Protocol of the Session on April 5, 2011

Also, auf Bundesebene haben Sie große Baustellen, die nicht abgearbeitet werden, die aber dringend bearbeitet werden müssen, wenn wir hier in Bayern auf die Beine kommen wollen, weil wir sonst am Ende nur noch Mangelverwaltung betreiben, weil wir sonst einfach den Kuchen immer haarschärfer aufteilen müssen. Es geht uns darum, auch die Defizite der Bundespolitik nicht in der Form spürbar werden zu lassen.

Das geht bis hin zu Themen, bei denen man viele Kommunen ins Messer hat laufen lassen, Cross-Border-Leasing und all diese Späße, woran sich irgendwelche internationalen Finanzhaie gesundgestoßen haben, sich viele Kommunen wirklich massiv die Finger verbrannt haben. Es ist teilweise nicht laut nach außen gesagt worden, weil sonst vielleicht ein Bürgermeisterstuhl wackeln würde, wenn man sagt, er ist auf diese Leute hereingefallen.

(Zuruf von der CSU)

Also bitte, auch bei diesen Dingen genau aufpassen, bei diesen Dingen dafür sorgen, dass wir den Kommunen zur Seite stehen und keine großen Fehler machen!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, ein Thema ist auch - selbst wenn Sie es mittlerweile nicht mehr hören können; ich, ehrlich gesagt, auch nicht mehr, wir können es aber nicht aussparen - die Landesbank. Herr Ministerpräsident, Sie haben damals, als dieses Thema hochgekocht ist, gesagt, der Bürger Bayerns hat ein Anrecht darauf, dass das rückhaltlos aufgeklärt wird und hier rücksichtslos Konsequenzen gezogen werden.

Ich muss sagen, das, was danach als Bericht von Schwarz-Gelb hier abgeliefert worden ist, hat mich nicht überzeugt. Das war nicht der Weisheit letzter Schluss, und damit ist der durchschnittliche bayerische Bürger nicht zufrieden. Ich sage es ganz klar: Hier sind Milliarden versenkt worden in einer Fahrlässigkeit, die geradezu himmelschreiend ist. Hier könnte man fast sagen: CSU im Glück wie Hans im Glück: begonnen mit einem Goldbarren, der endet mit einem Euro, den man am Ende zurückbekommen hat.

Um sich einmal klarzumachen, von welchen Dimensionen wir hier reden: Ein Kilo Gold kostet heute gut 30.000 Euro. Wenn man die 3,7 Milliarden Euro der Bayerischen Landesbank in Kilo Gold umrechnet, sind das 100.000 Kilo, also 100 Tonnen Gold. Damit können Sie drei Dreißig-Tonner-Lkws mit Gold bis zum Achsbruch beladen. Und diese drei Lkw-Ladungen haben Sie in die Salzach gekippt.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, und dann sagen Sie hier: Eine gewisse Schuld kann zwar dabei gewesen sein, aber wir haben halt übers Wochenende diese Protokolle nicht so genau gelesen! - Also, das ist zu wenig, was hier bisher gelaufen ist!

(Zuruf des Abgeordneten Thomas Hacker (FDP))

Es geht weiter mit den ABS-Papieren. Da reichen diese drei Lkw-Ladungen nicht. Jetzt halten Sie sich fest: Das wissen wir erst in 2014 in etwa: Das sind 10 bis 20 weitere Lkw-Ladungen voller Gold, die in diesen ABS-Papieren heute stecken. Das sind irgendwo zwischen 10 bis 20 Milliarden Euro, wobei wir nicht wissen, ob bzw. wie viel wir davon wiedersehen. Wenn ich hierfür nur ein dummes Lächeln auf der Regierungsseite sehe, dann muss ich sagen: des Ernstes der Lage nicht bewusst! Aber dann von nachhaltiger Haushaltspolitik zu reden, das schlägt dem Fass den Boden aus!

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Sie meinen, das Thema ist schon durch, der Wähler hat es vergessen, er kann es nicht mehr hören. Ich sage Ihnen: Der Wähler hat es nicht vergessen, und ich bin hier auch wieder nicht der, der den Prügel bis zum jüngsten Tag hinterherwerfen will. Aber wenn Sie sich hier herstellen, es schulterzuckend zur Kenntnis nehmen und Ihre Leute weiter wirtschaften wie in guten alten Zeiten, dann, muss ich sagen, ist hier weiterhin Gefahr in Verzug, weil Sie weiterhin die Brisanz der Thematik nicht erkennen.

Meine Damen und Herren, zur Landesbank eine kleine Abschlussbemerkung, um hiermit auch die Brücke zur Energiepolitik zu schlagen. Wir stellen dieser Tage eine Anfrage zu den Engagements der Bayerischen Landesbank in einem finnischen Atomkraftwerk, das neu gebaut werden soll. In einer Zeit, wo sich zumindest Deutschland von der Atomenergie wegbewegen will, wo wir an die europäischen Nachbarn appellieren, bitte über Alternativen nachzudenken, zetteln wir hier wieder ein milliardenschweres Engagement zu guter Letzt mit unseren Steuergeldern an, in einer Atomindustrie, wozu vielleicht die finnische Bevölkerung in drei, vier, fünf Jahren sagt: Nein, wir wollen die Kiste nicht in Betrieb nehmen. Dann haben wir wieder unser Geld drinstecken, dann wird es wieder heißen, es war eine Fehlinvestition, wir müssen umschulden, wir verlieren 1,7 oder 2 Milliarden Euro.

Meine Damen und Herren, ja seid ihr denn hier blind? Ich bitte Sie, sich dieses Themas anzunehmen, hinzuschauen, ob hier das Geld richtig angelegt ist oder ob es doch besser angelegt wäre für den Ausbau der Speichertechnologie, für den Ausbau der Windenergie, der Photovoltaik, der Erdwärmegewinnung, der Hackschnitzeltechnik, für erneuerbare Energien, für kommunale Stadtwerke - anstatt in der Atomindustrie in Finnland.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, ich möchte zusammenfassen: Bayern ist ein Land, das noch ordentlich dasteht. Die Belastungen der Zukunft werden aber nicht geringer, sondern eher größer. Herr Ministerpräsident, Sie haben gesagt, die Jahre 2008 und 2009 wären Jahre der Krise gewesen - jetzt ginge es zum Aufbruch über. Das ist - gelinde gesagt - eine gefährliche Fehleinschätzung. Die Krisen - vor allem bei den ABS-Papieren der Landesbank - sind noch nicht überwunden und werden uns weiterhin belasten. Wir müssen uns in vielen Politikfeldern noch intensiver aufstellen, zum Beispiel bei der Bildung und bei den erneuerbaren Energien. Ich zähle die einzelnen Bereiche jetzt nicht erneut auf.

Zu Ihrer Einschätzung, Bayern stünde bärenstark da und Herr Minister Zeil, der früher für jeden Spott gerade gut gewesen ist, sei jetzt Ihr bärenstarker Minister, kann ich nur sagen: Das war eine Bärenmarke-Rede, die Sie gehalten haben.

(Beifall und Heiterkeit bei den FREIEN WÄH- LERN)

Herr Seehofer, Sie wollten uns einen Bären aufbinden mit Ihrer Aussage, Herr Zeil wäre Ihr stärkster Minister. Diesen Bären können Sie in das Museum neben den Bären Bruno stellen.

(Thomas Hacker (FDP): Neben den Wolf!)

- Das ist mir auch egal.

Ich will Sie nur davor warnen, die Situation zu positiv zu sehen. Ich sehe sie hoffentlich zu negativ. Ich glaube, wir müssen gut zusammenarbeiten. Ich greife Ihre Aussage auf der Klausurtagung von Wildbad Kreuth auf, dass Sie die FREIEN WÄHLER dadurch überflüssig machen wollen, indem Sie ihre Themen übernehmen. Herr Ministerpräsident, ich würde mich nie so gern überflüssig fühlen wie in dem Augenblick, in dem Sie unsere Positionen in der Kommunalpolitik, der Bildungspolitik und bei den erneuerbaren Energien übernehmen. Die Konzepte hierfür sind vorhanden. Bringen Sie den Mut auf, die Argumente der Opposition zu hören, und bringen Sie den Mut auf, dem einen oder anderen unserer Programme zuzustimmen. Sie brauchen sie gar nicht heimlich zu kopieren, wie dies bei der Bergwaldoffensive der Fall war. Stimmen Sie zu und übernehmen Sie die Konzepte. Wir verlieren nur Zeit, wenn Sie unsere Anträge ablehnen, uns auslachen und drei Wochen später dieselben Anträge selbst einbringen. Dafür hat der Bürger keinen Nerv mehr. Dafür haben wir keine Zeit. Dafür sind wir auch zu gut bezahlt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Wenn etwas Gutes kommt, dann stimmen Sie dem doch zu. Wir sind nicht schadenfroh und behaupten, dass wir die Besten seien. Für Sie ist es doch peinlich, wenn Sie unsere Vorschläge später übernehmen müssen. Schauen Sie sich unsere Vorschläge an und lesen Sie sich unsere Konzepte durch. "Gemeinsam sind wir stark", das ist unsere Devise für Bayern. Wir müssen gemeinsam in die Zukunft, nicht rückwärts gewandt, sondern vorwärts. Unsere Bürger haben das verdient.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN und der SPD)

Der nächste Redner ist Herr Kollege Dr. Runge für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Werter Herr Ministerpräsident, gestatten Sie mir einen kurzen Prolog. Ich greife den Gedanken auf, mit dem Herr Kollege Aiwanger geendet hat, bevor er sich wieder in Rage geredet hat. Kolleginnen und Kollegen von der CSU, die Tatsache, dass Sie Georg Schmid die Haushaltsrede halten ließen, dokumentiert, dass Sie weder diese Debatte noch den Haushalt besonders ernst nehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

"Besuchen Sie Kärnten, Ihr Geld ist schon da." Dieser wunderschöne Werbespruch dokumentiert, was gelaufen ist. Hier sind nicht nur Milliarden an Steuergeldern - öffentlichen Geldern - verbraten worden, sondern Bayern ist auch lächerlich gemacht worden. Herr Schmid, Sie wollten uns hier etwas über die Solidität der Haushalts- und der Finanzpolitik erzählen - Sie, der Sie diese Misere persönlich mitzuverantworten haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich habe mir all die letzten Haushaltsreden angeschaut. Die vorletzte Haushaltsrede hat der damalige Ministerpräsident Edmund Stoiber gehalten. Er hat ganz zu Beginn seiner Haushaltsrede Folgendes gesagt:

Meine Damen und Herren, wir nehmen die Menschen ernst. Wir teilen ihr Gerechtigkeitsempfinden.

Wo teilen Sie denn mit dem, was Sie hier dokumentiert haben, das Gerechtigkeitsempfinden der Menschen in Bayern? Herr Schmid, die Schamfrist und der Zeitraum der Resozialisierung sind noch längst nicht vorbei.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Ministerpräsident, ich will Sie ungern stören, aber ich tue es trotzdem.

(Hubert Aiwanger (FREIE WÄHLER): Mit Damen können Sie nicht konkurrieren!)

Herr Ministerpräsident, seitdem wir mit Ihnen die Haushaltsdebatte führen, stehen diese Debatten unter sehr spannenden, gleichzeitig aber auch besorgniserregenden Vorzeichen. Die politische Debatte und die politische Agenda werden durch Ereignisse bestimmt, die sich keineswegs nur auf Bayern oder auf Deutschland beschränken, sondern die weltweit und global von Bedeutung sind. Bekanntlich vor zwei Jahren: die weltweite Wirtschaftskrise, hervorgerufen durch das Finanzmarktdebakel, jetzt die schlimmen Ereignisse in Japan, Erdbeben, Überschwemmungen und vor allem das Desaster in den Atomkraftwerken. Naheliegenderweise dominieren solche Ereignisse und die Reaktionen darauf die Haushaltsdebatte.

Herr Ministerpräsident, es liegt deshalb auf der Hand, dass wir Sie an Ihren Ansagen in der letzten Haushaltsrede und dem, was Sie getan haben, messen. Das müssen Sie sich gefallen lassen. Wir ziehen daraus unsere Schlussfolgerungen, wie glaubhaft Ihre jetzigen Ankündigungen und Ansagen sind. Der Kern der Haushaltsdebatte vor zwei Jahren war die Diskussion über den Werkzeugkasten, der uns zur Verfügung steht, und die Maßnahmen, die ergriffen werden können, um dem Wirtschaftseinbruch gegensteuern und dessen Folgen abmildern zu können.

Interessanterweise gab es auch noch einen anderen Schwerpunkt, nämlich die kurz zuvor erfolgte Schwabentournee des Ministerpräsidenten mit zahllosen Versprechungen. Diese reichten von der Uniklinik in Augsburg bis zur Vorfinanzierung des dritten Gleises in Diedorf. Auch das sind Dinge, an denen wir Sie messen können und messen werden. Ich kann nur sagen: Versprochen, gebrochen. Herr Ministerpräsident, gestern habe ich im "Münchner Merkur" von Ihnen den Satz gelesen: Seehofer: "Auf Wortbruch steht die politische Höchststrafe." Was ist denn für Sie die Höchststrafe? Ist das etwa die Tatsache, dass Sie weitermachen müssen?

(Beifall und Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD)

Der Beispiele gäbe es hier unzählige. Sie haben uns heute mit fünf Eckpunkten Ihrer künftigen Politik beglückt, die sich auch im Haushalt wiederfinden sollen. - Herr Ministerpräsident, ich kann verstehen, dass Sie gerne mit Damen reden - einmal von vorne, ein

mal von hinten. Ich spreche aber trotzdem noch mit Ihnen.

(Christa Stewens (CSU): Sehen Sie sich vor!)

- Ich soll mich vorsehen? Frau Kollegin Stewens, das tue ich immer gerne. Frau Noichl, Sie wissen schon, wie ich das gerade gemeint habe. Ich habe es nicht so gemeint, wie Sie das interpretieren.

Herr Ministerpräsident, das letzte Mal haben Sie vier Schwerpunkte genannt, genau wie bei Ihrer letzten Regierungserklärung. Was waren die vier Punkte damals?

Das erste große Ziel: "Jedem Kind die beste Bildung; und jeder Begabung die beste Förderung." Dazu kann ich nur sagen: Das ist blanker Hohn.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu diesem Themenkomplex haben Sie dann noch wortwörtlich ausgeführt: "Wir ermöglichen dem doppelten Abiturjahrgang 2011 gute Studienbedingungen." Wir werden sehen, wo diese guten Studienbedingungen sind.

Ihr zweites Kernziel war Nachhaltigkeit und Generationengerechtigkeit. Wir sagen dazu: Nicht einmal im Ansatz.