- Vielleicht gibt es den einen oder anderen Punkt, wo man durch Verbünde irgendetwas neu schaffen muss. Das ist ganz normal. Das müsste aber eine Hauptschule auch tun, wenn sie sich weiterentwickelt. Die würde auch nicht auf dem jetzigen Stand stehen bleiben.
Die Verteilung der Lehrerstunden wird künftig nach Schülerzahlen geregelt. Daher besteht kein staatliches Interesse mehr, Schulen unterhalb bestimmter Schwellen in andere Schulen einzugliedern. Durch eine geschickte Schulortplanung kann man erreichen, dass Hauptschulstandorte so lange wie möglich erhalten werden können. Das ist eine Möglichkeit, die durch den Schulverbund gegeben ist. Das regelt dieses neue Gesetz.
Weitere Änderungen betreffen die Einführung des Ganztagsangebotes. Im Bayerischen Erziehungs- und Unterrichtsgesetz wird die Ganztagsschule als schulisches Angebot aufgenommen, das in gebundener oder offener Form auf Antrag des Schulsachaufwandsträgers eingerichtet werden kann. Es ist wichtig, dass man die Freiwilligkeit dadurch herausstellt, dass dies die Sachaufwandsträger zusammen mit den Schulen organisieren.
Festgelegt wird auch, dass für offene Ganztagsangebote ein Beförderungsanspruch besteht. Das ist eigentlich klar, das ist eine Folge aus der Mittelschulkonstellation der Schulverbünde.
Eine wichtige und richtige Änderung ist die neue Festlegung des Einschulungsstichtages. Vorgesehen war, den Einschulungstermin sukzessive bis zum 31. Dezember vorzuverlegen. Das ist korrigiert worden. Jetzt ist der Stichtag der 30. September. Auf Antrag kann aber trotzdem eine vorzeitige Einschulung erfolgen.
Es gibt noch weitere Änderungen, die ich jetzt nicht ansprechen möchte. Ich denke, das machen wir dann ganz intensiv im Bildungsausschuss.
Ihre Redezeit ist zwar um. Aber eine Zwischenfrage von Frau Tolle würde es Ihnen ermöglichen, sie noch um ein paar Sekunden zu verlängern - wenn Sie erlauben. - Frau Tolle.
Ich habe eine Frage, die bei uns im Landkreis bei den Kommunen schon aufgetaucht ist. Ich hätte gerne, dass Sie sie mir beantworten, weil man eigentlich wissen muss, was auf einen zukommt, bevor man ein Gesetz macht.
Grund- und Hauptschule müssen, wenn sie unterschiedliche Träger haben, rechtlich geteilt werden. Ist Ihnen klar, dass dann, wenn die Sachaufwandsträger in Grund- und Hauptschule nicht mehr übereinstimmen, zum Beispiel eine Vermögensauseinandersetzung erfolgen muss, die sehr zeitaufwendig ist und auch zu erheblichen Kosten führt? Das ist die Nachricht, die mir die Bürgermeister mitgegeben haben. Und wenn, wie wollen Sie dieses Problem lösen?
Sie sprechen ein rein formales Problem an. Die Schule bleibt als Schule bestehen. Es sind nur zwei Schulformen, die getrennt sind. Es kommt also nicht so in Frage, wie Sie gesagt haben. Das ist falsch interpretiert.
Sehr verehrter Herr Präsident, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich in diesen fünf Minuten der Ersten Lesung auf drei
Anmerkungen beschränken, die diesen Gesetzentwurf natürlich nicht abschließend oder umfassend würdigen können.
Erste Anmerkung: Wie kommt es in Bayern zu einem Gesetz - das ist sehr interessant -, zu einem sehr wichtigen Gesetz? Es steht als Erstes in der "BILD"-Zeitung. Das habe ich hier schon einmal gesagt. Damals war es gerüchteweise noch nicht einmal der FDP bekannt. Es ist so, dass es in der "BILD"-Zeitung war, bevor irgendjemand, außer natürlich Ihre geheimen Kanäle, informiert war. Aber der normale Parlamentarismus war nicht informiert, sondern hat die "BILD"-Zeitung lesen müssen.
Dann gibt es bereits jede Menge Stellungnahmen in der Öffentlichkeit, zu denen sich ein Großteil der Parlamentarier nicht äußern kann, weil er überhaupt noch nicht Bescheid weiß. Und dann ist es im Parlament.
Gleichzeitig wird es draußen schon mehr oder minder behandelt, als wäre es bereits beschlossen. Da schließe ich mich sehr wohl dem Begriff "Arroganz der Macht" an. Es wird nach wie vor nach außen vermittelt: Was ihr im Landtag macht, ist eigentlich total egal. Wir haben das Gesetz, das ist durch, und alle - das ist das teilweise Erschreckende - richten sich in den Dialogforen schon danach. Jeder sagt: Ihr habt vielleicht mit eurer Kritik recht, aber ändern können wir das nicht. Das wird gesagt, obwohl es hier überhaupt noch nicht besprochen ist. Wir haben jetzt die Erste Lesung.
Das andere ist, dass man hier wieder einmal ein Gesetz durchpeitscht. Es soll zum Beginn des nächsten Schuljahres, also im September, in Kraft treten. Das letzte Dialogforum ist am 14. Juli - letzte Woche ist der aktuelle Plan herumgeschickt worden -, und zwar in Garmisch-Partenkirchen. An diesem 14. Juli wird man über eine Sache diskutieren, die bereits ein paar Wochen später in Kraft treten soll. Das ist nicht sorgfältig und das wird sich leider auswirken.
Dann heißt es immer: In diesen Dialogforen wird diskutiert. Die Eindrücke sind anscheinend doch sehr unterschiedlich. Es wird kaum mehr diskutiert. Man kann froh sein, wenn Eltern anwesend sind, die an den Vorgesprächen nicht beteiligt waren. Man kann froh sein, wenn einmal ein Schulleiter einer Privatschule da ist, der dann sehr wohl äußert, was Sache ist. Aber ansonsten ist ganz klar, und auch die Power-Point-Präsentationen zeigen dies, dass das vorher schon ausgemacht ist. Da wird nichts mehr diskutiert.
Zweite Anmerkung: die Begründung des Gesetzes. Ich beobachte das bei jedem Dialogforum. Dr. Müller, wenn er anwesend ist, hat immer eine super Begründung, das sollte man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Er sagt: Dieses Gesetz ist notwendig, sonst sterben die Hauptschulen aus; denn wenn eine Klasse in Folge unter 15 Schüler hat, muss diese Hauptschule aufgelöst werden. Ich sage Ihnen etwas. Den entsprechenden Passus des bestehenden Gesetzes zu ändern, wäre lange nicht so kompliziert, wie jetzt ein ganzes neues Gesetz zu schaffen.
Aber das sagt man nicht. Man tut so, als wäre es gottgegeben, dass es hier einen Passus gibt, mit dem die Hauptschule aufgelöst wird. Sie, meine Damen und Herren von CSU und FDP, haben die Mehrheit. Lösen Sie doch einfach diesen Passus auf, und dann könnten wir uns das ganze Drumherum sparen.
Und noch eine Anmerkung: Die Kommunen kaufen hier die Katze im Sack. Es fängt damit an, dass vielen erst jetzt in der Diskussion bewusst wird, dass es einen Unterschied zwischen dem Schulverband und dem Schulverbund gibt. Das ist nur ein Vokal, der nicht allzu häufig verwendet wird und der im Dialekt oft sehr gleichartig klingt. Es ist den Schulen nicht klar, dass dann, wenn die wohnortnahen Schulen erhalten bleiben, dies für eine Stadt wie Eichstätt beispielsweise bedeutet, Schüler hinauszuschicken. Dieses Erwachen wird erst noch kommen.
- Nein, das ist Vielen nicht bekannt. Ich weiß es, denn ich rede mit den Leuten draußen. Ich weiß, wie es ist.
Das Nächste, was nicht bekannt ist, ist das Budget. Man hält sich mit Aussagen zum Lehrerbudget völlig zurück. Es ist nach wie vor nicht klar, wie hoch es pro Schüler ist, ob es verbessert oder verschlechtert wird, und es ist nach wie vor nicht klar, wer die Verteilung vornimmt.
Aber ich muss Ihnen doch ein Kompliment machen. Sie bekommen eine Eins bei der Umgehung des Konnexitätsprinzips; denn die Hauptschulen müssen sich nicht
umwandeln. Es ist erste Sahne, wie Sie es schaffen, dass letztendlich keiner das Konnexitätsprinzip in Anspruch nehmen kann.
Ich gebe Ihnen auch die Note eins im Marketing. Sie verkaufen so Vieles für neu, was schon bisher an den Hauptschulen praktiziert wird und was jeder rechtschaffene Hauptschullehrer bisher auch schon macht, wie die Berufsförderung und anderes. Wenn Sie das nun als Neuigkeit verkaufen, sehe ich das als Beleidigung der bisherigen Arbeit der Hauptschullehrer an.
Danke schön, Frau Kollegin. Nächster Redner ist Herr Gehring, und zum Abschluss folgt Frau Kollegin Will.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich darf zunächst den Journalisten und Buchautor Christian Füller zitieren, der im Juli vergangenen Jahres Folgendes geschrieben hat:
Bayern hat eine Schule erfunden. Warum nicht? Die CSU hat längst begriffen, dass die Hauptschule am Ende ist. Aber sie muss die Bevölkerung auf den Spurwechsel erst vorbereiten. Dafür ist der Begriff Mittelschule perfekt; den kennen Viele schon.
Meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit der Mittelschule ist tatsächlich ein neuer Begriff erfunden worden. Wer aber erwartet hat, dass damit auch etwas Neues und ein Fortschritt in der Bildungslandschaft Bayern verbunden sind, wurde enttäuscht. Das sieht man sehr deutlich, wenn man dieses Gesetz liest. Es geht darum, das Angebot der Hauptschule im ländlichen Raum zu erhalten und - Frau Gottstein hat schon darauf hingewiesen - diese Regelung der Mindestschülerzahl pro Klasse, die zwangsläufig zur Auflösung der Hauptschule führt, auszuhebeln und den Hauptschulen ein längeres Überleben zu sichern. Es wird allenfalls das Sterben der Hauptschule verzögert, aber es wird nicht das Sterben kleiner Hauptschulen verhindert.
Und - das ist das Entscheidende - die Verantwortung für die Zukunft dieser kleinen Hauptschulen bzw. die Verantwortung für das Sterben dieser kleinen Hauptschulen wird nach unten verlagert. Das heißt, sie wird in die Schulverbünde verlagert.
Herr Kollege Taubeneder, Sie haben die zentrale Zuweisung der Lehrerstunden angesprochen; dies ist genau der Hebel dafür.
Mit der zentralen Zuweisung an die Mittelschulverbünde wird sehr schnell die Frage kommen, wohin diese Stunden gehen - an die kleine Klitsche draußen, wo noch ein paar Schüler herumspringen, oder an den großen Standort, wo wir die großen Klassen mit den problematischen Schülern haben. Da muss man dann vor Ort entscheiden, welche Schule man zumacht und welche man erhalten kann.
So verstehen wir Selbstverantwortung, so verstehen wir Verlagerung von Verantwortung nach unten nicht, wenn nur der Schwarze Peter nach unten weitergereicht wird.