Protocol of the Session on October 27, 2010

(Beifall bei der SPD)

Das Innovationsbündnis wurde von allen Universitäten und Hochschulen, Herr Minister, anständig, ordentlich und mit großer Kraftanstrengung umgesetzt. Sie kündigen diesen Vertrag einseitig, indem Sie ihnen das Geld wieder wegnehmen. Das ist unanständig, das dürfen Sie nicht.

(Zuruf von den GRÜNEN: Die wollen noch viel Schlimmeres!)

- Ganz genau. Die Universitätspräsidenten bemängeln das alle in einem offenen Brief. Ich weiß, dass der Amtschef des Ministeriums gerade im Raum ist. Herr Rothenpieler, versuchen Sie, Ihren Minister umzustimmen. Es gilt, das Innovationsbündnis von beiden Seiten zu sichern, von der Universität und vom Ministerium her. Es ist unanständig, das auf die Kippe zu stellen. Geben Sie Planungssicherheit und legen Sie ein Bekenntnis ab, Herr Minister, dass die Hochschullandschaft Ihre Leidenschaft ist, dass sich die Studierenden, die Professoren und der Mittelbau auf Sie verlassen können!

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der GRÜ- NEN)

Vielen Dank. Jetzt darf ich Frau Kollegin Gote für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN das Wort erteilen, bitte schön.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister, ich möchte Ihnen in aller Kürze die Unsinnigkeit dieser Sparmaßnahmen vom 28. September gerade bei den

Hochschulen klarmachen. Die Hochschulen sind eben keine normale Verwaltung. Vielleicht kann man in einer normalen Staatsverwaltung in den letzten drei Monaten eines Jahres noch einen gewissen Betrag einsparen, aber Hochschulen funktionieren so nicht. Sie können nicht innerhalb von drei Monaten wichtige Vorhaben einfach auf den Januar oder den Februar verschieben; das ist überhaupt nicht leistbar.

Es ist fatal für die Hochschulen, dass das gerade zu Beginn eines Wintersemesters kommt, wenn deutlich mehr Studienanfänger und Studienanfängerinnen an die Hochschulen drängen, was uns alle eigentlich freut. Die Universität Bayreuth hat heute die zehntausendste Studierende begrüßt. Ja, darüber freuen wir uns. In dieser Situation, in der dieser Ansturm zu bewältigen ist, in der sich die Hochschulen auf den doppelten Abiturjahrgang vorbereiten müssen, verordnen Sie denen einen Sparkurs. Können Sie sich denn nicht vorstellen, dass die Hochschulen Wichtigeres zu tun haben, als sich um die unsinnigen Sparmaßnahmen zu kümmern, die Sie ihnen verordnet haben?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Umsteuern so kurz vor Jahresende ist in sinnvoller Weise überhaupt nicht möglich. Was werden die Hochschulen tun? - Sie müssen unsinnige Maßnahmen ergreifen. Welche werden es sein? - Sie kürzen auf die Schnelle bei Bibliotheken oder - völlig absurd bei der Heizung. Ich habe es hier letzte Woche noch als Witz gesagt, ob die vielleicht nicht mehr heizen sollen. Präsident Grüske hat gesagt, der Neubau kann nicht bezogen werden, weil sich die Universität die Heizung und die Betriebskosten nicht leisten kann. Herr Minister, das ist absurd in der Situation, in der wir stehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Hochschulleitungen planen, die Hochschulen über Weihnachten eine Woche länger geschlossen zu halten. Sie werden die Hochschulen wahrscheinlich bis zum 9. Januar 2011 dichtmachen, damit nicht geheizt werden muss. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir leben in Bayern, und wir können uns die Heizungen an Hochschulen nicht leisten. Was tun Sie diesem hochgelobten Wissenschaftsstandort an, wenn Sie noch nicht einmal die Heizungskosten bezahlen können! Daran sehen Sie, wie unsinnig das ist, was Sie beschlossen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Universitäten und Hochschulen, die jetzt nicht mehr sparen können, verschieben die einzusparenden Summen auf die nächsten Jahre, auf das nächste Haushaltsjahr. Was sie beim nächsten Doppelhaus

halt erwartet, wissen die Hochschulen jetzt noch nicht. Sie müssen die Einsparnotwendigkeit vor sich herschieben, die auch das nächste Semester und dann auch noch das Semester belasten wird, in dem der doppelte Abiturjahrgang kommt. Was heißt das für die Zukunft? - Die Hochschulen beklagen natürlich zu Recht, dass Sie ihnen den Boden unter den Füßen wegziehen. Sie beklagen die Planungsunsicherheit, und sie beklagen zu Recht den einseitigen Bruch des Innovationsbündnisses.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Studierenden können nicht einfach die 500 Euro Studiengebühren einbehalten, sie müssen zahlen. Sie aber sagen einfach: Na ja, wir zahlen jetzt nicht, obwohl wir es euch versprochen haben und obwohl es im Haushalt steht. Das ist keine vertretbare Politik gegenüber den Hochschulen und gegenüber jungen Menschen, die an bayerischen Hochschulen studieren wollen.

Kolleginnen und Kollegen, vielleicht haben Sie jetzt erkannt, wie sinnlos diese Sparmaßnahmen sind. Man kann sie schlichtweg nicht sinnvoll umsetzen. Welchen Sinn soll es haben, dass ein Gebäude jetzt drei Monate lang nicht bezogen wird, dass eine Stelle, die dringend gebraucht wird und besetzt werden wird, jetzt drei Monate lang nicht besetzt wird, und das in einer Situation, in der wir jeden Kopf an den Hochschulen brauchen? Was soll das für einen Sinn haben?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie diese Sinnlosigkeit erkannt haben - einige von Ihnen haben schon öffentlich gesagt, das das Quatsch ist; ich habe sogar das Wort "Schwachsinn" in der Zeitung gelesen -, dann stimmen Sie bitte unserem Dringlichkeitsantrag zu und auch dem der SPD. Wir fordern von Ihnen heute nur, diese Sparmaßnahme für die nächsten drei Monate zurückzunehmen, und zwar nur für die Hochschulen. Damit würden Sie den Universitäten helfen und etwas Sinnvolles tun. Kein Mensch draußen versteht, was dieser Sparzwang eigentlich sollte.

(Beifall bei den GRÜNEN und Abgeordneten der SPD)

Danke schön. Dann darf ich für die CSU-Fraktion Herrn Kollegen Sibler das Wort erteilen, bitte schön.

Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Herr Piazolo, Ihre Aussage, dass zur Aussetzung der Wehrpflicht keine Diskussion stattgefunden haben soll, ist schon ein interessantes Phäno

men. Ich glaube, Sie haben die Zeitungen in den letzten Monaten nicht allzu oft verfolgt. Das war doch eines der größten Themen. Die Frage, ob Guttenberg Bayern schade, darf man wohl zu den politischen Spielchen hier im Haus rechnen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will die beiden Themen auseinanderhalten, nämlich das Thema des Wehrdienstes zum einen und die Sparmaßnahmen zum anderen. Sollte die Wehrpflicht zum 01.07. oder vielleicht etwas später tatsächlich ausgesetzt sein, muss man das in der Tat sehr ernst nehmen. Allerdings ist jetzt noch absolut unklar, wie viele Studierende wegen der Aussetzung des Wehrdienstes dann tatsächlich kommen werden. Zahlen dafür fehlen, und es ist unbedingt notwendig, diese Zahlen relativ rasch seriös zu erheben. Dazu will ich die Universitätspräsidenten, die heute schon mehrmals haben herhalten müssen, zitieren. Diese gehen davon aus, dass etwa fünf bis zehn Prozent der Abiturienten, die potenziell zum Studium antreten, überhaupt noch zur Bundeswehr gehen. Wir reden also nicht über eine megagroße Gruppe. Die Bandbreite von fünf bis zehn Prozent macht aber deutlich, dass wir seriöse Zahlen brauchen. Man muss auch die Frage stellen, ob bei einer Freiwilligen-Armee, wie es geplant ist, überhaupt kein Abiturient mehr zur Bundeswehr geht, oder ob vielleicht doch der eine oder andere, vielleicht sogar einige Hundert, zur Bundeswehr gehen. Ich bitte sehr darum, die Zahlen seriös zu erheben und nicht mit Spekulationen zu arbeiten.

(Zuruf des Abgeordneten Prof. Dr. Michael Piazo- lo (FW))

Es ist ein großes Problem, dass wir beim Antrag der Freien Wähler mit Zahlen arbeiten müssen, die natürlich haushaltsrelevant sind, aber nicht auf Erhebungen beruhen. Lieber Herr Piazolo, genaue Erhebungen haben Sie auch nicht.

(Hubert Aiwanger (FW): Wir versuchen es wenigstens!)

- Lieber Herr Aiwanger, wir merken ganz oft, dass Sie viel versuchen. Wir stützen uns doch lieber auf seriöse Zahlen

(Hubert Aiwanger (FW): Ihr habt keine!)

und nicht auf Versuche oder Versuchsballone.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, 400 weitere Planstellen, 15 000 Quadratmeter - da will ich schon wissen, woher diese Zahlen kommen. Wir wollen das seriös untersuchen. Wir haben dazu schon eine eigene Antragsinitiative auf den Weg gebracht, die wir noch mit dem Koalitionspartner absprechen werden.

Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Piazolo?

Selbstverständlich.

Wir beziehen uns natürlich schon auf die Zahlen, die Kultusminister Spaenle genannt hat. Sind die nicht seriös?

Ich will sie auf alle Fälle vernünftig erhoben haben. Ich will sie durch einen Maßstab haben, den wir mit haushalterisch belastbaren Zahlen absichern können. Das ist für mich der Punkt. Ich sehe den Handlungsbedarf, Herr Piazolo. Das ist ganz klar, da schließe ich mich an. Wir brauchen aber eine vernünftig erarbeitete Zahlengrundlage.

Was nett gemeint ist, Herr Piazolo, ist, dass in Punkt 2 das gesparte Geld für die Studierenden und für die Hochschulen verwendet werden soll. Ihnen ist schon klar, dass wir eine Verpflichtung eingegangen sind, dass wir im Bereich der außeruniversitären Forschung jedes Jahr die Mittel um 5 % steigern? Da sind wir neben dem Bund schon mit einigen Millionen Euro dabei. Ihnen ist auch klar, dass ein zentraler Punkt des Beschlusses, die Wehrpflicht auszusetzen, darin besteht - das möchte ich dick unterstreichen -, die technische Ausstattung bei der Bundeswehr zu verbessern. Das würde schwierig werden, zumal wir damit massiv ins Haushaltsrecht des Bundestages eingreifen würden.

Ich darf zum Punkt 2 kommen, zu den Sperren. Ich will an der Stelle deutlich machen: Momentan wird keine einzige Stelle eingezogen. Das will ich unterstreichen. Ich will deutlich machen, dass sich die Wiederbesetzungssperren mit Kabinettsbeschluss vom 28. September darauf beziehen, dass die Sperren an den kleinen Universitäten von drei auf vier Monate das Gleiche gilt für die Fachhochschulen - und an den größeren Universitäten von drei auf sechs Monate verlängert werden. Das ist hart in der konkreten Umsetzung, aber ein guter Kanzler mit eigenen Ambitionen kann das hinkriegen.

Ich will aber auch sagen, dass die Wiederbesetzungssperre beim Ausbauprogramm nicht besteht. Das heißt, wir haben 2.000 Professoren eingestellt, 3.000 sollen es insgesamt werden. Die Tausend sind hier auch ausgenommen. Ich darf auch darauf hinweisen, dass beim Bauprogramm die Sonderprogramme ebenfalls ausgenommen sind. Das zeigt, dass die Bayerische Staatsregierung bei den Beschlüssen, die jetzt auf den Weg gebracht worden sind, bei allen Problemen, die wir haben, die Sondersituation schon sieht.

Momentan sind die Baumaßnahmen ausgesetzt, die im regulären Haushalt finanziert sind. Das muss man sagen. Man weiß, dass am 6./7. November die Klausurtagung des Kabinetts stattfinden wird und danach die Dinge in den Landtag kommen. Wir wissen auch alle, dass wir mit deutlich höheren Steuereinnahmen rechnen können. Wir stehen alle miteinander hier, um deutlich zu machen: Wir drängen darauf, dass dieses Mehr an Geld dazu verwendet wird, dass die Hochschultitel im Haushalt weiter gestärkt werden, weil wir eben die Sondersituation durch den doppelten Jahrgang sehen.

Herr Staatsminister, ich bin auch fest davon überzeugt, dass das Ministerium durch eine kluge Mittelbewirtschaftung - ich nenne als Stichwort die Ausgabenreste - auch ein paar Möglichkeiten hat, mithelfen zu können.

Jetzt sind wir also in der Situation, dass wir den 6./7. November abwarten müssen, weil wir bis dahin die konkreten Zahlen der Steuerschätzung haben. Dann haben wir eine gesicherte Basis, auf der wir entscheiden können. Und weil wir es vorhin bei der Diskussion um die Hypo Alpe Adria gehört haben: Natürlich sind auch diese Anträge ein Teil des politischen Spiels, das heute mit dazugehört.

Eines, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir aber sicherlich nicht machen: Einen Kurs einschlagen, wie es Rot-Grün in NRW macht und 9 Milliarden Euro auf einen Schlag und damit ein komplettes "Wünsch-dir-was" und ein "Alle-die-ihrmühselig-und-beladen-seid-kommt-zu-mir" spielen. Das werden wir nicht tun. Denn wenn wir heute weitere Schulden aufnehmen, dann werden das spätere Generationen, auch spätere Studierenden-Generationen zu bezahlen haben.

(Beifall bei der CSU)

Herr Kollege Sibler, würden Sie bitte noch einmal ans Redepult zurückkommen für eine Zwischenintervention von Frau Kollegin Tolle?

Es ist eher eine Frage, sehr geehrte Frau Präsidentin.

Herr Kollege Sibler, habe ich Sie richtig interpretiert, wenn ich sage, dass, wenn die Klausurtagung des Kabinetts zu Ende ist, die Sparmaßnahmen wieder zurückgenommen werden? Habe ich das richtig verstanden?

Dann haben wir zumindest Zahlen, die sich auf eine Steuerschätzung beziehen. Dann kann man Nägel mit Köpfen machen.

(Hubert Aiwanger (FW): Die Hochschulen werden keine Nägel mit Köpfen machen! - Zuruf des Abgeordneten Bernhard Pohl (FW))

Jetzt darf ich das Wort Frau Kollegin Bulfon für die FDP-Fraktion erteilen. Bitte schön, Frau Kollegin.