Protocol of the Session on April 5, 2011

Bildung ist alles. Alles beginnt mit Bildung. Deshalb ist die Bildungspolitik für uns der Dreh- und Angelpunkt einer funktionsfähigen gesamtbayerischen Politik. Eine Politik, die die Bildung nicht ernst genug nimmt, wird am Ende mit ihren Ergebnissen scheitern.

Wir stellen fest, dass im frühkindlichen Bereich nicht das getan wird, was getan werden müsste. Wir erneuern an dieser Stelle unsere Forderung nach einem kostenfreien Kindergartenjahr, damit den Familien ein eindeutiges Signal dafür gegeben wird, wohin wir wollen. Es muss ein Signal sein, dass eine finanzielle Belastung gesamtgesellschaftlich getragen werden muss, um unser Ja zu Kindern und Familien zu unterstützen.

Wir haben zu diesem Bereich immer wieder Anträge eingereicht. Dabei geht es darum, die Intensität der frühkindlichen Betreuung zu verbessern, ob es nun den Einsatz von Logopäden oder andere Verbesserungen betrifft. Gleichzeitig plädieren wir für einen Abbau der Bürokratie im Bereich des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes, damit den Erziehern der Freiraum gegeben wird, mit den ihnen anvertrauten Kindern vernünftig zu arbeiten.

Für die Grundschulen fordern wir weiterhin eine deutliche Stärkung der individuellen Förderung, mehr Kompetenzen für die Schulen, mehr Lehrer und Power, damit in kleineren Klassen Kinder gezielt unterrichtet werden können. 25 Kinder pro Klasse in weiterführenden Schulen und in Grundschulen sind ein Problem. Es wäre verantwortungslos, es nicht anzu

gehen. Deshalb sagen wir mit Blickrichtung auf alle Schultypen: 25 Kinder - gerade auch bei den Grundschulen - sind die alleroberste Grenze. Eigentlich müsste man für Grundschulen eine Klassenstärke von 20 bis 22 Kindern fordern; denn es geht darum, auf die Kinder individuell einzugehen.

Die Mittelschule ist Ihr neues Kind, Ihr neues Modell, um der Hauptschulproblematik zu begegnen. Auch hier sagen wir: Es handelt sich um einen Zwischenschritt, einen Versuch, der die Lösung aber nicht bringen wird. Wir fordern Sie schon heute auf, im Bereich der Bildungspolitik Konzepte vorzulegen, die einer regionalen Schulentwicklung den Weg öffnen und es zulassen, dass in strukturschwachen, kinderarmen Gegenden Haupt- und Realschulen zusammenwirken, und zwar dort, wo es die Schulfamilie will, wo es die Kommunalpolitik will. Solchen Entwicklungen sollte man dort mehr Freiräume geben. Man sollte den Lehrern und den Schulen mehr Kompetenzen einräumen; denn bisher ist alles viel zu strikt.

Wir haben die Zuständigkeit von Schulen, selber Lehrer zu suchen. Dabei stößt man auf einen Markt, der kaum Lehrer hat, weil dem Lehrerberuf über Jahre hinweg keine Perspektive geboten worden ist. Was es da an Freiraum gibt, ist zu wenig. Es ist sogar ein vergifteter Apfel, wenn man dem Schulleiter sagt: Du darfst dir deine Lehrer für die Schüler selber aussuchen, weil der Staat keine mehr findet.

Dieser Zustand ist zu wenig. Schulen leiden jetzt unter Nachteilen, die vorher von anderen verschuldet worden sind.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Zur Bildungspolitik muss weiter festgestellt werden, dass Realschulen und Gymnasien an vielen Standorten völlig überfüllt sind. Dort gibt es übergroße Klassen.

Auch an den Hochschulen gibt es unhaltbare Zustände. Das erkennt man anscheinend erst jetzt, im Jahr 2011. In diesem Zusammenhang muss auch die Initiative der FREIEN WÄHLER gesehen werden. Ich sage dem Kollegen Piazolo Dank, der schon im letzten Jahr darauf hingewiesen hat, dass die zur Verfügung stehenden Plätze hinten und vorn nicht ausreichen. Meine Damen und Herren, das haben Sie erst in den Jahren 2010/2011 festgestellt. Die Auswirkungen Ihrer bildungspolitischen Entscheidung von 2003, das achtjährige Gymnasium einzuführen, haben Sie erst im vergangenen Jahr zur Kenntnis genommen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Das heißt, Sie wurden von den Auswirkungen Ihrer eigenen Politik überrascht. Genauso wurden Sie ein zweites Mal überrascht von den Auswirkungen der Abschaffung der Wehrpflicht. Als Ihr Kollege zu Guttenberg gesagt hat, man wolle die Wehrpflicht aussetzen, haben Sie lange nicht gemerkt, dass diese jungen Leute zusätzlich in die Hochschulen drängen. Und nun wird Hals über Kopf irgendetwas zusammengeschustert. Sie versuchen nun, mehr Studienplätze aus dem Boden zu stampfen, hecheln der Entwicklung also hinterher.

Wir stellen fest, dass Sie in der Bildungspolitik die Signale zu spät erkannt haben. Deshalb gebe ich Ihnen mit auf den Weg, das Thema regionale Schulentwicklung, das Thema Hauptschule und Realschule, vor allem in den bevölkerungsarmen Gegenden, jetzt und heute gezielter anzugehen, weil das Mittelschulprojekt sonst nur in einem Schulhausneubaukonzept enden wird. In wenigen Jahren würden wir viele kleine Hauptschulstandorte schließen und zentrale Mittelschulstandorte für teures Geld bauen müssen. Ich bitte Sie, das heute schon abzufangen, damit wir nicht so enden, wie ich es eben geschildert habe.

Meine Damen und Herren, im Bildungsbereich sehen wir - wie gesagt - nach wie vor einen großen Nachholbedarf. Hier werden nicht alle Register gezogen. Die Rechnung werden wir in Zukunft teuer bezahlen müssen, wenn wir hier nur das Nötigste tun und der Situation nicht gerecht werden.

Die Kommunen sind für die FREIEN WÄHLER für einen funktionsfähigen Staat ein sehr wichtiger Pfeiler. Mein Vorredner hat es zwar mit wenigen Sätzen angesprochen, aber er hat die Lage schöngeredet, indem er gesagt hat, die Kommunen seien zufrieden, auf der kommunalen Ebene sei die Welt in Ordnung. Ihr Fraktionsvorsitzender, meine Damen und Herren von der CSU, hat sogar darauf hingewiesen, dass die kommunalen Spitzenverbände mit dem Ergebnis zufrieden seien.

Meine Damen und Herren, Sie haben bis heute die kommunale Schuldensituation nicht erkannt, Sie sind schlicht nicht richtig informiert. 40 % der Kommunen konnten im Jahre 2010 ihrem Schuldendienst nicht mehr gerecht werden. Die Schulden haben sich drei Jahre hintereinander fast verdoppelt. 2008 waren es 9,6 %, dann waren es 16 % und zuletzt 40 %. 20 % der Kommunen müssen mittlerweile aus dem Vermögens- in den Verwaltungshaushalt rübersteuern, damit der Laden überhaupt noch läuft. Dieses Thema ist uns äußerst wichtig, weil es die wirkliche Finanzlage Bayerns aufzeigt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Herr Kollege Aiwanger, entschuldigen Sie einen Moment. Herr Staatsminister Söder, Ihre Unterhaltung ist ein bisschen sehr störend!

Bitte sehr, Herr Kollege Aiwanger, fahren Sie weiter.

Meine Damen und Herren, wenn man nur den Freistaat Bayern als Bezugsgröße nimmt, wird man den Tatsachen nicht gerecht; denn dann blendet man aus, dass der Freistaat nur deshalb so halbwegs mit seinem angeblich ausgeglichenen Haushalt über die Runden kommt, weil er die Schulden auf die Kommunen ablädt. Dadurch ist die kommunale Verschuldung in den letzten Jahren massiv gestiegen und die Investitionsfähigkeit vielfach geradezu weggebrochen. Die Kommunen sind die Auftraggeber für die regionale Wirtschaft. 70 % der Aufträge kommen Pi mal Daumen von den Kommunen. Die Kommunen mussten aber viele Investitionen zurückstellen, was einerseits die Situation scheinbar etwas verbessert hat, weil es sich noch nicht auf die Verschuldung auswirkt, aber andererseits, wie gesagt, sind viele Aufträge weggebrochen.

Sie, Herr Ministerpräsident, sagten vor vierzehn Tagen oder drei Wochen, als in Baden-Württemberg die Welt noch in Ordnung war, mit Herrn Mappus Arm in Arm: Wir sind die Kraft des Südens.

(Zuruf von den FREIEN WÄHLERN: Passt schon!)

Da frage ich mich, welche Kraft Sie gemeint haben. Meinten Sie Hannelore Kraft aus Nordrhein-Westfalen?

(Zurufe von der CSU: Nein, nein, wirklich nicht!)

Meinten Sie die Hannelore Kraft, die keinen genehmigungsfähigen Haushalt vorlegen konnte? Sie machen eine Hannelore-Kraft-Politik für die Kommunen. Das ist die Wahrheit der bayerischen Finanzpolitik.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wenn hier nun süffisant festgestellt wird, dass die kommunalen Spitzenverbände mit dem Ergebnis zufrieden seien, muss ich doch Tatsachen nennen. Die Bezirke sind mit Forderungen von 300 bis 400 Millionen Euro frischen Geldes - so der Bezirkstagspräsident Hölzlein - in die Verhandlungen gegangen. 300 bis 400 Millionen frischen Geldes! Er hat nicht einen Cent mehr bekommen.

(Ministerpräsident Horst Seehofer: Circa 70 Milli- onen mehr!)

Die anderen sind mit 13 % Kommunalanteil am Steuerverbund in die Verhandlungen gegangen und sind mit 12,2 % rausgekommen. Sie haben mit süßsaurem Gesicht verkündet, dass sie damit leben können. Warum denn? Ich nenne die Gründe: Sie tragen damit irgendwie dazu bei, der Staatsregierung nicht zu sehr ins Kreuz zu steigen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Es sind immerhin vier CSU-Leute, die die kommunalen Spitzenverbände steuern. Ich muss sagen, sie sind mit leeren Händen nach Hause gegangen.

(Georg Schmid (CSU): 70 Millionen zusätzlich! Was heißt da leere Hände?)

Sie haben dann zu Hause verkünden müssen, die Bezirks- und die Kreisumlagen würden erhöht, aber die Kommunen müssten das auffangen, was der Freistaat Bayern nicht bezahle.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Wenn Sie das zusammenzählen, haben Sie die Milliarde, die den Kommunen fehlt, und mit dieser Milliarde gehen Sie nun hier im Hohen Hause hausieren. Deshalb erneuere ich die Forderung der FREIEN WÄHLER: Gebt den Kommunen endlich mehr Entscheidungskompetenz. Lasst die Kommunen selbst frei entscheiden, dann werden sie zu besseren Ergebnissen kommen.

Sie, meine Damen und Herren, reden die Situation hier weiter schön und sagen, für die Kommunen sei die Welt in Ordnung.

(Georg Schmid (CSU): Nicht sei, sondern sie ist in Ordnung!)

Reden Sie mit den Kommunalpolitikern draußen vor Ort. Die sagen Ihnen eindeutig, dass das nicht der Fall ist.

Nächster Punkt: Infrastruktur! Die Infrastruktur ist heute überhaupt noch nicht angesprochen worden. Ich meine, darauf müssen wir unser Augenmerk besonders lenken.

Ich nenne als Erstes die Informationsinfrastruktur mit ihren schnelleren Internetverbindungen. Da sage ich nur: Fehlanzeige! Es wird versprochen, bis Ende des Jahres 2011 auf 98 bis 99 % der Versorgung zu kommen. Mit Ihrem einen Megabit bringen Sie heute doch schon einen Grundschüler zum Lachen, aber kein einziges Architekturbüro zum Laufen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Ziel müssen 50 Megabit sein.

Zu Ihrer LTE-Technik, die Sie heute groß verkünden, sage ich nur Folgendes. Diese LTE-Technik ist nicht einmal eine Krücke. Sie kann in einigen wenigen Fällen eine gewisse Verbesserung bringen, aber sie ist keine Lösung. Streben Sie gezielt den Glasfaserausbau an.

(Zurufe von der CSU)

Ich erneuere unsere Forderung, endlich das Bundesförderprogramm für Breitband anzunehmen. Bei diesem Programm, an dem fast alle Bundesländer teilnehmen, gibt es 500.000 Euro Zuschuss pro Projekt. Wir pusten hier mit 100.000-Euro-Programmen herum. Damit kommen Sie nie zum Ziel. Damit kommen wir nicht mal dem Zielbereich nahe. Damit wird Bayern abgehängt.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN - Tobias Thalhammer (FDP): Gegenüber Tschechien? Gegenüber wem werden wir denn abgehängt?)

- Gegenüber den anderen Bundesländern.

Sie haben dann ausgeführt, Sie hätten bei den Staatsstraßen im Haushalt nachgebessert. Da gebe ich Ihnen recht; die FREIEN WÄHLER haben das immerhin schon hunderttausendmal gefordert: mehr Geld für die Staatsstraßen! Sie haben sich nun mit Müh und Not dazu durchgerungen, den Geldbeutel ein bisschen zu öffnen. Für uns heißt nachhaltige Verkehrspolitik und nachhaltige Haushaltspolitik, die Straßen lieber heute zu reparieren, wenn es noch einigermaßen bezahlbar ist, und nicht erst in drei Jahren, wenn alles das Dreifache kostet, weil inzwischen der Untergrund zerstört ist. Mich freut es, dass die Botschaft jetzt angekommen ist; denn wir haben Ihnen das schon hundertmal gesagt. Das, was wir jetzt in Händen haben, ist besser als das, was Sie mit Ihrem ersten Konzept vorgelegt haben. Selbstverständlich weiß ich, dass etwas Mehr immer ginge, aber ich respektiere auch Ihre Entscheidung, sich zumindest in diese Richtung zu bewegen.

(Beifall bei den FREIEN WÄHLERN)

Meine Damen und Herren, ich komme noch zu einem weiteren Punkt. Hier nenne ich zunächst als eines der großen Verkehrsprojekte die Donaustaustufen. Bitte, lasst hiervon die Finger.