Protocol of the Session on January 25, 2011

(Beifall des Abgeordneten Tobias Thalhammer (FDP))

Wir brauchen Verantwortlichkeit, Transparenz und Konsequenz, und dafür steht die FDP. Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Tho- mas Kreuzer (CSU))

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Fischer. - Es liegt nun eine Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Hünnerkopf vor. Herr Abgeordneter Dr. Hünnerkopf, bitte.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Das Thema "Verbraucherschutz stärken - Vorbeugung verbessern - kriminelle Machenschaften unterbinden" bringt zum Ausdruck, dass sicher die konkrete Situation, die wir noch gar nicht hinter uns haben, Anlass gibt, das, was jetzt bereits besteht, weiterzuführen. Ich denke, daran gibt es keinen Zweifel; denn es ist auch bei der Zusammenkunft der für Verbraucherschutz und den Agrarbereich zuständigen Minister und Senatoren festgelegt worden, welche Maßnahmen der Bundesminister hier zu ergreifen hat. Ich komme darauf zurück.

Dennoch gilt aus bayerischer Sicht festzuhalten - es ist zu Recht darauf hingewiesen worden -, dass der Vollzug des Lebensmittelrechts Ländersache ist und, bezogen auf Bayern, zum einen keine Gesundheitsgefahr bestand und zum anderen die bayerischen Behörden rasch gehandelt haben. Das möchte ich feststellen. Mit Sicherheit war die Information aus den anderen Bundesländern, konkret aus Niedersachsen, alles andere als zufriedenstellend. In der Zusammen

arbeit unter den Ländern kann sicher einiges verbessert werden.

Es ist außerdem festzustellen, dass keine dioxinbelasteten Futtermittel und kein Fleisch von Schweinen, die mit dioxinbelasteten Futtermitteln gemästet wurden, nach Bayern gelangt sind. Auch von dioxinbelasteten Futtermitteln sind wir in Bayern nicht betroffen. Und auch die Lebensmittel, die 400.000 Eier, die hierher geliefert wurden, wurden zum allergrößten Teil sofort aus dem Verkehr gezogen. All dies macht deutlich, dass die Überprüfung, dass die Kontrolle bei uns funktioniert. Wenn bei den Futtermitteln insgesamt Herr Fischer sagte es bereits - nahezu 4.000 Proben gezogen wurden, von denen 165 dioxinbelastet sind, die aber deutlich unter dem Grenzwert liegen, so macht dies auch deutlich, dass dieses Kontrollsystem funktioniert.

Meine Damen und Herren, die 14 Maßnahmen, die von Bundesministerin Aigner zusätzlich in die Wege geleitet wurden, sind zum wesentlichen Teil auch von den Agrarministern der EU übernommen worden. Mit Sicherheit werden die Maßnahmen die Kontrollmöglichkeiten nochmals verbessern. Ein Frühwarnsystem wird aufgebaut, indem alle etwas höheren Dioxinwerte in einem Pool von Daten zusammengebracht werden, sodass man sehr schnell erkennen kann, wo Handlungsbedarf besteht.

Verbessert wird auch die Lösung, dass neben den Futtermittelunternehmen, die ja bereits verpflichtet sind, die Proben zu untersuchen und zu melden, nun auch die Laboratorien dies tun müssen. Von daher ist künftig auszuschließen, was im Endeffekt zu diesem Skandal geführt hat. Wenn also alle veranlasst sind, die Proben bzw. Ergebnisse zu melden, ist situationsbezogen besserer Handlungsbedarf gegeben.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass einer der Futtermittelhersteller erkannt hat, dass erhöhte Werte festgestellt wurden, und dies gemeldet hat. So ist das Ganze durch die Eigenkontrolle in die Gänge gekommen.

Wenn hinzukommt, was inzwischen auch von der EU von den Maßnahmen der Bundesministerin aufgegriffen wurde, nämlich die Zulassungspflicht für Futtermittelbetriebe einzufordern oder auch die Trennung der Produktionsströme - dies hat Herr Fischer bereits angesprochen -, dann sind dies weitere Maßnahmen, die zu mehr Sicherheit beitragen. Die Bundesrepublik geht mit ihrer Forderung voran, eine Positivliste all der Stoffe zu erstellen, die für die Futtermittelherstellung verwendet werden dürfen. Darüber gibt es unter den EU-Agrarministern aus unterschiedlichen Erwägungen noch keinen Konsens. Meine Damen und Herren,

in der Tat ist das Bessere der Feind des Guten. Mit Sicherheit müssen all die Maßnahmen, die von der Bundeslandwirtschaftsministerin in Angriff genommen wurden, jetzt schnell konkretisiert und in Recht umgesetzt werden. Auch künftig wird man gegen kriminelle Machenschaften machtlos sein.

Eines noch: Man sollte auch bedenken, dass mit jeder weiteren Optimierung und jeder weiteren Regelung Bürokratie entsteht. Insofern kann ich mit Stolz und Zufriedenheit feststellen, dass es durch den Einsatz Bayerns gelungen ist, dass diejenigen, die in der Primärproduktion tätig sind, also unsere Landwirte, nicht in dem Maße kontrolliert werden wie die Erzeuger von Futtermitteln und die Händler.

Meine Damen und Herren, aus unserer Sicht sind die ins Auge gefassten Maßnahmen mit Sicherheit geeignet, um im Interesse unserer Verbraucher die Kontrollmöglichkeiten weiter zu optimieren.

(Beifall bei der CSU und der FDP)

Für die SPDFraktion darf ich nun Kollegen Ludwig Wörner an das Mikrofon bitten.

Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Ich wünsche mir, dass der Ministerpräsident da wäre.

(Beifall bei der SPD)

Ich würde ihm nämlich gerne einige Originalzitate zu Gemüte führen. So sagte Seehofer 2006: Der Bund muss koordinieren; wir brauchen mehr Lebensmittelüberwachung; Bürger hätten früher gewarnt werden müssen; die Menschen müssen sich darauf verlassen können, dass der Staat für Lebensmittelsicherheit sorgt; wir brauchen ein Verbraucherinformationsgesetz, das kein Papiertiger ist; wir brauchen einen Schwerpunktstaatsanwalt; wir brauchen eine Koordinierung der Risikobewertung; wir brauchen die Namensnennung derer, die Verursacher sind.

(Beifall bei der SPD)

All das hat Herr Seehofer als Verbraucherschutzminister gefordert. Wenn ich dem, was ich gerade vorgetragen habe, Frau Aigners Forderungskatalog gegenüberstelle, dann sehe ich, dass sie wieder das Gleiche fordert.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): So ein Zufall!)

Jetzt frage ich mich: Hat da jemand gepennt, nichts getan und Maßnahmen wie üblich nur angekündigt?

Meine Damen und Herren, so kann man mit dem Verbraucher nicht umgehen. Es ist die schlimmste Täuschung des Verbrauchers, ihm vorzumachen, dass die Politik handelt, während in Wirklichkeit bis zum nächsten Skandal nichts passiert. Dann legen wir die alte Schallplatte wieder auf, fordern wieder, dass wir dieses tun und jenes bestrafen müssen.

Das Schönste ist die Forderung nach Erhöhung der Strafen. Ich kann Ihnen nachweisen, dass wir in Bayern niemals die Höchststrafen gefordert haben, nicht einmal beim Gammelfleisch-Skandal. Dem, der dann höhere Strafen fordert, sage ich: Wendet doch erst einmal das derzeit mögliche Strafmaß an, reizt aus, was vorhanden ist; das reicht völlig aus.

(Beifall bei der SPD)

Es ist ganz spannend, wenn der Herr Gesundheitsminister oder Lebensminister - so nennt er sich manchmal - in solchen Fällen auf Tauchstation geht.

(Zuruf der Abgeordneten Maria Noichl (SPD))

Damit hat er nicht nur die Verbraucher verunsichert, sondern auch den Landwirten heftigen Schaden zugefügt. Die Verbraucher haben nämlich in den 14 Tagen nach Weihnachten nicht gewusst, was in Bayern los ist, ob etwas aus dem Verkehr gezogen wurde, ob Lebensmittel mit Dioxin überhaupt auf den Markt gekommen sind. Wer sich so ruhig verhält wie dieser Minister, der versucht, auf Tauchstation zu gehen, womit er Verbraucher verunsichert und Landwirte und Produzenten schädigt, handelt eines Ministers unwürdig.

Man kann jetzt Überlegungen anstellen, warum er das macht: Will er nicht den Weg seines Vorvorgängers gehen und Fehler machen? - Aber er macht ja keine Fehler, sondern Fehler machen immer nur die anderen. Wir meinen, es wäre dringend geboten gewesen, dass der Minister frühzeitig Informationen herausgibt und nicht auf die Ämter verweist, die dann nichts sagen dürfen, wie es zu Anfang der Fall war. So kann man so etwas nicht handhaben. Damit verunsichern wir die Menschen in diesem Land. Es ist notwendig, das zu ändern.

Notwendig ist es auch, das Verbraucherinformationsgesetz, das Bayern groß gefeiert hat, zu überprüfen; denn es kann doch nicht sein, dass Gerichte feststellen müssen, dass Ihr Haus, Herr Minister, zu viel Geld für die Beantwortung von Fragen verlangt. Deswegen sind Sie ja verurteilt worden. So kann man es nicht machen und dem Verbraucher so hohe Kosten auferlegen, dass er vorsichtshalber gar nicht erst fragt. Das ist nicht der Sinn eines Verbraucherinformationsgesetzes, sondern es soll dafür sorgen, dass möglichst rasch über anstehende Probleme informiert wird. In

diesem Fall haben Sie das unterlassen. Es kann sein, dass Sie im Urlaub waren, aber es soll ja auch Staatssekretärinnen geben, wie man weiß. Ich bin schon überrascht, wenn in Ihrem Haus niemand fähig ist zu sprechen. Wenn das so ist, könnte man Ihr Ministerium vielleicht einem anderen Ministerium zuschlagen, wie ich das schon einmal vorgeschlagen habe, weil Sie Ihrer Aufgabe nicht gerecht werden.

Es ist eine uralte Forderung von uns - und auch die wärmen Sie wieder auf -, für mehr Lebensmittelüberwacher zu sorgen. Mein lieber Herr Kollege Hünnerkopf, ich darf Sie daran erinnern, dass Sie diese Forderung bei jedem Haushalt in den letzten sechs bis acht Jahren abgelehnt haben. Jedes Mal haben Sie eine Aufstockung der Zahl von Lebensmittelkontrolleuren unterlassen,

(Beifall bei der SPD)

was zu einem erheblichen Defizit führt, weil die Ausbildung der Kontrolleure eine gewisse Zeit braucht.

Sie alle miteinander waren die großen Verfechter der freiwilligen Selbstkontrolle.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Otto Hünnerkopf (CSU))

Jetzt haben Sie einen Scherbenhaufen wegen dieser Selbstkontrolle und müssen mühsam zurückrudern. Wir müssen sorgfältig beobachten, ob Sie überhaupt zurückrudern. Jetzt werden Sie wahrscheinlich, wie Ihr Herr Ministerpräsident, große Ankündigungen machen, am Ende wird das alles wieder Schall und Rauch sein, und beim nächsten Skandal stehen wir wieder vor demselben Problem wie heute.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Kollege. Für die Fraktion der Freien Wähler darf ich nun Kollegin Ulrike Müller das Wort erteilen, bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss meinem Vorredner schon ein wenig recht geben. Ich vermute auch, dass hinter den Vorgängen ein gewisses System steht. In schöner Regelmäßigkeit werden Lebensmittelskandale aufgedeckt. Dann sind alle verantwortlichen Politiker aufgeschreckt und werden sehr aktiv. Mit gleicher schöner Regelmäßigkeit werden von den politischen Akteuren Vorschläge gemacht, und mit der gleichen Regelmäßigkeit verschwinden die ganzen guten Papiere in den Schubladen, bis die nächste Sau durchs Dorf getrieben wird. So können wir nicht weitermachen.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Es erschreckt mich, wenn ich die Inhalte betrachte, welche die Talkshows zurzeit den Verbrauchern vermitteln wollen. Unsere Bevölkerung hat da ganz unterschiedliche Ansichten. Die Werbung vermittelt uns eine heile Welt der Sennerin, die Lebensmittel produziert. Wir müssen einmal die gesamte Werbebranche und die Lebensmittelverarbeiter an ihre Eigenverantwortung erinnern. Die sollen sich überlegen, welche Inhalte in ihren Botschaften vermittelt werden. Wenn die Verbraucher dann feststellen, dass die Realität anders ist, gibt es ein böses Erwachen und riesige Probleme. Eine ehrliche Information wäre der erste Schritt hin zu einem realistischen Verbraucherschutz. Eine Werbung, welche die romantische Vorstellung von längst vergangenen Produktionsformen millionenfach in die Köpfe der Verbraucher trägt, ist keine ehrliche Information.

Wir haben zum Thema Dioxin einen eigenen Antrag eingebracht. Wir sind der Meinung, wir brauchen mehr Lebensmittelkontrolleure, die vom Freistaat kontrolliert und gesteuert werden. Es kann nicht sein, dass der Veterinärassistent vor Ort die Ställe und Bauern kontrolliert und gleichzeitig Futtermittelproben entnehmen muss. Hierfür benötigen wir eine übergeordnete Stelle. Das haben wir mit unserem Antrag gefordert. Ich bin der festen Überzeugung, dass bei Überschreitung der Grenzwerte die Weitermeldung an die staatliche Behörde vonseiten der Labors nicht ausreicht, weil in diesem Fall keine eigenen Proben entnommen werden würden. Das ist meine feste Überzeugung. Im Ausschuss können wir über das spezielle Thema Dioxin gerne diskutieren.

Ich möchte, dass die bayerischen Bauern als Opfer und als Verbraucher angesehen werden. Sie sind unverschuldet in diese Situation gebracht worden. Verbraucherschutz bedeutet für mich, dass der Staat seiner Verantwortung mit der Gewährleistung einer entsprechenden Erziehung nachkommen muss. Die Erziehung sollte nicht nur aus der theoretischen Ausund Weiterbildung sowie Ernährungsbildung in den Grundschulen und Kindergärten bestehen, sondern gezielt mit entsprechenden Projekten in Schullandheimen aktiv umgesetzt werden. Wie ernähre ich mich gesund? Das ist eine Herausforderung; denn Wissen bedeutet für mich auch Macht. Wissen bietet die Möglichkeit, die Kennzeichnung richtig zu lesen, um den Scheindiskussionen in den Talkshows nicht auf den Leim zu gehen. Das hat etwas mit Lebensbildung zu tun.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Hier sind unsere Grundsteine. Die müssen in der Familie gelegt werden. Dafür ist der Staat verantwortlich. Hierfür müssen ebenfalls die Lehrpläne überarbeitet werden.

Zusammenfassend sage ich klar und deutlich: Die Rückverfolgbarkeit hat bei Dioxin sehr gut funktioniert. Gott sei Dank sind wir hier in Bayern nicht betroffen. Allerdings benötigen wir klare und effektive Kontrollsysteme in der Produktion, die greifen und wirkliche Kontrollsysteme sind. Man muss sie so nennen dürfen. Wir brauchen eine klare Kennzeichnung und Transparenz auf der Verpackung. Hier ist ebenfalls nachzubessern. Wir brauchen die Wissensvermittlung in den Schulen und Kindergärten. Dann kommen wir mit dem effektiven Verbraucherschutz sicher weiter.

(Beifall bei den Freien Wählern)

Als Nächste hat für die GRÜNEN Frau Anne Franke das Wort.