Protocol of the Session on June 28, 2011

Auch wenn es für die Zuschauer wenig vergnüglich ist, sage ich dem Kollegen Dr. Kirschner: Eine hohe Exportquote hat Nebeneffekte, wie der Apotheker sagen würde. Der Nebeneffekt ist, dass bei uns die durchschnittlichen Einkommen viel zu niedrig liegen und diese Wettbewerbsfähigkeit zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer geht.

(Beifall bei der SPD - Zuruf des Abgeordneten Thomas Hacker (FDP))

Unsere europäischen Bruderstaaten haben mit unserer Exportstärke durchaus Schwierigkeiten. Das sei noch einmal gesagt.

(Alexander König (CSU): Das war Gewerkschaftskurs A!)

- Ich habe das akustisch nicht verstanden, kann also nicht reagieren.

Meine Damen und Herren, Kollege Franz Xaver Kirschner - in diesem Fall muss ich "du" sagen -, wer bitte schön hat die Menschen schlechtgeredet? Wir benennen Probleme, und wir zeigen Versäumnisse auf, die es gibt. Diese Versäumnisse gibt es, Herr Minister, mit Verlaub, auch seitens des Koalitionspartners. Man sprach zwar nicht vom "Nachtwächterstaat", aber von "Wirtschaftspolitik im Halbschlaf". Das ist kein Zitat von mir, sondern das kam von der Seite Söder & Co. Festzuhalten ist, dass es Versäumnisse gibt. Wegen der Dynamik will ich an einige Versprechen im wirtschaftspolitischen Bereich erinnern, die Kollege Huber nicht zukleistern konnte. Ministerpräsident Seehofer hat gesagt, Equal Pay könne er sich auch vorstellen. Was ist passiert? - Alle unsere Initiativen wurden von Ihnen oder von den Mandatsträgern Ihrer Partei im Wirtschaftsausschuss torpediert.

Wir haben eine beklagenswert niedrige Zuwanderung. Setzen Sie sich doch durch.

(Zuruf von der CSU: Zuwanderung!)

- Wir haben sogar Abwanderung. Man muss die Dinge in der Waage halten und zum einen die Initiativen stärker vorantreiben und zum anderen die hier lebenden Menschen, die Qualifizierungsbedarf haben, mit Geld unterstützen. E-Mobilität: Wo bleibt die beschworene Beteiligung der Gewerkschaft? Ich sehe nichts. Ministerpräsident Seehofer hat in seiner heutigen Erklärung angekündigt, dass sie kommen werde. Mal sehen, was daraus wird. Die Versprechungen höre ich gerne, aber mir fehlt der Glaube. Die bayerische Industriepolitik hat sich in der Aussage "MAN muss bayrisch bleiben" erschöpft. Es gibt keine Aussage, dass sich Herr Piëch vergaloppiert hat und er nun von der Europäischen Union eingebremst wird. Es wäre die Aufgabe eines bayerischen Wirtschaftsministers, Klartext zu reden.

(Beifall bei der SPD)

Nicht verschwiegen werden dürfen die Versäumnisse bei der Wehrtechnik. Wegen des Moratoriums wird so lange nichts gesagt, was in den einzelnen Regionen passieren soll, so lange nicht klar ist, was mit den Standorten passieren wird. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite der Medaille betrifft die Unternehmen, die Wehrtechnik produzieren. Haben Sie einen Maulkorb umgehängt bekommen? Wurde ein öffentliches Schweigegelübde ausgesprochen? - Ich verstehe das nicht. Das muss sich ändern. Das würde heißen, aktive Wirtschaftspolitik zu betreiben, bei den Unternehmen einzugreifen und die Sorgen der Be

triebsräte aufzugreifen, damit gute Lösungen gefunden werden können.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will noch über einen Punkt sprechen: Geld. Alles ist grob unterfinanziert, egal auf welchem Sektor. Heute haben wir die Botschaft vernommen, dass in Niederbayern - für die anderen Bezirke kann ich es nicht sagen - kein Geld für Wirtschaftsförderung vorhanden ist.

Herr Kollege, bitte kommen Sie zum Schluss.

Wir haben heute den 28. Juni 2011. Ich stelle fest, dass kein Euro in der Schatulle der Regierung von Niederbayern für Wirtschaftsförderung ist. Das ist das Eingeständnis des Bankrotts. Ich fordere sehr viel mehr Geld für die notwendigen Maßnahmen bis hin zur Regionalisierung der Wirtschaftsförderung.

(Beifall bei der SPD)

Nun hat Herr Kollege Stöttner für die CSU das Wort. Bitte sehr.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben uns etwas über den Aufruf der Aktuellen Stunde der SPD-Fraktion gewundert. Das Aktuellste an dieser Stunde, lieber Thomas Beyer, ist, dass du wirtschaftspolitischer Sprecher geworden bist. Dazu möchte ich dir herzlich gratulieren. Du bist sachlich orientiert, und deshalb freuen wir uns auf die Zusammenarbeit im Ausschuss.

(Dr. Thomas Beyer (SPD): Auch ich freue mich!)

Die Angriffe auf die bayerische Wirtschaftspolitik sind in überhaupt keiner Weise gerechtfertigt. Lieber Kollege Dr. Beyer, liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wirtschaftspolitik in Bayern ist kein Selbstzweck. Ihre dienende Funktion und ihr Inhalt haben wesentliche Bedeutung, und sie will die Menschen in den Mittelpunkt stellen. Das Wohl des einzelnen Menschen und der Familien in Bayern sind die hervorragenden Ziele der bayerischen Wirtschaftspolitik. Sie wissen: Unsere Unternehmer fühlen sich in Bayern wohl. Nicht ohne guten Grund sind fast 10 Dax-Unternehmen in Bayern ansässig; die Liste reicht von Adidas über Allianz, BMW, MAN, Siemens, Münchener Rück hin zu Infineon und Linde. Sie wissen, Linde ist von seinem Standort in Hessen nach Bayern umgezogen.

(Hans-Ulrich Pfaffmann (SPD): Die sind alle in München ansässig!)

Daraus ersehen Sie, dass die bayerische Wirtschaftsund Standortpolitik die richtige ist.

(Beifall bei der CSU)

Bayern ist zusammen mit Baden-Württemberg mit über 50 % aller Patentanmeldungen Spitzenreiter.

(Zuruf des Abgeordneten Markus Rinderspacher (SPD))

Gemeinsam mit der FDP legen wir in unserer Wirtschaftspolitik enormen Wert auf Freiheit und Eigenverantwortung im Unternehmertum. Wir setzen auf die Kräfte des Marktes und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen. Wir geben Anreize zur Leistung und zur Eigeninitiative, wir legen aber auch großen Wert - lieber Thomas Beyer, da sind wir uns einig auf die Subsidiarität und die Solidarität mit den Menschen in Bayern.

Die Familienunternehmen sind die wirkliche Stärke Bayerns. Das ist schon öfters gesagt worden. Diese Unternehmen fühlen sich bei uns wohl. Sie schaffen 70 % der Arbeitsplätze und 85 % der Ausbildungsplätze; sie legen damit die Grundlage für unsere wirtschaftliche Entwicklung. Die bayerische duale Ausbildung an den Berufsschulen und in den Betrieben ist dafür die Grundlage. Vor Kurzem waren wir im Ausland und haben erfahren: Jeder schätzt die duale Ausbildung der bayerischen Mitarbeiter. Das Ausland schätzt es, wenn wir unsere Erfahrungen an die ausländischen Unternehmen weitergeben.

Die Familienbetriebe haben die Finanzkrise exzellent überstanden. Natürlich sind hierfür die politischen Rahmenbedingungen wichtig, Herr Kollege Rinderspacher. Wir haben unsere Möglichkeiten exzellent umgesetzt. Das Konjunkturprogramm wurde in Bayern nicht nach dem Gießkannenprinzip wie in Nordrhein-Westfalen verwirklicht, sondern die Mittel wurden punktuell richtig eingesetzt, die Kommunen konnten selbst entscheiden. Das war der richtige Weg, den Bayern hier eingeschlagen hat.

(Beifall bei der CSU)

- Vielen Dank, liebe Kollegen. Das muss einmal gesagt werden. Wir Bayern sind eigentlich eher zurückhaltend und bescheiden und äußern uns nicht so sehr über etwaige Probleme.

Die Wirtschaft hat großes Vertrauen zu uns, und die Ansiedlungspolitik ist in Bayern exzellent. Herr Kollege Zeil, das Mittelstandskreditprogramm, der Mittelstandsschirm, das Exzellenzbildungspaket, unsere Programme "Offensive Zukunft Bayern", die HightechOffensive, "Allianz Bayern Innovativ" sind die richtigen

Antworten, die wir zur Unterstützung unseres Mittelstands auf die Fragen der Zeit geben. Die Cluster-Offensive, Herr Kollege Huber, war eine Initiative aus Ihrer Regierungszeit. Sie war der richtige Ansatz, um unsere Firmen zu vernetzen und sie zu unterstützen. Wir schaffen damit neue Leitmärkte, neue Wertschöpfung und stabilisieren damit die Arbeitsplätze.

Die Außenwirtschaft wird in Bayern enorm gefördert. Mit "Bayern International" haben wir das Auslandsgeschäft unterstützt. Mit über 20 Repräsentanten im Ausland sind wir in den Wachstumsmärkten exzellent vertreten.

Lieber Kollege Beyer, Dr. Otto Wiesheu hat mir letzte Woche erzählt, dass der SPD-Mann Hans-Jochen Vogel in den Achtzigerjahren gesagt hat: In 30 Jahren werden 80 % der Menschen in den Städten leben, nur noch 20 % im ländlichen Raum. - Gott sei Dank hat in den letzten Jahren nicht die SPD die Politik gelenkt. Wir haben ein ausgewogenes Verhältnis zwischen städtischem und ländlichem Raum geschaffen.

Gestern konnten wir 40 Jahre Hochschulen in Bayern feiern; in den letzten 40 Jahren haben wir den ländlichen Raum durch die Ansiedlung von Hochschulen gestärkt. Ich finde, das ist ein Paradebeispiel für die Stärkung des ländlichen Raums, für die Vernetzung von Wirtschaft, Wissenschaft und Politik. Das Vorhaben ist exzellent gelungen.

Ich danke den Kollegen von den GRÜNEN dafür, dass das hoch geschätzt wird. In den letzten Jahren und Jahrzehnten sind wir da auf einem guten Weg und haben das Richtige gemacht. Ich danke Ihnen dafür, dass Sie heute etwas sanft argumentiert haben; es gab wirklich wenig Ansatzpunkte für Kritik.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Ich danke Herrn Kollegen Klaus Stöttner; jetzt wird uns Herr Staatsminister Zeil seine Sicht der Dinge darstellen. Bitte schön.

(Dr. Franz Xaver Kirschner (FDP): Er wird eine glanzvolle Rede halten!)

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte zunächst einmal Herrn Kollegen Beyer zu seinem neuen Amt, das er ja so richtig nicht wollte, ganz herzlich gratulieren.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Thomas Beyer (SPD))

Lieber Herr Kollege Beyer, es gibt den Spruch: Wem Gott ein Amt gibt, dem gibt er auch Verstand.

(Alexander König (CSU): Aber nur, wenn Gott will!)

Trotz der Eigentore, die Sie hier in der Debatte geschossen haben, besteht bestimmt noch Hoffnung, dass der auch noch dazu kommt.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, am besten hat mir gefallen, dass Sie gesagt haben, Sie hätten von mir bislang nichts zu Basel III gehört. Wir waren hier in Ministerratsvorlagen, in der Wirtschaftsministerkonferenz und in Pressekonferenzen, gerade auch als bayerisches Wirtschaftsministerium, höchst engagiert, auch ich persönlich. Vielleicht müssen Sie im Zuge des von Herrn Kollegen Huber angesprochenen Umschulungsprozesses noch in die richtigen Verteiler kommen. Dann werden wir hier gemeinsam noch nacharbeiten können.

(Beifall bei der FDP)

Als Wirtschaftsminister stelle ich aus tiefster Überzeugung und auch mit Genugtuung fest: Unsere wirtschaftspolitische Bilanz zeigt herausragende Erfolge. Sie sucht in Deutschland und darüber hinaus ihresgleichen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Nur gut zwei Jahre nach der schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit boomt die Wirtschaft des Freistaats. Die Wachstumsraten sind so hoch wie seit Langem nicht mehr. Das ist schon gesagt worden, aber man muss es immer wieder unterstreichen; denn das ist der echte soziale Friede: Die Arbeitslosigkeit ist auf den niedrigsten Stand seit fast 20 Jahren gefallen. In vielen Regionen unseres Landes herrscht bereits Vollbeschäftigung.

Bei Beschäftigung, Umsatz, Export haben wir überall neue Rekordniveaus erreicht oder sind kurz davor. Im aktuellen Bestandsranking der Initiative "Neue Soziale Marktwirtschaft" und der "Wirtschaftswoche" belegt Bayern einen ungefährdeten ersten Rang. Diese glänzende Bilanz ist Ergebnis einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft, innovativer Unternehmen und ihrer tatkräftigen Mitarbeiter.