Herr Kollege Halbleib, Sie haben bei der Ersten Lesung von den drei T´s gesprochen, von Tarnen, Tricksen, Täuschen. Diese Alliterationen sind schöne rhetorische Schmuckelemente, eine schöne Geschichte. Nur sollten sie natürlich auch stimmen, wenn man so etwas verwendet. Mittlerweile wissen Sie - wir haben darüber gesprochen -, dass sich der Vergleich mit dem, was 2008 als Haushalt für 2010 konzipiert wurde, nicht zur Beurteilung eignet, sondern es ist ganz wichtig, dass wir uns an den Haushalt 2009 halten. Er liegt hinter uns, und wir haben ein konkretes Ergebnis. Davon ausgehend, fragen wir: Was wollen wir in 2010 tun?
In unserem Nachtragshaushaltsentwurf steht es schwarz auf weiß. Wenn man diese beiden Dinge gegenüberstellt, ist das doch ein sehr interessanter Vergleich: Da gibt es eben keinen Kürzungshaushalt, wie Sie gesagt haben, sondern es sind 1,1 Milliarden Euro mehr, die wir im Jahre 2010 im Freistaat Bayern für die Erfüllung unserer staatlichen Aufgaben ausgeben, in Prozent ausgedrückt: 2,7%. Das mit der Bildung haben wir schon besprochen; das sind sage und schreibe über 350 Millionen Euro mehr, knapp 4 %. Also: Es geht in die von Ihnen gewünschte Richtung.
Zum Haushalten gehört, dass wir sparsam mit den Steuergeldern umgehen. Ich glaube, uns allen ist klar, dass sich der in der mittelfristigen Finanzplanung bis 2013 ausgewiesene Konsolidierungsbedarf von immerhin über 8 Milliarden Euro nicht allein durch eine gute wirtschaftliche Entwicklung auffangen lässt. Wir werden deshalb in den kommenden Jahren auch da einen Schwerpunkt setzen und Einsparungen vornehmen müssen. Wichtig sind uns: Zukunftsfähigkeit, Generationengerechtigkeit, Perspektiven für die Jugend. Bei der Gestaltung der künftigen Haushaltspolitik sollen sie unsere Leitlinien sein.
Jetzt möchte ich auf die kommunalen Finanzen eingehen, auch weil heute in den Medien darüber berichtet wurde, dass sich die Lage wesentlich verändert hat im Vergleich zwischen dem letzten Jahr und heuer. Letz
tes Jahr waren es, sagt Frau Petra Roth, 7 Milliarden Euro plus, heuer sind es 7 Milliarden Euro minus.
Wie sieht es damit in Bayern aus? - Da können wir doch Erfreuliches festhalten. In den Verhandlungen zum kommunalen Finanzausgleich - die Verhandlungen, Herr Finanzminister, waren Ende letzten Jahres - ist es gelungen, eben diese strukturelle Veränderung aufzufangen. 60 Millionen Euro wurden draufgelegt. Im Nachtragshaushalt, beim Steuerverbund, konnte der Anteil der Kommunen auf 12 % erhöht werden. Das heißt, das nützt den Kommunen nicht nur im guten Jahr 2010, sondern die Erhöhung des Steuerverbunds setzt sich auch in den nächsten Jahren fort, in denen dieser höhere Anteil für unsere Kommunen sicherlich extrem wichtig ist.
Auch das lässt sich sagen: Gerade das, was im kommunalen Bereich mit dem Ausgleich gefordert und unterstützt wird, ist beachtlich: Schulhausbau, Kinderbetreuungseinrichtungen, Krankenhausfinanzierung, die Investitionspauschale, mit der man als Kommune - der Bürgermeister - frei arbeiten kann, dann die ÖPNV-Investitionen, die Wasser- und Versorgungsanlagen, Straßenbau, Unterhalt, GVFG - all das zusammen macht allein 1,7 Milliarden Euro in diesem großen kommunalen Finanzausgleich aus.
Wichtig ist auch, was der Bund hier tut. Herr Finanzminister, wir sind stolz, dass Sie zu den wenigen gehören, die in dieser Kommission mitarbeiten, wo es darum geht, wie die Kommunalfinanzreform auf Bundesebene gestaltet wird. Das Beispiel Länderfinanzausgleich macht deutlich, dass man bei solchen Entwicklungen, frühzeitig mit dabei sein muss, damit es in die richtige Richtung geht. Denn diese Reformen werden von denen, die eine Unterstützung brauchen, immer als eine Chance gesehen, das in ihre Richtung zu steuern und zu gestalten.
Ein Weiteres, das in der Kommission auch eine Rolle spielt, sind mögliche Steuerveränderungen. Für uns ist es wichtig, bei der Gewerbesteuer ganz klar zu sagen: Da kann man Änderungen nur vornehmen, wenn es brauchbare Alternativen gibt, und wir werden hier auch nichts gegen den Willen der Kommunen unternehmen. Uns ist die Stärkung der kommunalen Finanzen ein ganz wichtiges Anliegen.
Ebenso wichtig ist, nicht nur zu sagen, wo mehr Geld herkommen soll, sondern wie wir die riesige Ausgabenflut auch in Grenzen halten können. Da möchte ich nur auf ein Beispiel verweisen, dass wir mittlerweile - Frau Naaß, jetzt habe ich es nicht genau im Kopf - 580 oder noch mehr Millionen Euro nach Art. 15 FAG bei den Sozialleistungen ausgeben. Ich kann mich gut erinnern, dass wir noch vor zehn Jahren diese Summe nicht ein
mal in D-Mark erreicht hatten. Innerhalb dieses Zeitraums hat sich also der Betrag stark erhöht; er ist nach der Umstellung von D-Mark auf Euro heute doppelt so hoch wie damals.
Zum Abschluss kann man erfreulicherweise feststellen: Der Kommunale Finanzausgleich des Doppeletats 2009/2010 ist der beste, den wir in der Geschichte Bayerns je hatten. Im Jahre 2009 waren es 6,35 Milliarden Euro, im Jahre 2010 sind es 6,3 Milliarden Euro. Um auch hier einen Vergleich zu wählen: Vor fünf Jahren waren das noch 5,1 Milliarden Euro, also 1,2 Milliarden Euro weniger. Das macht deutlich, dass wir hier wirklich gut unterwegs sind.
Der Länderfinanzausgleich ist in aller Munde; er ist aktuell und wichtig. Was ist jetzt an dem Thema neu? Neu ist, dass jetzt die endgültige Abrechnung zum Länderfinanzausgleich vorliegt. Das, was hier an Zahlen vorlag, hat sich eindeutig bestätigt, nämlich dass Bayern beim Finanzausgleich 3,4 Milliarden Euro "abliefert", zusammen mit dem Umsatzsteuerausgleich, der uns 1,6 Milliarden Euro kostet, sind das - es lässt sich gut rechnen - 5 Milliarden Euro. Im Gegensatz dazu erhält das Land Berlin beim Finanzausgleich 2,9 Milliarden Euro, beim Umsatzsteuerausgleich 0,5 Milliarden Euro und von der Bundesergänzungszuweisung 2,8 Milliarden Euro, zusammen also 6,2 Milliarden Euro. Insgesamt werden 13,5 Milliarden Euro Bundesergänzungszuweisung an die Länder verteilt. Unser bayerischer Anteil wäre hier, gemessen an der Bevölkerung, 2 Milliarden Euro; wir bekommen aber null Euro.
Wenn es um den Zustand der Länder beim Rating geht, ist das Interessante, dass die Rating-Agenturen bei Berlin gerade diese Position als einen Punkt sehen, warum man es positiv bewertet. Aber wir in Bayern haben die Schwierigkeit und das Problem, dass uns 7 Milliarden Euro fehlen.
Jetzt ist die Frage, wie man das verständlich machen kann. Jeder erwartet von uns - wie beim FC Bayern -, dass wir natürlich an der Spitze der Bewegung marschieren. Wenn man davon ausgeht, dass in dem gesamten Topf 27 Milliarden Euro sind, habe ich das auf einen Tag umgerechnet, auf 24 Stunden, wie beim Rennen von Le Mans; da müssen wir mal hinfahren. Aber wenn man sich das so überlegt, heißt das, die Bayern haben mit 7 Milliarden Euro einen Spätstart, dürfen erst sieben Stunden später losfahren. Die Berliner bekommen 6,2 Milliarden Euro, sie dürfen schon
Das ist, meine Damen und Herren, in der Kürze der Länderfinanzausgleich: Die einen dürfen früher starten, die anderen müssen sieben Stunden warten, und trotzdem erwartet jeder, dass wir dann die Besten sind. Und das, Kollege Beyer, einschließlich der Landesbank immer eingerechnet, nie weggelassen.
(Thomas Mütze (GRÜNE): Vielleicht habt ihr den Start nur verschlafen! - Weitere Zurufe von den GRÜNEN und der SPD)
Da fehlt mir jetzt der bildliche Vergleich bei dem Vorwurf, dass ich etwas verschlafen hätte. Ich habe es wahrgenommen und freue mich, dass es seit Beginn meiner Rede immer mehr hier im Plenarsaal geworden sind.
Insofern kann ich die Einschätzung nicht teilen. Aber, Kollege Mütze, ich widerspreche Ihnen ungern, höchst ungern, nur an der Stelle.
Der vorliegende Nachtragshaushalt zeichnet durch viele gute Botschaften aus. Ich darf es zusammenfassen: Bestmögliche Förderung für Kinder; sie sind, wie gesagt, unsere Zukunft. Sie haben das Bild, wie es sich verteilt, in Erinnerung; Jeder dritte Euro wird für die Etats Bildung und Wissenschaft ausgegeben. Bayern bleibt mit seinem kommunalen Finanzausgleich in Rekordhöhe - in den Jahren 2009 und 2010 mit jeweils 6,3 Milliarden Euro - ein verlässlicher Partner für die Kommunen. Trotz des Umsatzsteuerausgleichs, trotz des Länderfinanzausgleichs in Höhe von 5 Milliarden Euro, trotz der Nullbeteiligung an den Bundesergänzungszuweisungen sind wir ein starkes Land. Natürlich - das muss man an dieser Stelle auch sagen - hätten wir gern, dass die anderen mit ihren Finanzen auch solide umgehen. Wir verweigern das eine oder andere unseren Bürgern mit dem Hinweis: Das geht nicht, wir müssen sparen, wir müssen haushalten. Es ist schwer erklärbar für die Bürgerinnen und Bürger draußen, wenn wir die anderen stützen und die sich dann das leisten, wozu wir hier Nein sagen. Das ist aber ein Thema des Länderfinanzausgleichs, wo sich die Fraktionen von CDU/CSU und FDP zu Wort melden und sagen: Das muss anders werden. Wenn schon Solidarität, dann muss bei den Ausgaben auch sorgfältig gewirtschaftet werden.
Ein weiterer Punkt: Bayern bleibt das Land mit den solidesten Staatsfinanzen trotz der umfangreichen Kapitalmaßnahmen für die Bayerische Landesbank, mit der geringsten Pro-Kopf-Verschuldung, der niedrigsten Zinslast und der höchsten Investitionsquote aus eigener Kraft. Deshalb sage ich: Diesem Haushalt können Sie mit gutem Gewissen zustimmen.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedanke mich beim Kollegen Winter, dass er vor mir gesprochen hat, weil ich dadurch die Gelegenheit habe, mich seinem Dank an diejenigen, die hinter den Kulissen an der Entscheidungsgrundlage über den Nachtragshaushalt 2010 beteiligt waren, anzuschließen. Ich darf auch den Dank für eine kollegiale Sitzungsführung und Vorsitzendenfunktion abstatten.
Bei den anderen Bemerkungen, Herr Kollege Winter, bin ich mir nicht ganz sicher. Wir sollten vielleicht gemeinsam darüber nachdenken, ob wir unsere Rolle als Haushaltsgesetzgeber Bayerischer Landtag und natürlich bei der Vorbereitung im Haushaltsausschuss nicht noch stärker parlamentarisch sehen sollten. Denn das, was wir tatsächlich gegenüber dem Entwurf der Staatsregierung verändern, bewegt sich im Promillebereich.
Insofern verstehe ich das als Ermutigung, dass wir stärker werden und als Parlament auch dort mehr Akzente setzen, wo sie notwendig sind. Ich denke, das ist eine wirklich sinnvolle Ermutigung für uns alle.
Wir freuen uns, dass Sie zum Ausdruck gebracht haben, dass die Regierungsfraktionen Änderungsanträge eingebracht haben, denen wir auch zugestimmt haben. Das kommt vor allem dadurch zustande, dass wir meistens die Grundlage durch eigene Anträge gelegt haben. Wir freuen uns, dass diese Anträge aufgegriffen wurden, dass Ihrerseits dann nachgezogene Anträge kamen und dass wir mit diesem Über-dieBande-Spielen zum Ziel kamen, manche Akzente in diesem Staatshaushalt zu setzen, die auch dringend notwendig waren,
zum Beispiel im Staatsstraßenbau, bei der Dorferneuerung, im Denkmalschutz, bei der Städtebauförderung, bei Kleinkläranlagen, bei der Jugendbildung und vielen anderen Themen, die ich noch aufzählen könnte.
Ich bin Ihnen dankbar, Herr Kollege Winter, weil Sie, ohne es zu wissen, sozusagen das Stichwort gegeben haben für meine Stellungnahme zum Nachtragshaushalt 2010, die - Sie werden es mir nachsehen - weniger euphorisch und weniger positiv aussieht.
Sie haben zitiert: "Von der Stirne heiß rinnen muss der Schweiß…" Außerdem haben Sie vom Jakobsweg gesprochen. Genau so werde ich beginnen, nämlich von einer Stirn und mit einem biblischen Vergleich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, dieser Nachtragshaushalt 2010 trägt - das muss man in dieser Deutlichkeit sagen - zwei Kainsmale auf der Stirn: ein schwarzes Kainsmal, das auch in diesem Nachtragshaushalt 2010 die Verantwortung der CSU kennzeichnet, die mit ihrem Größenwahn oder, wie immer Sie es bezeichnen wollen, mit ihren Fehlentscheidungen bei der Landesbank das größte Finanzdesaster in der Geschichte des Freistaats angerichtet hat.
Und er trägt ein schwarz-gelbes Kainsmal, das die gemeinsame Verantwortung von CSU und FDP in der Bayerischen Staatsregierung und von CDU/CSU und FDP in der Bundesregierung in Berlin kennzeichnet. Schwarz-Gelb ist dafür verantwortlich, dass die Situation in einer der schwierigsten Krisen für die öffentlichen Haushalte, die wir seit Bestehen der Republik erlebt haben, durch Ihre Beschlüsse in München und in Berlin für die Kommunen, aber auch für den Freistaat noch verschärft wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich verstehe die Erregung, aber man muss es immer wieder sagen: Das von Ihnen verursachte Debakel bei der Bayerischen Landesbank wird nicht nur diesen Nachtragshaushalt 2010 prägen, sondern die bayerischen Staatshaushalte für eine ganze Generation. Das ist die Wahrheit, die man aussprechen muss.
Die Zinsen für die 10 Milliarden Euro neuer Schulden zur Rettung der Landesbank kosten den Freistaat Bayern noch über Jahre oder Jahrzehnte Geld, allein im Jahr 2010 mindestens 305 Millionen Euro.
Mit knapp 30 Millionen regulären Haushaltsmitteln müssen jetzt die Fonds der Offensive Zukunft Bayern be
dient werden, weil keine Zinsen bzw. Dividenden der BayernLB mehr fließen, die Fonds, die in Wahrheit nur noch auf dem Papier stehen, weil sie zur Finanzierung des Kaufs der Hypo Group Alpe Adria 2008 in Eigenkapital der Landesbank umgewandelt wurden. Folgende Fonds sind davon betroffen: Der Fonds für die Gesellschaft für Internationale Wirtschaftsbeziehungen, der Kulturfonds, der Fonds für das Museum der Phantasie, der Fonds für das Internationale Künstlerhaus in Bamberg, der Umweltfonds, der Naturschutzfonds, der Bayernfonds, der Fonds zur Förderung der Umweltforschung und der Fonds Hochschule International. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist erschütternd, wie durch Ihre Verantwortung die Privatisierungserlöse, das heißt nichts anderes als die in Jahrzehnten aufgebauten Volksvermögen der Bürgerinnen und Bürger im Freistaat Bayern, innerhalb zweier Jahre sprichwörtlich verbrannt wurden.