Protocol of the Session on February 10, 2011

In diesem Zusammenhang will ich ganz bewusst einen Appell an unsere Landwirte richten. Die von uns gewählte Regelung verpflichtet sie besonders, durch eigenes Verhalten umso mehr dazu beizutragen, dass ein Grünlandumbruch auf ökologisch sensiblen Standorten künftig so gut wie nicht mehr erfolgt. Nur wenn dieser Pakt nachweislich eingehalten wird, können wir auch weiter ohne ordnungspolitische Festlegungen auskommen.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Eine heftige Drohung!)

Ein zweiter Punkt bei der Expertenanhörung war der Alpenschutz. Bayern als einziges Bundesland mit einem Anteil an den Alpen hat hierbei eine ganz besondere Verantwortung. Dieser Verantwortung werden wir auch gerecht. Darüber bestand Einigkeit. Alle Fraktionen haben es für erforderlich gehalten, die Alpenkonvention in Artikel 2 unseres Naturschutzgesetzes aufzunehmen. Natürlich haben die Festlegungen der Alpenkonvention eine eigenständige rechtliche Wirkung. Wir wollten aber die Bedeutung der Alpenkonvention hervorheben. Deshalb haben wir sie hier erwähnt.

Ein Thema bedarf noch der Erläuterung und Klarstellung. Unterschiedliche Voten gab es in den Ausschüssen bei der Bestimmung zum Schutz bestimmter Landschaftsbestandteile. Es betrifft den Artikel 16. Für diejenigen, die nicht so sehr mit der Materie vertraut sind, eine kurze Erläuterung. Worum geht es dabei? Es geht um die ordnungsgemäße Nutzung und Pflege von Hecken, Ufergehölzen, Feldgehölzen und dergleichen. Ein Änderungsantrag der SPD sah vor, die Pflegezeit für diese Gehölze vom Zeitraum 1. Oktober bis 28. Februar auf den Zeitraum 1. Oktober bis 15. Februar zu reduzieren. Die Argumentation im Umweltausschuss dafür war fachlich nachvollziehbar. Aufgrund der klimatischen Verschiebungen seien inzwischen vor allem die Bienen schon vor dem 28. Februar auf den verschiedenen Weidearten unterwegs.

(Dr. Christian Magerl (GRÜNE): Die sind schon unterwegs!)

Auch die Vögel seien schon früher aktiv und fingen damit an, ihre Nester zu bauen. Lieber Kollege Magerl, ich möchte nur einige plakative Beispiele dafür nennen. Dieser Sachverhalt hat Mitglieder der CSU und der FDP im Umweltausschuss spontan davon überzeugt, dem Änderungsantrag der SPD zuzustimmen.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FW): Eine große Leistung!)

Bei der Behandlung im Landwirtschaftsausschuss und in anderen Ausschüssen, vorwiegend im Innenausschuss, kamen andere Aspekte hinzu, die unter dem Strich eine noch stärkere Bedeutung erhielten. Im Ergebnis sollte die zeitliche Spanne für Pflegemaßnahmen an Gehölzen nicht eingeschränkt werden. Beim Rückschnitt von Gehölzen entlang von Straßen - Bundesstraßen, Staatsstraßen und Gemeindestraßen -, bei der Pflege von Gehölzen auf Feldrainen oder von Gehölzen entlang von Gewässern soll der bisherige im Bayerischen Naturschutzgesetz und - auch das muss man betonen - im Bundesnaturschutzgesetz vorgesehene Zeitraum bis 28. Februar erhalten bleiben.

(Angelika Schorer (CSU): Habt ihr das gehört?)

Es gibt noch einiges anzumerken. Die Oppositionsfraktionen haben über 40 Änderungsanträge eingebracht,

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Des hads scho brauchd!)

über die wir im Umweltausschuss und in den anderen Ausschüssen diskutiert haben. Die CSU und die FDP konnten die darin enthaltenen Anliegen nicht unter

stützen. Wir mussten die Anträge ablehnen. In der Regel ging es dabei um altbekannte Vorstellungen von SPD und GRÜNEN, und zum Teil auch von den Freien Wählern, die unseren naturschutzpolitischen Grundsätzen und Zielen widersprechen.

Auch dem heute noch vorgelegten Änderungsantrag der SPD zu Artikel 24 können wir nicht zustimmen. In Artikel 24 sollen Auffangstationen für Tiere aufgenommen werden. In der Regel handelt es sich dabei um Auffangstationen für exotische Mitbringsel von Urlaubsreisen. Diese fallen unter das Artenschutzrecht, und dafür ist zunächst einmal der Bund zuständig. Dieses Problem müsste im Bundesrecht näher geregelt werden.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss und will noch einmal betonen, dass die Koalitionsfraktionen von CSU und FDP den vorliegenden Entwurf des Bayerischen Naturschutzgesetzes mit seinen in ihren Augen bewährten rechtlichen Regelungen über Natur- und Umweltschutz weiter aufrecht erhalten. Sie setzen weiter auf Kooperation mit den Eigentümern der Flächen und den Nutzern der Landschaft. Sie setzen auf das Motto: "So viel ordnungspolitische Regelungen wie nötig, aber auch nicht mehr Bürokratie als nötig." Im verantwortlichen Miteinander aller gesellschaftlichen Gruppen und mit Unterstützung vieler ehrenamtlich engagierter Bürgerinnen und Bürger wollen wir weiterhin effektiven Naturschutz in Bayern gewährleisten.

(Beifall bei der CSU)

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Hünnerkopf. Die nächste Wortmeldung ist von Herrn Kollegen Wörner für die SPD, bitte schön.

(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Staatsminister, ich werde Sie nicht dadurch in die Bredouille bringen, dass ich Sie lobe.

(Heiterkeit bei der SPD - Staatsminister Dr. Mar- kus Söder: Das wäre auch etwas Neues!)

Das gibt das Gesetz im Übrigen auch nicht her.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stehen heute vor der abschließenden Beratung zum Naturschutzgesetz. Wir vertun dabei die Chance, Bayerns Natur und somit unsere Heimat besser zu schützen, als das bisher der Fall war.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir bleiben mit unserem Gesetz an vielen Stellen sogar hinter dem Gesetz des Bundes zurück, das wir in der Anpassung an Landesrecht hätten verbessern können. Das halte ich für ganz dramatisch. Das Bundesgesetz war bereits ein in Verhandlungen entstandener Kompromiss. Es war also nicht das Optimum, das sich ein Umweltschützer erwarten würde, sondern nur ein Kompromiss. Es ist übel, dass man diesen Kompromiss in Bayern weiter verwässert. Herr Staatsminister, erst letzte Woche haben Sie mit uns gemeinsam beklagt, dass die Roten Listen immer länger werden und der Artenschutz an vielen Stellen noch im Argen liegt, und dann tragen Sie ein solches Gesetz mit! Da passt etwas nicht zusammen. Das ist aber Ihre Art und zeigt den Unterschied zwischen Sonntagsrede und Montagstat. Das werde ich noch konkret an einigen Stellen nachweisen.

(Beifall bei der SPD)

Dieses Gesetz ist ein fauler Kompromiss. Sie haben als Katze einen starken Anlauf genommen,

(Dr. Otto Hünnerkopf (CSU): Sie meinen wohl "Tiger"!)

sind aber als Bettvorleger vor dem Landwirtschaftsministerium gelandet. Sie haben vor dem Landwirtschaftsministerium gekuscht, anstatt als der für Natur zuständige Minister Nein zu sagen. Angeblich sind Sie auch für Leben zuständig, und es soll einen Zusammenhang zwischen Leben und Natur geben. Wenn Sie das so sehen würden, dann hätten Sie dieses Gesetz zusammen mit uns und Ihrer eigenen Partei anders gestalten müssen. Sie haben selbst gemerkt, dass Ihr Koalitionspartner an vielen Stellen Schwierigkeiten hatte.

Kolleginnen und Kollegen, ich will an einigen konkreten Stellen deutlich aufzeigen, wo nach unserer Meinung etwas nicht passt. Wir sagen ebenso wie Sie, dass beim Artenschutz noch vieles im Argen liegt; das hängt auch mit dem Klimawandel zusammen. In dieser Situation, in der die Roten Listen immer länger werden, lassen Sie Grabenfräsen zu.

Herr Kollege, lassen Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Steiner zu?

(Vom Redner nicht autori- siert) Nein, was da käme, kennen wir schon, das ist allgemein bekannt. Das wäre eine Verteidigungsrede der Landwirte, die wir jetzt aber nicht brauchen, weil wir über Umweltschutz reden.

(Widerspruch bei der CSU)

Danke für die Auskunft.

(Vom Redner nicht autori- siert) Meine Damen und Herren, wer weiß, was Grabenfräsen anrichten, kann so eine Erlaubnis nicht ins Gesetz schreiben. Das ist zwar nur ein Detail im Gesetz, aber immerhin ein Detail, das ausgerechnet bei Amphibien und vielen anderen Tieren, die inzwischen auch auf den Roten Listen stehen, massiven Schaden anrichtet.

Interessant ist, dass ausgerechnet die FDP im Naturschutzgesetz einen Enteignungsparagraphen für Rodelbahnen und Skigelände versteckt. Ich weiß nicht, ob er nur als Drohung gemeint oder wirklich ernst zu nehmen ist. Vielleicht ist er nur als Drohpotenzial im Hinblick auf die Olympischen Winterspiele gedacht, aber auch dann würde ich das für gefährlich halten. Herr Thalhammer, daran werde ich Sie und die FDP erinnern, wenn es wieder einmal um Mieterschutz geht. Dann müssten Sie nämlich mit uns stimmen, wenn man den Schutz des Eigentums etwas zurückdrängen will, um die Mieter besser zu schützen. Dass Sie in einem Gesetz, noch dazu in einem Umweltschutzgesetz, die Möglichkeit zur Enteignung verstecken, halte ich für grenzwertig. Mich wundert nur, dass die Leute in der vorderen Linie der Gesamtpartei so etwas mittragen; denn Schutz des Eigentums war bislang immer das Markenzeichen der FDP.

(Zuruf des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

- Das war Ihr Markenzeichen, ist es jetzt aber nicht mehr. Damit geben Sie es auf. Das muss Ihnen klar sein, wenn Sie eine solche Regelung ganz offensichtlich mit schlechtem Gewissen - denn warum sonst verstecken Sie das im Umweltschutz? - ins Gesetz hineinschreiben. Dadurch werden Sie verantwortlich, und da kommen Sie auch nicht heraus.

(Tobias Thalhammer (FDP): Eigentum verpflichtet!)

- Wunderschön, ich werde Sie daran erinnern, dass Eigentum verpflichtet, und zwar an anderer Stelle. Ich bin neugierig, ob Sie dann mit uns stimmen werden. Darüber werden wir uns dann gerne mit Ihnen unterhalten.

Ähnliches gilt für die Gentechnik. Da werden heilige Eide geschworen: Wir tun alles, um Bayern gentechnikfrei zu halten. Ich will gar nicht bestreiten, dass das teilweise gelungen ist, aber auch nur auf massiven Druck der Landwirte selbst hin. Die in Ihrem Gesetz gegen den Ratschlag der Imker und vieler anderer vorgesehenen Schutzräume sind viel zu klein.

(Dr. Hans Jürgen Fahn (FW): Stimmt, ja!)

Bienen halten sich nun einmal nicht gerne an den Radius, den Sie ihnen per Gesetz vorgeben wollen, sondern sie machen es anders. Das liegt in der Natur von Tieren. Deshalb waren wir der Meinung, dass diese Regelung ganz anders gestaltet werden muss. Auch hier haben Sie gegen die Verbände votiert. Die Verbände haben etwas ganz anderes vorgeschlagen als das, was jetzt im Gesetz steht. Wenn Sie wirklich ein gentechnikfreies Bayern wollten, hätten Sie ganz anders handeln müssen. Sie hätten in dieser Frage nur unseren Vorschlägen zuzustimmen brauchen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Hünnerkopf, Sie haben heute schon hervorgehoben, wie sehr Sie den Verbänden überall zugehört haben. Zuhören reicht aber nicht; man muss Vorschläge auch umsetzen. Wenn Sie das Protokoll der Verbandsanhörung durchlesen - ich habe es mir gestern Abend noch einmal vorgenommen -, dann stellen Sie fest: Das Gesetz weicht an vielen Stellen von den Vorschlägen der Anhörung ab. Die Verbände können also sagen, was sie wollen, das interessiert nicht, weil man eben andere Interessen hat und die auch durchboxt.

Herr Staatsminister, Ähnliches gilt für das Thema Schneekanonen. Ich darf Sie an das erinnern, was Sie bei der Preisverleihung in der Blutenburg München zu Jugendlichen gesagt haben, die in Wettbewerben zu Naturschutzprojekten erfolgreich waren. Sie haben wörtlich formuliert: "Ich werde immer gegen Schneekanonen sein und kämpfen."

(Zuruf von der SPD: Das ist glatt gelogen! - Unru- he)

- So könnte man es auch formulieren, Herr Kollege. Ich sage: Hier zeigt sich auch wieder der Unterschied zwischen Sonntagsrede und Montagstat.

Wenn wir uns so verhalten, treiben wir mit Politik Schindluder. Ich kann ja verstehen, dass man Ihnen nichts mehr glaubt, aber es ist bedauerlich, dass das Misstrauen dann auf die Politik im Allgemeinen übertragen wird. Wir müssen daher alles dafür tun, dass solche Dinge unterlassen werden. Seien Sie doch ehrlich; die Leute vertragen das. Stellen Sie sich hin und sagen: Jawohl, ich kann nicht anders, ich muss für Schneekanonen sein, Sie dürfen auch erklären, warum. Dann ist das für mich in Ordnung. Das Rumgeeiere funktioniert aber nicht, schon gleich gar nicht, wenn im Gesetz etwas anders drinsteht, als vorher mit den Bürgern besprochen wurde.

(Beifall bei der SPD)

Wir halten Schneekanonen in dieser Zeit an vielen Stellen für groben Unfug. Das wissen Sie ja; wir haben es oft genug diskutiert. Aber im Gesetz die Möglichkeiten jetzt noch auszuweiten, ist nicht richtig. In der letzten Legislaturperiode hat sogar die Wirtschaft noch dagegen votiert. Gewiss haben wir die Flächen zugelassen. Aber das war ja der Schmarrn. Die Ausweitung geschah in den letzten Jahren, und die haben Sie jetzt im Gesetz festgeschrieben.

Bei den Schneekanonen ist das Ergebnis im Übrigen, dass die Pistenbesitzer sagen: Tourengeher haben da nichts verloren. Da schiebt man Sicherheitsbedenken vor. In Wirklichkeit geht es darum, dass sich die Pistenbesitzer sagen: Wir haben genug Geld investiert; jetzt wollen wir Geld zurückhaben; da legen wir auf Skitourengeher keinen Wert, weil die stören. Aber das ist nur ein Nebenaspekt.

Wenn sich ein Fachminister dazu hinreißen lässt, seine eigenen Mitarbeiter in den Landratsämtern - ich halte die Beschäftigten der unteren Naturschutzbehörden immer noch für Mitarbeiter des Umweltministeriums - im Regen stehen zu lassen, indem er sie in ihren Möglichkeiten beschneidet und nicht dafür sorgt, dass sie ihre Stimme mahnend erheben und etwas durchsetzen können - die dürfen zwar etwas sagen, aber was daraus wird, ist letztlich wurscht -, dann darf er sich nicht wundern, dass sie völlig demotiviert sind und nur noch das tun, was sie tun müssen. Die Leute haben keine große Lust, weil ihnen die Unterstützung vonseiten Ihres Hauses und letztlich auch der Entscheidungsträger fehlt.