Protocol of the Session on January 27, 2010

Für die FDP-Fraktion folgt als nächster Redner Herr Kollege Klein.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Welt, Europa, Deutschland und Bayern befinden sich in der schlimmsten Wirtschaftskrise seit über 80 Jahren. Die Ausfuhren sind in den ersten neun Monaten des Jahres 2009 um 24 % zurückgegangen. Der Auftragseingang ist um über 20 %, in manchen Branchen noch viel intensiver, faktisch weggebrochen, teilweise über Nacht. Die Wirtschaftsleistung ist nach allen Prognosen, die wir heute haben, im Jahr 2009 um 5 % geschrumpft.

Auch wenn die konjunkturelle Talsohle erreicht ist und wir positive Anzeichen haben, ist es doch wichtig festzuhalten, dass diese wirtschaftliche Situation spürbare Auswirkungen auf den bayerischen Haushalt hat. Ich bin verblüfft darüber, dass hier immer wieder der Eindruck erweckt wird, wir seien für diese Wirtschaftskrise verantwortlich. Aus dieser Kritik nehme ich Herrn Kollegen Halbleib ausdrücklich aus. Die geringeren Steuereinnahmen, mit denen der Staat infolge der Finanzund Wirtschaftskrise leben muss, sind von außen verursacht worden. Wir müssen damit fertig werden und tun dies auf die bestmögliche Art und Weise. Wir tun dies mit dem Ziel, auch im Jahr 2010 einen ausgeglichenen Haushalt zu gewährleisten.

Das ist eine gute Nachricht für die Bürgerinnen und Bürger; denn es ist ein Zeichen dafür, dass wir unsere Probleme zunächst aus eigener Kraft stemmen, bevor

wir andere Personen und Beteiligte in die Pflicht nehmen.

(Beifall bei der FDP)

Wir haben für 2010 weniger Steuereinnahmen im Umfang von 1,4 Milliarden Euro zu erwarten. Das ist nicht wenig; das ist eine Reduzierung um 5 %. Wir begegnen dem mit zusätzlichen Maßnahmen, die wir intern stemmen. Es ist richtig, das tut uns teilweise weh und das betrifft auch Gebiete, auf denen wir lieber nicht kürzen würden, aber kürzen müssen. Es geht unter anderem um die Ausdehnung der Sperre bei den sachlichen Verwaltungsausgaben auf eine Zusatzsperre. Auch die sachlichen Verwaltungsausgaben bleiben in dem Umfang gesperrt. Es geht um die Verschiebung der für das Jahr 2010 vorgesehenen kostenwirksamen Stellenhebungen im Rahmen des künftigen Dienstrechts. Die Verschiebung erfolgt vom 01.09.2010 auf den 01.01.2011. Außerdem geht es um den Versorgungsfonds. Auch das wurde schon erwähnt. Wir nehmen diese Teile heraus, um einen ausgeglichenen Haushalt vorzeigen zu können.

(Volkmar Halbleib (SPD): Vorzeigen - das ist gut!)

Wir haben aber die Zusage - das war heute ein wichtiger Beitrag des Finanzministers -, dass die eingeplanten Gelder der Landesbank kommen werden. Das ist ein wichtiges Signal nach außen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben 10 Milliarden Euro in die Hand genommen, um diese wichtige Stützungsaktion durchzuführen. Dafür sind wir kritisiert worden. Wir haben es trotzdem getan, weil wir es als wichtig für Bayern erachtet haben. Jetzt müssen wir aber zusehen, dass nicht weitere Schulden gemacht werden müssen. Hier gilt es, jede Möglichkeit zu nutzen. Ich verstehe nicht, wie Sie von der Opposition den Finanzminister an dieser Stelle kritisieren können.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Ich möchte zum Thema des ausgeglichenen Haushalts auf eines hinweisen. Sie tun so, als wäre das nur ein Hirngespinst von uns. Ich wüsste allerdings gerne, wo wir heute stünden, wenn wir die Vorschläge, die Sie in der Diskussion zum Doppelhaushalt eingebracht haben, verwirklicht hätten. Ich nenne nur die Zahlen für 2010. Die Anträge der SPD hatten ein Volumen von 1,3 Milliarden Euro, die Vorschläge der GRÜNEN lagen bei 760 Millionen Euro - da sind übrigens die Vorschläge zum Einsparen schon berücksichtigt - und die Anträge der Freien Wähler bei 934 Millionen Euro. Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Sie uns hier vorwerfen, wir würden keine solide Haushaltspolitik betreiben, dann möchte ich Sie fragen, was bei Ihnen solide Haushaltspolitik wäre.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Klein, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gegen Ende meiner Rede.

Bitte?

Keine Zwischenfrage jetzt.

Zum Staatsstraßenbau haben die GRÜNEN einen sehr netten Vorschlag gemacht. Ich wünsche Ihnen viel Spaß dabei, wenn Sie den Leuten vor Ort erklären, warum wir keine Umgehungsstraßen mehr bauen können und warum zu wenig Lärmschutz betrieben wird, mit dem Sie uns in jeder zweiten Sitzung des Wirtschaftsausschusses traktieren. Wo wären diese Themen, wenn wir den Staatsstraßenbau so eindampfen würden, wie Sie das vorschlagen?

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der ausgeglichene Haushalt ist kein Selbstzweck, sondern ein erster Beitrag dieser Koalitionsregierung, um für Stabilität in der Krise zu sorgen. Unser zweiter Beitrag besteht darin, dass wir die Investitionen - das hat der Finanzminister zu Recht schon gesagt - in einer Höhe von 5,78 Milliarden Euro, also mit einer Quote von 13,8 %, die beispiellos in der gesamten Bundesrepublik ist, auf hohem Niveau halten. Das ist ein Beitrag dieser Koalitionsregierung. Der Durchschnitt im Westen liegt bei 11,11 %. Ich glaube, da könnten sich viele bei uns eine Scheibe abschneiden. Dabei steigen allein die Ausgaben in der Staatsbauverwaltung um 15 %. Unser Handeln ist ein entscheidender Beitrag zur Herstellung von Stabilität in der Krise. Wenn viele immer wieder über zukünftige Aktionen reden, möchte ich sagen, dass wir auch in der Gegenwart etwas tun. Wir blicken nicht nur in die Zukunft - das tun wir auch -, sondern arbeiten auch in der Gegenwart an Stabilitätsfaktoren für Bayern und Deutschland.

(Beifall bei der FDP)

Neben diesen Prozentzahlen und Milliardenbeträgen gibt es auch inhaltliche Punkte, die wir umsetzen, um mit diesem Haushalt die Erholung zu unterstützen. Wir haben nach den Prognosen, die ich vorhin schon erwähnt habe, in diesem Jahr eine leichte Erholung im Umfang von 1,6 % bis 2 % - je nach Institut - zu erwarten. Wir ergreifen Maßnahmen, die zur Erholung beitragen. Ich denke nur an das Krisenmanagement unseres Wirtschaftsministers Martin Zeil und an den Mittelstandsschirm. Wir haben in beiden Haushalten 100 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung gestellt. Damit konnten bereits über 1.900 kleine und mittelstän

dische Unternehmen unterstützt werden, um besser durch die Krise zu kommen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Des Weiteren denke ich an das Strukturprogramm Nürnberg-Fürth. 115 Millionen Euro stellt die Staatsregierung hier zur Verfügung. Es ist ein wichtiger Schritt, in dieser doch etwas gebeutelten Region Akzente zu setzen. Ein weiterer Punkt ist die Regionalförderung. Hier halten wir mit derzeit im Haushalt angesetzten 131 Millionen Euro das hohe Niveau. Hinzu kommt der Ausbau anwendungsnaher Forschungsinfrastruktur.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das alles sind Maßnahmen, die in der Gegenwart wirken, aber den Blick in die Zukunft richten, damit unsere Unternehmen und das Land Bayern gestärkt aus der Krise hervorgehen. Wir blicken mit den Investitionen nicht in die Vergangenheit, sondern in die Zukunft.

(Beifall bei der FDP)

Wir leisten einen weiteren Beitrag. In der Diskussion wurde der Punkt heute zum Teil etwas vorwurfsvoll vorgebracht. Der eine oder andere hat es für sich auch charmant beschrieben. Ich finde aber, dass es eine erhebliche Leistung ist, dass wir neben den konjunkturell bedingten 1,4 Milliarden Euro Steuermindereinnahmen auch noch die 360 Millionen Euro schultern, die Bayern aufgrund des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes weniger an Einnahmen hat. Diesen Betrag schultern wir in diesem Haushalt und legen Ihnen einen ausgeglichenen Haushalt vor. - Und da höre ich nicht einmal ein Wort des Lobes. Liebe Opposition, an dieser Stelle wäre es wirklich angebracht gewesen, ein Lob auszusprechen.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Wir sind absolut davon überzeugt, dass das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der richtige Weg ist; denn bei allen positiven Anzeichen darf man nicht in Euphorie verfallen. Der Fall war tief, und gebremst wurde er durch eine expansive Geldpolitik und Konjunkturprogramme. Wir von der FDP-Fraktion sind davon überzeugt, dass der Weg aus der Krise über Wachstum führt. Er führt über die Kräfte der sozialen Marktwirtschaft und kann nicht vom Staat getragen sein. Es gilt deshalb, die Kräfte der sozialen Marktwirtschaft zu stärken. Genau das tun wir mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz, auch wenn es Ihnen nicht passt.

(Beifall bei der FDP)

Wir sorgen für eine bessere Liquidität der Unternehmen und für die Basis von Zukunftsinvestitionen. Wir entlasten Familien und Bezieher geringer Einkommen. Ich

glaube, das sind hehre Ziele. Diese Gruppen werden im Übrigen auch von den Kommunen immer wieder in das Zentrum des Interesses gestellt.

Wenn wir schon bei den Kommunen sind, dann möchte ich sagen: Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass Herr Pointner die Sorgen der Kommunen hier vorbringt. Wir sind schließlich alle auch Vertreter der kommunalen Ebene. Das gilt für alle Fraktionen, auch die FDP. Ich bin selbst Stadtrat in Aschaffenburg wie auch der Kollege Mütze. Ich denke aber, auch die Kommunen müssen ein Stück weit ehrlich sein. Die Unterlagen, die Ihnen das Finanzministerium zur Verfügung gestellt hat, sprechen eine gewisse Sprache und beruhen auf Fakten. Man kommt nicht daran vorbei, dass die Kommunen gerade aufgrund der Steuerreform im Jahr 2005 und der sehr positiven wirtschaftlichen Entwicklung eine sehr erfreuliche Entwicklung bei den Einnahmen hatten, im Übrigen eine erfreulichere Einnahmenentwicklung als der Freistaat Bayern. Das gehört zur Wahrheit, wenn man die finanzielle Situation der Kommunen anspricht.

Aufgrund der geschilderten Situation ist es selbstverständlich, dass die Kommunen dann, wenn die wirtschaftliche Entwicklung negativ verläuft und wir für eine Steuerentlastung bei den Bürgerinnen und Bürgern sorgen, ihren Teil tragen müssen. Das tut uns allen auf der kommunalen Ebene weh, aber es ist nun einmal so. Denn sonst müssten wir in wirtschaftlich besseren Zeiten den Betrag der Kommunen einfrieren. Das wäre die Konsequenz aus den Vorschlägen, die von Ihrer Seite kommen. Wir jedenfalls sehen die Finanzierung der Kommunen nicht so. Ich glaube, so sollten auch die Kommunen ihre Situation nicht sehen.

Der Finanzminister hat im Gespräch mit den Kommunen über die Finanzausgleichszahlungen einen sehr guten Kompromiss erzielt. Die Kommunen waren - zähneknirschend, keine Frage - einverstanden. Ich gehe davon aus, dass wir auch in Zukunft in dieser Regierung in Bayern mit den Kommunen partnerschaftlich umgehen werden. Dafür stehen CSU und FDP gemeinsam.

(Beifall bei der FDP und der CSU)

Dann sage ich etwas, was ich auch bei uns zuhause sage. Ich meine die freie Spitze. Sicher sind es Durchschnittswerte, aber so, wie wir uns in Zukunft bei den freiwilligen Ausgaben an der Nase fassen müssen, werden auch die Kommunen nicht darum herumkommen. Die errechnete freie Spitze ist nicht unerheblich. Sie ist extrem angewachsen. Da sind in Krisenjahren Potentiale vorhanden, die die Kommunen angreifen müssen. Das müssen wir von den Kommunen auch erwarten. Eines ist auch klar: Sie fordern einen ausgeglichenen Haushalt, Sie fordern, dass wir uns nicht verschulden,

und das Geld, das die Kommunen fordern, liegt nicht im Banktresor, sondern dieses Geld müssen wir uns im Zweifel auch auf dem Finanzmarkt besorgen. Es ist so nicht vorhanden. Jetzt bitte Kollege Mütze.

Entschuldigung, das Wort erteile immer noch ich, Herr Kollege Klein. Bevor Herr Kollege Mütze eine Zwischenbemerkung machen kann, hat sich Herr Kollege Halbleib zu einer Zwischenbemerkung gemeldet.

Kollege Klein hat jetzt die zwei unterfränkischen Kollegen aus dem Haushaltsausschuss vor sich. Nach Gewicht geordnet beginne ich einmal.

(Georg Schmid (CSU): Nach Kilo oder nach politischem Gewicht? - Ernst Weidenbusch (CSU): Nicht Gewicht, sondern Masse!)

Kollege Klein hat mit Blick in die Runde des Hohen Hauses gefragt, wie denn die Opposition dazu komme, Änderungsanträge zu stellen. Er hat dabei von einer Größenordnung von einer Milliarde Euro gesprochen. Er hat dabei gefragt, ob es aus Sicht einer lebendigen Oppositionsfraktion nicht sinnvoller wäre, Anträge zu stellen, die Investitionen im Freistaat und Investitionen für die Menschen, also Investitionen für Bildung, Betreuung, Familie usw. nach sich ziehen, statt Steuersenkungen auf Pump vorzunehmen. Rechnen Sie einmal beide Beträge zusammen - das, was die Landesbank 2010 an Zinsen und laufenden Belastungen verursacht, und das, was uns das Wachstumsbeschleunigungsgesetz, die Steuersenkungen, kostet. Sie kommen zusammen auf eine Belastung von 880 Millionen Euro. Dabei sind auch die Kommunen mit berücksichtigt. Die müssen Sie schon hinzurechnen, Herr Fahrenschon. Diese Belastungen für den Freistaat Bayern haben schließlich auch etwas mit dem kommunalen Finanzausgleich zu tun. Im nächsten Jahr werden aus diesen zwei Faktoren Belastungen in Höhe von etwa 1,8 Milliarden Euro entstehen. Deshalb müssen Sie einer Oppositionsfraktion auch zugestehen, dass sie Vorschläge macht, wie man dieses Geld sinnvoller ausgeben könnte, bevor sie die Fehler der Regierung akzeptiert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Herr Kollege Klein.

Herr Kollege Halbleib, es ist natürlich richtig, dass uns die Ausgaben für die Landesbank schmerzen. Das geht allen an der Regierung Beteiligten so. Natürlich ist es Ihr gutes Recht, Anträge zu stellen und Ihre Schwerpunkte klarzumachen. Wenn Sie aber von uns Haushaltsdisziplin fordern und selbst

keine Einsparvorschläge machen, müssen Sie uns auch zugestehen, dass wir Ihr Verhalten kritisieren.

(Beifall bei der FDP und bei Abgeordneten der CSU)

Herr Kollege Mütze hat jetzt auch noch eine Zwischenbemerkung.

Herr Kollege Klein, Sie haben darauf hingewiesen, dass wir beide dem Aschaffenburger Stadtrat angehören. Am Montag hatten wir Haushaltsberatungen. Unser Kämmerer hat uns dabei die neuen Zahlen vorgestellt. Wir haben einen Haushalt, bei dem wir uns zum ersten Mal seit zehn Jahren mit über 9 Millionen Euro verschulden müssen. Der Grund dafür ist unter anderem natürlich auch die Steuergesetzgebung in Berlin, also auch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz. Es schlägt bei uns in Aschaffenburg mit einem Minus von 3,4 Millionen Euro zu Buche.

Herr Klein, können Sie sich vorstellen, dass wir deswegen nicht in Jubel ausbrechen? Sie sagen, wir brächten keine Einsparvorschläge. Anders herum aber nahmen Sie bei der Haushaltsaufstellung im Dezember gemeinsam mit der CSU 360 Millionen Euro aus dem geplanten Haushalt heraus. Jetzt erwarten Sie von uns, dass wir Sie dafür loben. Können Sie sich vielleicht vorstellen, dass es als bizarr empfunden wird, wenn Sie sich einerseits selbst das Geld kürzen, andererseits aber auch noch darauf hoffen, diese Kürzungen mit Einsparvorschlägen seitens der Opposition ausgleichen zu können?