(Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP): Helmut Schmidt und Georg Leber haben die Kernenergie hochgezogen! - Weitere Zurufe und Unruhe - Glocke der Präsidentin)
Wenn Sie nun den Einkauf von Atomstrom aus dem Ausland ansprechen, so ist das gleichzeitig richtig und falsch. Sie müssten genau wissen, wie der Markt reagiert. Wenn Sie es nicht wissen, dann sage ich es Ihnen gern, aber Sie müssten es eigentlich selbst besser wissen.
Der Markt reagiert wie folgt: Der Strom wird dort eingekauft, wo er am billigsten ist. Nun ist die Frage, ob
man möglicherweise den Markt regulieren muss oder ob man darüber jammert, dass der vorhandene deutsche Strom nicht abgenommen, dafür aber der billigere Atomstrom aus dem Ausland eingekauft wird. Die Rechnung müssen wir später sowieso zahlen. Wäre es dann nicht klüger, den Markt so zu regulieren, dass so etwas nicht passiert, solange genügend Strom auf dem Binnenmarkt vorhanden ist?
Herr Kollege Wörner, es freut mich durchaus, wenn Sie sich immer noch mit meinen Entscheidungen der Jahre 2005 bis 2007 herumschlagen.
Und nun zum Thema Strom. Sie, Kollege Wörner, haben an dieser Stelle vor einiger Zeit gesagt, es sei der Beweis erbracht, dass man in Deutschland acht oder neun Kernkraftwerke abschalten könne und die Stromversorgung dennoch mehr oder weniger gesichert sei. Man könne das mehr oder weniger zum Nulltarif haben. Dem habe ich entgegengehalten, dass es nicht um die Zahlen der letzten Jahre geht, sondern um Zahlen der letzten Wochen, und zwar seitdem das Moratorium gilt und die acht Kernkraftwerke vom Netz sind. Und wenn die Stromversorgung nun funktioniert, dann heißt doch die Frage: Warum? Sie funktioniert aus zwei Gründen: Erstens, weil Kohle- und Gaskraftwerke in die Höhe gefahren werden mit der Folge höherer CO2-Emmissionen.
Der zweite Grund ist, dass wir dann, wenn es eng wird, Strom importieren müssen. Diesen Strom erhalten wir in erster Linie aus den Kernkraftwerken Frankreichs und Tschechiens.
Nun sagen Teile der GRÜNEN und der SPD: Ja, das geht doch alles, wir schließen schwuppdiwupp die Kernkraftwerke und nichts passiert. Ich meine, wer so redet, streut den Menschen Sand in die Augen.
Das Umsteuern auf neue Energien machen wir mit Sicherheit nicht in dem Sinn, dass es einseitig zu Lasten des Klimaschutzes geht oder indem man sagt, wir
schließen die sicheren Kernkraftwerke in Deutschland und ermuntern damit beispielsweise zu Investitionen in Temelin in Tschechien.
Ich höre, dass in der letzten Zeit in Tschechien bereits überlegt wird, in Temelin neue Blöcke zu bauen. Die Deutschen würden den Strom abkaufen. In Tschechien wird dann allerdings der Strom teurer, meine ich, weil er in das Euroland Bundesrepublik bzw. nach Bayern exportiert wird.
Eine solche Energiepolitik dürfen wir aus Verantwortung auch gegenüber den Menschen im übrigen Europa nicht betreiben.
Ich darf nun in der Rednerliste fortfahren und erteile dem Kollegen Muthmann für die Fraktion der FREIEN WÄHLER das Wort.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Huber, Sie haben mehrere Themen angesprochen, zum Beispiel das wichtige Thema Finanzmarktregulierung, aber Sie haben auch Nordrhein-Westfalen gestreift und einen Blick auf Reisbach geworfen - lauter Dinge, die zwar durchaus interessant sind, aber mit dem Einzelplan 07 nichts zu tun haben. Ich meine aber, wir sollten uns an dieser Stelle mit den Entscheidungen und den Wegweisungen befassen, die im Einzelplan 07 getroffen werden. Nur einen Blick auf Niederbayern in Summe zu werfen, war immer falsch und ist nach wie vor falsch, weil ein Regierungsbezirk wirtschaftlich kein homogenes Gebiet ist und daher eine differenziertere Betrachtung erfordert, als das bislang und zu der Zeit, als Sie Wirtschaftsminister waren, der Fall war.
Zuletzt haben Sie beim Thema Großprojekte noch persönlich an uns herumgemeckert. Wie ist denn unsere Position beispielsweise zu Olympia oder zur A 94? Das sind zwei Großprojekte, die wir gern unterstützen. Aber wir sind eben weder pauschal dafür noch pauschal dagegen, sondern wollen die Dinge in allen Bereichen differenziert behandeln und beurteilen.
Der Herr Ministerpräsident hat gestern in seiner Eingangsrede darauf hingewiesen, dass der Haushalt ein Kursbuch zu sein hat, und das auch zu Zeiten einer bärenstarken Wirtschaft. Wir sehen die Zahlen in den Bereichen von Industrie, Gewerbe und Handel. Das sind gute Konjunkturdaten, gute Arbeitsmarktdaten, und dies in allererster Linie dank des Engagements der Unternehmen und der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Darum geht es der Wirtschaft auch gut. Sie ist gut aus der Krise herausgekommen, weil sie in schwierigen Zeiten Ballast entsorgt hat, um zu Effizienzsteigerungen zu kommen, weil sie sich klare Ziele gesetzt und entschlossen gehandelt hat und weil sie Marktchancen wahrnimmt. So müsste auch das "Kursbuch" Haushalt der Bayerischen Staatsregierung aussehen: klare Ziele bei entsprechenden Effizienzsteigerungen.
Um nur kurz auf die Effizienzsteigerungen zu sprechen zu kommen: Das würde jedenfalls für uns auch ein Stück Bürokratieabbau bedeuten. Aber hierfür gibt es nach wie vor null Einsatz, es gibt null Ziele. Ich kann keine Aktivitäten erkennen. Damit ist natürlich auch Erfolg in diesem Bereich ausgeschlossen.
Ich will nur an unsere Debatte zum Thema Ladenschlussgesetz erinnern. Wir haben den Vorschlag gemacht, einen kleinen Schritt zu tun. Was ist uns damals seitens der CSU entgegengehalten worden? Es wurde gesagt: Wenn es einmal ein bisschen komplizierter ist, ist das vielleicht gar nicht so verkehrt. - Das ist der Beitrag der CSU zum Thema Bürokratieabbau.
Im Übrigen haben wir in dieser Beratung seitens der FDP überhaupt kein Votum gehört und damit auch keine Haltung erfahren. Der Herr Wirtschaftsminister sagt heute, deutlich schnellere Genehmigungsverfahren seien erforderlich. Darauf kann ich nur sagen, Herr Wirtschaftsminister: Dann schaffen Sie sie halt. Sie sind doch in der Verantwortung. Setzen Sie es halt um.
Wie schaut es mit klaren Zielen im Bereich der Wirtschaftspolitik aus, da, wo wir in Bayern selbst verantwortlich sind? Wie viel Spitzenförderung und wie viel Breitenförderung, um einmal ein Bild aus dem Sport zu nehmen, gibt es? Das sind die zentralen Fragen, die zu stellen sind. Nur auf Spitzenförderung zu setzen - sehr viel anderes haben wir an dieser Stelle nicht gehört -, ist keine Spitzenpolitik, sehr geehrter Herr Zeil. Die Technologieförderung ist im Übrigen auch nicht auf einem Maximalwert. Insoweit ist ein Blick beispielsweise nach Baden-Württemberg sehr
(Prof. Dr. Georg Barfuß (FDP): Die alte Regierung war das, nicht wahr? Die neue hat doch noch nichts gemacht, oder? - Dr. Paul Wengert (SPD): Herrschaftszeiten! - Alexander König (CSU): Man kennt sich ja gar nicht mehr aus! Zuruf des Abgeordneten Dr. Paul Wengert (SPD))
Ich will noch etwas zum Thema gleichwertiger Lebensbedingungen in ganz Bayern sagen. Dazu müssen wir einmal in den Einzelplan 07 und dort auf Seite 75 schauen.
Zuletzt wurde uns immer versichert, die Staatsregierung - sowohl der Ministerpräsident als auch Wirtschaftsminister Zeil - stehe zu gleichwertigen Lebensbedingungen als Ziel in ganz Bayern.
Was lesen wir nun in der Begründung zum Haushaltsplanentwurf, Einzelplan 07, Seite 75? "(…) zur Schaffung möglichst gleichwertiger Lebensbedingungen (…)" Ist das das neue Ziel? Wenn jemand vor Gericht auf die Frage "Sprechen Sie die Wahrheit?" antwortet: "Ich sage möglichst die Wahrheit", dann wissen wir, was damit verbunden ist.
- Das wurde von der Staatsregierung vorgelegt. Schauen Sie einmal in die Begründung auf Seite 75. Dort ist noch von "möglichst gleichwertigen Lebensbedingungen" die Rede.
Zum Thema gleichwertiger Lebensbedingungen gibt es überhaupt kein Kursbuch der Staatsregierung. Das wäre nämlich das Landesentwicklungsprogramm. Dort müssten die Ziele bezüglich der Breitenentwicklung und auch bezüglich der Spitzenentwicklung enthalten sein.
Man müsste eine Entscheidung finden, wie es mit der Entwicklung der Studienplätze aussieht, wo und wie
sie in Bayern verteilt werden sollen, wie es mit dem Verkehr, der Infrastruktur und mit der Entwicklung von Arbeitsplätzen, auch öffentlichen Arbeitsplätzen, aussehen soll. Das alles haben wir bereits vor ein paar Wochen als Forderungskatalog vorgelegt. Damals ist das von der Regierungskoalition abgelehnt und zum Teil auch als Miesmacherei diffamiert worden. Was erleben wir nun? Jetzt gibt es eine ganze Reihe von Initiativen, beispielsweise den Zukunftsrat II der CSU in Niederbayern, den Aktionsplan Aufbruch Niederbayern, einen Brief von Staatsminister Brunner an Ministerpräsident Seehofer, in dem er mehr Aktivitäten fordert, die Niederbayernkonferenz der FDP vom 2. April, bei der auch darauf hingewiesen und gesagt wurde - jedenfalls ist das der "Passauer Neuen Presse"; Sie sind mit dem Hinweis zitiert -, dass in Niederbayern in den letzten zwanzig Jahren einiges zum Stillstand gekommen sei. Plötzlich gibt es also eine ganze Reihe von Einschätzungen, denen zufolge mehr getan werden muss. Wenn mehr getan werden muss, dann hat das auch in den Haushaltsplanungen seinen Niederschlag zu finden; aber danach suchen wir leider in vielen Bereichen noch ein Stück weit vergebens.
Mit Blick auf die Uhr will ich nur noch zwei Aspekte herausgreifen, nämlich zum einen das Thema Infrastruktur/Breitband und zum anderen die regionale Wirtschaftsförderung.
Zum Thema Infrastruktur und Breitband muss man noch einmal deutlich machen, dass dieses moderne Kommunikationsmittel auch eine große Chance zur Dezentralisierung für ganz Bayern darstellt. Welches Ziel ist in Bayern im Förderprogramm festgelegt? Ein Mbit/s. Dieser Tage ist auf einer Konferenz in Berlin ein Mbit/s nur noch als Pseudo-Internet bezeichnet worden, und stattdessen wurde gefordert, dass in einer gemeinschaftlichen Aktion zwischen Bund und Ländern das Ziel von 50 Mbit/s ins Auge gefasst werden muss. Nach wie vor wird diese Aufgabe in Bayern den Kommunen allein zugewiesen.