifall bei der CSU)

Meine Damen und Herren, Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns schon etwas dabei gedacht, als wir sagten, dass in unseren Kinderbetreuungseinrichtungen etwa zu einem Drittel Kinder mit besonderem Förderbedarf untergebracht werden sollten. Wenn wir das nicht gemacht hätten, würden sehr schnell - weil diese Kinder so gut gefördert werden - Spezialeinrichtungen entstehen, in denen nur Kinder mit Behinderungen betreut werden. Das wäre aber nicht das, was ich unter Inklusion verstehe. Die Mischung muss gewährleistet sein. Deshalb ist diese Mischung auch eine Vorgabe in den Förderrichtlinien und im BayKiBiG.

Ich möchte im Einzelnen noch auf einige Punkte eingehen, die Schwerpunkte bei den Wortmeldungen waren. Zunächst möchte ich jedoch grundsätzliche politische Gedanken zum Thema Menschen mit Behinderung darlegen, die Frau Kollegin Meyer angesprochen hat. Der Freistaat Bayern und die bayerischen Kommunen wenden jedes Jahr 3,5 Milliarden Euro auf, um Menschen mit Behinderungen eine inklusive Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu ermöglichen. Dabei geht es zum Beispiel um die offene Behindertenarbeit oder um einen Schwerpunkt im letzten Haushalt, nämlich die Einstellung zusätzlicher Mittel im Rahmen des "Aufbruch Bayern" für ältere Menschen mit Behinderung, die vor Lebenssituationen stehen, die eigene Antworten benötigen.

Ein weiteres Thema ist die Mobilität. Allein die unentgeltliche Beförderung von Menschen mit Behinderung lassen wir uns jedes Jahr 35 Millionen Euro kosten, mit steigender Tendenz. Über 50 Millionen Euro stehen für die Ausgleichsabgabe zur Verfügung und werden in die Förderung der Teilhabe schwerbehinderter Menschen im Arbeitsleben investiert.

Die Kommunen leisten mit der Eingliederungshilfe einen ganz großen Beitrag. Deshalb freue ich mich über die Unterstützung für unsere Vorschläge, die ich von verschiedener Seite in diesem Hause gehört habe. Wir haben die Initiative gestartet, die Eingliede

rungshilfe aus der kommunalen Alleinverantwortung herauszuholen und den Bund über ein Bundesleistungsgesetz ebenfalls in die Verantwortung zu nehmen. Er soll die Verantwortung nicht allein übernehmen, aber mittragen.

(Beifall bei der CSU)

Ich halte das für eine ganz wichtige gesellschaftspolitische Zielsetzung; denn die Hilfe für Menschen mit Behinderung muss mit einem eigenen Anspruch versehen werden, der einen anderen Charakter als die althergebrachte Fürsorgedenke hat. Das wäre ein Bundesleistungsgesetz.