Herr Kollege Herrmann, trifft es zu, dass es auf Bundesebene ausschließlich Fachgespräche und Gesetzentwürfe in verschlossenen Schubladen gibt, aber keine Initiative der Bundesregierung, die dem Parlament tatsächlich zur Beschlussfassung vorgelegt worden ist? Welchen Sinn hat denn die Föderalismusreform 2006, die die Handlungskompetenz auf die Länder übertragen hat, und wie beurteilen Sie beispielsweise die Initiative des Landes Hessen?
Ich habe vorhin schon ausdrücklich ausgeführt, dass die Spielverordnung zum 01.01.2012 in Kraft treten soll.
Sie müssen einfach sehen, dass es eine Vielfalt von verschiedenen Ebenen gibt. Es gibt gewerberechtliche Regelungen, die auf Bundesebene zu behandeln sind. Dann gibt es die Spielverordnung, welche die Geräte betrifft. Ich habe die Änderungen, die da vorgesehen sind, vorgetragen, ich halte sie auch für sinnvoll. Das Baugesetzbuch ist auch ein Bundesgesetz. Wenn wir Ihre Anträge annehmen würden, würden wir auch nicht viel weiterkommen. Wir sind ohne Ihre Anträge schon weiter.
Danke, Herr Dr. Herrmann. Wir fahren in der Rednerliste fort. Für die FDP bitte ich Herrn Rohde ans Mikrofon.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Jetzt befinden wir uns schon mitten in der Spielhallendebatte. Ich rolle sie noch einmal auf und frage: Wie ist das Umfeld? - Wir stehen zum Jahreswechsel vor der Novellierung der Spielverordnung; die macht der Bundeswirtschaftsminister. Es gibt zwar Entwürfe, aber noch nichts Konkretes, das vorgelegt und beschlossen werden kann, sodass wir ein "moving target" haben. Wir wissen zwar noch nicht, was kommt, aber wir wissen, dass es in die richtige Richtung geht: Begrenzung der Gewinn- und Verlustmöglichkeiten etc.
Der Glücksspielstaatsvertrag wurde auch schon angesprochen. Derzeit wird darüber verhandelt. Aus meiner Sicht sind im ersten Entwurf noch viele Nachbesserungen vorzunehmen. Im Moment, Frau SchmittBussinger, würde ich Ihre Einschätzung teilen: Das Ding ist zum Scheitern verurteilt. Wenn zusätzlich von der EU Kritik kommt, gibt es an dem Entwurf zum Glücksspielstaatsvertrag Nachbesserungsbedarf, damit er zum EU-Recht passt und zustimmungsfähig ist. Ohne Einigung könnten wir sogar den bestehenden Vertrag ab dem 01.01. außer Kraft setzen. Ich bin auf die weitere Diskussion zu diesem Themenfeld gespannt. Das ist ein großer Komplex, über den außerhalb dieses Landtags verhandelt wird.
Wir haben bei den bayerischen Spielbanken Handlungsbedarf. Das ist eine separate Diskussion. Auch hier müssen wir uns Gedanken machen. Die EU gibt uns zudem Hinweise für die verschiedenen Regelungen im Glücksspielbereich.
In diesem Komplex steht irgendwo der Bayerische Landtag mit der Frage: Was machen wir denn? Wir haben uns schon öfter darüber unterhalten. Wir haben die Spielhallensteuer abgelehnt. Das ist klar, die FDP möchte keine neuen Bagatellsteuern. Egal, wie die Steuer heißt: Wir wollen sie nicht. Es gibt ja verschiedene Namen dafür. Wir wollen natürlich auch keine Enteignungen, auch keine durch die Hintertür. Das wäre der Fall bei Mehrfachkonzessionen, die bestehen und nach fünf Jahren ablaufen sollen. Das wäre im Prinzip eine Enteignung durch die Hintertür. Nennen Sie mir Gebäude, die nach fünf Jahren abgeschrieben sind! Das ist ein ziemlich harter Vorschlag, und das kann man auf keinen Fall machen.
Was passiert konkret? Den Spielsüchtigen und Suchtgefährdeten nützt es nichts, wenn Sie sich Gedanken machen, sondern es muss etwas passieren.
Bitte warten Sie auf das Ende meiner Rede, mit der ich noch nicht zu Ende bin. Vielleicht hätten wir doch auf die Frage verzichten können.
Ich stelle die Antwort einmal kurz zurück. Wenn jemand anklopft und eine Genehmigung für eine neue Spielhalle will, dann können die Gemeinden im Bebauungsplan eine Veränderungssperre beschließen; dann sind erst einmal für zwei Jahre keine Veränderungen möglich.
Die Kommunen haben in der Vergangenheit viele Genehmigungen erteilt, und jetzt sind die Spielhallen da. Das ist erst einmal Faktum. Sie könnten als Weiteres einen Aufstellungsbeschluss zum Bebauungsplan erlassen. Sie können eine Leitplanung für Spielhallen beschließen. Das ist alles mit der bestehenden Gesetzgebung möglich. Ich erinnere an den Leitfaden des Innenministeriums, der den Kommunen sehr wertvolle Hinweise gibt.
- Einige sagen, er sei wirklich sehr hilfreich und solle weiterverfolgt werden. Das ist das, was konkret getan wurde. Den Kommunen wurden Handreichungen gegeben, wie man neue Spielhallenstandorte verhindern kann.
Die FDP will Folgendes: Wir machen mit, wenn es darum geht, keine neuen Mehrfachkonzessionen zu vergeben. Beim technischen Spielerschutz geht es darum, ähnlich wie beim Zigarettenautomaten, an den man nur noch mit einer EC-Karte herankommt, die technischen Anforderungen zu erhöhen, damit die Jugendlichen nicht spielen können. Das kann man machen. Dazu hat sich die Automatenindustrie sogar freiwillig bereit erklärt.
Zu den Überlegungen, die Mindestspieldauer pro Spiel zu verlängern, möchte ich noch einige Forschungen betreiben. Wenn man die Spieldauer ver
längert, ist es logisch, dass mit einem Gerät weniger Gewinn oder Verlust zustande kommt. Dann hat der Spieler aber genügend Zeit, zum Nachbarautomaten zu gehen, und hat dann vielleicht den doppelten Verlust. Da muss man sich genau ansehen, welche Relationen es geben könnte, um nicht danebenzutreffen.
Was die FDP natürlich auf keinen Fall möchte, ist die Ausweitung der Sperrzeiten, sei es durch eine Sperrzeitenregelung, sei es durch die Hintertür im Glücksspielstaatsvertrag oder durch ein Spielhallengesetz, das ich in Bayern derzeit überhaupt noch nicht sehe.
Wir sind, wie ich schon andeutete, auf der Bundesebene in Person des Bundeswirtschaftsministers, der die Spielverordnung herausgeben wird, auf dem Weg. Es finden sich darin einige Vorschläge, die wir verfolgen können.
Wenn die Gewinn- und Verlustmöglichkeiten begrenzt werden, wird der Spielhalle über die Hintertür durchaus etwas Umsatz entzogen und die eine oder andere Spielhalle wird möglicherweise auch schließen müssen. Das müssen wir dem Wettbewerb überlassen und das ist dann auch in Kauf zu nehmen.
Aber ich kann nicht sagen, pass auf, deine Lizenz wird entzogen. Du bist enteignet. Ich muss es den Betreibern der vielen Spielhallen, die gesagt haben, sie wollten in die Automaten investieren, überlassen, zu erkennen, dass es möglicherweise nicht mehr so rosig wird, wie man sich das anfangs ausgerechnet hatte.
Wir sind also am Thema dran. Ich denke, dass zunächst die Bundesebene alles regeln muss. Wenn wir dann erfahren, dass es möglicherweise auf Bundesebene gescheitert ist, müssen wir über ein eigenes bayerisches Gesetz nachdenken. Da die drei Oppositionsanträge nicht genau in dieses Umfeld hineinpassen, müssen wir sie ablehnen. Wir verfolgen aber die diskutierten Ziele des Jugendschutzes und der Suchtbekämpfung gemeinsam weiter.
Danke, Kollege Rohde. Es gibt eine Zwischenbemerkung der Frau Kollegin Schmitt-Bussinger und anschließend des Kollegen Pohl.
Herr Kollege Rohde, Sie haben gerade Vorschläge gemacht, wie die Kommunen jetzt schon mit Maßnahmen gegen Neuansiedlungen von Spielhallen vorgehen könnten. Glauben Sie tatsächlich, dass derzeit Kommunen erfolgreich gegen die Neuansiedlung vorgehen könnten? Wenn ja, wo ist das schon geschehen? Glauben
Sie darüber hinaus, dass all die Kommunen, die derzeit darüber klagen, dass sie der Spielhallenflut nicht Herr werden, nur unfähig sind, die Instrumentarien die Sie genannt haben, richtig anzuwenden?
Ich stelle nicht die Behauptung auf, die Sie mir jetzt nahelegen. Es ist möglicherweise so, dass es in der letzten Zeit eine Prioritätenverschiebung gegeben hat. Am Anfang war man froh, dass in der leeren Innenstadt überhaupt jemand etwas macht, auch wenn es nur eine Spielhalle war. Aber dann kam noch eine und noch eine und noch eine hinzu, und irgendwann waren es dann zu viele. Dann waren die ersten aber schon genehmigt, und damit nahm das Unglück dann seinen Lauf. Das heißt doch, dass man als Stadt nicht von Anfang an gesagt hat, wenn Spielhallen, dann bitte nur da oder da, sondern man hat die Sache laufen lassen und bekam damit die Probleme.
Was die Städte machen könnten und Erlangen bereits tut, ist die Ausweisung lokaler Sperrzeiten in bestimmten Bereichen. Das würde dann auch für die Spielhallen gelten. Damit würden die Spielhallen dann vielleicht auch aus diesen Bereichen wegziehen.
(Horst Arnold (SPD): Das Problem bleibt das gleiche, ob innerhalb oder außerhalb der Sperrbereiche!)
Es gibt also Handlungsmöglichkeiten für die Kommunen, und wir sollten diese Handlungsmöglichkeiten auch den Kommunen überlassen.
Danke schön, Herr Rohde. Die nächste Zwischenbemerkung hat Herr Pohl angemeldet. Dann kommt Frau Kamm. Bitte sehr, Herr Pohl.
Das Instrument der Veränderungssperre können Sie im Vorfeld der Bauleitplanung einsetzen, um die spätere Bauleitplanung, den späteren Bebauungsplan abzusichern. Aber wenn Sie etwas baurechtlich nicht verhindern können, weil Verhinderungsplanung nach geltendem Städtebaurecht eben unzulässig ist, hilft Ihnen eine Veränderungssperre ebenfalls nicht.