Drittens. Lieber Herr Wörner, Sie zitieren nicht aus Ihrem Antrag, sondern aus Ihrer Begründung zum Antrag. In dieser Begründung stehen auch so unsachliche Dinge wie beispielsweise, dass Sie dagegen sind, wenn die EU es jetzt ermöglicht, dass die Staaten selbst festlegen können, ob sie vom Anbau grüner Gentechnik frei werden wollen. Wir haben dafür gekämpft, nun dürfen wir das selbst entscheiden, und Sie kritisieren das jetzt im letzten Absatz Ihrer Begründung. Ihr Antrag - und da können Sie jetzt noch so viel erzählen - ist nicht zustimmungsfähig, er wird nie zustimmungsfähig sein, und deshalb wird er von der CSU-Fraktion abgelehnt.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gentechnik ist anscheinend eine unendliche Geschichte; denn wir haben sie hier im Hause schon wiederholt diskutiert. Der Antrag der SPD enthält drei Themenschwerpunkte: zunächst ein gentechnikfreies Bayern, den wie ich meine wichtigen Aspekt, keine Freilandversuche und, als ergänzendes Thema die Forderung, darauf einzuwirken, dass Europa gentechnikfrei wird. Das sind drei Punkte, von denen ich glaube, dass man ihnen zustimmen kann. Wir Freien Wähler werden dem Antrag zustimmen.
Die Beiträge meines Vorredners, des Vorsitzenden des Landwirtschaftsausschusses, stimmen mich nachdenklich. In diesem Zusammenhang brauche ich Herrn Kollegen Wörner nicht zu verteidigen. Darum geht es nicht. Wir haben oft genug sachlich unterschiedliche Meinungen. Das Niveau der Vorträge nimmt aber zunehmend ab, und es erstaunt, um nicht zu sagen es erschreckt mich, dass auf diesem Niveau Ausdrücke wie primitiv oder Ähnliches verwendet werden. Wir sollten versuchen, die Dinge sachlich zu begründen, und dazu will ich jetzt kommen.
Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man zu der Auffassung kommen, wir haben es in Bayern nicht mehr nötig, über Gentechnik zu diskutieren; denn es sind genügend Gesetze da, es wurden genügend Debatten geführt, und es gibt genügend Verordnungen. Hier darf ich aber kurz einhaken: Die Meinung der FDP ist bekannt, die FDP hat eine klare Linie, sie ist für die Gentechnik. Das ist insofern positiv, als wir wissen, woran wir sind. Auch Staatsminister Heubisch äußert sich in dieser Frage klar.
Bei der CSU sieht das anders aus, und jetzt kommen die Wackelkandidaten. Von den CSU-Teilen der Staatsregierung haben wir schon des Öfteren gehört: Wir sind gegen Gentechnik und die ganze Problematik, die sich daran aufhängt. Wir haben aber die Entscheidung vom 29. Juni 2010, als Bundeslandwirtschaftsministerin Ilse Aigner im Agrarministerrat für sechs weitere gentechnikverseuchte Sorten gestimmt hat. Außerdem haben wir die Empfehlung des Vorsitzenden des Wirtschaftsbeirates der CSU, Dr. Otto Wiesheu, hier einzuwirken, damit keine Arbeitsplätze verloren gehen. Soweit so gut. Dann kommt die Position des Bayerischen Bauernverbandes.
Ich möchte den Bauernverband aufrufen, auf die Agrarpolitikerin und stellvertretende Landesbäuerin Marlene Mortler, die auch CSU-Bundestagsabgeordnete
ist, einzuwirken. Auch sie vertritt zunehmend die Auffassung, wir müssten wieder Richtung Gentechnik gehen. Meine Damen und Herren, das alles sind Hinweise, dass wir hier auf einem Zickzackkurs sind. Wenn wir das als Opposition hinnehmen, dann sind wir fehl am Platz. Ich sage eindeutig: So kann es nicht laufen. Die CSU muss für Klarheit sorgen! Wir werden das so lange wiederholen, bis hier klare Positionen gegeben sind, und zwar nicht nur klare Positionen, sondern auch klare Handlungsanweisungen. Wir jedenfalls werden den Antrag unterstützen.
Frau Präsidentin, Kolleginnen und Kollegen! Vorweg möchte ich sagen: Wir werden dem Antrag zustimmen. Interessanterweise hat sich die Diskussion aber auf ein anderes Feld verlagert, nämlich auf die Pläne der EU-Kommission, die Mitgliedstaaten künftig selbst entscheiden zu lassen, ob sie gentechnisch veränderte Organismen zulassen wollen oder nicht.
- Nein, bestritten haben wir das nicht. Ich will dazu nur sagen, das Ziel ist okay, der Preis, den wir dafür zahlen müssen, ist aber eindeutig zu hoch. Mit der Freigabe der Zulassung durch die einzelnen Länder - und das heißt nicht, dass die einzelnen Regionen das selbst entscheiden dürfen, sondern die Nationalstaaten sollen das entscheiden dürfen - geht einher, dass die Zulassungsverfahren auf EU-Ebene künftig im Schnellverfahren erfolgen können und ohne Aussprache im Ministerrat, sozusagen ohne demokratische Legitimation; denn das macht die Kommission alleine, dazu braucht sie niemanden mehr zu fragen. Das heißt, die Risikoabschätzung bei der Zulassung bleibt noch mehr auf der Strecke, als das jetzt schon der Fall ist.
Bereits jetzt ist die Zulassungspolitik wirtschaftsbasiert und nicht wissenschaftsbasiert. Bereits jetzt ist mit der Zulassung die gesundheitliche Unbedenklichkeit der Produkte nicht ausreichend belegt. Wenn sich die EU-Kommission durchsetzt, wird das noch schlimmer. Dann können die Bundesregierung und Bayern den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen verbieten, so viel sie wollen, wir würden vermutlich von einer Fülle von gentechnisch veränderten Pflanzen, durchaus gefährlichen Pflanzen, in anderen EULändern umgeben sein. Diese Pflanzen würden kreuz und quer durch Europa gekarrt und in der Bundesre
publik beziehungsweise in Bayern zwischengelagert oder umgeladen. Wenn wir dann auch noch die NullToleranz verlassen - darüber sprechen wir noch beim nächsten Tagesordnungspunkt -, dann können wir in Deutschland oder in Bayern verbieten, was wir wollen, wir werden in kurzer Zeit von genveränderten Pflanzen auf unseren Äckern nicht mehr frei sein.
Übrigens noch etwas zum Thema gentechnikfreie Regionen. Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass wir neue EU-Regelungen nicht brauchen, wenn wir den Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen in den Regionen verhindern wollen. Das ist bereits jetzt möglich. Unsere Nachbarn in Österreich praktizieren das schon seit Jahren und machen es uns vor.
Sehr geehrtes Präsidium, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute zum wiederholten Male ein Thema sehr emotional. Es wird auch unsachlich beraten. Ich war vom zunächst angenehmen Ton des Herrn Kollegen Wörner heute überrascht, leider ist der Ton aber wieder einmal entglitten.
In diesem Antrag wird gefordert, dass Bayern endlich gentechnikfrei wird. Wir sind aber im Moment bereits gentechnikanbaufrei, deshalb kann ich diese Forderung nicht verstehen. Hier wird auch gefordert, Gentechnikforschung soll im Freiland nicht betrieben werden. Ich finde diesen Punkt äußerst gefährlich. Wir müssen weiterhin forschen, wir wollen in diesem Land auch weiter forschen. Wir müssen uns mit dieser Technik auseinandersetzen, wir müssen sie betreiben. Wir müssen das gerade im Hinblick darauf tun, dass die Regionen künftig selbst entscheiden können. Das begrüßen wir grundsätzlich auch. Wir haben darüber auch schon öfter gesprochen. Eigentlich wollten wir das doch auch so haben, deshalb verstehe ich auch nicht, warum die Opposition das jetzt wieder kritisiert. Ob wir wollen oder nicht, das werden wir festlegen, dafür brauchen wir auch noch ein Stück Forschung. Ich verstehe nicht, dass der Beschluss, der auf europäischer Ebene gefasst wurde, jetzt wieder derart torpediert wird.
Wie die Entscheidung in Bayern gefällt wird, das steht noch nicht fest. Wir haben innerhalb der Koalitionsfraktionen unterschiedliche Auffassungen. Wir haben natürlich auch innerhalb der regierungstragenden Parteien unterschiedliche Auffassungen. Auch wird aus der Presse immer wieder klar, dass zwischen Bun
Wir wollen die Forschung weiterbetreiben. Wir brauchen die Erkenntnisse. Wenn wir die Forschung nicht weiterbetreiben, bleiben wir ahnungslos und vertreiben die Chancen aus dem Land. Das wäre eine ganz gefährliche Entwicklung.
Sie haben Bedenken und sagen, diese Technik könnte gefährlich sein. Diese Auffassung teile ich nicht; das unterstreiche ich. Aber wenn Sie recht haben sollten, was ich nicht glaube - aber es könnte ja sein -, ist es gerade dann wichtig, weiterhin Forschung zu betreiben, weiterhin Fachleute in unserem Land zu haben. Wenn man nicht im Freiland forschen darf, dann gehen die Forscher weg - sie sind im Wesentlichen auch schon weggegangen -, und dann gehen die Firmen weg. Diese Realität verschweigen Sie immer, wenn Sie sagen, man dürfe nur im Gewächshaus forschen. Damit haben Sie eine ganz gefährliche Einstellung.
Gerade deshalb ist es wichtig, weiter zu forschen, und deshalb unterstütze ich die Position unseres Wissenschaftsministers Wolfgang Heubisch, dass wir weiter forschen und es zulassen, dass Forschung im Freiland stattfindet.
Aus diesem Grund werden wir den Antrag ablehnen. Wer mich noch etwas fragen will, kann es nachher tun.
Frau Präsidentin! Ehrlich gesagt, ich habe mir gedacht, dass wir in dieser Woche etwas anderes besprechen. Beim Thema Gentechnik dachte ich: Jetzt kommt mal ein echter Wurf. Ich habe nicht gedacht, dass ein Lob kommt. Als ich im Jahr 2007 als Erster sowohl bei uns als auch in diesem Haus massiv dafür gekämpft habe, das Selbstbestimmungsrecht der Regionen von Europa zurückzuholen, weil nämlich eine der Grundproblematiken darin liegt, dass es, wenn Europa eine Zulassung ausspricht, de facto keine Möglichkeit gibt, dagegen vorzugehen - und zwar unabhängig davon, welcher Meinung man ist -, wurde ich hier im Hause zum Teil heftig angegriffen. Da wurde gesagt, das sei eine Windnummer, eine Luftnummer.
In dieser Woche stellt der neue Kommissar, der dafür zuständig ist, einen Plan vor. Ich hatte mir gedacht, der gesamte Bayerische Landtag freut sich über die Möglichkeit, die wir künftig haben. Ein Antrag in diesem Sinne wäre gut gewesen, statt die alten Kamellen zu bringen, die jetzt im Antrag stehen.
Den Antrag, lieber Herr Wörner, kann man ad acta legen; denn es gibt keine Versuche, die gestoppt werden müssten. Es gibt hier keine Versuche, die wir machen könnten.
Ich habe zwar Respekt vor Ihrer Auffassung, Herr Dechant; denn wir müssen immer wieder nicht nur in der Regierungskoalition, sondern gemeinsam all diese Fragen, egal, ob sie ethisch oder ökonomisch oder forschungsmäßig begründet sind, diskutieren, und zwar auf dem aktuellen Stand. Das ist gar keine Frage.
Ich erhebe nicht den Anspruch, dass dann jeder dieselbe Meinung haben müsste. Ich persönlich bin aber fest überzeugt, dass das, was wir hier in den letzten zwei Jahren gemeinsam verabschiedet haben - übrigens auch mit der FDP -, von Glaubwürdigkeit zeugt. Es gibt keine Versuche, die gestoppt werden müssten. MON 810 ist verboten. Wir haben im Rahmen unserer Naturschutzüberlegungen alles getan, um mit den Dingen glaubwürdig umzugehen.
Dieser Regierung vorzuwerfen, sie wackele in dieser Frage, ist nicht gerechtfertigt. Es gibt genügend rotgrüne Regierungen in Deutschland, die nicht annähernd das vorweisen können, was wir in dieser Sache getan haben. Wir sind glaubwürdig und sind auf den Weg, den wir gegangen sind, stolz.
Die spannende Frage ist jetzt nicht, wie wir im Moment mit der Forschung umgehen. Ich habe da einen anderen Akzent. Ich bin der Meinung, in Gewächshäusern ist das alles möglich. Das hat die CSU-Fraktion dem Grundsatz nach auch beschlossen.
Die Frage ist aber, wie es mit den EU-Vorschlägen weitergeht. Das ist eine spannende Frage. Die Vorschläge der Europäischen Union zur Selbstbestimmung von Mitgliedstaaten müssen natürlich zunächst ausformuliert und im Europäischen Parlament diskutiert werden. Dann müssen sie von den Mitgliedstaaten diskutiert werden. Dabei stellt sich die Frage: Wie übersetzen wir das? Können wir das beispielsweise auch auf Regionen übertragen? Können wir das auf Bundesländer beziehen? Einen solchen Ansatz könnten wir uns sehr gut vorstellen. Oder läuft es entspre
chend dem Koalitionsvertrag darauf hinaus, dass das Selbstbestimmungsrecht in der Flexibilisierung von Abstandsflächen besteht? Das wäre das Motto: Die einzelnen Länder können die Abstandsflächen in unterschiedlicher Größe regeln. Das böte uns bei der bayerischen Topografie enorme Möglichkeiten, die Gentechnik de facto über Abstandsflächen zu regeln.
Vor diesen Denksportaufgaben stehen wir. Auch für den Landtag ist es wichtig, sich dies bewusst zu machen.
Bislang war es so, dass für das Verbot von Gentechnikanbau ausschließlich wissenschaftliche Begründungen gegeben wurden. Künftig ist es möglich, außer wissenschaftlichen auch ethische und politische Begründungen zu geben. Das heißt, die Debatte wird neu eröffnet und anders verlaufen. Daher können wir unsere Gedanken gut einbringen.
Ich wünsche mir, dass wir jetzt nicht anfangen, auf alte Positionen zurückzufallen. Es könnte sein, dass sich jetzt jemand beschwert und sagt: Der Vorschlag der EU-Kommission gefällt uns nicht; wenn in der Richtung etwas gemacht werden soll, dann müssen die Dinge in ganz Europa verboten werden. Aber dies, meine Damen und Herren, ist sicherlich mit Abstand der falsche Weg.
Wir haben jahrelang in diese Richtung gekämpft. Aus diesem Hause heraus kam die Initiative dafür, dass die Regionen mitentscheiden können.
Alle Regionen, die sich zum Netzwerk der gentechnikfreien Regionen erklärt haben, haben übrigens dieselbe Problematik bei den Futtermitteln. Deshalb bin ich dem Kollegen Füracker sehr dankbar, dass er maßgeblich dafür kämpft, die Futtermittelstrategie auf den Weg zu bringen, um im Futtermittelbereich durch Verringerung von Abhängigkeiten Verbesserungen zu erreichen.
In dieser Woche sollten wir uns freuen. Denn für alle, die gegenüber der grünen Gentechnik skeptisch sind, ist es wirklich eine gute Woche gewesen. Wir bekommen mehr Möglichkeiten, eigenverantwortlich zu entscheiden, statt nur zu jammern und auf Brüssel zu schimpfen. Über die Entscheidungsmöglichkeiten kann jeder Bayer froh sein.
Deshalb sage ich ehrlich: Der Antrag kommt ein paar Monate zu spät. Deshalb habe ich Verständnis dafür, dass die Mehrheitsfraktionen den Antrag ablehnen.