Protocol of the Session on March 17, 2011

Wenn man dagegen Ihnen den Spiegel vors Gesicht hält, spielen Sie den Beleidigten. Wie soll man das verstehen? Glauben Sie denn, hier gebe es eine Einbahnstraße?

Wir hören uns zehn Jahre lang Ihren Käse an - mit Verlaub. Sie haben gesagt, wir seien dumm und blöd und hätten keine Ahnung. Jetzt stellt sich jedoch heraus, dass wir anscheinend doch ein bisschen Ahnung haben. Da müssen Sie die Kurve kratzen und wollen nicht, dass wir Sie an Ihre Vorwürfe erinnern.

Zweitens. Bei unserem Ausstieg wäre Isar 1 im Juni vom Netz gegangen. Auch hier darf ich Ihnen also mit Verlaub sagen: Unser Ausstiegsbeschluss war erheblich besser als der Ihre.

Drittens. Was die Arbeitsplätze betrifft, nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass in den Kernkraftwerken in Bayern derzeit 3.800 Beschäftigte arbeiten. Mit denen möchte ich nicht tauschen; das füge ich hinzu. Ich habe vor diesen Leuten hohen Respekt. Einige von Ihnen kenne ich.

Hinzufügen muss ich hier aber: Inzwischen gibt es 340.000 bis 350.000 neue Arbeitsplätze bei den regenerativen Energien. Lassen Sie uns diesen Weg weitergehen. Bei den regenerativen Energien sind die hochqualifizierten Ingenieure besser aufgehoben als in den komischen alten Werken.

(Beifall bei der SPD)

Lassen Sie mich etwas zu München sagen. Ich habe darauf gewartet, dass dazu eine Frage kommt. Ich antworte in zwei Punkten. Erstens. München sagt: Wir müssen da heraus. - Zweitens. Wenn wir den Anteil verkaufen - ich hoffe, Sie können dieser Logik folgen -, dann würde er von jemand anderem übernommen, der das Werk weiterbetreibt. Was wäre damit erreicht? Nichts. Im Gegenteil! Die Stadtwerke München geben das Geld, das sie verdienen, für regenerative Energien aus und bauen damit das, was die Staatsregierung versäumt hat. Die Stadt München gibt, prozentual gesehen, mehr Geld für regenerative Energien aus als die gesamte Landesregierung. Sie sollten sich dafür schämen! Wir nutzen das Geld sinnvoll.

(Lebhafter Beifall bei der SPD und den GRÜ- NEN)

Zu einer weiteren Intervention hat Herr Kollege Sinner das Wort.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Kollege Wörner, Sie beschäftigen sich immer wieder intensiv mit Erinnerungslücken von Kollegen und versuchen, denen diese Lücken nachzu

weisen. Wenn Ihre Logik stimmt, die Sie jetzt dargestellt haben, dann muss ich Sie fragen: Warum hat der Stadtrat München 1993 beschlossen, aus Isar 2 auszusteigen, es aber bis heute nicht geschafft, dies zu tun? Es sind einige Jahre ins Land gegangen, in denen dieser Beschluss hätte umgesetzt werden können. Folgt man Ihrer Logik, wäre es doch ein völlig sinnloser Beschluss gewesen.

Ich habe mir das Protokoll der Stadtratssitzung vom 6. Oktober 2010 vorgenommen. Daraus geht hervor, dass man sich mit der Frage ganz intensiv befasst hat. Man kann nachlesen, dass der Stadtrat da heraus will. Aber er hat es nicht geschafft. München bezieht nach wie vor Atomstrom und ist an Atomkraftwerken beteiligt.

Eine weitere Frage. Wenn Sie also ein Befürworter der Windkraftnutzung sind, können Sie mir dann erklären, wie viele Windkraftwerke in Ihrem Stimmkreis München stehen und wie viel Strom damit erzeugt wird?

(Heiterkeit und Beifall bei der CSU)

Bitte, Herr Kollege Wörner.

Herr Sinner, ich beantworte Ihre Fragen natürlich gern. Die Stadtwerke München haben versucht, den Anteil von 25 % zu der Zeit, als es beschlossen wurde, zu verkaufen.

(Zuruf von der CSU: Das war 1993!)

- Ja. Aber das ist trotz Verhandlungen nicht gelungen.

Bei dem Anteil stellt sich die Frage - ich habe es schon erläutert -: Glauben Sie denn, dass derjenige, der den Anteil kauft, das Werk abschaltet? Dann bräuchte er ihn nicht zu kaufen; also hat man gesagt: Raus! Und das ist die einzige richtige Entscheidung.

(Beifall bei der SPD - Anhaltende Zurufe des Ab- geordneten Alexander König (CSU))

Herr Sinner, vielleicht kann ich Ihnen bei Ihrer Frage wirtschaftspolitisch weiterhelfen. Die Stadtwerke München, das habe ich zu erklären versucht, haben dieses Geld, das sie damit bekommen haben, genommen und wie die Weltmeister regenerative Anlagen gebaut.

(Zuruf von der CSU: Und wie viele Windräder?)

- Jede Menge Offshore-Windräder.

(Markus Rinderspacher (SPD): 2015 ist dann nur noch regenerative Energie da! - Weitere Zurufe von der SPD)

Zu den Windrädern sage ich gerne noch etwas. Im Jahre 2015 versorgen wir alle privaten Haushalte mit regenerativer Energie. 800.000 Haushalte! Das können wir nur, weil wir das Geld richtig und nicht wie Sie falsch investieren.

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CSU)

Kurz noch einmal zu diesen Windkraftanlagen. Ich gebe zu, ich gehöre zu den Leuten, die sagen, wir brauchen auch Windräder. Eines der ersten steht auf dem Müllberg im Münchner Norden.

(Alexander König (CSU): Ein Vorzeigewindrad!)

Wir haben mit den Gemeinden im Umland Verhandlungen aufgenommen, um weitere zu bauen.

(Alexander König (CSU): Weitere Museumswindräder! - Anhaltende Zurufe von der CSU)

Herr Minister Sinner, wir müssen doch sehen, wo wir in Bayern die Windhöffigkeit haben. Die Windhöffigkeit in Bayern ist durchaus gefragt. Aber ich sage Ihnen auch: Es gibt eine ganze Menge anderer Dinge, die Sie in Ihrer Ministerzeit verhindert haben. Und das ist das eigentlich Skandalöse, dass Sie heute hier Inventur machen wollen.

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Ich darf Sie daran erinnern, dass wir miteinander um Umweltausschuss gesessen sind. Während Sie heute das Mäntelchen des Schweigens darüber decken, waren Sie im Ausschuss ein Verteufler der Windkraft.

(Anhaltender Beifall bei der SPD - Zurufe von der SPD: Jawohl! - Alexander König (CSU): Ein lauer Beifallwind!)

Vielen Dank, Herr Kollege Wörner. Es gibt eine kleine Veränderung in der Rednerliste. Herr Hünnerkopf ist jetzt an der Reihe. Es folgt ihm dann Herr Staatsminister Zeil. Bitte schön, Herr Hünnerkopf, Sie sind der nächste Redner.

(Georg Schmid (CSU): Jetzt kommt unser bester Mann mit seiner Antwort!)

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die Ereignisse in Japan waren für uns alle bis vor einer Woche unvorstellbar. Ich denke, man kann unsere Betroffenheit nicht parteipolitisch zuordnen, sondern jeder von uns - egal, auf wel

cher Seite des Hohen Hauses er sitzt - ist getroffen von den Bildern, die täglich über das Fernsehen zu uns kommen und uns das Leid der Menschen dort vor Augen führen.

Nun kann man argumentieren, wir seien gegen Naturgewalten wie Erdbeben oder Tsunamis machtlos. Das müssen wir hinnehmen. Es kommt aber in Japan die Auswirkung hinzu, dass durch den Tsunami, der das Kernkraftwerk in Fukushima getroffen hat, alle Sicherheitsmaßnahmen ausgefallen sind.

Wir alle schätzen das technische Können und die Versiertheit der Japaner, dennoch ist etwas passiert, was in diesem Sicherheitskonzept wohl nicht berücksichtigt worden ist, dass nämlich eine große Welle die Sicherheitsmaßnahmen außer Kraft setzt. Niemand hat an Ereignisse in diesem Ausmaß gedacht.

Aufgrund dessen müssen wir feststellen, dass es nach diesem 11. März nicht heißen kann: Weiter so. Wir haben in der Vergangenheit unsere Sicherheitsstandards so gut wir konnten auf unsere Kernkraftwerke übertragen. Auf dieser Grundlage konnten wir dann auch sagen - ich wiederhole das -: Unsere Kraftwerke sind sicher.

Dass wir in Bayern besonders stark von der Kernkraft abhängen, lieber Kollege Wörner, hat Tradition. Wir wollten unabhängig werden von der Energieversorgung durch Kohle und Erdöl. Damals saßen wir alle, auch die SPD, im gleichen Boot, als es darum ging, auf die Kernkraft zu setzen und in Bayern Kernkraftwerke zu installieren. Dadurch konnten wir in Bayern den wirtschaftlichen Aufschwung von einer Agrargesellschaft hin zur heutigen Wirtschaftskraft realisieren.

Außerdem wissen wir doch alle, dass durch die Verwendung von Kernkraft eine CO2-freie Energieversorgung zu gewährleisten ist.

(Erwin Huber (CSU): Sehr richtig!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde heute von Zensur, von Umdenken gesprochen. Ausgehend von dem Moratorium, das die Bundesregierung ausgesprochen hat, sehen wir uns veranlasst, uns mit dem, was wir aus Japan sukzessive an Erkenntnissen gewinnen, zu beschäftigen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Wir werden unsere Erkenntnisse über den Stand der Sicherheit revidieren müssen. Wir werden darüber nachdenken müssen, welche Gefährdungsmöglichkeiten es durch Flugzeuge oder terroristische Anschläge geben könnte. Ich nenne auch das Beispiel, das Kollege Wörner vorhin ins Gespräch brachte, nämlich den Sylvensteinspeicher. Wir müssen sicherlich alle Sicherheitsstandards neu überprüfen. Das ist die Herausforderung, vor der

wir jetzt stehen. Wir können uns unter dem Eindruck der jetzigen Situation allerdings noch nicht in allen Facetten vorstellen, was noch zu berücksichtigen ist.

Wir müssen darüber hinaus auch zu der Erkenntnis kommen, wie es um die Versorgung mit Energie nach Abschaltung der acht alten Kernkraftwerke steht. Wir werden sehen, ob wir bereits auf einzelne Kernkraftwerke verzichten können. Und es gehört zur Ehrlichkeit, diese Fragen entsprechend zu beantworten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich schließe mich dem an, was unser Staatsminister Söder und auch unser Fraktionsvorsitzender Schmid bereits ausgeführt haben: Es gibt auch für uns keine Kernenergienutzung ad infinitum.

(Beifall der Abgeordneten Georg Schmid (CSU) und Tobias Thalhammer (FDP))

Wir haben immer gesagt: Wir brauchen die Kernenergie noch einige Zeit, um eine Brücke zur regenativen Energie zu schaffen.

Wer die Ziele unseres Energiekonzepts anschaut und analysiert, kann sehr wohl feststellen, wie stark wir auf alle möglichen regenerativen Energien setzen, nicht nur auf die Wasserkraft, sondern auch auf Photovoltaik, Windstrom oder Biogas. Unsere Herausforderung besteht darin, die Zeit, in der wir diese Brückenenergie brauchen, möglichst kurz zu gestalten, den Übergang schneller zu erreichen und alles zu unternehmen, um die regenerativen Energien schneller und stärker zum Tragen zu bringen.