Protocol of the Session on December 1, 2009

Da geht es nicht darum, dass jemand kommt und Geschenke bringt. Ich denke, wir sollten hier ein Demokratieverständnis in der Art, dass so etwas von einem

Redner dieses Hauses auch noch toll gefunden wird, nicht dulden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich gebe nur wieder, was mir die Träger der Erwachsenenbildung gesagt haben, aber wir wissen, dass der Herr Ministerpräsident schon öfter gekommen ist und entweder etwas in Goldene Bücher eingetragen hat oder etwas Konkretes versprochen hat. Sicher muss das durch den Landtag gehen, das ist völlig klar. Der Herr Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung zum Beispiel den Bau eines Museums der Bayerischen Geschichte versprochen. Das soll auch umgesetzt werden, obwohl wir in Augsburg schon ein solches Haus der Bayerischen Geschichte haben. Ich meine, dieses Geld könnte man sparen und in die Erwachsenenbildung oder das lebenslange Lernen investieren. Dann könnten wir den Ansatz von 18 auf 25 Millionen Euro erhöhen.

Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Fahn. Für die Fraktion der FDP darf ich das Wort der Frau Kollegin Meyer erteilen. Bitte schön.

Sehr verehrter Herr Präsident, werte Kolleginnen und Kollegen! Frau Tolle, ich gebe Ihnen recht, wenn Sie sagen, die Gelder werden vom Landtag verteilt. Fakt ist, dass die Erwachsenenbildung im letzten Jahr eine Million Euro zusätzlich erhalten hat. Ich denke, das Geld hat den Einrichtungen gutgetan. Wie auch immer das Geld dort hingekommen ist, auf jeden Fall haben sich die Leute sehr gefreut, dass sie mehr Geld erhalten haben.

(Beifall bei der FDP)

In Artikel 139 der Bayerischen Verfassung steht eindeutig: "Die Erwachsenenbildung ist durch Volkshochschulen und sonstige mit öffentlichen Mitteln unterstützte Einrichtungen zu fördern." - Ich denke, diesem Verfassungsauftrag kommt Bayern nach. Ich möchte betonen, wir haben Volkshochschulen, die wirklich gute Arbeit leisten und die von den Kommunen unterstützt werden. Das möchte ich extra herausstreichen, weil heute der Eindruck entstanden ist, als ob auf diesem Sektor überhaupt nichts passieren würde.

Neben den Volkshochschulen haben wir noch andere Träger, zum Beispiel die Kirchen, die hervorragende Erwachsenenbildungsstätten haben. In der Zwischenzeit bieten auch immer mehr Hochschulen Weiterbildungs- und Fortbildungsmöglichkeiten an.

Ich denke, das Gesetz, das 1974 verabschiedet wurde, hat sich bewährt. Es war damals richtig, ein solches Gesetz zu schaffen. Lebenslanges Lernen ist in einer alternden Gesellschaft das Gebot der Stunde, aber wir

müssen trotzdem darauf achten, was wir uns leisten können und was wir als Staat investieren können. Die FDP setzt ihre bildungspolitischen Schwerpunkte ein bisschen anders als andere Fraktionen. In erster Linie ist es uns wichtig, in die frühkindliche Bildung zu investieren. Wir brauchen Ganztagsschulen. Hier setzen wir einen Schwerpunkt; denn es gilt, die Defizite der Vergangenheit aufzuholen. Wir meinen, dort muss intensiv investiert werden. Wir wollen auch in mehr Lehrer für die Schülerinnen und Schüler investieren. Außerdem haben wir die UN-Konvention umzusetzen. Auch das kostet Geld.

Wenn Sie Minister Zeil mit dem Satz "Bildung ist das Konzept für die Krise" zitieren, dann sind wir ganz auf einer Linie. Deswegen setzen wir die Schwerpunkte von unten beginnend. Sie wollen ein Recht auf Bildung festschreiben. Wir denken, das muss man finanzieren können. Es geht hier auch um eine Frage des Geldes.

Konkret sind unsere Kritikpunkte beim Gesetzentwurf der GRÜNEN - das habe ich in der letzten Woche an gleicher Stelle schon betont -:

Erstens. Wir halten den vorgesehenen Freistellungsanspruch für falsch. Wir meinen, er wäre ein untragbarer Eingriff in die Tarifautonomie und würde dazu führen, dass viele kleine und mittelständische Unternehmer Angst haben, neue Mitarbeiter einzustellen, wenn sie diese für Fortbildungen garantiert freistellen müssen. Gerade kleine und mittlere Betriebe - ich komme vom Land, wo wir viele solche Betriebe haben - hätten hier möglicherweise Schwierigkeiten.

Natürlich sehen auch wir, dass es nicht Aufgabe des Arbeitnehmers sein kann, sich im Urlaub fortzubilden. Ich habe aber in der letzten Woche aufgezeigt, dass es hier andere kreative Möglichkeiten gibt, um Weiterbildung zu betreiben.

Zweitens. Die Finanzierung bleibt in Ihrem Gesetzentwurf völlig unklar. In Ihrem Gesetzentwurf heißt es nur nebulös, die Mittel sind einzustellen, die Höhe soll sich an den Empfehlungen des Landesbeirats ausrichten. Wir können einem Gesetzentwurf nicht zustimmen, der Kosten in unabsehbarer Höhe verursacht. Die Übernahme der Kosten für die Freistellung der Arbeitnehmer würde den Staatshaushalt zusätzlich noch belasten.

Drittens. Ich komme zur vorgesehenen Rolle des Landesbeirats. Der Landesbeirat für Erwachsenenbildung leistet nach unserer Meinung eine sehr gute Arbeit, aber er ist nicht Gesetzgeber und sollte nach unserer Auffassung auch kein Vorschlagsrecht im Landtag haben. Dazu fehlt ihm die demokratische Legitimation.

(Beifall bei der FDP)

Viertens sehen wir es kritisch, dass im Gesetzentwurf in Artikel 20 vorgesehen ist, dass regionale Erwachsenenbildungszentren geschaffen werden sollen. Nach unserer Meinung würde hier eine zusätzliche Bürokratie aufgebaut, die wir nicht brauchen.

(Beifall bei der FDP)

Wir setzen auf die freiwillige Kooperation der Träger und nicht auf die Festschreibung von oben, dass neue Zentren geschaffen werden. Sie würden hier im Übrigen auch auf den Widerstand der einzelnen Träger stoßen; denn diese wollen ihre Eigenständigkeit behalten.

In der Summe sprechen für uns viele gewichtige Gründe gegen den Gesetzentwurf. Die FDP-Fraktion wird daher das Votum der Mehrheit im Bildungsausschuss, im Haushaltsausschuss, im Innenausschuss, im Hochschulausschuss, im sozialpolitischen Ausschuss und im Rechts- und Verfassungsausschuss übernehmen und diesen Gesetzentwurf ablehnen. Wir halten es für sinnvoller, wenn der der Staatsregierung erteilte Auftrag, Gesetzesänderungen vorzuschlagen, tatsächlich ausgeführt wird. Wir werden ein Auge darauf haben und darauf drängen, dass dem Auftrag entsprochen wird. Wir gehen davon aus, dass die Staatsregierung einen ausgereiften Gesetzentwurf vorlegen wird, den wir konstruktiv begleiten werden.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt zur abschließenden Stellungnahme der Staatsregierung Herr Staatssekretär Dr. Huber. Bitte sehr, Herr Staatssekretär Dr. Huber.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns nicht nur am Sonntag darin einig, dass wir lebenslanges Lernen für wichtig halten. Es liegt uns vielmehr gemeinsam am Herzen, die Beteiligung an Erwachsenenbildungsmaßnahmen auszubauen. Aber, Frau Tolle, dass wir hierzu kein Konzept hätten und strategielos wären, kann ich nun wirklich nicht beobachten. Wir setzen vielmehr auf gewachsene Strukturen. Bei Rezepten ist es so wie beim Kochen: Die bewährten Rezepte sind meist die besten,

(Beifall des Abgeordneten Eduard Nöth (CSU) Unruhe bei den GRÜNEN )

weil sich gezeigt hat, dass sie funktionieren. Den gewachsenen Strukturen der bayerischen Erwachsenenbildung werden Sie mit Ihren Ausführungen nicht gerecht. Diese Einrichtungen zeichnen sich nämlich durch die Pluralität der Träger, aber auch durch freie Organisationsformen aus. Wenn ich bei diesen Einrichtungen vorbeischaue, und das tue ich oftmals, und

wenn ich mir ein Bild mache, was dort tatsächlich geleistet wird, dann weiß ich nicht, wo die Mängelliste herkommen soll, die Sie hier aufzeigen. Ich will aber nicht genauso unstrukturiert wie Sie vorgehen, sondern ich will ins Gedächtnis rufen, worüber wir hier und heute reden. Wir reden über einen Gesetzentwurf der GRÜNEN. Den wollen wir heute beraten. Wir haben keine allgemeine Haushaltsdebatte zum Thema Erwachsenenbildung. Wir wollen uns damit beschäftigen, was Sie hier grundsätzlich an Ungereimtheiten und Unschärfen eingebracht haben. Aus diesem Grund will ich Ihnen im Detail erklären, warum wir Ihrem Gesetzentwurf nicht zustimmen können.

Frau Pranghofer, zu Ihrer Forderung nach einem Rechtsanspruch zur Nachholung von Bildungsabschlüssen möchte ich Folgendes sagen: Das ist nicht mit den 580.000 Euro abgedeckt, die wir heuer im Haushalt eingestellt haben.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das sind Mittel des Europäischen Sozialfonds!)

Obwohl das nicht durch den Europäischen Sozialfonds - ESF - finanziert wird und obwohl es nicht vom Bund getragen wird, haben wir das Geld als zusätzliches Angebot eingestellt.

(Karin Pranghofer (SPD): Das sind ESF-Mittel!)

Wir haben das Geld auch für diejenigen eingestellt, die einen Hauptschulabschluss nachholen, sich verbessern oder den Quali machen wollen.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Das ist recht und billig!)

Das ist Geld, das parallel zum Rechtsanspruch des Bundes auf einen Hauptschulabschluss steht, der aber völlig anders finanziert wird, nämlich durch Bundesgelder. Ich bitte das auseinanderzuhalten. Ich darf noch einmal daran erinnern, dass es auch vonseiten des Kultusministeriums eine ganze Reihe von Angeboten gibt, um den Hauptschulabschluss nachzuholen, und zwar in den Berufsschulen ebenso wie an den Hauptschulen durch Wiederholung der neunten Klasse beispielsweise.

Wir sprachen eigentlich vom Gesetzentwurf der GRÜNEN. Auch hier wird ein Rechtsanspruch auf Erwachsenenbildung definiert, und zwar ein Rechtsanspruch gegenüber dem Staat. Dieser Rechtsanspruch steht aber im drastischen Widerspruch zu der bei uns gegebenen Freiheit der Organisationsformen und der Inhalte. Der Rechtsanspruch fordert vom Staat, er habe das zu organisieren und in seine Hand zu nehmen, und damit wird das ausgehebelt, was sich seit Langem gut bewährt hat. Wenn Sie fordern, dass etwas vom Staat

in die Hand genommen werden muss, dann spricht das doch von Misstrauen und von einem Widerstreben gegenüber den bewährten Trägern und dem Angebot, welches in hochwertiger Form vorliegt.

Herr Staatsekretär, lassen Sie eine Zwischenfrage von Herrn Pfaffmann zu?

Selbstverständlich.

Bitte sehr, Herr Pfaffmann.

Lieber Herr Staatsekretär, ich habe aufmerksam zugehört und frage Sie: Habe ich Folgendes richtig verstanden: Wenn der Bund bezahlt, sind Sie dafür, wenn aber das nicht allein hierfür zuständige Land Bayern nach der Föderalismusreform, in der Sie dafür gestimmt haben, die nachholenden Abschlüsse bezahlen soll, dann sind Sie dagegen?- Meinen Sie nicht, dass Sie damit die Verantwortung gegenüber jungen Leuten, die ohne Abschluss sind, abschieben? Stehen Sie sozusagen auf dem Standpunkt: Das sollen die anderen bezahlen, wir hingegen nicht? - Meinen Sie, dass das den jungen Menschen gerecht wird?

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN)

Herr Pfaffmann, offensichtlich haben Sie doch nicht richtig zugehört. Etwas, was der Bund anbietet, muss man nicht noch einmal anbieten.

(Johanna Werner-Muggendorfer (SPD): Respekt! - Lachen bei der SPD)

Ich werde Ihnen demnächst eine große Palette von Angeboten vorlegen -

(Karin Pranghofer (SPD): Bieten Sie doch etwas anderes an! - Unruhe bei der SPD und den GRÜNEN)

- Lassen Sie mich doch bitte ausreden. Ich werde Ihnen eine große Palette von Angeboten vorlegen, die die verschiedensten Träger den jungen Menschen machen, die einen Hauptschulabschluss nachholen oder sich verbessern wollen. Dazu gehören zum einen Bundesangebote, zum andern Landesangebote und die Angebote anderer Anbieter, beispielsweise die der Kammern und der Verbände. Wir haben also eine breite Vielfalt von Angeboten.

(Unruhe bei der SPD)

Wir reden hier und heute aber über etwas anderes, wir sprechen über einen Gesetzentwurf zur Erwachsenenbildung. Ich will Ihnen eine weitere Unschärfe aufzeigen: Der Oberste Rechnungshof zwingt uns zu einer strengen Trennung zwischen der allgemeinen Erwachsenenbildung und der beruflichen Weiterbildung. Das haben nicht wir uns ausgedacht, sondern das fordert der Rechnungshof ganz klar von uns. Wir können diese begriffliche Unschärfe, die an mehreren Stellen Ihres Gesetzentwurfs zu finden ist, nicht mittragen. An dieser Stelle muss man auch sagen: Hier liegen Sie daneben!

Eine Unschärfe anderer Art findet sich bei Ihren Bemühungen zur Bildungsfreistellung. Ich kann dem Gedanken durchaus etwas abgewinnen, dass man aus einem Beschäftigungsverhältnis heraus einen Anspruch auf Freistellung von Arbeit hat unter Fortzahlung des Arbeitentgelts, so wie das auch in Rheinland-Pfalz vorgeschlagen wurde. Das ist eine Idee, die man verfolgen kann. Das darf man aber nicht in ein Erwachsenenbildungsgesetz hineinschreiben, für das das Kultusministerium zuständig ist, denn das ist ein ganz anderer Rechtsbereich. Wir müssen das diskutieren, dazu bin ich auch bereit, aber mit den zuständigen Ministerien, nämlich mit dem Arbeitsministerium und mit dem Wirtschaftsministerium. Ich biete Ihnen an, dass wir darüber reden. In einem Gesetz zur Erwachsenenbildung hat diese Forderung aber nichts verloren.

(Karin Pranghofer (SPD): Das haben wir doch das letzte Mal gehabt!)