Protocol of the Session on March 29, 2011

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD - Zurufe von der CSU)

Dann wäre dieses Ergebnis nicht zustande gekommen. Ich erinnere an die Sitzung vom 27. Oktober des vergangenen Jahres, als wir mit einem Dringlichkeitsantrag verjährungsunterbrechende Maßnahmen gefordert haben. Kollege König - auch nicht da - hat damals gesagt, Haftungsansprüche seien nicht erkennbar. Finanzminister Fahrenschon hat uns vorgeworfen, wir würden unser politisches Geschäft betreiben. Staatsminister Söder hat gesagt, CSU klage nicht gegen CSU, und Kollege Georg Schmid war als Anwalt in eigener Sache tätig und meinte, Haftungsklagen seien nicht veranlasst. Ohne Freie Wähler und ohne FDP wären SPD und GRÜNE auf verlorenem Posten gestanden, obwohl sie mit ihrer Kritik in der Sache völlig recht haben.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Ich will nicht verschweigen, dass es unterschiedliche Bewertungen gab und gibt. Während die Mehrheitsfraktionen bei den einfachen Verwaltungsräten nur normale Fahrlässigkeit annehmen und davon lediglich Faltlhauser und Naser ausnehmen, gehen wir bei allen Verwaltungsräten von einer grob fahrlässigen und damit besonders gravierenden Pflichtverletzung aus, so gravierend, dass man sie in die persönliche Haftung nehmen muss.

Ich habe den leisen Verdacht, der eine oder andere in der FDP sieht das genauso.

Aber letztendlich sind das juristische Wertungsfragen, die ein Gericht entscheiden muss. Deswegen appelliere ich an Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses, nehmen Sie auch nach dem Abschluss des Untersuchungsausschusses die Gewaltenteilung ernst, lassen Sie die juristischen Haftungsfragen von den dafür zuständigen Gerichten klären. Gregor Gysi schreibt in seiner unsäglichen Doktorarbeit: "Rechtsetzung und Rechtsprechung gehören in die Hand der Arbeiterklasse, und die Gewaltenteilung ist ein überkommenes bourgeoises Relikt." Meine Damen und Herren, zeigen wir diesem linken Wirr

kopf, wie wertvoll und segensreich dieses bourgeoise Relikt ist und geben wir der Justiz die Chance, den Landesbankskandal rechtlich verbindlich zu bewerten und zu entscheiden.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Die politische Bewertung, meine Damen und Herren, haben wir im Untersuchungsausschuss trotz der verfehlten Ausführung des Kollegen Dr. Herrmann heute über alle Parteigrenzen hinweg einvernehmlich vorgenommen, haben das Versagen der verantwortlichen Verwaltungsräte deutlich benannt und damit zur Glaubwürdigkeit in der Politik beigetragen. Dafür gilt allen Kolleginnen und Kollegen unterschiedslos, namentlich den Kollegen Kreuzer und Güller als Vorsitzender und Stellvertreter, aber auch allen anderen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses mein aufrichtiger Dank.

(Beifall bei den Freien Wählern und der SPD)

Für die Fraktion des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN erteile ich Herrn Kollegen Dr. Dürr das Wort. Bitte schön, Herr Kollege.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Die Arbeit des Untersuchungsausschusses steht im deutlichen Kontrast zur Arbeit von Vorstand und Verwaltungsrat der Landesbank. Wir haben alle ordentlich gearbeitet, auch wenn das nach der Rede des Kollegen Herrmann niemand mehr glauben würde. Aber man muss sagen, Kollege Herrmann hat bei der Arbeit des Untersuchungsausschusses Gott sei Dank keine Rolle gespielt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Man kann mit Stolz feststellen, dass wir ordentlich gearbeitet haben, und deswegen danke ich allen, die zum Erfolg dieses Untersuchungsausschusses beigetragen haben, vor allem den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Landtags, der Fraktionen und der Ministerien. Ohne sie hätten wir diese schwierige und umfangreiche Materie nie in so kurzer Zeit durcharbeiten können.

Man kann und darf bei der Bewertung irren, wie das CSU und FDP in ihrem Bericht teilweise machen. Man muss aber die Entscheidungsgrundlagen sauber herausarbeiten. Das ist dem Ausschuss im Unterschied zu den Organen der Landesbank insgesamt gelungen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Deswegen danke ich Karsten Klein und Thomas Kreuzer für die wirklich gute Zusammenarbeit. Tho

mas Kreuzer hätte ich gern persönlich für seine Arbeit als Ausschussvorsitzender gedankt, weil ich sie als ebenso fair wie kollegial und unterhaltsam erlebt habe. Unsere diversen Dispute habe ich sehr genossen. Vielen Dank dafür.

Besonders danke ich natürlich auch Harald Güller, Inge Aures und Bernhard Pohl. Der Erfolg des Untersuchungsausschusses ist ein Erfolg der Opposition.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den Frei- en Wählern)

Diesmal wird sich unsere Oppositionsarbeit für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler sogar in Euro auszahlen; denn nur durch unsere engagierte Arbeit haben wir die Landesbank gezwungen, Schadenersatzklagen einzureichen. Ohne uns würde der Freistaat keinen Euro von den 3,7 Milliarden Euro wiedersehen, die unter CSU-Verantwortung versenkt wurden.

Dass der Untersuchungsausschuss unterhaltsam war, habe ich schon angesprochen. Zu den Höhepunkten hat sicher der Auftritt des ehemaligen Ministerpräsidenten Dr. Stoiber gehört. Er hat die Erwartungen voll erfüllt. Er war unverändert, auch wenn sich die Welt um ihn herum inzwischen erheblich verändert hat. Er hat nochmals gezeigt, was wir an ihm hatten. Ich meine, dass auch viele in der CSU froh darüber sind, dass wir ihn nicht mehr haben. Wir vermissen höchstens seine kabarettreifen Einlagen. Ein Beispiel: Haider hat behauptet, er habe Stoiber getroffen. Das hat Stoiber mit dem denkwürdigen Satz zurückgewiesen: "Der Vater des Wunsches ist hier letzten Endes der Gedankengang."

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Ein kabarettistischer Höhepunkt war auch der Blick hinter die Kulissen des Wirtschaftsministeriums unter Erwin Huber. Es war zwar in allen betroffenen Ministerien nicht immer gewährleistet, dass Stellvertreter für verhinderte Minister oder Staatssekretäre an Verwaltungsratssitzungen teilnahmen, aber beim Wirtschaftsministerium unter Huber hat dies schon groteske Züge angenommen. Das Wirtschaftsministerium war zum damaligen Zeitpunkt im Verwaltungsrat auf Beamtenebene nicht präsent. Das heißt, es war überhaupt nicht vertreten, wenn der Minister oder sein Stellvertreter auf eine Teilnahme verzichteten. Das war öfter der Fall. Deswegen konnte hier keinerlei Informationsweitergabe erfolgen, vor allem dann nicht, wenn ein Punkt nicht auf der Tagesordnung stand, die Tischvorlagen wieder eingesammelt wurden, die Protokolle aber erst, wie häufig, zur übernächsten Sitzung kamen. Das war zum Beispiel bei der berühmten April-Sitzung der Fall. Im Vermerk zum Umlaufbe

schluss vom 23. April 2007 heißt es dann folgerichtig, ich zitiere:

Die Unterlagen wurden erst heute zur Verfügung gestellt. In der kurzen Zeit ist eine profunde Prüfung der Unterlagen nicht möglich.

Die Gelegenheit, eine Bank, die in den Märkten Südosteuropas tätig ist, erwerben zu können, ist selten. Es konnte in Erfahrung gebracht werden, dass der angedachte Beteiligungserwerb sowohl vonseiten des Staatsministeriums der Finanzen als auch vonseiten des Staatsministeriums des Innern unterstützt wird. Der Beschlussvorlage kann zugestimmt werden.

Das ist ein Armutszeugnis für das Wirtschaftsministerium. So erbärmlich sieht sie aus, die geballte Wirtschaftskompetenz der CSU unter Stoiber und Huber.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den Frei- en Wählern)

Auch an dieser Stelle zeigt sich, wie segensreich ein Untersuchungsausschuss wirken kann; denn in der Folge hat das Wirtschaftsministerium unter Minister Zeil seine Praxis geändert. In einem Vermerk vom November 2009 steht:

Die Oppositionsfraktionen werden in Kürze die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses beantragen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Teilnahme des offiziellen Vertreters des Staatsministeriums für die vollständige Dauer der Sitzung erforderlich.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD)

Es geht aber noch weiter:

Sollte Herrn Staatsminister die Teilnahme zeitlich nicht in vollem Umfang möglich sein, könnte Frau Staatssekretärin oder Herr Ministerialdirektor die Vertretung übernehmen.

Es ist ja schön, wenn die Opposition das Wirtschaftsministerium dazu bringt, ordentlich zu arbeiten. Herr Zeil, wir können aber nur wegen Ihnen nicht einen permanenten Untersuchungsausschuss einsetzen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN, der SPD und den Freien Wählern)

Kolleginnen und Kollegen, Sie sehen, die Arbeit im Untersuchungsausschuss war recht abwechslungsreich. Das Landesbank-Debakel war wie eine Wundertüte voller unerhörter Überraschungen. Bei jedem der 300 Aktenordner musste man auf das Unglaublichste gefasst sein.

Die HGAA ist vermutlich der größte Kriminalfall in Europa. Aber es war kein großes Versagen oder Verbrechen, das die Bank hat zusammenbrechen lassen, sondern viele einzelne haben sich wie Piranhas kleine oder größere Häppchen aus dieser fetten Beute herausgerissen. Umgekehrt haben wir im Ausschuss nur wenige getroffen, die ihre Arbeit ordentlich gemacht hatten. Die Vorstände und Vewaltungsräte der BayernLB haben dazu leider nicht gehört. Entsprechend war auch ihr Auftreten im Untersuchungsausschuss. Jeder einzelne Vorstand hat jegliche Auskunft verweigert. Auch diese Befragungen trugen teilweise groteske Züge. Rudolf Hanisch, früher in der Staatskanzlei, habe ich beispielsweise gefragt: "Können Sie mir sagen, ob Sie Aufsichtsrat der HGAA waren, ohne sich zu belasten?"

(Heiterkeit bei den GRÜNEN und der SPD)

Er konnte es nicht. Selbst bei dieser Frage hat er sich auf sein Auskunftsverweigerungsrecht berufen. Ich habe mir das eine Zeit lang angehört und dann von meinem Frageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Auch der ehemalige Sparkassenpräsident Naser hat versucht, die Aussage zu verweigern, bis ihm der Untersuchungsausschuss einvernehmlich mit einer Ordnungsstrafe gedroht hat. Naser ist ein Mann, den vor der Einvernahme im Untersuchungsausschuss vor allem die Frage umtrieb, wer seine Übernachtungsund Fahrtkosten zahlt. Die Drohung mit 1.000 Euro Strafe hat ihn prompt zum Reden gebracht.

Leider haben alle damals Verantwortlichen bei den Befragungen einen verheerenden Eindruck hinterlassen, nicht nur die Vorstände. Auch das Auftreten der früheren CSU-Größen entsprach ihrer Arbeit im Verwaltungsrat. Sie waren und sind sich bis heute keiner Verantwortung bewusst. Verantwortung und Schuld tragen, wenn es nach ihnen geht, nur andere. Für Stoiber war niemand verantwortlich, aber wenn überhaupt, dann seine Minister. Für seine Minister war niemand schuld, aber wenn überhaupt, dann Faltlhauser. Für Faltlhauser war niemand schuld, aber wenn überhaupt jemand, dann der Vorstand. Er hat aber gesagt, der Vorstand bestünde aus exzellenten Bankern, denen er vorbehaltlos vertraut habe. Es handelte sich um ein System der organisierten Verantwortungslosigkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und den Frei- en Wählern)

Die Staatsregierung hat sich auf den Verwaltungsrat verlassen. Der Verwaltungsrat hat sich auf die Vor

stände verlassen. Der Vorstand hat sich darauf verlassen, dass schon alles gut gehen wird.

Wir haben uns im Untersuchungsausschuss vorgenommen, die politische und die rechtliche Verantwortung für das Milliarden-Debakel bei der HGAA aufzuklären. Das ist uns gelungen. Wenn es um die politische Verantwortung geht, stellt sich zuallererst die Frage nach der Rolle des früheren Ministerpräsidenten Stoiber. Das Landesbank-Debakel ist exemplarisch für das System Stoiber. Das geht bereits beim Umgang mit Haider los; das ist ein klassischer Stoiber. Bei der Staatsanwaltschaft hat Stoiber erklärt: Mit einem Rechtsradikalen treffe ich mich nicht. Im Untersuchungsausschuss hat er nochmals behauptet: Mit Haider macht man keine politischen Geschäfte. Das war genau der Stoiber, der Herrn Schüssel damals Herrn Haider als Regierungspartner empfohlen hat. Deswegen gab es in Österreich eine Regierungskoalition mit der FPÖ. Dafür hat Herr Schüssel Stoiber später öffentlich gedankt und ihm auch einen Orden verliehen. So war das. Zuhause wollte sich Stoiber jedoch nicht öffentlich mit Haider zeigen. Da musste statt seiner Herr Beckstein mit aufs Foto. Das ist genau die Art Saubermann, wie wir Stoiber kennen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schmutzige Geschäfte sind für Stoiber kein Problem, wenn seine persönliche Weste sauber bleibt. Es ist wie früher: Immer aus der Verantwortung stehlen. Das gilt nicht nur für Haider. Auch was den Kauf der HGAA angeht, schiebt Stoiber die Verantwortung ab. Er hat gesagt: Der entscheidende Mann in all diesen Fragen ist der Finanzminister. Stoiber sagte auch, er hätte erwartet, dass die Repräsentanten der Staatsregierung auf ihn zukommen, wenn sie ein Problem gesehen hätten. Das ist genauso. wie die Verwaltungsräte erwartet haben, dass der Vorstand kommt, wenn es ein Problem gibt und sagt: Bitte kontrollieren. Trotzdem hat sich Stoiber immer wieder in die Geschäftspolitik eingemischt. Das bekannteste Beispiel ist der politische Druck gegen das Veto der kroatischen Nationalbank. Um die entscheidenden Fragen hat er sich jedoch nicht gekümmert, im Unterschied zu Ministerpräsident Seehofer, der sich persönlich mit der Abgabe der HGAA befasste und die letzte Entscheidung selbst traf. Grundlegend für das Debakel ist der Umstand, dass Stoiber die Letztverantwortung für die strategische Ausrichtung der Landesbank hatte. Auch dazu bot Ministerpräsident Seehofer in der Befragung das Gegenmodell. Er hat gesagt, er habe selber entschieden, dass die Landesbank nichts auf dem Balkan verloren habe. Die Entscheidung, dass die Landesbank stand alone, wie es dort immer so schön hieß, also eigenständig bleiben musste, wurde außerhalb des Verwaltungsrats und letztlich

durch Stoiber selbst getroffen. Stoiber hat es zu verantworten, dass eine Bank, die in dieser Größenordnung nicht gebraucht wurde, weiterwachsen musste. Das Rezept hieß, so hat Schaidinger die Banken auf dem Balkan charakterisiert: Fehler durch Wachstum ausgleichen. Das ist ein bewährtes CSU-Modell. Dieses Modell ist endgültig gescheitert.

(Beifall bei den GRÜNEN)