Protocol of the Session on March 29, 2011

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aufgrund der staatlichen Gewährträgerhaftung konnte die Landesbank lange konkurrenzlos günstig an Geld kommen. Herr Faltlhauser hat bei der Befragung erklärt, es habe eine weltweite Nachfrage nach billigem Geld gegeben. Er hat von einer Einladung zu weltweiter Präsenz gesprochen. Jeder wollte also das billige bayerische Geld. Nur die Regierung Stoiber hat diese Einladung so begeistert angenommen. Dass die BayernLB mit diesem günstigen Geld nicht nur in ungewöhnlich hohem Maße ABS-Papiere kaufte, sondern auch eine Bank auf dem Balkan, war nur Stoibers Ehrgeiz und Größenwahn geschuldet.

Der Landtag hat bereits 2008 einen Untersuchungsausschuss eingerichtet. Wir haben damals versucht, das ABS-Debakel aufzuarbeiten. Damals wurde deutlich, dass die Ursache dafür eine Mischung aus Größenwahn und Fahrlässigkeit war. Arroganz hatte sich mit Ignoranz gepaart. Der Kauf der HGAA ist kein Betriebsunfall oder einmaliger Ausrutscher, sondern das Ergebnis einer von Grund auf verfehlten Politik der Regierung Stoiber.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das zieht sich von den Milliardenverlusten in der Asienkrise über die Verluste bei der LWS mit ihren Immobiliengeschäften in Ostdeutschland, dem Milliardenkredit für Kirch und den Milliardenverlusten mit ABS-Geschäften bis hin zur HGAA durch. Allein die Tatsache, dass die Landesbank eine Bilanz von 400 Milliarden aufwies, während der Staatshaushalt, mit dem wir dafür hafteten, ein Zehntel davon betrug, zeigt, wie größenwahnsinnig diese Politik war.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun zur rechtlichen Verantwortung. In einem ersten wichtigen Schritt hat sich der Untersuchungsausschuss durch zwei renommierte Gutachter, Professor Lutter und Professor Schmidt, den Rechtsrahmen darstellen lassen. Zu den wesentlichen Sorgfaltspflichten der Verwaltungsräte gehört es, dass sie dem Vorstand nicht blind vertrauen und ihre Entscheidungen nicht auf Hörensagen bauen, dass sie ihre Holschuld bei der Informationsgewinnung beachten und eine Entscheidung nur auf der Grundlage ausreichender Informationen fällen. Es ist ihnen ausdrücklich ver

wehrt - so sagten die Gutachter -, die sprichwörtliche Katze im Sack zu kaufen. Das sind lauter Selbstverständlichkeiten. Dös is dös, was a jeda doa dad. Wer dös ned duad, der is a Depp. Wer nicht macht, was jeder tun würde, der handelt grob fahrlässig.

Bis heute kennen die Verwaltungsräte ihre Organpflichten nicht. Auf Kritik an der unzureichenden Informationsgrundlage für die Entscheidung - sie haben nämlich nicht gewusst, in welchem Zustand die Bank überhaupt war - haben alle mit dem Verweis auf das sogenannte strategische Rational geantwortet. Aus damaliger Sicht sei es richtig gewesen, die HGAA zu kaufen. Keiner war in den Befragungen fähig, zwischen der unternehmerischen Entscheidung, der Frage, ob man kaufen soll, und den Sorgfaltspflichten, also der Frage, wie man kaufen muss, zu unterscheiden. Das haben sie bis heute nicht verstanden. Deshalb hat auch keiner die Kritik der Sonderbeauftragten Linner verstanden. Deswegen haben sie auch zu Ihrer Entschuldigung - nicht nur öffentlich, sondern auch im Ausschuss - immer wieder auf den Eigentümervorbehalt verwiesen, auf die noch ausstehende Billigung durch Kabinett und Sparkassenverbandsversammlung. Diese beiden Organe, die Eigentümervertreter, unterliegen aber gerade nicht den besonderen Sorgfaltspflichten des Verwaltungsrats. Sie haben ganz andere Pflichten. Das haben sie bis heute auch nicht verstanden.

Der Exfinanzminister Faltlhauser hat gesagt, er sei für die Kapitänsentscheidungen zuständig gewesen und nicht für den Maschinenraum der Landesbank. Wer möchte aber mit einem Kapitän fahren, der nicht weiß, was im Maschinenraum los ist?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dementsprechend hat sich der Verwaltungsrat bei der Kaufentscheidung nur auf die strategische Chance konzentriert. Die HGAA war die letzte noch zu kaufende Bank auf dem Balkan, und deswegen hieß die Devise statt, wie wir wissen, der in diesem Fall besonders angebrachten Sorgfalt: Augen zu und durch. Arroganz paarte sich mit Ignoranz. Alle Zeugen mussten einräumen, dass kein einziges Verwaltungsratsmitglied jemals danach gefragt hat, ob der Bankvorstand beim Kauf der Hypo Alpe Adria auch nur die primitivsten Regeln für den ordentlichen Kaufmann beachtete. Die Herren mussten zugeben, dass sie bis heute nicht die genauen Vorgänge oder den Inhalt der Verträge kennen. Kein einziger konnte sagen, ob die 200 Millionen Wertberichtigung, die laut Wirtschaftsprüfer abgezogen werden mussten, abgezogen wurden oder nicht. Der Verwaltungsrat hat sich auch nicht die Ergebnisse der Due Diligence, also die Prüfung der HGAA, darlegen lassen. Die Entscheidung, ob es

sogenannte Dealbreaker gegeben hätte, blieb allein dem Vorstand überlassen. Eine Kontrolle dieser Entscheidung fand nie statt, weder beim Kauf noch danach. Deshalb ist es absurd, wenn Herr Beckstein erklärt - ich zitiere:

(…) wenn man nur ansatzweise das gehört hätte, was jetzt so in den Medien herumgeistert, dann hätte das natürlich nicht gemacht werden können, sowohl von der Höhe des Preises als auch von der Frage der Risiken. Das haben Beckstein und die anderen nur deswegen nie gehört, weil sie den Vorstand nie gefragt haben. Das war grob fahrlässig. Das müssen sich die Herren Beckstein, Huber, Faltlhauser, der CSU-Fraktionsvorsitzende Schmid und alle anderen heute vorwerfen lassen. (Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Huber hält sich immer noch für den großen Wirtschaftsfachmann, obwohl er die größte Pleite in der Geschichte Bayerns mit zu verantworten hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Auf die Frage im Untersuchungsausschuss, wer die Verkäufer waren oder wohin der Verkaufserlös ging, hat er großspurig geantwortet, nur die Ware müsse man als Käufer kennen. Das sagt ein Mann, der bis heute keine konkrete Kenntnis vom Kaufobjekt hat. Der Kauf der HGAA ist ein Lehrstück gemäß dem Sprichwort: Hochmut kommt vor dem Fall. Bei den Vorständen und Verwaltungsräten der Landesbank bleibt der Hochmut leider auch danach noch. Der Kauf der HGAA war unverantwortlich. Es war unverantwortlich, mit Steuergeldern solche enormen Risiken einzugehen und die Landesbank sich auf dem Balkan tummeln zu lassen. Das würde auch dann gelten, wenn der Kauf rechtlich in Ordnung gewesen wäre. Der Kauf der HGAA war aber rechtlich nicht in Ordnung. Alle, die ihn gebilligt haben, haben pflichtwidrig gehandelt und deshalb den Verlust von mehreren Milliarden zu verantworten. Darin sind sich alle einig. Das steht auch im Bericht der CSU.

Deshalb ist es unerträglich, dass die Versager von damals, nämlich Erwin Huber und Georg Schmid, noch mit wichtigen parlamentarischen Ämtern in der CSUFraktion betraut sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Genauso skandalös ist, dass der Sparkassenverband Herrn Schaidinger nicht längst aus dem Verwaltungsrat geschmissen hat.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Besonders empörend ist bei Huber, Schaidinger und Schmid, dass alle drei bis heute ihr Versagen leugnen und meinen, sie könnten so weitermachen, als wäre nichts gewesen. Ich habe bei der Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses vor gut einem Jahr hier in diesem Hause gesagt, es sei unerhört, wenn Schmid wie andere Verwaltungsräte vor ihm beteuere, er habe nach bestem Wissen und Gewissen entschieden. Soviel hat sich schon vor Beginn des Untersuchungsausschusses erkennen lassen: Wissen oder Gewissen der CSU-Führung haben beim Kauf der HGAA keine Rolle gespielt. Diese Einschätzung hat sich bestätigt.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Selbst die eigenen Leute müssen das jetzt einräumen. Deshalb erwarten wir, dass die CSU daraus endlich Konsequenzen zieht, wenn Schmid und Huber dazu selber nicht fähig sind.

Kolleginnen und Kollegen, der Untersuchungsausschuss hat sich nicht nur mit dem Kauf selbst befasst, sondern auch mit möglichen Versäumnissen danach. Hier muss man leider feststellen, dass es auch unter der Regierung Seehofer/Zeil zu erheblichen Versäumnissen kam. Insbesondere Finanzminister Fahrenschon, aber auch Wirtschaftsminister Zeil müssen wir eine Reihe von Pflichtverstößen vorhalten. Ich will nur fünf herausheben.

Erstens: Da ist der Sündenfall Corinna Linner. Das ist der gravierendste Pflichtverstoß. Als Finanzminister Fahrenschon im April 2009 der Zwischenbericht der Sonderbeauftragten Linner vorlag, hätte er eine juristische Prüfung beauftragen müssen. Er hätte prüfen müssen, ob der Kauf beim damaligen Kenntnisstand ohne Garantien und zu dem Preis, der im April bekannt geworden ist, zu verantworten war. Linner stellt in ihrem Bericht ausdrücklich die Frage, ob die Beteiligten ihrer Sorgfaltspflicht gerecht geworden sind. Dieser Frage sind die beiden Herren nicht nachgegangen. Finanzminister Fahrenschon wurde außerdem von den Rechtsanwälten Gaßner und Janik mehrfach aufgefordert, eine juristische Prüfung vorzunehmen und gegen die alten Verwaltungsräte vorzugehen. Minister Fahrenschon hat sich weggeduckt und sich totgestellt. Er hat erst gehandelt, als der Untersuchungsausschuss vor der Tür stand. Alle damaligen Verwaltungsräte hätten den Hinweisen von Frau Linner nachgehen müssen. Der Vorwurf der Unterlas

sung trifft beide Minister, Herrn Zeil und Herrn Fahrenschon.

Zweitens: Die neuen Verwaltungsräte hätten schon im Herbst 2009 nach der Regierungsübernahme gründlich prüfen lassen müssen, wo die Bank steht. Das sogenannte Asset Screening wurde mit einem Jahr Verspätung durchgeführt. Das hätte man noch vor der Kapitalerhöhung von 700 Millionen Euro machen müssen. Zu diesem Zeitpunkt stand schon fest, dass die BayernLB die HGAA aufgrund der EU-Auflagen ohnehin loswerden musste. Dass die Alternative der vorzeitigen Abgabe der Bank oder die Prüfung einer Rückabwicklung nicht erwogen worden ist, ist beiden Ministern, Fahrenschon und Zeil, anzulasten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kirschner?

- Er kann sich nachher zu Wort melden.

Drittens: Minister Fahrenschon ist aus meiner Sicht ebenfalls vorzuhalten, dass ihm in seinem Hause die Verträge erst im Herbst 2009 vorlagen. Vor diesem Zeitpunkt lagen dem Finanzministerium keine der vielen Verträge mit den Verkäufern der HGAA und keine Nebenabsprachen vor. Das war mit der Grund, warum die Zwei-Jahres-Frist aus dem Sideletter mit der Kärntner Landesholding nach zwei Jahren unbemerkt verstrichen ist. Laut Sideletter waren danach sogar Minimalgarantien ausgeschlossen. Das ist ebenfalls ein Versäumnis.

Viertens: Herr Fahrenschon und Herr Zeil haben Mitte 2009 das Kreditlimit für die HGAA ohne Prüfung von Alternativen um Jahre verlängert, obwohl die schwere Schieflage der Bank damals schon feststand.

Fünftens: Herr Fahrenschon und Herr Zeil haben ebenfalls zu verantworten, dass in keinem einzigen der vielen Betrugsfälle bei der HGAA Schadensersatz gefordert wurde. Finanzminister Fahrenschon - das muss man zu seiner Ehrenrettung sagen - war der Einzige, der sich im Aufsichtsorgan um die vielen Betrugsfälle gekümmert hat. Er hat immer gesagt: Jetzt müssen wir etwas machen. Passiert ist bis zum Schluss leider nichts. Die Lorbeeren - sprich die Klagen - ernten jetzt die Österreicher. Wir haben die Klagen vorbereitet, und die Österreicher ziehen diese jetzt durch. Den Schaden dieser Versäumnisse hätte man minimieren können. Leider ging der Pfusch auch unter der neuen Regierung weiter.

Kolleginnen und Kollegen, insgesamt war der Untersuchungsausschuss ein großer Erfolg. Am Ende

zwar haben wir das heute nicht gehört, das kann jedoch jeder nachlesen - musste selbst die CSU einräumen, dass nicht nur die Vorstände, sondern auch die Verwaltungsräte - Faltlhauser, Beckstein, Huber, Schmid und all die anderen - gegen ihre Pflichten verstoßend schuldhaft gehandelt haben. Damit ist die CSU fast vollständig mit uns auf einer Linie.

Wenn der Zug erst einmal richtig auf das Gleis gesetzt ist, ist er nicht mehr zu stoppen. Die CSU hat im vergangenen Jahr ständig versucht, neue Haltesignale aufzustellen. Erst hieß es, dass das Aktienrecht nicht gelte. Darauf hat die CSU infrage gestellt, ob der Vorstand überhaupt fahrlässig gehandelt habe. Schließlich wollte sie feststellen, dass nur der Vorstand pflichtwidrig gehandelt habe. Dann haben sie behauptet, dass es lediglich um eine einfache Pflichtwidrigkeit des Verwaltungsrats gehe. Dass die CSU mit Faltlhauser und Naser zwei Sündenböcke zum Abschuss freigibt, ist nicht sachgerecht, sondern rein parteipolitisch motiviert. Immerhin wurde damit eine heilige Hemmschwelle durchbrochen. Selbst CSUler sind nicht unantastbar. Am Versagen der CSU-Regierung unter Stoiber besteht kein Zweifel. Das hat jeder in Bayern mitbekommen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Die Landesbank will bisher nur die Vorstände auf Schadensersatz verklagen. Dabei pfuschen Sie offenbar schon wieder. Das kann man in der Zeitung lesen. Offenbar sind Sie noch nicht einmal dazu in der Lage, ordentliche Klagen einzureichen. Gegen Faltlhauser und Naser stellen sie bisher nur Regressforderungen. Offenbar wollen sie sich mit denen ohne Klagen einigen. Jedoch trägt nur eine öffentliche Verhandlung dem Sühnebedürfnis der bayerischen Bevölkerung Rechnung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Dass die einfachen Verwaltungsräte wie Huber oder der CSU-Fraktionsvorsitzende Schmid straffrei ausgehen sollen, widerspricht dem Gerechtigkeitsempfinden der Menschen in unserem Land.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich bin mir sicher, dass auch diese Verteidigungslinie nicht zu halten ist, wenn sich die Vorstände erst einmal vor Gericht verantworten müssen. Dann kommt das ganze Versagen der Aufsichtsorgane auf den Richtertisch. Die Verjährungsfrist beträgt noch sieben Jahre. Spätestens mit der neuen Regierung werden wir die Herrschaften zur Rechenschaft ziehen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Der Untersuchungsausschuss hat längst eine bundesweite Wirkung erzielt. Ab sofort werden alle Aufsichtsräte, egal ob in Unternehmen oder staatlichen oder kommunalen Beteiligungen, ihre Kontrollfunktionen ernst nehmen, weil sie Angst haben müssen, dass Schadensersatzklagen auf sie zukommen.

Die frohe Botschaft des Untersuchungsausschusses lautet: Gesetze gelten auch in Bayern, selbst wenn ehemalige CSU-Größen davon betroffen sind. Deshalb kann ich zum Schluss mit Stolz feststellen: Das einzig Erfreuliche an der ganzen Landesbankaffäre ist die Arbeit des Untersuchungsausschusses und der Erfolg der Opposition.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den Frei- en Wählern)

Für mich persönlich war dieses lange Jahr ein Gegenmittel gegen die grassierende Politikverdrossenheit. Die Botschaft lautet: Wer ordentlich und ausdauernd arbeitet, kann etwas bewirken. Die Arbeit im Untersuchungsausschuss hat mir wirklich Freude gemacht. Ich bin froh, dass sie erfolgreich war. Aber ich bin auch froh, dass sie vorbei ist.

(Heiterkeit - Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Herr Kollege Dr. Dürr, es gibt noch ein kurzes Nachspiel. Herr Kollege Dr. Kirschner möchte eine Zwischenbemerkung abgeben.

Sie und Ihre Kollegen haben gegenüber Herrn Zeil und Herrn Fahrenschon Vorwürfe erhoben.