Protocol of the Session on May 4, 2010

So verstehen wir Selbstverantwortung, so verstehen wir Verlagerung von Verantwortung nach unten nicht, wenn nur der Schwarze Peter nach unten weitergereicht wird.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Die Kollegen haben es schon angesprochen: Das Verfahren ist ärgerlich. Wir beraten heute in Erster Lesung ein Gesetz, über das draußen schon lange geredet wird. Auf der Grundlage dieses Gesetzes, das heute in Erster Lesung behandelt wird, haben bereits zahlreiche Kommunen Kooperationsverträge miteinander abgeschlossen - auf der Grundlage eines Gesetzes, das heute zum ersten Mal hier im Hohen Hause diskutiert wird.

Ich frage mich, welche Erwartung da an den Landtag entsteht, dass er die gesetzliche Grundlage für diese Verträge ändert. Wir werden zu all dem noch ganz spannende Fragen haben. So gibt es beispielsweise in diesem Gesetz den Passus, dass die Schulsprengel innerhalb des Mittelschulverbundes aufgehoben werden. Wir haben jetzt, wie gesagt, zahlreiche Kooperationsverträge von Kommunen, wo genau dazu eine Regelung ausgehandelt wurde, die das Gesetz dann wieder aushebelt, wenn man sagt, der Einzugsbereich dieser Schulen bleibt gleich.

Ich bin gespannt, was da kommen wird. Auch bin ich gespannt, was dann sein wird, wenn es darum geht, die Schülerinnen und Schüler an die verschiedenen Schulstandorte zu verteilen.

Herr Kollege Taubeneder, die Bayern, ob aus dem Allgäu oder aus Niederbayern, sind im Zeigen von Begeisterung nicht immer so überschwänglich. Aber Begeisterung bei diesen Dialogforen zu den Mittelschulverbünden festgestellt zu haben, ist, wie ich meine, wirklich eine Überinterpretation. Wenn man feststellt, dass keine Tomaten fliegen, und dies dann schon als Zustimmung bezeichnet, dann ist das schon arg übertrieben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Wort noch zur Finanzierung. Der Schulkoordinator der Mittelschulverbünde erhält ein bis zwei Anrechnungsstunden. Bei der Finanzierung heißt es, das werde finanziert aus Schulleiterstellen kleinerer Schulen, die nicht mehr besetzt werden, wenn beispielsweise eine Klasse verloren gegangen ist. Auch das ist ein Schritt zum Sterben kleiner Standorte. Zuerst geht der Schulleiter, und irgendwann gehen dann auch die Schülerinnen und Schüler dieser Standorte; denn man braucht diese Stellen, um die Koordinatoren dieser Mittelschulverbünde bezahlen zu können.

Die Aussage "keine Kosten für die Kommunen" glaubt Ihnen kein Kommunalpolitiker. Wir werden diese Kosten haben, und wir werden mehr Schulbusverkehr und natürlich auch Investitionskosten haben.

Wir haben jetzt schon in diesen Dialogforen Verteilungskämpfe und Kämpfe zwischen den großen und den kleinen Standorten. Es gibt eine ganze Reihe weiterer Folgeprobleme. Frau Kollegin Tolle hat bereits davon gesprochen. Wir werden uns diesen Themen in den Ausschussberatungen widmen, wie auch den anderen Regelungen, die in dem Gesetzentwurf enthalten sind, auch wenn sie nichts mit dem Thema Mittelschule zu tun haben.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nächste Rednerin ist Frau Kollegin Will.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es war bisher schon immer so, dass alles, was neu ist, zunächst einmal schlechtgeredet wird. Auch die Dialogforen werden schlechtgeredet. Eigentlich war es die Idee der FDP zu sagen, wir wollen die Thematik draußen vor Ort in den Kommunen mit den Beteiligten diskutieren, damit es zu tragfähigen Lösungen kommt. Es sollten alle mit im Boot dabei sein. Das ist leider nicht überall gelungen; das gebe ich zu. Aber die Idee, es so zu machen, darf doch hier von Ihnen nicht schon wieder schlechtgeredet werden.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Ale- xander König (CSU))

Ich möchte mit einem Zitat aus der SZ beginnen, das vor wenigen Tagen in einem Kommentar zum Bundesbildungsbericht zu lesen war. Dieser war überschrieben: "Im Land der Bildungsmuffel". Der Autor Tanjev Schultz stellte darin nüchtern fest: Viele Schüler und Auszubildende sind am Ende ihrer Schul- und Lehrzeit weder berufstauglich noch lebenstüchtig. Das ist eine erschreckende Bilanz. Diese Klage führen Vertreter von Handwerk und Wirtschaft regelmäßig. Studien be

legen auch, dass jeder fünfte Absolvent einer Hauptschule nicht ausbildungsfähig ist.

Mein Fazit lautet also: Unsere Schulen müssen besser werden. Die Schulen müssen sich auf die Anforderungen der Wissensgesellschaft einstellen.

Das gilt auch für die Hauptschulen, meine Damen und Herren. Der Gesetzentwurf der Staatsregierung zur Änderung des Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetzes zielt in die richtige Richtung. Deshalb werde ich mich heute - wie auch meine Vorredner - nur auf das Herzstück des Gesetzentwurfes, nämlich die Einführung der Mittelschule, konzentrieren. Durch das verbesserte schulische Angebot an der Mittelschule kann das Begabungspotenzial der Schüler künftig so ausgeschöpft werden, dass möglichst alle Absolventen ihren Platz in der Arbeitswelt und in der Gesellschaft praktisch und theoretisch finden können. Ich bin mir sicher: Die Hauptschule erhält mit der Mittelschulreform endlich die Chance, die sie verdient hat. Wir dürfen uns nichts vormachen: Wenn wir die Hauptschule abschaffen, schaffen wir damit nicht den Hauptschüler ab, meine Damen und Herren. Wer dies behauptet, lügt sich in die eigene Tasche.

Dies gilt auch für den Zusammenschluss mehrerer Hauptschulen zu Mittelschulen. Dieser Verbund ist richtig und wichtig und nicht, wie Sie behaupten, der schleichende Abschied von der Hauptschule. Im Verbund erhalten die Schulen mehr Flexibilität in der Klassenbildung und mehr Entscheidungsfreiheiten vor Ort. Erstmals ist es möglich, dass Klassen mit weniger als 15 Schülern am Ort bleiben können.

(Beifall bei der FDP - Tanja Schweiger (FW): Das Geld reicht doch nicht!)

Wenn man alles schlechtredet und so wenig flexibel ist wie Sie von der Opposition, wird gar nichts gelingen.

(Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Wir versuchen es mit den Möglichkeiten, die wir hier haben.

Die kleinen Hauptschulen im ländlichen Raum bekommen damit wieder eine realistische Zukunftsperspektive. Wir stellen heute die politischen Weichen für den Erhalt eines wohnortnahen Bildungsangebots. Meine Damen und Herren, zu diesen Angeboten gehört nach dem Wunsch der FDP - das ist in den Dialogforen auch zu kurz gekommen - das Kooperationsmodell von Haupt- und Realschule als eigenständige Bildungsangebote unter einem Dach. Leider sind viel zu wenige genehmigt. Ein sehr gutes Beispiel, wie das gelingen kann, gibt es schon in München am Gotzinger Platz. Dort lernen Haupt- und Realschüler in einer Klasse und

profitieren voneinander. Das funktioniert auch in manchen schon begonnenen Modellen auf dem Land, zum Beispiel in einem in Niederbayern. Da ist der Beweis dafür angetreten worden.

Wichtig ist auch, dass diese Schulen und die Mittelschulen als Ganztagsschulen geführt werden, beginnend mit Ganztagsangeboten in einzelnen Klassen. Das wird ein wichtiger weiterer Schritt für das Gelingen der Mittelschulreform sein. Eine weitere Bedingung für das Gelingen dieser Reform ist für uns, dass das Niveau des mittleren Abschlusses, das jetzt schon zu den M-Zügen verbessert ist, wirklich auch noch an das Niveau des Realschulabschlusses herangeführt werden sollte. Das ist aus unserer Sicht zwingend erforderlich, um die Akzeptanz der Hauptschüler in der Wirtschaft in Zukunft sicherzustellen, wenn sie schon die Anstrengung unternehmen, einen mittleren Abschluss zu machen.

Frau Kollegin, Ihre Redezeit ist schon überschritten.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen, geben Sie also dieser Reform eine Chance und reden Sie sie nicht klein. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und Abgeordneten der CSU)

Danke schön, Frau Kollegin. Zum Abschluss der Ersten Lesung hat Herr Staatssekretär Huber ums Wort gebeten.

Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nicht die ganze Diskussion noch einmal aufnehmen; dafür wird bei der Behandlung in den Ausschüssen ausreichend Zeit sein. Ich möchte nur einen Vorwurf von mir weisen, der von Frau Gottstein erhoben worden ist, dass nämlich das Parlament quasi missachtet worden wäre und keine Gelegenheit gehabt hätte, Einblick in das zu nehmen, was hier geplant ist.

Ich darf daran erinnern, dass am 23. Februar die Behandlung im Kabinett war und am 24. Februar die Verbandsanhörung eingeleitet wurde. Bereits von diesem Tage an war der komplette Gesetzentwurf über Internet für alle Damen und Herren des Parlaments und auch für alle anderen zugänglich.

(Eva Gottstein (FW): Da war das schon lange in der "BILD"-Zeitung gestanden! - Alexander König (CSU): Das war jetzt kein qualifizierter Zuruf!)

- Üblicherweise veröffentlichen wir nichts über die "BILD"-Zeitung. Sie wissen ganz genau, was da

manchmal drin steht und dass dessen Wahrheitsgehalt nicht immer bei der Interpretation von Gesetzen hilfreich ist. Wollen wir uns doch an die Fakten halten!

(Alexander König (CSU): Sehr richtig!)

Gemäß dem üblichen Gesetzgebungsverfahren fand zunächst die Behandlung im Kabinett und anschließend die Verbandsanhörung statt. Die Verbandsanhörung endete am 7. April. Wir gehen jetzt in die parlamentarische Behandlung, nachdem wir den Entwurf noch einmal im Kabinett hatten. Jetzt werden wir ihn in die Ausschüsse geben.

Viele Bürgermeister mit ihrem praktischen Sachverstand sehen sich jetzt schon dazu veranlasst, diese Gelegenheit zu ergreifen und etwas dafür zu tun, um den Bestand ihrer Schulen zu sichern. Sehr viele gehen ganz pragmatisch an die Sache heran und sagen sich: Mit der Möglichkeit, Verbünde zu bilden, schaffe ich den Spagat zwischen einer substanziellen Verbesserung des Schulangebotes für die Hauptschüler auf der einen Seite und dem Verbleib dieses Schulangebots in der Fläche auf der anderen Seite. Damit erreichen wir etwas, das ziemlich schwierig ist, nämlich widerstrebende Eigenschaften zusammenzubringen. Diese Chance sollten wir nutzen. Sehr viele Bürgermeister nutzen sie gerne.

Ich freue mich darauf, dass die Damen und Herren im Ausschuss die Detailfragen, die sie immer noch haben, klären werden und wir ab dem 01.08. ein Gesetz haben werden, auf dessen Basis wir die Hauptschullandschaft zur Mittelschullandschaft in Bayern entwickeln können - zum Wohle der jungen Leute und auch zum Wohle der Kommunen, die auf ihre Hauptschulen stolz sind.

(Beifall bei der CSU und der FDP - Alexander König (CSU): Sehr richtig, so machen wir’s!)

Damit ist die Aussprache zur Ersten Lesung abgeschlossen. Der Gesetzentwurf kommt nun in die Ausschussberatung. Im Einvernehmen mit dem Ältestenrat schlage ich als federführenden Ausschuss hierfür den Ausschuss für Bildung, Jugend und Sport vor. - Dagegen erhebt sich kein Widerspruch. Damit ist das so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 4 auf:

Abstimmung über Anträge, die gemäß § 59 Abs. 7 der Geschäftsordnung nicht einzeln beraten werden (s. Anlage 1)

Hinsichtlich der jeweiligen Abstimmungsgrundlagen mit den einzelnen Voten der Fraktionen verweise ich auf die Ihnen vorliegende Liste.

(Siehe Anlage 1)

Wer mit der Übernahme seines Abstimmungsverhaltens bzw. dem jeweiligen Abstimmungsverhalten seiner Fraktion entsprechend der aufgelegten Liste einverstanden ist, den bitte ich um ein Handzeichen. - Danke schön. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Das war einstimmig. Damit übernimmt der Landtag diese Voten.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Antrag der Abgeordneten Otto Zeitler, Christian Meißner, Martin Bachhuber u. a. (CSU) Führen von Fahrzeugen des Katastrophenschutzes bis 7,5 t (Drs. 16/3337)

Dazu eröffne ich die Aussprache. Erster Redner ist Herr Kollege Zeitler. Ihm folgt dann Herr Kollege Perlak. - Herr Kollege, bitte schön.

Herr Präsident, Hohes Haus! Der vorliegende Antrag enthält ein Anliegen, das den Bayerischen Landtag und die Bayerischen Rettungsverbände seit Jahren, sozusagen seit Generationen, beschäftigt. Ich möchte das heute zum Anlass nehmen, mich bei den Rettungsdiensten herzlich zu bedanken, die unter Einsatz ihrer Freizeit, ihres Lebens und ihrer Gesundheit dafür sorgen, dass wir in Bayern weitgehend unbesorgt leben können.

Der Katastrophenschutz ist Länderaufgabe und damit auch Aufgabe des Bayerischen Landtags. Nach dem Grundgesetz ist er Aufgabe der Länder und nicht Aufgabe des Bundes. Das Problem begann 1999 mit der Einführung des EU-Führerscheins für die Europäische Union, einer an sich vernünftigen Sache. Dieser Maßnahme ist aber der alte Führerschein Klasse III zum Opfer gefallen. Mit dem alten Führerschein Klasse III konnte man Kleinlastwagen bis 7,5 t fahren, wie sie auch die Feuerwehren und die Rettungsdienste benutzen. Am Anfang hat man das Problem nicht so erkannt, weil für den alten Führerschein Klasse III Bestandsschutz galt. Das Problem, dass nun immer weniger junge Leute zur Verfügung stehen, die zum Beispiel ein Feuerwehrauto bis 7,5 t fahren können, war nicht gleich erkennbar. Das Problem hat sich erst aufgebaut. Der Bayerische Landtag hat sich häufig mit diesem Thema beschäftigt. Die Meinungen dazu waren nicht unterschiedlich.