Meine sehr geehrten Damen und Herren, da wird einmal deutlich, dass die Horrorszenarien, die von der Opposition immer gezeichnet werden, mit der Realität aber auch gar nichts zu tun haben.
Ganz im Gegenteil, wir fühlen uns dadurch sogar bestätigt. Herr Rinderspacher, gerade wenn die "taz" das so darstellt, ist das umso glaubwürdiger; denn das ist doch eher Ihre Zeitung, die Sie immer so gerne zitieren.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, in Bayern sind mehr als 30 % der Studierenden von der Beitragspflicht befreit. Wir haben immer wieder gerade familienpolitische Komponenten eingeführt. Wir haben mehrfach nachgewiesen, dass die Beiträge für die Verbesserung der Studienbedingungen an den Hochschulen verwendet werden. Beispiele dafür sind deutlich kleinere Gruppen. Ich hatte heute ein Gespräch mit einem jungen Assistenten, dessen Stelle an der Universität Augsburg in der Geschichtsdidaktik durch Studienbeiträge finanziert wird. Die anderen Beispiele für Verbesserungen - Öffnungszeiten der Universität, W-LAN usw. - sind längst nachgewiesen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es stimmt nach wie vor, dass die Studierenden nach Bayern kommen. Trotz der Studienbeiträge haben wir eine Nettozuwanderung. Es kommen mehr Leute nach Bayern, als aus Bayern abwandern.
Meine Damen und Herren, lieber Kollege Piazolo, die Umsetzung der Studienbeitragspflicht ist Aufgabe der Universitäten und der Hochschulen für angewandte Wissenschaften. Die Hochschulen für angewandte Wissenschaften haben dabei einen Spielraum von 100 bis 500 Euro, die Universitäten einen Spielraum von 300 bis 500 Euro.
Zur Feststellung, die Hochschulen könnten die eingenommenen Studienbeiträge nicht ausgeben, geben wir erneut vonseiten des Landtags den Rat, die eigenverantwortlich agierende Hochschule möge das in eigener Verantwortung tun.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, weil das so viel Spaß macht, lassen Sie mich auch den Schluss des Artikels in der "taz" zitieren. Ich trage den letzten Absatz vor:
Die neue Studie hat die studentischen Gegner schweigsam gemacht. Die beiden bundesweit agierenden Studentenverbände "Freier Zusammenschluss der Studierendenschaften" und "Aktionsbündnis gegen Studiengebühren" gaben trotz Anfrage keine Statements ab. Kein Wunder, behauptet das ABS bisher, dass alle zugänglichen bildungspolitischen Daten die bestehenden Einwände gegen Studiengebühren bekräftigten: "Studiengebühren errichten im Hochschulsystem zusätzliche Hürden, die die soziale Selektivität des gesamten Bildungssystems verstärken."
Meine sehr geehrten Damen und Herren, dadurch fühlen wir uns bestätigt. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Dem Kollegen Holmeier werde ich den Artikel auch zuschicken.
Herr Kollege Sibler, bitte bleiben Sie noch am Redepult, weil wir eine Zwischenbemerkung von Kollegin Gote haben, zu der ich ihr jetzt das Wort erteile. Bitte schön.
Herr Kollege Sibler, grundsätzlich finde ich es ja gut, dass Sie auch einmal in die "taz" schauen; dabei kann man immer etwas lernen. Aber man muss sie halt auch verstehen.
Wenn Sie die "taz" öfter lesen würden, dann wüssten Sie, dass der Journalist, der das geschrieben hat, Herr Füller, ein ausgesprochener Befürworter von Studiengebühren ist.
- Ja, ist. Das wüssten Sie, wenn Sie die "taz" öfter lesen würden. Dass dieser Herr in seinem Artikel die Studie natürlich so interpretiert, wie es auch in sein Weltbild passt, wundert mich jetzt nicht.
Ich warte jetzt einfach einmal ab, wie vielleicht in den folgenden Ausgaben der "taz" diese Studie weiter begründet wird. Der größte Vorwurf, den ich Ihnen machen möchte, besteht darin, dass Sie überhaupt nicht in die Studie hineingeschaut haben. Diese Mühe habe ich mir nämlich heute gemacht.
Lieber Herr Sibler, diese Mühe haben sich auch die gemacht, die gestern nicht gleich in ein Ach-ist-ja-garnicht-wahr ausgebrochen sind, wie Sie es vielleicht erwartet haben; denn die Studenten sind in ihrer Replik sehr viel seriöser, als Sie es gerade waren. Diese Studie ist nämlich nicht so einfach wegzuwischen, sie ist aber auch nicht nach einem kurzen Hingucken so zu interpretieren, wie Herr Füller das getan hat. Da steht ebenso wie in dem Monitoring-Bericht, den wir von unserem Hochschulinstitut haben, sehr viel drin, das man erst sieht, wenn man sich die Statistiken sehr genau anschaut. Ich lade Sie dazu ein, das in den nächsten Wochen zu tun. Es gibt übrigens auch schon erste Gegenstimmen und erste Stimmen, welche die Studie ganz anders deuten und darin ganz
andere Trends erkennen können. Seien Sie sich also Ihrer Sache nicht so gewiss! In dem Fall hat die "taz" vielleicht auch nicht die Wahrheit verkündet, sondern nur einen interessanten Debattenbeitrag geliefert.
Liebe Frau Kollegin Gote, warum kommt es mir jetzt nur so vor, dass Sie sich Ihre Argumentation so zurechtlegen, wie Sie es gerade brauchen?
In dem Artikel steht sogar ausdrücklich drin, dass der Verfasser der Studie - nicht der Verfasser des Artikels - ein Gegner von Studienbeiträgen gewesen sei und jetzt seine Meinung ändern müsse. Liebe Frau Gote, ich glaube, wir tun gut daran, diese Dinge nicht so zu interpretieren, wie es uns gerade passt. Sie haben dafür gerade ein gutes Beispiel abgegeben.
Wir nehmen die Redemeldung entgegen und erteilen jetzt Kollegin Zacharias für die SPD-Fraktion das Wort.
(Von der Rednerin nicht au- torisiert) Mein sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist natürlich wunderbar, dass ich bei meiner ersten Rede nach meiner kurzen Auszeit zu meinem Lieblingsthema sprechen darf. Lieber Bernd Sibler, soeben ist deutlich geworden, dass Sie die Studie nicht gelesen haben. Ich darf bei der Frage der Studiengebühren darauf hinweisen, dass das Deutsche Studentenwerk signifikant beweisen konnte, dass die Studiengebühren schon im Zusammenhang mit der Aufnahme
eines Studiums stehen und dass die finanzielle Belastung auch durch Studiengebühren der größte Abbrecherfaktor für Studierende ist. Das ist das Erste, und das mögen Sie bitte in Ihre Argumentationen aufnehmen.
Das Zweite: Diese Studie richtet den Blick auf die Studierfähigkeit der Abiturienten und auf ihre Idee, was sie studieren wollen. Sie wissen genauso wie ich, dass die tatsächliche Welt dann ganz anders aussieht. Ich bitte darum, hier die Studie so zu interpretieren, wie sie gedacht ist. Herr Sibler, Sie wissen ganz genau, dass Sie das so interpretieren, wie wir auch Studien interpretieren. Sie haben sie jetzt für sich zurechtgelegt. Der Hauptgrund für den Studienabbruch ist die finanzielle Belastung von Studierenden. Es ist auch belegbar, dass Menschen aus ärmeren Verhältnissen nicht studieren, weil Studiengebühren abschrecken, und das ist in dieser Studie in keiner Weise abgefragt worden.
Lieber Herr Piazolo, nun zu Ihrem Dringlichkeitsantrag, der natürlich extrem dringlich ist, weil dauernd in den Raum gestellt wird, wie unsinnig Studiengebühren sind. Studiengebühren sind unsozial - recht so! und gehören abgeschafft. Auch richtig!
Was mich so richtig ärgert: Kurz vor der Sommerpause kam die Frage auf, wie viele Millionen in den Depots der Universitäten und Hochschulen für angewandte Wissenschaften denn so schlummern. Dann bekam der Fachminister richtig Druck. Sein Druck hat so viel bewirkt, dass jetzt nur noch 60 Millionen dort hängen. 60 Millionen sind ein Drittel des gesamten Beitrags pro Jahr. Ein Drittel wird also immer noch gehortet. Es gibt zwei Möglichkeiten. Entweder sie geben aus, was das Zeug hält - hier noch mal eine Tiefgarage, dort noch mal ein Parkettboden in Laboren, hier ein Hubschrauberrundflug -,
(Bernd Sibler (CSU): Reicht es Ihnen immer noch nicht mit dem Argument der Tiefgarage? Das Beispiel Tiefgarage ist nachgewiesen falsch!)
- das alles was mit Studiengebühren gemacht worden ist, ist belegt, oder die Mittel müssen zurückfließen. Dass die Mittel nicht so einfach zurückfließen, wissen Sie ganz genau. Es sind Personalkosten, die dahinterstecken. Wir haben es mit Männern und Frauen zu tun, die Lohn und Brot bekommen müssen. Also können Sie nicht so einfach sagen, dass 60 Millionen zurückgeführt werden können.
Ich bleibe dabei, unsere Auffassung ist die gleiche wie die der FREIEN WÄHLER: Studiengebühren sind unsozial. Sie gehören abgeschafft. Wir haben eine Massenpetition auf den Weg gebracht. Wir haben zigtausende Unterschriften gesammelt, ohne dass wir in der
Universität richtig damit angefangen haben. Draußen auf der Straße findet die Abstimmung über die Frage der Abschaffung der Studiengebühren statt.
Ministerpräsident Seehofer - er ist jetzt nicht hier macht schon Vorwahlkampf und denkt darüber nach, welche Wahlkampfgeschenke er 2013 verteilt, um die ihm entschwindenden Wähler und Wählerinnen an sich zu binden. Daraus wird klar, dass das nur Vorgetöse ist.
Ich kann nur sagen: Lieber Minister Heubisch, herzlichen Glückwunsch zu dieser Ausgangslage. Sie haben eine Altlast übernommen. Sie müssen etwas ausbaden, was Sie nie wollten. Jetzt dürfen Sie das retten, was Sie mit Ihren 60 oder 61 Millionen noch retten können. Es ist absurd. Studiengebühren schrecken sehr wohl ab. Studiengebühren sind ein Verwaltungsmonster und Studiengebühren gehören vor dem Hintergrund des freien Zugangs zur Bildung vom Anfang bis ins hohe Erwachsenenalter abgeschafft.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister, die größte Herausforderung, vor der wir in der Bildungspolitik in diesem Land stehen, ist die Bildungsgerechtigkeit. Darin können Sie mir doch zustimmen. Vielleicht sollten Sie einmal von der anderen Seite her darüber nachdenken. Ich frage Sie: Was tragen Ihre Studiengebühren dazu bei, dass wir diese Herausforderung meistern können? Was tragen Sie dazu bei? Bekommen wir durch Studiengebühren mehr Bildungsgerechtigkeit? Jede neue Bildungsstudie - egal, ob international oder national, egal, wer sie erstellt - betont erneut, dass die soziale Selektivität unseres Bildungssystems enorm ist und dass sie in Bayern besonders hoch ist. Bildung ist in diesem Land immer noch vom Geldbeutel und vom sozialen Status der Eltern abhängig.