Protocol of the Session on May 25, 2011

(Alexander Muthmann (FREIE WÄHLER): Es gibt kein bayerisches Gesetz! - Erwin Huber (CSU): Es gibt nur ein Bundesgesetz!)

Frau Kollegin Steiger hat das Wort.

Wir haben in unserem Gesetzentwurf weder eine Sonderreglung noch eine Aufweichung vorgesehen, Herr Muthmann. Wenn ich das Genehmigungsverfahren herunterbreche, dann ist das eine Aufweichung, weil es leichter ist, auf der kommunalen Ebene eine Genehmigung für Event-Abende zu finden, als das auf der Regierungsebene der Fall ist. Unsere Position ist: Keine Aufweichung des Ladenschlusses. Die jetzt gültige Regelung ist für uns ausreichend. Die Nische, die Sie jetzt mit der sogenannten Entbürokratisierung aufmachen, führt zu einer

Regelung, die keine Entbürokratisierung ist. Das Genehmigungsverfahren muss schließlich trotzdem laufen. Sie verlagern es aber auf die Kommune.

(Alexander Muthmann (FREIE WÄHLER): Nein!)

- Doch! Sie verlagern es auf die Kommunen, und das macht die ganze Situation auf der kommunalen Ebene schwierig. Sie sehen, wir kommen nicht zusammen. Sie haben Ihre Position, wir haben unsere Position. Wir lehnen Ihren Gesetzentwurf ab.

(Beifall bei der SPD)

Nächster Redner ist Herr Dr. Runge für das BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen, geschätzter Herr Kollege Huber! Das Thema Ladenschluss war an dieser Stelle schon mehrfach ein großer Aufreger, wobei man sagen muss: Heute kann es gar kein Aufreger sein, weil es nur einen kleinen Ausschnitt der Thematik betrifft.

(Christa Steiger (SPD): Er regt sich aber trotzdem immer wieder auf!)

Von daher kann ich mir auch die Anmerkung nicht verkneifen, dass die beiden Vorredner bzw. die Vorrednerin, die die beiden Volksparteien vertreten haben, mit Kanonen auf Spatzen geschossen haben.

Zu den Aufregern in früheren Zeiten: Das eine war die pompöse Ankündigung der Staatsregierung: Wir machen jetzt etwas ganz Großes. Wir müssen wettbewerbsfähig bleiben auch gegenüber Baden-Württemberg. Wir brauchen Liberalität auf Teufel komm raus. Dann gab es diese legendäre Fraktionssitzung mit dem Patt in der CSU-Fraktion, als der Ministerpräsident, der zuvor noch einen flammenden Appell vorgetragen hatte, den Raum verlassen hatte. Das war in der letzten Saison. In dieser Legislaturperiode - das wurde schon kurz angesprochen, auch in Ihrer Zwischenbemerkung, Herr Kollege Muthmann - hat die FDP auf einmal gemeint, ein Thema entdeckt zu haben, mit dem sie sich gegenüber dem Koalitionspartner profilieren könnte. Sie hat es angekündigt, der Koalitionspartner hat den Kopf geschüttelt und gesagt: Wir machen da nicht mit, und es passiert nichts. Trotzdem gab es dann eine parlamentarische Initiative der Kolleginnen und Kollegen von der SPD sozusagen nach dem Motto: Wehret den Anfängen.

(Christa Steiger (SPD): So war’s!)

Ich mag jetzt nur kurz unsere Position zu dem vorliegenden Gesetzentwurf erklären. Ich teile nicht die

Auffassung, die gerade kundgetan wurde, die Abendverkaufsöffnungen seien schädlich und hätten auch keinen Sinn. Sie haben durchaus in der einen oder anderen Gemeinde etwas bewirkt. Es geht auch darum, zum Beispiel für innerörtliche Lagen zu werben. Das ist klar. Ich teile auch nicht die Argumente, die vorgetragen wurden, zur Bürokratie und zum Aufweichen. Das trifft meines Erachtens den vorliegenden Gesetzentwurf überhaupt nicht. Es geht tatsächlich darum: Wie ist der Weg der Genehmigung? Muss man zur obersten oder zur mittleren Staatsverwaltung gehen oder überlässt man das der Entscheidung vor Ort, wobei ich mir nach den Debatten zu den Sperrstunden gar nicht mehr so sicher bin, ob die Kommunen nicht auch wieder nach einiger Zeit sagen: Das wollen wir gar nicht haben. Da war das auch sehr seltsam. Das wird uns aber jetzt gar nicht befassen müssen, weil der Gesetzentwurf, wie es sich abzeichnet, keine Mehrheit findet.

Wir, die GRÜNEN, haben uns mehrheitlich dazu entschlossen - und so haben wir es auch in den Ausschussberatungen ausgeführt -, uns zu enthalten, und zwar betrifft es die Sonntage. Vier Sonntage im Jahr, das klingt erst einmal nicht viel. Aber wenn ich diese vier Sonntage nicht koordiniere und ich habe drei Gemeinden, dann sind es schon zwölf Sonntage. Bei sechs Gemeinden sind es 24. Diese Sonntagsregelung halten wir so, wie sie in Ihrem Gesetzentwurf vorgegeben ist, nicht unbedingt ganz zielführend. Da könnte eine Koordinierung tatsächlich ganz hilfreich sein, und es ist dann klar, wer es macht. Deshalb enthalten wir uns bei selbstverständlich großem Wohlwollen in dem einen oder anderen Punkt und auch der generellen Richtung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die nächste Wortmeldung für die FDP stammt vom Kollegen Klein.

(Peter Meyer (FREIE WÄHLER): Was sagt jetzt der Koalitionspartner?)

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Konzept der FDP dürfte zwar bekannt sein, aber ich will es wiederholen.

(Tobias Thalhammer (FDP): Gute Dinge müssen immer wieder wiederholt werden!)

Wir möchten sechs Tage 24 Stunden freie Entscheidung bei den Unternehmen und Einzelhändlern im Verbund mit den Arbeitnehmern, und der Sonntag ist uns heilig, er bleibt von einer solchen Regelung natürlich ausgenommen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Warum wollen wir eine solche umfassende Regelung? Auch das möchte ich noch einmal begründen. Viele Einzelhändler, gerade in den Innenstädten, stehen heute schon in direkter Konkurrenz zu Internetplattformen, wo rund um die Uhr eingekauft werden kann.

Das zweite und vielleicht noch wichtigere Argument für die, die sich das bildlich vorstellen und nicht so oft im Internet sind, ist das Thema Ländergrenze. Wir haben jetzt schon die Problematik in Neu-Ulm oder in Aschaffenburg, dass im benachbarten Baden-Württemberg oder Hessen andere Regelungen gelten. Dort wandert jetzt schon explizit Kaufkraft in benachbarte Bundesländer ab. Das möchten wir verhindern.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Das Zweite, was immer vergessen wird, ist: Es geht auch um die Neuansiedelung großräumigen Einzelhandels. Die großen Möbelhäuser oder Elektrohändler entscheiden eben darüber, wo sie ihren nächsten Laden eröffnen, auch nach solchen Öffnungszeiten. Das ist ein Problem, auch wenn es dem einen oder anderen aus München nicht klar ist. Für uns am bayerischen Untermain und für die Kollegen in Neu-Ulm ist das ein Problem. Gewerbesteuer, die bei uns fließen könnte, fließt im Nachbarland. Deshalb möchten wir eine Änderung vornehmen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir wollen damit natürlich nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit der Einzelhändler vor Ort stärken, sondern es sind auch die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer angesprochen worden. Das ist auch richtig. Wir wollen einen nachhaltigen Schutz und einen nachhaltigen Erhalt der Arbeitsplätze, und den kann man nur gewährleisten, wenn die Einzelhändler in Bayern auch im Internet und gegenüber den Kollegen aus den anderen Bundesländern wettbewerbsfähig sind.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Es ist absolut richtig, dass wir in der Koalition keinen Konsens, sondern einen Dissens haben. Wir können uns an diesem Punkt nicht einigen. So ist Politik.

Herr Kollege Dr. Runge, wenn Sie sich mehr mit der FDP auseinandersetzen würden, dann wüssten Sie, dass wir dieses Thema schon sehr lange bearbeiten und nicht erst in der Koalition festgestellt haben, dass das für uns ein Thema ist. Wir arbeiten schon seit vielen Jahrzehnten, auch schon länger als die GRÜNEN, an der Wettbewerbsfähigkeit dieses Landes.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP - Christa Stei- ger (SPD): Das wird nichts nützen!)

Lassen Sie mich zum Schluss noch ganz kurz darauf eingehen, warum wir den Gesetzentwurf der FREIEN WÄHLER ablehnen. Das liegt daran - Sie schreiben es selber -, dass er eben keine substanzielle Lösung, sondern nur Flickwerk ist. Wir möchten einen großen Wurf, wir möchten eine Lösung der Probleme, die wir sehen, auch der zwingenden Problemstellungen beim Thema Öffnungszeiten für den Einzelhandel. Wir sind davon überzeugt, dass die Probleme, die Sie ansprechen, mit einer allumfassenden Regelung und Änderung, die wir anvisieren und durchsetzen wollen, gelöst wären. Deshalb lehnen wir den Gesetzentwurf ab, bleiben aber in der Diskussion über dieses Thema, hoffen dann vielleicht sogar auf Unterstützung durch die FREIEN WÄHLER und von Abgeordneten der GRÜNEN, die sich auch noch nicht so ganz einig sind.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen uns nicht vor. Wir können deshalb zur Abstimmung schreiten.

Der Abstimmung liegt der Initiativgesetzentwurf, Drucksache 16/5177 zugrunde. Der federführende Ausschuss für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie empfiehlt auf Drucksache 16/8687 die Ablehnung des Gesetzentwurfes.

Wer hingegen dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Das sind die FREIEN WÄHLER. Gegenstimmen bitte ich anzuzeigen. - Das sind die Fraktionen der CSU, der SPD und der FDP. - Enthaltungen bitte ich anzuzeigen. - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Gesetzentwurf abgelehnt.

Bevor wir weiterfahren, gebe ich das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zum Gesetzentwurf der Abgeordneten Rinderspacher, Werner, Schindler und anderer und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Petitionsgesetzes, Drucksache 16/2430, bekannt. Mit Ja haben 71 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 94, und es gab eine Stimmenthaltung. Der Gesetzentwurf ist damit abgelehnt.

(Abstimmungsliste siehe Anlage)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Thomas Mütze, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Meldegesetzes (Drs. 16/6701)

- Zweite Lesung

Ich eröffne die Aussprache. Im Ältestenrat wurde wiederum eine Redezeit von zehn Minuten vereinbart. Erste Rednerin ist Frau Kollegin Kamm.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wenn Facebook die Daten seiner Mitglieder weitergeben möchte, wenn sich Sony massenweise die Nutzerdaten klauen lässt oder iPhone-Telefonierer ausgespäht werden, dann werden die Bürgerinnen und Bürgern von den Innenministern und den Verbraucherschutzministern ermahnt, doch einen sorgsameren Umgang mit ihren Daten zu pflegen. Wer jedoch von den Bürgerinnen und Bürgern zu Recht einen sorgsamen Umgang mit den Daten fordert, sollte selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Dies ist bisher leider nicht der Fall. Der Staat geht mit den Daten seiner Bürgerinnen und Bürger nicht gut um. Er gibt sie massenhaft weiter. In einer mittleren Großstadt landen derzeit monatlich Hunderte von Anfragen nach einzelnen oder nach zu gruppierenden Adressdaten bei den Einwohnermeldeämtern, und diese geben Adressdaten in großem Umfang nach dem Meldegesetz weiter. Zwar ist es derzeit möglich, eine sogenannte Auskunftssperre zu beantragen, doch wer tut das schon? Viele Bürgerinnen und Bürger übersehen beim Umzug und bei der Adressenummeldung das kleine Kästchen unten auf dem Meldeformular und andere werden beispielsweise volljährig und kommen gar nicht auf die Idee, dass sie zum Einwohnermeldeamt gehen müssen, um der Weitergabe ihrer Daten zu widersprechen.

Datenschützer erleben seit Langem viele Beschwerden von Bürgern und Bürgerinnen, deren Adressen an Parteien, an Adresshändler, an wen auch immer weitergegeben worden sind und sind damit regelmäßig mit der Situation konfrontiert, dass sie praktisch selber versäumt haben, auf diese Auskunftssperre hinzuweisen.

Die Datenschützer fordern daher - auch die Datenschutzkonferenz hat dies getan - seit Langem, dass statt der derzeitigen Widerspruchslösung eine Opt-InLösung, also eine aktive Zustimmungslösung, zur Weitergabe der Adressdaten erfolgen und dass das Meldegesetz dahingehend geändert werden sollte.

Dies wäre eigentlich Bundesangelegenheit. Der Bund hat diese Regelungskompetenz seit dem Jahre 2006. Aber er nutzt sie nicht. Er tut nichts. Ein Melderechtsrahmengesetz wird zwar angekündigt, aber wie Anfragen ergeben haben, wird es noch mindestens zwei Jahre dauern, bis es auf den Weg kommt.

Wir haben Ihnen daher, nachdem der Bund seine Kompetenzen nicht ergreift, und damit das Land wei

terhin zuständig ist, einen Gesetzentwurf zur Änderung des Meldegesetzes vorgelegt, um zu erreichen, dass es eine aktive Opt-In-Lösung bei der Weitergabe der Adressdaten gibt, und um zusätzlich zu erreichen, dass die Weitergabe von Daten mit besonderem Interesse, also wenn nicht nur die Adressdaten weitergegeben werden, sondern sehr umfassende Daten wie beispielsweise der Name des Ehepartners, die früheren Wohnorte und Ähnliches, also die umfassenden persönlichen Daten, eingeschränkt wird.

Wir stellen diesen Gesetzentwurf zur Abstimmung mit der Bitte, den Buchstaben e) zu streichen; der Absatz sieben des derzeitigen Meldegesetzes soll weiter bestehen bleiben.