Protocol of the Session on January 25, 2011

Lieber Herr Kollege Wörner, leider habe ich nicht Ihren Bartwuchs. Deshalb sieht man meine Backen etwas mehr.

(Lachen bei der FDP und der CSU)

Aufgrund meiner Gesangsausbildung kann ich laute Worte ohne aufgeblasene Backen von mir geben.

(Harald Güller (SPD): Gesang? - Lachen bei der SPD)

Man muss mit wenig Atem laut sprechen können, lieber Kollege Wörner.

Ja, es ist richtig, dass ich mich bei diesem Thema immer um eine sachliche Diskussion bemüht habe. Ich habe mir ganz genau angesehen, was mit der Laufzeitverlängerung ausgesagt wird. Es ist nicht so, wie Sie es immer schreiben. Die Laufzeiten werden nicht auf Jahre verlängert. Das ist eine Falschinformation. Die Laufzeitverlängerung richtet sich nach Stromkontingenten. Innerhalb dieser Stromkontingente gibt es eine gewisse Flexibilität. Einem Abgeordneten des Hohen Hauses darf es nicht verboten sein, sich über die Flexibilisierung der Stromkontingente und deren zukunftsorientierte Umsetzung Gedanken zu machen. Vielleicht ist dies in Ihrer Gruppierung ungewöhnlich. Wir dürfen laut denken. Glauben Sie mir, wir werden Gedanken, die gut sind, weiterführen. Sie haben gemeint, getrieben von einer Idee schnell auf den Zug aufspringen zu können. Sie haben Hals über Kopf einen schlecht formulierten Antrag in den Aus

schuss eingebracht. Bei einer so entscheidenden Zukunftsfrage für unser Land dürfen wir uns nicht treiben und von Ihnen vorführen lassen. Glauben Sie mir, die Bürgerinnen und Bürger haben es verdient, dass mit einem so seriösen Thema wie der Energieversorgung verantwortungsbewusst und durchdacht umgegangen wird.

(Natascha Kohnen (SPD): Ja, genau das ist es!)

Dafür stehe ich ein. Dafür steht die Regierung der CSU und der FDP in Bayern. Darauf können sich die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes verlassen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Herr Kollege Thalhammer, wir haben noch eine weitere Zwischenbemerkung vom Kollegen Dr. Fahn.

Sie haben jetzt wieder schön ausgeholt. Im Zusammenhang mit Isar 1 möchte ich gerne nachfragen. Sie haben von einem schlecht formulierten Antrag gesprochen. Jetzt fordere ich Sie auf: Stellen Sie im Rahmen dieser Plenarsitzung einen gut formulierten Antrag und sagen Sie, unter welchen Voraussetzungen und mit welchem Konzept Sie aus Isar 1 aussteigen werden. Das interessiert uns heute konkret.

Herr Kollege Thalhammer, Sie haben das Wort.

Als Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion verweise ich auf die Geschäftsordnung dieses Hauses. Daraus geht ganz klar hervor, dass wir auf Petitionen keine Anträge, auch keine Änderungsanträge stellen dürfen, sondern über die vorliegende Petition abzustimmen haben. Darauf bezieht sich auch mein Redebeitrag.

(Beifall bei der FDP)

Für die Staatsregierung äußert sich Frau Staatssekretärin Hessel.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte die Gelegenheit nutzen und wiederholt zur Laufzeitverlängerung Stellung nehmen, denn in der Tat ist die Frage der Laufzeiten unserer Kernkraftwerke von wesentlicher Bedeutung für Bayern. Zur Erinnerung ein paar Punkte: Die Stromerzeugung unseres Landes beruht schon heute zu 25 % auf erneuerbaren Energien. Unser Land verfügt über fünf sichere und leistungsfähige Kernkraftwerke.

(Hubert Aiwanger (FW): Außer Grafenrheinfeld und Isar 1!)

Unsere Pro-Kopf-Emission liegt daher um ein Drittel unter dem Bundesdurchschnitt. Unsere Wirtschaftskraft und unser Wohlstand hängen maßgeblich von Industrieunternehmen ab, die auf eine sichere und preiswerte Stromerzeugung angewiesen sind. Wir haben im Landtag wiederholt dargelegt, dass die maßvolle Laufzeitverlängerung für die deutschen Kernkraftwerke um durchschnittlich zwölf Jahre uns die dringend benötigte Zeit für den Umbau unserer Stromversorgung verschafft. Langfristig wollen wir den größten Teil unseres Strombedarfs aus erneuerbaren Energien decken. Dafür brauchen wir einen massiven Ausbau der Netze auf allen Spannungsebenen. Wir brauchen den Aufbau von Speichern für Strom aus fluktuierenden erneuerbaren Energiequellen, und darum unterstützen wir in unserem Hause auch den Bau des Pumpspeicherkraftwerkes Riedl. Das sind technische, finanzielle und planerische Kraftakte, die in gut zehn Jahren nicht zu schaffen gewesen wären, wenn nach dem alten rot-grünen Atomrecht das letzte Kernkraftwerk nach dieser Zeit vom Netz hätte gehen müssen.

(Unruhe)

Frau Staatssekretärin, einen Augenblick bitte. Ich weiß, es ist spät. Wenn wir jetzt noch eine Sitzung abhalten, bitte ich Sie, wenigstens zuzuhören. Ich sage das an alle Seiten des Hauses. Sie brauchen nicht zu deuten, Herr Fraktionsvorsitzender.

Die Laufzeitverlängerung verschafft uns durch die Teilabschöpfung der Zusatzgewinne die finanziellen Mittel, die wir für das höhere Tempo des Ausbaus der erneuerbaren Energien und der nötigen Stromspeichertechnologien brauchen. Gerade für Bayern hat die Laufzeitverlängerung erhebliche positive energiewirtschaftliche Auswirkungen. Bayern kann seinen benötigten Strom weiterhin im eigenen Land erzeugen und ist nicht auf Stromimporte aus osteuropäischen Kernkraftwerken angewiesen. Wir behalten unsere hervorragende CO2-Bilanz, und das Risiko von Stromausfällen wird minimiert. Die Stromversorgung bleibt garantiert.

Frau Staatssekretärin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Frau Kollegin Kamm?

Nein, am Ende.

Die Entscheidung war richtig, denn es wäre volkswirtschaftlich unsinnig, sichere und wettbewerbsfähige Kernkraftwerke vorzeitig außer Betrieb zu nehmen. Es wäre energiepolitisch unverantwortlich, mutwillige Versorgungsrisiken und knappheitsbedingte Preissteigerungen herbeizuführen. Deshalb ist die Laufzeitverlängerung für unser Land wichtig.

(Beifall bei der FDP)

Frau Kollegin Kamm zu einer Zwischenintervention.

Frau Staatssekretärin, halten Sie es für verantwortbar, Atomkraftwerke immer älter werden zu lassen, mit der Gefahr, dass es tatsächlich zu Störfällen kommt, die unsere Wirtschaft und unsere Bürgerinnen und Bürger wesentlich schlimmer treffen würden als die vermeintlichen Vorteile durch etwas billigen Atomstrom?

(Unruhe)

Sie waren fast nicht zu verstehen. Es lag wohl an der Lautstärke im Haus. Ich glaube, wir brauchen eine sichere Stromversorgung, die momentan nur die Brückentechnologie der Kernkraftwerke darstellen kann.

(Beifall bei der FDP - Widerspruch der Abgeord- neten Christine Kamm (GRÜNE))

Eine weitere Zwischenbemerkung: Herr Kollege Wörner.

Nachdem Sie gerade beschrieben haben, dass wir nicht von anderen abhängig werden wollen, will ich Sie darauf hinweisen, dass wir uns in einem europäischen Verbund befinden und Bayern nicht separieren können. Nachdem Sie Staatssekretärin für Energiefragen sind, will ich zum Zweiten von Ihnen jetzt und hier konkret wissen, ob wir zwischen Januar und März 2010 netto Strom importiert oder exportiert haben, und wenn ja, wie viel.

(Alexander König (CSU): Das war eine Fangfrage!)

Das hätte ich jetzt auch gesagt.

(Zurufe: Das hat man Ihnen nicht aufgeschrie- ben!)

Sagen Sie es doch.

(Ludwig Wörner (SPD): Sie sind doch Staatssekretärin!)

Frau Staatssekretärin, möchten Sie darauf eingehen? - Wenn nicht, dann vielen Dank.

(Beifall bei der FDP - Zurufe von der SPD und den Freien Wählern: Bravo!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, darf ich fortfahren?

(Unruhe)

- Ich habe Zeit. Ich kann heute nicht mehr nach Hause fahren. Deswegen habe ich Zeit.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aussprache geschlossen. Die SPD-Fraktion hat beantragt, die Abstimmung in namentlicher Form durchführen zu lassen. Wer dem Votum des Ausschusses für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie zustimmen will, den bitte ich, die blaue Ja-Karte zu benutzen. Für Gegenstimmen ist die rote Nein-Karte zu verwenden. Stimmenthaltungen sind mit der weißen Stimmkarte anzuzeigen. Die Urnen für die Stimmkarten befinden sich auf beiden Seiten des Sitzungssaals und am Stenografentisch. Mit der

Stimmabgabe kann begonnen werden. Fünf Minuten stehen zur Verfügung.

(Namentliche Abstimmung von 20.57 bis 21.02 Uhr)

Die Zeit ist um. Die Stimmabgabe ist geschlossen. Ich bitte die Stimmkarten auszuzählen.

(Unterbrechung von 21.02 bis 21.04 Uhr)

Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe das Ergebnis der namentlichen Abstimmung über die Eingabe betreffend "Keine Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken" (WI.0147.16) bekannt. Mit Ja haben 87 Abgeordnete gestimmt, mit Nein 64. Damit ist dem Votum des federführenden Ausschusses für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie entsprochen worden.

(Abstimmungsliste siehe Anlage)

Die Sitzung ist geschlossen. Vielen Dank, dass Sie so lange ausgehalten haben. Guten Abend und kommen Sie gut nach Hause.