Protocol of the Session on April 5, 2011

Meine Damen und Herren, ich komme noch zu einem weiteren Punkt. Hier nenne ich zunächst als eines der großen Verkehrsprojekte die Donaustaustufen. Bitte, lasst hiervon die Finger.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ich appelliere an Schwarz-Gelb, diese halbe Milliarde Steuerzahlergelder - auch wenn es Geld vom Bund ist - für die Donaustaustufen sind keine zeitgemäße In

vestition. Diese Stufen passen nicht mehr in die politische Landschaft und auch nicht in die haushalterische Landschaft. Das ist umso schlimmer, weil das Ganze auf einem Gutachten basiert, das von der RheinMain-Donau-Wasserstraßen GmbH, einer Tochtergesellschaft von Eon, für 33 Millionen Euro erstellt wurde. Meine Damen und Herren, da könnten Sie sich das Gutachten eigentlich auch gleich selber schreiben und hineinschreiben, was Sie sich wünschen. Diese Donaustaustufe ist nicht sinnvoll. Bitte lassen Sie die Finger davon.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Gleiches gilt für die dritte Startbahn des Flughafens München, an dieser Stelle von uns mehrmals angesprochen. Wir brauchen heute nicht, was in zwanzig Jahren vielleicht nötig sein wird. Schauen wir in einiger Zeit. Und unser Appell: Versuchen Sie, an die Gelder heranzukommen, die uns zustehen. Wir erinnern an die 250 Millionen Euro zinsloses Darlehen des Freistaats, das in der Flughafen München GmbH steckt. Wir erinnern an den Zinsanspruch von über einer Milliarde Euro, der - jetzt sage ich es einmal so drastisch - ungenutzt herumliegt. Wir drehen jeden Euro dreimal um, können uns viele Dinge nicht leisten, und dort sagt man: Da gehen wir nicht heran. Hier müssen wir hinschauen. Wir wollen niemanden ruinieren; aber bevor wir die Kommunen ruinieren, bevor wir die Bildung ruinieren, sollten wir einmal dort hinschauen. Wenn die von der FMG so stark auf der Brust sind, dass sie eine dritte Startbahn brauchen, dann müssen sie auch stark genug sein, dem Freistaat und dem Steuerzahler das Geld zurückzugeben, das er ihnen vorgestreckt hat.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, ich hätte erwartet, dass die erneuerbaren Energien das Hauptthema der heutigen Debatte sind und dass der Herr Ministerpräsident hierzu ein Konzept mit klaren Wegmarken vorlegt. Aber dieses Thema ist nebenbei abgehandelt worden, mit ein paar Sätzen, die er schön heruntergesagt hat.

(Georg Schmid (CSU): Ein bisschen mehr Geduld!)

Das respektieren wir auch. Wir freuen uns, dass Sie jetzt zumindest diese Grundlagen zugeben, dass Sie Energie einsparen wollen und dass Sie erneuerbare Energien ausbauen wollen, was Sie auch müssen. Aber uns fehlt einfach der Plan.

(Zurufe des Abgeordneten Georg Schmid (CSU) und der Abgeordneten Reserl Sem (CSU))

Meine Damen und Herren, Sie reden von Einsparungen im Energiebereich und kürzen gleichzeitig die Förderprogramme des Bundes und des Landes für Energieeinsparmaßnahmen. Sie kürzen all die Maßnahmen, die zur energetischen Sanierung nötig wären.

Vorhin haben Sie zu uns gesagt, wir hätten heute die Möglichkeit zuzustimmen. Sie haben in diesen Tagen auch die Möglichkeit, unserem Antrag zuzustimmen und die energetische Sanierung kommunaler und staatlicher Gebäude besser zu fördern, um hier mit gutem Beispiel voranzugehen. Ich bin gespannt, ob Sie die Hand dafür heben oder ob Sie nur von Energieeinsparung reden und, wenn es konkret wird, abtauchen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wir haben ganz konkrete Pläne zur Energieeinsparung. Sie können ihnen zustimmen, wenn Sie es ernst meinen, und Sie können sich verweigern, wenn Sie die Leute in diesem Bereich weiter anlügen wollen.

Meine Damen und Herren, Bayern ist beim Ausbau der erneuerbaren Energien von Platz 4 auf Platz 7 zurückgefallen. Unser Ziel sollte es sein, Platz 1 einzunehmen, und dies gerade vor dem Hintergrund, dass wir nach Ideen suchen, wie wir Wertschöpfung im ländlichen Raum kreieren können. Wir sagen es Ihnen: Viele dünn besiedelten ländlichen Gegenden könnten mit weiteren Impulsen im Bereich der erneuerbaren Energien Wertschöpfung vor Ort erzeugen, Arbeitskräfte vor Ort binden und Zukunftsperspektiven entwickeln. Diesen Plänen verweigern Sie sich. Das gilt auch in Bezug auf die im Berliner Koalitionsvertrag von Ihnen getroffene und bis heute nicht eingelöste Zusage, die Besteuerung von Biokraftstoffen so weit zurückzufahren, dass diese Kraftstoffe wieder marktgängig werden. Die 18 Cent brechen der Branche weiterhin das Genick. Sie müssen um einige Cent heruntergehen. Bitte tun Sie es. Sie haben es versprochen, aber bis heute ist nichts geschehen. Die Branche wartet darauf. Mir hat erst vor wenigen Tagen wieder ein Produzent von Rapsöl gesagt: Bitte kümmere dich darum, bringe dieses Thema zur Sprache, weil wir sonst zusammenbrechen, weil wir sonst unsere funktionsfähigen Werke schließen müssen, weil wir aufgrund steuerlicher Fehler nicht mehr wettbewerbsfähig sind.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Die Photovoltaik ist eine Erfolgsgeschichte sondergleichen. Ich bin selber Landwirt. Auch ich will nicht in den guten Agrarstandorten quadratkilometerweise Photovoltaik haben. Aber es gibt genügend größere minderwertige Flächen, es gibt genügend Standorte,

auf denen einige Anlagen durchaus unterzubringen wären. Wenn Sie das jetzige Verhinderungsritual im Detail durchlesen, stellen Sie fest, dass es dort allerdings heißt, es solle ein Anschluss an die Wohnbebauung, idealerweise an ein Gewerbegebiet, vorhanden sein, aber es solle trotzdem nicht einsehbar sein, und es solle nicht größer sein als die besiedelte Fläche. Meine Damen und Herren, damit bleibt am Ende fast nichts mehr übrig. Wenn Sie diese drei Schnittmengen übereinanderlegen, bleibt in der Regel Null übrig. Wenn Sie Ja sagen wollen - ich glaube, das ist dringend nötig -, müssen Sie dieser Technik eine Chance geben und bei den Förderbedingungen wieder ein wenig in die andere Richtung drehen. Sie haben in der Vergangenheit immer unangekündigt zurückgedreht; jetzt muss es wieder ein bisschen nach oben gehen.

Wir brauchen auch für Bayern einen ganz klaren Ausbauplan für die Windenergie.

(Tobias Thalhammer (FDP): Die Rendite ist so hoch wie noch nie!)

Es gibt sehr viele Standorte, die technisch funktionieren würden, aber in der Regel abgeblockt werden. Bitte gehen Sie auf die Kommunen zu und versuchen Sie, mit diesen gemeinsam vor Ort Lösungen zu entwickeln, sodass Bürger in Kraftwerke investieren können. Am Ende sollten nicht wieder die großen Giganten den Markt übernehmen, sondern es sollte zu einer dezentralen Wertschöpfung kommen. Dann ist auch die Akzeptanz für diese Energieform höher. Wenn der Windstandort vor der eigenen Haustür einem Investor aus Hamburg gehört, will man die Windmühle natürlich nicht dort haben.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, die erneuerbaren Energien sind eine Erfolgsgeschichte, die wir noch weiter vorantreiben müssen. Noch vor wenigen Jahren stammten gut 10 % des Stromaufkommens aus erneuerbaren Energien; heute sind es rund 19 %. Ziel der FREIEN WÄHLER ist es, bis zum Jahr 2030 auf 100 % Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien zu kommen. Ich bin davon überzeugt, dass das zu schaffen ist, wenn wir das wollen. Wenn wir das nicht wollen, sehe ich gewisse Probleme. Dann wird uns dies irgendwann einholen. Auch Sie haben das Ziel ausgegeben, von der Kernenergie wegzukommen, und zwar je eher, desto besser. Diese Wendung nehme ich mit Respekt entgegen. Ich weiß, wie schwierig es in Ihrer Partei ist, solche Dinge durchzusetzen. Da möchte ich nicht in Ihrer Haut stecken. Man hört hinter sich diejenigen die Messer wetzen, die meinen, wenn man

nicht mit einem Atombrennstab ins Bett geht, sei die Welt nicht in Ordnung.

(Heiterkeit und Beifall bei den FREIEN WÄH- LERN)

Meine Damen und Herren, ich sage ganz klar: Respekt vor dem Ministerpräsidenten dafür, dass er sich hier wendet. Ich hoffe nur, er bleibt nun beständig. Er hat vorhin gesagt, wir sollten ihm nicht vorwerfen, was er früher gesagt hat. Das will ich an dieser Stelle auch nicht tun. Herr Ministerpräsident, ich hoffe nur, Sie bleiben bei dieser Wendung. Mir wäre es wichtig, dass ich morgen wüsste: Das, was Sie gesagt haben, hat noch Bestand. Wenn das so ist, haben Sie unsere volle Unterstützung.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang ist es auch äußerst wichtig zu definieren, wohin wir mit der Energiepolitik wollen. Sie haben in den letzten Tagen das Zuständigkeitswirrwarr zwischen Söder und Zeil mitverfolgt: Wer ist der Beste, wer ist der Schnellste, wer ist der Schönste? Dabei hat sich Brunner noch nicht einmal zu Wort gemeldet. Das Thema der erneuerbaren Energien, das Thema der Energiepolitik insgesamt ist nicht bei einem Ministerium angesiedelt. Das Agrarministerium ist für nachwachsende Rohstoffe zuständig. Zeil ist zuständig für die Förderung der erneuerbaren Energien, Söder für die Reaktorsicherheit. Herr Ministerpräsident, bitte passen Sie kurz auf. Sie haben gesagt, wir würden in einiger Zeit miteinander reden, Sie gingen auf die Fraktionsvorsitzenden zu, um zu klären, was wir bezüglich der erneuerbaren Energien vorhaben. Einiges habe ich Ihnen schon gesagt. Ein weiterer Gedanke folgt an dieser Stelle: Bündeln Sie diese Kompetenzen. Ich gehe sogar so weit zu sagen: Wenn es nicht anders geht, gründen Sie meinetwegen ein eigenes Energieministerium, um diese Themen in einer Hand zusammenzuführen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Reserl Sem (CSU): Jetzt langt’s aber!)

Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass diese Zukunftsfrage des Wirtschaftsstandorts Bayern von drei Herren entschieden werden kann, von denen einer, Herr Söder, jeden Tag die Meinung wechselt, ein anderer, Herr Zeil, es nicht einmal schafft, die schnellen Internetverbindungen nach vorn zu bringen, und der Dritte, ein Herr Minister Brunner, nicht einmal mit den Wildsäuen im Bayerischen Staatswald fertig wird.

(Heiterkeit und Beifall bei den FREIEN WÄH- LERN - Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Diese Herren werden die Energiewende nicht schaffen, die vertragen sich ja nicht einmal persönlich!

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Hacker (FDP))

Man muss diese Teilbereiche aus den Ministerien zusammenfassen, muss ein gemeinsames Ziel aufstellen. Ziel muss der Atomausstieg sein, spätestens wie im rot-grünen Atomkompromiss beschlossen. Es geht um den Umstieg auf erneuerbare Energien bezüglich Strom spätestens bis 2030. Dafür brauchen wir die Wegmarken, brauchen wir die Ziele, und da müssen Sie die Kompetenzen bündeln. Aber mit diesem Triumvirat kommen Sie nie zum Ziel!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das zum Thema erneuerbare Energien.

Meine Damen und Herren, ein weiteres Feld ist uns äußerst wichtig; es wurde heute auch völlig vergessen. Wir entwickeln hier schöne Pläne, wie Bayern in zehn, in 20, in 30 Jahren ausschauen soll, haben aber mit keinem Wort erwähnt, wer das denn machen soll. Meine Damen und Herren, das ist zu einem großen Teil der öffentliche Dienst, das sind die Beamten, das ist der Staatsapparat. Sie wurden mit keinem Wort erwähnt. Aber aus dieser Ecke hört man momentan: brisante Stimmung, schlechtes Arbeitsklima, völlige Enttäuschung über die Staatsregierung, enttäuscht bis dort hinaus. Diese Leute sollen mit einer weiteren Nullrunde abgespeist werden. Gleichzeitig sagt man, man wolle den Aufbruch Bayern organisieren, alle Kräfte bündeln. Die Soldaten jedoch, die den Sieg erringen sollen, haben die Waffen auf den Boden geschmissen.

Meine Damen und Herren, der öffentliche Dienst muss wieder arbeitsfähig werden. Wir müssen froh sein, dass er trotz dieser widrigen Arbeitsbedingungen noch so tapfer und fleißig arbeitet. Wir müssen diese Leute mitnehmen, wir müssen diesen Leuten die verordnete Nullrunde nicht wirklich zu Gemüte führen, sondern müssen sagen: Okay, ihr habt gute Arbeit geleistet; auch wir im Landtag bekommen dreieinhalb Prozent mehr Diäten, bitte schön, dann muss man auch euch, den Beamten, diese 1,5, 1,9 % gönnen können.

(Zurufe von der CSU)

Wenn man ihnen das nicht geben kann, dann muss man irgendwo eben die Bürokratie zurückführen, damit man die Leute, die man hat, ordentlich bezahlen kann. Sonst haben Sie diejenigen, die morgen Ihren Aufbruch Bayern organisieren sollen, bei der freien Wirtschaft, und die pfeifen Ihnen etwas. Das ist draußen die Realität!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, vieles liegt hier auch in Richtung Bundespolitik im Argen, was überhaupt nicht angesprochen ist.

(Zuruf des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

- Ja, die kommen schon noch. Vielleicht sind die Ihren draußen, und wir haben sie drin.

(Heiterkeit und Beifall bei den FREIEN WÄH- LERN - Zuruf des Abgeordneten Thomas Hacker (FDP))

- Ja, lieber nicht!

Meine Damen und Herren, da geht es um gesundheitspolitische Themen, Pflegethemen. All das ist heute überhaupt nicht debattiert worden. Dort versickern Gelder. Heute wird schon wieder darüber debattiert, den Pflegebeitrag zu erhöhen. Herr Seehofer hat es vor wenigen Tagen dementiert. Aus der RöslerEcke usw. kommt: Wir werden erhöhen müssen.

Meine Damen und Herren, was auf Bundesebene in diesen Bereichen an Geld versickert, auch durch Ihre Verschuldung - Sie regieren ja mit, haben selber schon diese Ministerien geführt -, ist auch ein schwieriges Kapitel; da will ich hier gar nicht klug auftreten. Das ist eine Mafia, die Sie dort angehen müssen, das weiß ich. Aber wir müssen dort Einsparungen und Planungssicherheit erreichen. Wir müssen dafür sorgen, dass das Geld, das uns hier fehlt, nicht in Berlin versickert.

Zur Daseinsvorsorge sagen wir als FREIE WÄHLER ganz klar: Daseinsvorsorge - das ist die Gesundheit, das ist die Energie, das ist der öffentliche Personennahverkehr - muss in kommunaler, muss in staatlicher Hand bleiben, darf nicht an gewinnorientierte Börsenjunkies gehen. Auch hier sehen wir, dass viele Gelder verschwunden sind, die uns heute fehlen, bis hin zur Energiebranche; Stichwort Strompreiserhöhungen, Stichwort Einlagerungskosten für den ganzen Atommüll, die der Steuerzahler bezahlt.

Also, auf Bundesebene haben Sie große Baustellen, die nicht abgearbeitet werden, die aber dringend bearbeitet werden müssen, wenn wir hier in Bayern auf die Beine kommen wollen, weil wir sonst am Ende nur noch Mangelverwaltung betreiben, weil wir sonst einfach den Kuchen immer haarschärfer aufteilen müssen. Es geht uns darum, auch die Defizite der Bundespolitik nicht in der Form spürbar werden zu lassen.