Protocol of the Session on June 9, 2011

Wenn Sie nur einen Funken juristischen Sachverstandes mobilisieren würden, den vielleicht Ihr Kollege Pohl beitragen könnte, der sonst immer so gescheit ist, dann wären Sie sehr vorsichtig und würden als FREIE WÄHLER kein staatlich finanziertes Fernsehen fordern und sich auch nicht auf eine Anzahl von Sendern festlegen. Diese Problematik ist unglaublich schwer. Deswegen lehnen wir Ihren Antrag ab, der genau das nicht garantiert, was Sie lautstark demonstrieren. Gehen Sie lieber auf Wildschweinjagd, aber machen Sie keine Medienpolitik.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Aiwanger.

Herr Kollege Sinner, es ist eine alte Masche von Ihnen, alle anderen als blöd hinzustellen.

(Widerspruch bei der CSU)

Vorhin haben Sie zu den GRÜNEN gesagt, sie sollen ihre grüne Brille abnehmen. Anscheinend versteht keiner außer Ihnen in diesem Hause etwas. Dazu muss ich sagen: Bei Ihnen hilft nur eines, die Abwahl 2013. Das ist die einzige Medizin.

Noch eine Antwort auf Ihre Äußerung: Sie sagen, die 16 Kanäle wären nicht umfassend genug. Daher

sagen Sie, 16 sind zu wenig, wir machen sieben. Ist das besser? 16 sind Ihnen zu wenig und dann machen Sie sieben.

(Zurufe von der CSU: Keine Ahnung!)

Ich sage es noch einmal: Abwahl 2013. Alles andere wäre vergeudete Zeit.

Herr Kollege Aiwanger, halt. Ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit. Es gibt eine weitere Zwischenbemerkung des Kollegen Thalhammer.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Aiwanger, ich bin mit Ihnen völlig einer Meinung, dass wir jedem Menschen auf dem Land den Zugang zu unseren Regionalfernsehsendern ermöglichen sollten. Ihren Vorschlag, dass jeder Sender einen eigenen Satellitenkanal bekommen soll, halte ich grundsätzlich für toll. Dennoch frage ich, wie das finanziert werden soll. Sie sprechen von einigen - ich füge hinzu: wenigen - Millionen Euro. Ich möchte Ihnen die Weisheit nicht absprechen, aber das ist zu wenig.

1 Million pro Sender!

Jetzt kommen wir dem Thema näher. Ich wollte Sie einmal fragen, wie viel ein Satellitentransponder pro Kanal kostet. 1 Million haben Sie jetzt genannt. Wir wollen in der Kostenschätzung aber noch mehr ins Detail gehen und die Sender zukunftsfähig machen. Deshalb frage ich Sie: Wollen Sie diese Sender als SD oder als High Definition verbreiten, was auch wieder Kosteneffekte hätte? Das würde ich gerne von Ihnen wissen, um zu wissen, welche Gegenfinanzierung wir aufbringen müssen.

Herr Kollege Aiwanger.

In diese technischen Details lasse ich mich nicht ein.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Zurufe von der CSU und der FDP)

Es ist ganz klar: Sie wollen hier beweisen, dass Sie technisch irgendeine Raffinesse mehr draufhaben. Das billige ich Ihnen auch zu.

(Renate Dodell (CSU): Keine Ahnung!)

Wer Kinderlieder singt, muss sich auch mit diesen Fragen auskennen, Herr Thalhammer. Die Antwort geben dann die Techniker.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und Abge- ordneten der SPD - Alexander König (CSU): Ein übler Demagoge! - Albert Füracker (CSU): Aiwangers Kasperltheater!)

Ich würde anregen, dass die Herrschaften vom Lokalfernsehen öfter zu uns ins Haus kommen. Dann wäre mehr los in der Bude. Sie sind uns jederzeit herzlich willkommen. Jetzt hat Herr Staatsminister Huber das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Debatte war unheimlich interessant und unterhaltsam. Daher werden Sie furchtbar enttäuscht sein, wenn ich jetzt zum nüchternen Realismus zurückkehre. Sie haben gesehen, dass die Interessen im Haus klar verteilt sind. Vier Parteien, die sich mit Dringlichkeitsanträgen beteiligen, zeigen eine große Übereinstimmung dahin gehend, dass das vielfältige Angebot unserer privaten und lokalen Fernsehsender wichtig und für Bayern gut ist. Dass eine Fraktion anderer Meinung ist, ist in diesem Haus nicht ungewöhnlich.

(Ulrike Gote (GRÜNE): Sie sollten mich aber richtig zitieren!)

Zumindest haben aber die anderen vier Fraktionen in ihren Dringlichkeitsanträgen eine ziemlich große Übereinstimmung gezeigt.

Ich darf die Übereinstimmung auf den Punkt bringen: Wir wollen alle die Vielfalt des lokalen Angebots erhalten. Wir wollen möglichst auch vorhandene Strukturen erhalten. Wir wollen die Sender nicht zu einem großen Regional- oder Lokalfernsehsender zusammenschließen. Uns liegt auch an der Qualität, die wir heute eindrucksvoll dargestellt bekommen haben. Darin besteht Übereinstimmung.

Es gibt aber auch Punkte, in denen wir uns unterscheiden. Die Differenzen resultieren aus dem dargestellten Zeitdruck. Sie resultieren aus der Tatsache, dass die wirtschaftliche Selbsterhaltungsfähigkeit der Sender gesteigert werden soll, wie es sich aus dem Landtagsbeschluss vom Dezember 2009 ergibt. Man möchte die Maßnahmen, welche die Sender selbst in die Wege leiten können, um die Wirtschaftlichkeit zu steigern, stärker herausstellen. Es gibt unterschiedliche Meinungen über die Berücksichtigung der technischen Verbreitungswege und Differenzen bezüglich der Finanzierung. Wir haben unterschiedliche Vorstellungen davon, wie wir die Sender darin unterstützen

können, dass das, was sie durch ihre wirtschaftliche Betätigung nicht erwirtschaften können, ausgeglichen wird.

Erstens, zum Zeitdruck. Ich sehe heute überhaupt keinen Zeitdruck und keine Notwendigkeit, schon Mitte dieses Jahres ein fertiges Konzept auf den Tisch zu legen. Die derzeitige Finanzierung läuft nach dem Landtagsbeschluss noch bis Ende 2012. Wir haben heuer also noch genügend Zeit, diese Dinge ordentlich zu regeln, ob nun bis zum Oktober oder bis Ende des Jahres. Wir müssen uns da jetzt nicht in einen zeitlichen Wettlauf begeben.

Zweitens. Maßnahmen zur Stärkung der Wirtschaftlichkeit hängen mit Punkt 3, mit den neuen Möglichkeiten zusammen, die diese Medienwelt derzeit bekommt. Man muss sich überlegen, ob heute tatsächlich für jeden Lokalfernsehsender in Bayern unbedingt ein eigener Satellitentransponder notwendig ist, der dieses Angebot zwischen Lissabon und Kiew verfügbar macht. Darüber muss man sprechen dürfen. Es gehört sehr wohl zur Wirtschaftlichkeit, wenn man sich der Kosten bewusst ist, die entstehen, wenn man wirklich 16 solcher Satellitenkanäle vorhält.

Drittens. Wir sollten uns dessen bewusst sein, dass das World Wide Web ein unumstößliches Faktum ist. Das Konsumverhalten der Jugendlichen gegenüber neuen Medien - Frau Sandt hat schon darauf hingewiesen - ist anders geworden. Das gilt nicht nur für das Fernsehen einschließlich des Lokalfernsehens, sondern genauso für die Printmedien. Die jungen Leute kaufen sich keine Zeitung mehr, sondern holen sich ihre Informationen aus dem Online-Angebot. Leider - Entschuldigung - wurde es von der Wirtschaft versäumt, diese Online-Angebote in ein Geschäftsmodell zu überführen, anstatt es der Bevölkerung als kostenloses Begleitangebot zur Verfügung zu stellen. Das ist zwar schön für uns, aber davon kann kein Print-Medium und kann kein Fernsehsender leben.

Wir müssen also an einem Geschäftsmodell arbeiten, wie diese Angebote unter Berücksichtigung der neuen Verbreitungswege für Medien tatsächlich finanzierbar sind. Wer gute Arbeit im Studio oder in der Redaktion leistet, muss für seine geistige Leistung auch eine angemessene Entlohnung bekommen.

Diese Sache ist es wert, darüber zu reden; denn diese Dinge sind Fakten. Man sollte sich nicht anachronistisch an einen Verbreitungsweg klammern. Ich gebe allerdings zu, dass der Weg zu einem Hybridfernsehen sicherlich noch nicht im nächsten Jahr zu Ende ist. Wir reden von einem mittelfristigen Zeitraum. Bis alle Haushalte darauf eingestellt sind, werden noch ein paar Jahre vergehen. Diese Entwicklung

ist aber heute abzusehen, und deswegen muss man heute schon darüber reden dürfen.

(Unruhe)

Viertens und letztens, Thema Finanzen. Herr Aiwanger, Sie tun sich in Ihrer Rolle als Mitglied der Opposition natürlich leicht mit der Aussage: Lassen wir die finanziellen Aspekte einmal beiseite, ich möchte dieses oder jenes. Das ist Ihr gutes Recht. Sie sagen, uns als FREIEN WÄHLERN ist das so wichtig, dass wir 17 Millionen Euro sehen.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Jawohl!)

Wir werden das schwerlich realisieren können. Wir werden aber auf jeden Fall einen Finanzierungsweg finden - das sage ich ganz ausdrücklich -, der den vorhandenen Sendeangeboten für die nächste Zeit Bestandssicherheit gibt. Hier befinden sich Staatsregierung und die Bayerische Landeszentrale für neue Medien, BLM, die dafür wesentlich zuständig sind, bereits in Gesprächen. Wir werden über den Förderbedarf und die legalen Fördermöglichkeiten genau sprechen müssen. Ich garantiere Ihnen, dass wir nach Wegen suchen, um das lokale Fernsehen in Bayern nutzerfreundlich, möglicherweise auf neuen Verbreitungswegen, für die Zukunft wirtschaftlich tragfähig zu sichern; denn die bayerische Bevölkerung möchte dieses Fernsehangebot. Dazu leisten wir unseren Beitrag.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Danke, Herr Staatsminister. Es folgt eine Zwischenbemerkung von Frau Kollegin Pauli, bitte schön.

(Eberhard Sinner (CSU): Die möchte Nachrichtensprecherin werden!)

Sehr geehrter Herr Staatsminister, wären Sie bereit, Ihren Antrag um zwei Worte zu ergänzen? Sie sprechen darin von Meinungsvielfalt und führen verschiedene Kriterien an, denen in Zukunft Genüge geleistet werden soll. Wären Sie bereit, Ihren Antrag um den Begriff "politische Unabhängigkeit" zu ergänzen?

(Ulrike Gote (GRÜNE): Das ist nicht sein Antrag!)

Frau Gote hat gerade eine Richtigstellung gemacht. Ich bitte Sie, das mit den Kollegen der Fraktionen zu besprechen. Das ist nicht mein Antrag. Ich denke aber, dass dieser Oberbegriff gewiss unser gemeinsames Ziel ist.

(Dr. Gabriele Pauli (fraktionslos) meldet sich zu einer Zwischenbemerkung)

Entschuldigung, es ist leider nicht möglich, in einen Dialog zu treten.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Gabriele Pauli (frak- tionslos))

- Nein, nein, das geht leider nicht. Frau Kollegin, Sie hatten Ihre Zwischenbemerkung schon.

Danke, Herr Staatsminister, danke Frau Kollegin. Wir schließen die Aussprache. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Wir kommen zu den namentlichen Abstimmungen. Dazu trennen wir die drei zu diesem Themenkomplex eingereichten Anträge.

Ich lasse zuerst in namentlicher Form über den Dringlichkeitsantrag der Abgeordneten Aiwanger, Streibl, Professor Piazolo u. a. und Fraktion abstimmen; das ist der Antrag auf Drucksache 16/8849. Sie kennen das Prozedere. Ich schlage vor, für die namentliche Abstimmung jeweils drei Minuten Zeit zu geben, weil wir drei namentliche Abstimmungen haben. - Kein Widerspruch. Sie haben drei Minuten Zeit. Es geht los.

(Namentliche Abstimmung von 14.06 bis 14.09 Uhr)