Soviel von meiner Seite. Da es noch früh am Abend und das Buffet auch noch nicht eröffnet ist, fahren wir in der Tagesordnung fort.
Gesetzentwurf der Abgeordneten Margarete Bause, Sepp Daxenberger, Ulrike Gote u. a. und Fraktion (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) zur Änderung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (Drs. 16/2369) - Zweite Lesung
Gesetzentwurf der Abgeordneten Markus Rinderspacher, Stefan Schuster, Christa Naaß u. a. und Fraktion (SPD) zur Änderung des Bayerischen Personalvertretungsgesetzes (Drs. 16/2485) - Zweite Lesung
Ich eröffne die gemeinsame Aussprache. Im Ältestenrat wurde hierzu eine Redezeit von zehn Minuten pro Fraktion vereinbart. Die erste Rednerin ist Frau Kollegin Gote. Bitte schön.
Frau Präsidentin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich werde die Redezeit nicht vollständig ausschöpfen und versuche, die guten Ratschläge zu beherzigen.
De facto geht es um die festen freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Medienbranche. Wer in der Medienbranche unterwegs ist, der weiß, dass sehr viele Menschen davon betroffen sind und die Arbeitsverhältnisse im Vergleich zu den Jahren davor sehr unsicher geworden sind. Wer sich mit den Verhältnissen beim Bayerischen Rundfunk besser auskennt, der weiß ebenfalls, dass dies seit Langem immer wieder Thema in den Gremien und im Haus selbst ist.
Die Auslagerung der redaktionellen Arbeit auf die festen freien Mitarbeiter ist nicht in allen Fällen die kostengünstigste Lösung. Vielen gefällt dies nicht. Viele verfolgen das Ziel, die Zahl der festen freien Mitarbeiter speziell beim Bayerischen Rundfunk zugunsten von festen Beschäftigungsverhältnissen zu reduzieren. Ich sage jedoch ganz ausdrücklich: Wir wollen die Leute nicht auf die Straße setzen. Solange es diese Beschäftigungsverhältnisse gibt, müssen wir uns um eine vernünftige Repräsentation dieser Mitarbeiter kümmern. Wir wollen wie der Bayerische Journalisten-Verband BJV -, dass die festen freien Mitarbeiter hinsichtlich ihrer Möglichkeit der Teilhabe an der Personalvertretung gleichgestellt werden. Dies funktioniert beim Saarländischen Rundfunk, beim Hessischen Rundfunk und ebenfalls beim ZDF.
In den Ausschusssitzungen und in den -beratungen ist mir nicht klar geworden, warum dies bei uns nicht eben
falls funktionieren soll. Ich möchte darauf hinweisen, dass es sich bei den festen freien Mitarbeitern nicht um selbstständige freie Mitarbeiter handelt, wie es viele glauben. Der Bayerische Rundfunk muss für seine festen freien Mitarbeiter eine Lohnsteuer abführen. Daran können Sie erkennen, dass es sich um ein Arbeitsverhältnis handelt, das irgendwo dazwischen steht. Der vorgelegte Gesetzentwurf soll eine Verbesserung bewirken. Mit ihm soll geregelt werden, dass die festen freien Mitarbeiter in der Personalvertretung mitwirken können. Wir bitten Sie in dieser Zweiten Lesung um Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf.
Sehr verehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Bayerische Personalvertretungsgesetz in der Fassung vom 11. November 1986 ist zuletzt durch § 21 des Gesetzes vom 27. Juli 2009 geändert worden. Heute wollen wir gemeinsam eine Änderung beraten.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Arbeitswelt hat sich seit den achtziger Jahren, in denen das Personalvertretungsgesetz erlassen worden ist, massiv geändert. Sie hat sich wesentlich verändert und gewandelt. Deshalb ist es aus der Sicht der SPD-Landtagsfraktion dringend an der Zeit, dass die geltenden Gesetze an die reale Arbeitswelt angepasst werden.
In den achtziger Jahren haben arbeitnehmerähnliche Personen - so heißen diejenigen Personen nämlich nach § 12 a des Tarifvertragsgesetzes nur eine Minderheit dargestellt. Die Relationen haben sich inzwischen massiv verschoben. Die Relation von festen freien Mitarbeitern zu den festangestellten Mitarbeitern hat sich verändert, und zwar stark. Die Zahl der festen freien Mitarbeiter ist um ein Vielfaches angewachsen. Dies ist in der freien Wirtschaft inzwischen ein ganz normaler Vorgang. Deshalb ist es wichtig, dass wir in Bayern darauf reagieren und das Bayerische Personalvertretungsgesetz entsprechend anpassen. Beschäftigte sind derzeit Beamte und Arbeitnehmer einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten sowie Arbeitnehmer, die aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste der Verwaltungen, Gerichte, Schulen und Betriebe des Staates, der Gemeinden, Gemeindeverbände usw. stehen. Ich möchte dies nicht alles vorlesen. Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass insbesondere beim Bayerischen Rundfunk dieses Gesetz eine Anwendung findet. Damit fallen die freien Mitarbeiter beim Bayerischen Rundfunk, auf die der Ta
rifvertrag Anwendung findet und für die Lohnsteuer abzuführen ist, nicht unter das Bayerische Personalvertretungsgesetz.
Damit Sie wissen, über was wir hier sprechen: Der Bayerische Rundfunk beschäftigt derzeit 3.200 bis 3.300 feste Mitarbeiter. 1.400 Mitarbeiter sind feste freie Mitarbeiter, die sogenannten "12-a-ler". Von diesen Mitarbeitern reden wir hier. Diese Mitarbeiter sind bis zum heutigen Tage von der betrieblichen Mitbestimmung ausgeschlossen. Sie dürfen nicht einmal bei Personalversammlungen anwesend sein. Beim Bayerischen Rundfunk wurde zwar im Jahr 2008 eine Freienvertretung gewählt. Aber die hat nur einen Vereinsstatus. Das heißt, im Gegensatz zum Personalrat muss die Unternehmensleitung diese Mitarbeitervertretung nicht anhören. So sind die Mitarbeiter praktisch auf Goodwill angewiesen.
Deshalb sehen wir vonseiten der SPD das als eine Konstruktion an, die eine Krücke ist, auf der man dauerhaft nicht laufen kann. Es fehlt eindeutig eine Informations- und Gestaltungsebene für viele Leistungsund Entscheidungsträger, die dort eingebettet sind. Denn dort sind nicht nur Studenten beschäftigt.
Werfen wir den Blick einmal auf andere Bundesländer und andere Sendeanstalten. Diese haben die Realitäten bereits erkannt. Bayern hinkt leider hinterher, obwohl wir in Bayern immer an der ersten Stelle stehen wollen; wir wollen auch in der Bundesliga auf Platz eins sein. Es ist also dringender Handlungsbedarf gegeben.
Wir müssen unseren Blick auf Hessen, Saarland und Rheinland-Pfalz richten. Da hat man die Zeichen der Zeit erkannt und die Personalvertretungsgesetze geändert. Die NDR-, WDR-, HR- und natürlich auch die ZDF-Mitarbeiter sind davon schon betroffen. Da haben die freien Mitarbeiter ein Recht, in ihrem Unternehmen mitzubestimmen. Wir wünschen uns, dass Bayern den Anschluss nicht verliert, sondern die Arbeitnehmerrechte auch bei uns gestärkt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir und Sie können heute mit einem guten Beispiel vorangehen und den freien Mitarbeitern, den sogenannten 12-a-lern, ein Mitbestimmungsrecht einräumen, damit diese genauso anerkannt sind wie die festen Mitarbeiter.
Eine fortschrittliche und innovative Unternehmenskultur, wie sie beim Bayerischen Rundfunk eigentlich besteht, darf nicht dazu führen, dass es eine Zweiklassenbelegschaft gibt, sondern muss dafür sorgen, dass alle Mitarbeiter gleichbehandelt werden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Aures, wir sind in der Bundesliga immer noch auf Platz eins. Dies kurz zu Ihrer Information. Wir werden es auch bleiben.
Nach unserer Auffassung verkennen die Anträge, dass nach dem Sinn und Zweck des Personalvertretungsrechts die Befassungskompetenz des Personalrats und die Mitgliedschaft in diesem Gremium an das Bestehen eines Arbeits- und Beamtenverhältnisses gebunden sind und bleiben sollten. Dies ist, wie der Begriff schon sagt, bei arbeitnehmerähnlichen Personen jedoch nicht der Fall. Das will ich kurz begründen.
Erstens. Arbeitnehmerähnliche Personen im Sinne des Tarifgesetzes unterscheiden sich von den Arbeitnehmern, wie Sie wissen, im Wesentlichen durch die fehlende persönliche Abhängigkeit und die freiwillige Übernahme unternehmerischer Chancen und Risiken.
Zweitens. Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit von nur wenigen Auftraggebern ergibt sich eine Schutzbedürftigkeit. Diese Personen sind den Arbeitnehmern in einigen Bereichen gleichgestellt, obwohl sie zu den Selbstständigen gehören.
Für die Zuständigkeit der Personalvertretung spielt diese wirtschaftliche Abhängigkeit aber keine Rolle, sondern - das betone ich ausdrücklich - allein das feste Band, das aus der Eingliederung in die Organisation einer bestimmten Dienststelle und auch der Leistung weisungsgebundener Arbeit in persönlicher Abhängigkeit von einem bestimmten Dienstherrn erfolgt. Nur wer solchermaßen einem Dienstherrn und einer bestimmten Dienststelle verbunden ist, kann - auch das betone ich ausdrücklich - zum Personal der Dienststelle gezählt werden. Der Personalrat soll sich nach dem Sinn und Zweck des Personalvertretungsrechts nur um dieses Personal kümmern.
All diese drei entscheidenden Kriterien - Eingliederung der Beschäftigten in die Dienststellenorganisation, die Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit, persönliches und nicht nur wirtschaftliches Abhängigkeitsverhältnis zum Dienstherrn - sind bei arbeitnehmerähnlichen Personen nicht erfüllt.
Hinzu kommt die Tatsache, dass die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte der Personalvertretung, die bekanntlich vor allem in Personalangelegenheiten, also
bei Einstellung, Beförderung oder Kündigung, bestehen, für arbeitnehmerähnliche Personen ohnehin nicht zum Tragen kommen, weil, wie das Wort schon sagt, kein Arbeitsverhältnis besteht.
In diesem Zusammenhang erwähne ich, dass der vorliegende Gesetzentwurf der GRÜNEN und derjenige der SPD die Vorschriften zur Personalratsverfassung außer Acht lassen. Aus gutem Grund ist insbesondere die Mitgliedschaft im Personalrat an das Bestehen eines Arbeits- oder Beamtenverhältnisses gebunden. Das bedeutet, dass ab dem Zeitpunkt, zu dem dieses Verhältnis endet, der Personalrat automatisch sein Amt verliert, weil er ohne dieses Band, das ich vorhin schon erwähnt habe, nicht mehr für das Personal einer Dienststelle sprechen kann. Auf arbeitnehmerähnliche Personen kann diese Regelung nicht angewendet werden, da sie niemals in einem solchen Verhältnis gestanden haben.
Gleichwohl verlieren sie mit Beendigung ihres Dienstoder Werkvertrages jede - ich betone: jede - Verbindung zu ihrer bisherigen Dienststelle. Es müsste also diesbezüglich eine Vielzahl neuer Vorschriften geschaffen werden.
Abschließend weise ich auf eine weitere Ungereimtheit des vorliegenden Gesetzentwurfs hin. Er schweigt sich zu der wichtigen Frage aus, wie eigentlich die Bezahlung einer arbeitnehmerähnlichen Person bei einer Freistellung für eine Tätigkeit im Personalrat funktionieren soll, da diese nur auftragsbezogen vergütet wird.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben jetzt vom Herrn Kollegen Herold recht umfangreich gehört, warum das alles nicht geht oder alles schlichtweg unmöglich ist. Es wurde schon gesagt: In anderen Bundesländern geht es; und beim ZDF, das Ihnen so ans Herz gewachsen ist, geht es ja auch. Also kann das alles doch nicht so unmöglich sein.
Beide Gesetzentwürfe unterscheiden sich nur in Nuancen. Die Fraktion der GRÜNEN nennt den Bayerischen Rundfunk in ihrem Gesetzentwurf ausdrücklich. Der Gesetzentwurf der SPD ist allgemein gehalten. Aber im Sinn und Zweck sind die Entwürfe identisch.
Die Regierungsfraktionen sollten sich überlegen, ob sie mit der Ablehnung der festen Freien wirklich alles richtig bedacht haben. Hier geht es nicht um irgendwelche freien Mitarbeiter, die für kurze Zeit irgendwelche Aufträge erledigen und nach dem Prinzip "hire and fire" wechseln.
Herr Kollege Herold, die festen Freien weisen wesentlich mehr Eingliederung in den Betrieb auf, als Sie selber glauben mögen. Bei den festen Freien gibt es keinen hohen Durchsatz.
Ich habe im Finanzministerium Rücksprache gehalten. Dort sagte mir Herr Hüllmantel: Ja, so ein Mitarbeiter wird doch schnell wieder ausscheiden; und wenn der ein gewähltes Mitglied ist, dann ist das doch unpraktisch. - Aber wahrscheinlich scheiden diese Mitarbeiter gar nicht so schnell aus. Und wenn die Verhältnisse unpraktisch wären, dann wäre das doch nicht schlimm; denn es kommt immer wieder vor, dass gewählte Personalratsmitglieder aus dem Betrieb ausscheiden.