- Doch. Es gibt über 25.000 wissenschaftliche Veröf fentlichungen, die diese Grenzwerte bestätigen, und da wollen Sie niedrigere Grenzwerte haben. Die hat übri gens auch Ihr Bundesumweltminister, Jürgen Trittin, schon damals nicht heruntergesetzt, weil er gesagt hat, es gebe keine wissenschaftliche Grundlage.
Sie kommen auf die schiefe Ebene, wenn Sie sozusa gen gefühlte Grenzwerte festsetzen. Ich sage das ganz deutlich. Denn dann werden die Menschen sagen, sie wollten noch niedrigere Grenzwerte haben. Wenn Sie nicht wissenschaftsbasiert arbeiten, bekommen Sie insgesamt ganz große Schwierigkeiten.
- Nein, weil ich nur fünf Mi nuten Zeit habe. - Zur zweiten Forderung möchte ich Ihnen klar und deutlich sagen, dass die Landesämter von Baden-Württemberg und Bayern gemeinsam eine umfangreiche Broschüre erstellt haben, die den Titel trägt "Elektromagnetische Felder im Alltag". Darin wird unter anderem auch umfassend über niederfrequente elektrische und magnetische Wechselfelder, deren Vorkommen, Messungen und Wirkungen informiert. Diese Broschüre ist im Internet abrufbar und jedermann zugänglich. Sie kann auch kostenlos beim Umweltmi nisterium angefordert werden.
Vor diesem Hintergrund kann ich nur sagen, dass Ihre Forderungen in Ziffer 2 und in Ziffer 3 des Antrags durch die Bayerische Staatsregierung bereits erfüllt worden sind. Das heißt, hier gibt es eine hervorragende Auf klärungsarbeit, zum einen für die Bevölkerung, zum anderen aber auch für die Vorhaben- und Planungsträ ger bei der Sanierung von Bahnstromleitungen und anderer Hochspannungsleitungen.
Vor diesem Hintergrund werden wir von der CSU-Frak tion Ihren Antrag wie im Umweltausschuss auch hier im Plenum ablehnen.
Frau Stewens, Herr Dr. Runge hat sich zu einer Zwischenintervention gemeldet. - Herr Dr. Runge, bitte.
Frau Stewens, ich wollte Sie fragen, ob Sie jetzt nicht wieder Hochfrequenz mit Niederfrequenz verwechseln. Jetzt treffe ich einfach diese Feststellung. Denn in dem Moment, in dem Sie auf die große Anzahl der Untersuchungen und auf die Weigerung der damaligen rot-grünen Bundestagsfrak tion, an den Grenzwerten in der 26. Bundesimmissi onsschutzverordnung etwas zu ändern, hingewiesen haben, war es ganz klar: Sie werfen wieder alles munter durcheinander. Damals, bei Rot-Grün, ging es tatsäch lich um die Frage, ob und wie die Grenzwerte für die Hochfrequenz, also vor allem für Mobilfunktelefone, DECT-Telefone und Ähnliches, verändert werden. Wir bewegen uns mit unserem Antrag aber aktuell im Be reich der Niederfrequenz. Anders als bei der Hochfre quenz, bei der wir uns im Gigahertz-Bereich und im Megahertz-Bereich bewegen, bewegen wir uns bei der Niederfrequenz im Kilohertz- und im Hertz-Bereich.
Sie haben deutlich gemacht, dass Sie sich nicht weiter mit dieser Thematik befassen wollen. Selbstverständ lich sind in der von Ihnen genannten Broschüre elektri sche und magnetische Wechselfelder, hochfrequent
und niederfrequent aufgeführt. In der Hochfrequenz kann ich es ja gar nicht mehr trennen. Aber wenn Sie sagen, das sei ein guter Beleg dafür -
- Frau Kollegin, das ist eine Zwischenintervention, keine Zwischenfrage. Daher habe ich noch Zeit für einige Sätze.
(Christa Stewens (CSU): Das ist eine Stellungnah me von Ihnen! - Ulrike Gote (GRÜNE): So ist es gemeint! - Zuruf von den GRÜNEN: Das darf er!)
Machen Sie sich bitte mit der Geschäftsordnung des Bayerischen Landtags ver traut. Derartige Reaktionen von Mitgliedern Ihrer Frak tion kommen immer wieder vor. Deshalb wäre es gut, wenn sie irgendwann einmal die Geschäftsordnung lesen und auch verstehen würden.
Letzter Satz: Genau das, von dem Sie gesagt haben, es funktioniere, funktioniert nicht. Die Bevölkerung ist nicht über die Gefahren der Niederfrequenz aufgeklärt. Wenn Sie sagen, die Planungs- und Projektträger hät ten eine Ahnung, so kann ich Sie immer wieder mit ganz konkreten Fällen vertraut machen, in denen Bahn stromleitungen verlegt werden und man diese Gesund heitsaspekte eben nicht hinreichend berücksichtigt.
Ich denke, Sie arbeiten sich langsam in das Thema ein. Aber vielleicht könnte es ein bisschen schneller gehen.
Herr Kollege Runge, ich kann Ihnen nur sagen: Lassen Sie Ihre scheinheiligen Be wertungen in einer Intervention bleiben. Die Unter schiede zwischen einer niederfrequenten und einer hochfrequenten Strahlung kenne ich durchaus. Ich weiß auch sehr gut, dass die niederfrequenten Strahlen tiefer eindringen als die hochfrequenten Strahlen und dass man vor diesem Hintergrund gerade der nieder frequenten Strahlung durchaus große Aufmerksamkeit schenken muss, und ich weiß auch sehr wohl, dass sich viele Menschen und auch Betreiber nicht so intensiv mit diesen Gefahren auseinandersetzen. Gerade das ist der Hintergrund, vor dem Bayern gemeinsam mit Baden-Württemberg diese umfangreiche und übrigens hervorragend aufgemachte Broschüre herausgegeben hat.
Vielen Dank. Als Nächster hat sich Herr Kollege Schneider zu Wort ge meldet. Bitte sehr, Herr Schneider.
Sehr geehrter Herr Präsi dent, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir sind nicht ganz so grenzwertgläubig wie Sie, Frau Stewens, weil wir in der Vergangenheit in den verschiedensten Berei chen ständig erleben mussten, dass Grenzwerte nach unten korrigiert worden sind.
Der Gebrauch von Kommunikationsgeräten wie Hand ys nimmt stetig zu, damit wächst aber auch die elekt romagnetische Strahlung an. Es gibt aber auch andere auf Mikrowelle basierende Funktechniken wie Funknet zwerke, WLAN zum Beispiel, Funkchips, RFID zur Op timierung der Logistik oder mobile Multimediageräte. Neben diesen Hochfrequenzanwendungen tragen auch niederfrequente elektrische und magnetische Wellen zur Belastung durch Elektrosmog bei. Quellen sind zum Beispiel Hochspannungsleitungen, Stromlei tungen im Haushalt oder am Arbeitsplatz oder Trans formatoren, zum Beispiel in den Haushaltsgeräten.
Bezüglich möglicher Gesundheitsgefahren durch Elekt rosmog gibt es unterschiedliche Einschätzungen und Aussagen. Einerseits verneinen zum Beispiel Mobil funkbetreiber, Bundesregierung und die Bayerische Staatsregierung jegliche Gesundheitsbelastung. Ande rerseits machen zahlreiche Ärzte auf Belege und auf ernsthafte Hinweise auf Erkrankungen aufmerksam. Zudem ist die Frage von Langzeitrisiken der Handynut zung offen. Auch die Frage, ob in welchem Umfang Kinder stärker als Erwachsene hochfrequenten elekt romagnetischen Feldern exponiert und damit belastet sind, ist offen.
Herr Kollege Dr. Runge hat die Äußerungen der Ver treterin des Bundesamts für Strahlenschutz, die aus dem Jahr 2007 stammen, bereits zitiert. Deshalb er spare ich mir dies und erinnere nur daran, dass sie damals auf Risiken unterhalb der bestehenden Grenz werte hingewiesen hat.
Angesichts der Unsicherheit über mögliche gesundheit liche Belastungen durch elektromagnetische Felder wie auch durch die Strahlung von Niederfrequenz und des weiteren Forschungsbedarfs dazu gilt es, im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes die Belas tungen der Bürgerinnen und Bürger durch Elektrosmog möglichst zu minimieren. Was wir wollen, ist eine bes sere Aufklärung über mögliche Gefährdungen durch die Strahlung von hoch- und niederfrequenten Nutzungen. Wir wollen eine intensivere Forschung, um nach Mög lichkeit die Strahlenbelastung und die Gesundheitsge fahren daraus zu minimieren. Es muss jedenfalls
intensiver geforscht werden, und es darf nicht immer nur der Hinweis auf eine mögliche Strahlenbelastung gegeben werden, die "ja so gering ist". Das genügt uns nicht. Wir wollen eine bessere Transparenz und Infor mation sowie mehr Beteiligung der Gemeinden und der Öffentlichkeit vor Baubeginn von beispielsweise Mobil funkmasten. Wir wollen Mobilfunkmasten nur in Ab stimmung mit Gemeinden, das heißt, in Abkehr von der Praxis, an den Kommunen und den Bürgerinnen und Bürgern vorbei, staatliche Liegenschaften verstärkt für Sendeanlagen zur Verfügung zu stellen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es geht heute um das Thema "Strengere Grenzwerte im Mobilfunkbereich". Vielleicht gleich als Einstieg: Die Freien Wähler sind nicht gegen Mobilfunk. Aber wir wollen zum Ersten eine stärkere und konkretere Einflussnahme der Kommunen bei der Standortfestlegung von Mobilfunkanlagen. Darüber haben wir schon einmal diskutiert. Es wurde hier auch schon einmal ein Antrag für eine Überarbeitung der Baunutzungsverordnung einstimmig verabschiedet. Es ist hier also auch die Koalition in Berlin gefordert, etwas zu tun.
Zweitens geht es um eine stärkere Berücksichtigung der gesundheitlichen Risiken einer Technologie, zu der es noch keine Langzeitstudien gibt und bei der noch vieles unerforscht ist. Da steht natürlich das Thema "Grenzwerte" an erster Stelle. Aber man muss auch sagen, Grenzwerte haben mit Gesundheitsschutz prak tisch nichts zu tun. Grenzwerte sind politische Werte das gilt nicht nur für den Mobilfunk, sondern auch für Luftschadstoffe -, die meist von der Wirtschaft vorge geben werden und sich vielfach an der Durchschnitts bevölkerung orientieren, aber nicht an alten Menschen, Säuglingen oder Kranken. Das heißt, die Einhaltung von Grenzwerten schließt Gesundheitsstörungen nicht automatisch aus. Außerdem sind die Grenzwerte über 50 Jahre alt, also schon relativ alt. Frau Stewens hat es zitiert. Daher ist es durchaus legitim, über Änderungen zu diskutieren.
Sie orientieren sich ausschließlich an thermischen Ef fekten, an Erwärmung. Aber die zahlreichen nicht-ther mischen Effekte, das heißt, die biologischen Wirkun gen, die die Gesundheit gefährden, blieben bisher in den Untersuchungen außer Kraft. Auch das müsste man noch untersuchen. Im Antrag der GRÜNEN ist davon nicht die Rede. Wir werden deshalb auch dies bezüglich einen Antrag einbringen.
Es gibt natürlich viele Ärzteinitiativen - ich will da nicht einzelne nennen -, die sich hier sehr kritisch äußern. Es gibt sicherlich Wissenschaftler, die dafür sind; andere sind wieder dagegen. Das ist bei diesem Thema oft das Problem. Aber Sie sehen, es gibt keine eindeutige Auf fassung. Aber eine Untersuchung möchte ich hier zitie ren, und zwar die der Universität Bielefeld, die am 31.12.2008 abgeschlossen wurde. Im Rahmen dieser Studie wurden immerhin 40.000 Allgemeinmediziner angeschrieben und eine Zufallsquote von 7 % gezogen. Dabei gaben circa zwei Drittel aller befragten Ärzte an, dass diese elektromagnetischen Felder in ihren Pati entengesprächen als Ursache einer gesundheitlichen Beeinträchtigung mindestens einmal im Jahr zur Spra che kamen. Jeder dritte Arzt vermutet bei der Einhal tung der gesetzlichen Grenzwerte Gesundheitsrisiken. Ich sage "vermutet". Aber immerhin ist dies eine seriöse offizielle Studie.
Wie hoch sind die Grenzwerte? Wie ist der aktuelle Sachstand? Es ist richtig, wie Frau Stewens gesagt hat, dass die Werte von der Internationalen Strahlenkom mission festgelegt wurden. Es ist aber so, dass nicht alle Länder diese Grenzwerte haben; in der EU haben 18 Länder noch die hohen Grenzwerte. Es gibt aber auch andere Länder, die niedrigere Grenzwerte haben, wie zum Beispiel Italien, die Schweiz und Belgien. Man muss auch das einmal sehen: Warum haben diese Län der niedrigere Grenzwerte? Die Schweiz hat zum Bei spiel ihren Grenzwert für Orte mit empfindlicher Nut zung auf rund 10 % ihrer bisherigen Grenzwerte herabgesetzt, etwa in der Nähe von Wohngebieten und Kindergärten. Für Sie ist die Tatsache vielleicht auch ganz interessant, dass in Frankreich derzeit 16 Städte die Reduzierung der Mobilfunkbelastungen um unge fähr ein Hundertstel des bisherigen Grenzwertes tes ten, der auch in Deutschland gilt. Im zweiten Quar tal 2010 sollen erste Ergebnisse vorliegen. In Frankreich hatten sich 238 Städte bereit erklärt, an die sem Test teilzunehmen. Dies sollte auch in Deutsch land und Bayern einmal gemacht werden. Wir werden dazu einen Antrag einbringen. Es gab auch in Salzburg einmal einen niedrigeren Grenzwert, der dann wieder aufgehoben wurde. Aber inzwischen zeigen Messun gen, dass in 80 % der beteiligten Wohngebiete der Grenzwert um ein Hundertstel unterschritten wird.
Natürlich wissen wir, dass es auch Studien über Per sonengruppen gibt, die von einer Unschädlichkeit aus gehen. Aber wir müssen, wenn es so unklar ist, von einem Vorsorgeprinzip ausgehen. Das bedeutet einen möglichst defensiven Umgang mit dieser Technik. Das soll aber - auch das möchte ich klar sagen - nicht mit Technikfeindlichkeit verwechselt werden. Ich darf ein Zitat von Erwin Huber nennen, der 2002 zur Technik des Mobilfunks Folgendes sagte: "Wir werden alles tun, was Gott uns erlaubt, und manches, was er verbietet,
Ich komme zum Schluss: Die Freien Wähler sagen da gegen - wir haben es uns sicherlich nicht einfach ge macht -, in der Gesamtschau aller Argumente und vor dem Hintergrund einer fehlenden Langzeitforschung muss man dem Gesundheitsschutz Vorrang geben. Deshalb unterstützen wir Initiativen zur Senkung der Grenzwerte und stimmen wir dem Antrag der GRÜNEN zu.
Herr Dr. Fahn, ich darf Sie bitten, noch kurz hier zu bleiben; denn Herr Dr. Runge hat sich zu einer Zwischenintervention ge meldet. Bitte sehr.
Herr Kollege Fahn, wir freuen uns, dass Sie hier unseren Antrag ebenso wie in den Ausschüssen unterstützen. Aber der Gerechtigkeit halber muss ich mich schon nochmals kurz zu Wort melden. Ich habe die Frau Kollegin Stewens etwas kri tisiert. Nur: Es ist uns schon aufgefallen, dass Sie jetzt ausschließlich über die Hochfrequenz gesprochen haben, und zwar einschließlich des Zitats von Erwin Huber, denn auch da ging es um nichts anderes als um den Mobilfunk. Wir erlauben uns also, noch einmal da rauf hinzuweisen, dass wir - das habe ich eingangs gesagt - heute aus unserem Elektrosmog-Paket den Antrag herausgegriffen haben, der sich dezidiert mit der Niederfrequenz befasst.
Es ist so, dass diese Argumente, die hier vorgetragen werden, für Langzeit studien und natürlich genauso für die niederfrequenten Strahlen gelten.